Schleichfahrt

20°30 Süd / 58°06 Ost
1. November 2015

Da schaukeln wir dahin… Ich will mich nicht beklagen, denn wir machen immerhin noch 4,5 bis 5 Knoten, beide Vorsegel ausgebaumt, der Rest ist weggerollt bzw. -gepackt. Der Wind kommt leicht aus Ost-Nordost, also „smack-bang“ auf den Allerwertesten. Aber es geht ganz gut – leider wahrscheinlich nicht mehr so lang, denn heute Nacht soll der WInd auf unter 10 Knoten sacken, dann ist AKKA keine Gans mehr, sondern eine bleierne Ente, die es im Zweifelsfall per Verbrennungsmotor anzutreiben gilt. Hoffentlich nicht so lang, wir haben noch gut 160 Meilen bis Réunion, und 160 Meilen Gerappel… Nö.

Aber wir würden auch wirklich gern ankommen, denn erst gibt es Nordwind und dann kommt Südwind auf – zwischen Südafrika und Madagaskar drückt in den nächsten Tagen so ein Schweinetief nach Norden; kleiner Vorgeschmack auf die Passage nach Durban. Südwind oder Südwest ist das, was niemand in der Gegend will, schon gar nicht wenn man sich im Agulhas-Strom bewegt. Aber da sind wir ja noch lange nicht.

Sonst gibt es nichts Aufregendes zu berichten. Rodrigues hätte einigen aus unserer Leserschaft sicher gut gefallen, es war schon deutlich weniger mit tropischen Temperaturen belastet, die Landschaft ganz unterschiedlich, und die Rodriguais waren wirklich extrem nett. Die Besatzungen von „Albion“ und „Solitaire“ zum Beispiel, denen wir Segler ja eigentlich den Bewegungsraum im Hafen nehmen, waren immer zu einer Begrüßungsorgie bereit (und zum Abschieds-Embrasse!) Adà¨le hat meine Wasche gewaschen, und gemeinsam mit Anne von der Uhambo stellten wir fest, dass wir seit vielen Jahren keine sauberen Geschirrtücher mehr gehabt haben. Alles ja nicht so verwunderlich, wäre da nicht der Fakt, dass Adà¨le die Wäsche entgegennimmt und am Folge- oder übernächsten Tag sauber, trocken und gefaltet zurückbringt. Was dazwischen geschieht, ist uns ein Rätsel, denn Adà¨le hat keine Waschmaschine! Ich habe ja die Oma-matic im Verdacht, die da einen halben Tag an unseren Sachen herumgerubbelt hat. Egal. Geldwäsche ist im Preis von 60 Rupeehs pro Kilo auch eingeschlossen. Ich war am Tag der Wäscheabgabe morgens zum Zoll gelaufen, und hatte nicht wissend, ob man in Rupeehs oder Dollar zahlen muss, unseren US-Dollar-Vorrat in meine Hosenbeintasche eingesteckt. Immerhin 178 Öcken kamen, so säuberlich wie die Unterbuxen gefaltet, in einem kleinen Papiertütchen zurück. Das gab natürlich Finderlohn.

ANNA, von der wir das letzte Mal berichteten, war übrigens nicht der normale Versorger, sondern ein großes Zwischendrin-Ding – Donnerstag stand nämlich auf der Anschlagtafel schon wieder „… all yachts have to clear port and channel on Friday at 06:30…“ Man kriegt Routine damit, aber es war sowieso unser Abreisetag, viel zu früh, ehrlich gesagt.
Übrigens schwingt der Herd wieder. Schöne Geschichte, auch wenn es für den Eigner etwas frustrierend war: der macht so wunderbare technische Zeichnungen, nach denen früher ganze Rallyeautos entstanden, nur versteht zwischen Grenada und Rodrigues keiner so eine Zeichnung, auch nicht in Kiwiland oder Australien. Das ist ungefähr so wie andere Leute keine Landkarte lesen können, und doch von A nach B gelangen – und das Ergebnis lässt sich sehen. Rohmaterial kam von der AKKA, der Eigner hortet die allerschönsten Sachen „mit denen man doch noch was anfangen kann“. Beinahe wäre es ein dickes rostige Reparaturblech aus dem Werkstattschrott geworden – aber dass wir nun statt zweier ganz klar rechteckiger Blechstücke, die angeschraubt werden sollten, zwei angenietete grobe Blechdreiecke in unseren Ofenseitenwänden haben, ist der künstlerischen Freiheit der Werkstattbude zu danken. Ist aber egal, man sieht nix. Doch, man sieht was: er schwingt, der Herd.

Jetzt muss ich mal gucken, dass AKKA nicht auf die Insel Mauritius rumpelt. Mehr dann aus Réunion! –

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