Wieder unten

St. George/Grenada, 2.8.2009

Nach so einem idyllischen Höhenflug  muss ja zwangsläufig der Boden der Tatsachen kommen. Am letzten Sonntag ging der Anker hoch, nach knapp 10 Tagen relativer Abgeschiedenheit in den den Tobago Cays, um uns bei Ekelwetter auf den Rückweg nach Clifton Harbour zu machen. SCHWERE Riffpassage (Meilen breit!) – ich bin doch ein elender Ängstling, aber immerhin habe ich schon mal ausprobiert, wie sich die Sicht auf so eine Korallenunterwasserwelt aus luftiger Höhe, nämlich von den Maststufen des Besan herab macht. Gut macht sie sich, also lassen wir die richtigen Pässe mal auf uns zukommen… Und dann Union Island: Keine Schildkröten mehr, keine Rochen, wie noch am letzten Abend in den Cays.  Trübe, trübe – der „Sommerurlaub“, endgültig vorbei.

Der Montag erst einmal voller action – die schmutzige Wäsche türmte sich seit der Abreise aus Grenada, und da wir nicht damit rechnen mussten, dass der Wind abnehmen und damit die Stromversorgung zusammenbrechen würde, wurde mal wieder das Waschmaschinchen an Deck geholt, der Wassermacher angeschmissen und gewaschen, gespült und gewrungen bis der Rücken bricht. Das Schlimmste war ja nicht mal das Waschen und Wringen und Spülen und Wringen und Spülen und so fort, sondern dass der Wind hinter dem Newman Reef in Clifton völlig ungebrochen aufs Vorschiff bläst: das Aufhängen war filmreif. Der Passat schiebt alles, was nicht sturmfest geklammert ist, an einem Punkt der Leine zusammen, man hat mindestens immer zwei Klammern im Mund und zwei in der Hand und  versucht dabei mit Armen UND Beinen die nassen Wäschestücke festzuhalten. Hemden und T-Shirts kriegen eine zweite Leine, durch die Ärmel gefädelt, damit im Falle einer allzu heftigen Böe nicht die ganze Garderobe über Bord geht. Und während man klammert, haut der besagte Passat einem die nassen Handtücher und Hemden um die Ohren. Alles eine schlechte Idee – zumal ja auch noch Squalls durchgehen, die sämtliche Trockenbemühungen zunichte machen. Währenddessen wechselt Andreas „mal schnell“ das Getriebeöl. Nicht wirklich der Rede wert, wenn da nicht die tropfende Stelle am Wärmetauscher des Ölkühlers gewesen wäre. „… das mache ich auch gleich mit!“ Oh, Mann… Was folgte, war eine Arie von Abbaumaßnahmen. Lichtmaschine, Schläuche, Leitungen, alles im Weg. Um 21 Uhr entsteigt der ölverschmierte Eigner dem Tatort und betastet seine gequetschten Rippen : „… ein begehbarer Motorraum wäre auch nicht schlecht…“. Vorbei, der Urlaub, unbestreitbar.

Tags drauf  kriegt Erika’s Marine Service ein Täschchen mit Bettwäsche in die Hand gedrückt. Schon besser – getrocknet und gefaltet abzuholen und dann auch noch sauber.  Sheenas Green Garden verkauft uns zu Hammerpreisen die schon einige Zeit vermissten Kartoffeln und Zwiebeln, Salat und Früchte. Ich hatte es geahnt – ein Amok-Kauf von Gemüse auf einer Karibikinsel macht eine ordentliche Rechnung. Aber Sheena lacht sich über uns tot und räumt uns doch einen beträchtlichen Rabatt in Naturalien ein, einen Beutel Muskatnüsse, Ananas, zwei „Hände“ Bananen. Als wir am Abend mit ein paar Franzosen zum Fruit Punch bei Jonte aufschlagen, sagt der : „… I watched you doing the laundry yesterday. That must have been FUN!“ Mittlerweile schmerzt der Rücken auch schon nicht mehr so, Fruit Punch und vor allem die Rhum Punches sind ohnehin schon mehr „fun“, Chantal kriegte Unterricht im Whining: die Stimmung hob sich wieder deutlich über Bodenniveau.

Eigentlich ist doch Clifton ganz idyllisch…

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