Fortschritte

22.11.2015, südlich von Madagaskar

Da sitz‘ ich im Cockpit und schlürfe übrig gebliebenen Kaffee von gestern (kalt), der Eigner schläft einen kleinen Nachmittagsschlaf (hoffentlich, wir brauchen den Schlaf, der sich bei der Wackelei nich timmer einstellen will), AKKA schleicht durch den Strom südlich der Insel Madagaskar.
Das ist schon ein besonderes Seegebiet hier! Und damit meine ich nicht die Berufsschifffahrt, die rechts und links an uns vorbeiflitzt und einen mit guten Wünschen bedenkt. Die Jungs und Mädels haben halt auch ihre Sorgen: im Gebiet um Chagos dreht sich ein Cyclon, wir kriegten gerade mit, wie zwei sich über Wetterprognosen unterhielten, der eine aus Singapur, der andere auf dem Weg dorthin. Da können wir mitmachen – Wetterrätseln tun wir auch. Vorwärts und rückwarts. Wie erwähnt – dies ist ein gewöhnungsbedürftiges Seegebiet. Seit gestern bekomme ich zur größeren Verwirrung auch Strömungsdaten serviert. Nicht, dass wir irgendwas damit anfangen könnten in diesem Geschwurbel südlich von Madagaskar – eigentlich befinden wir uns, die wie brav einen mittleren Abstand zum Inselschelf halten und entsprechend südlich gehalten haben, konstant im Gegenstrom. Mal 1 Knoten, mal 2. Das nervt irgendwie…

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Und schon sind wieder anderthalb Tage vorüber, wir sind aus dem Strom raus und stehen auf 26°37S und 42°53E. Der Eigner schläft schon wieder, besser: immer noch, es ist nämlich Vor-Frühstückszeit, meine Funkrunde ist gerade vorüber, das Kaffeewasser wird gleich kochen, und nachher werde ich erstmalig versuchen, das Peri-Peri-Netz zu erreichen; das sind die Südafrikaner, die sich um die hereinkommenden und die das Kap umfahrenden Schiffe kümmern. Vorgestern Nacht ging erwartungsgemäß unsere erste Front durch, ganz prima, weil wir eigentlich nur den Rest davon mitkriegten. Leider weht es seitdem aus Südwest, und davon gestern eine ganze Tüte voll – und jetzt gerade aus Westsüdwest, das heißt wir machen mehr Nord als uns lieb ist: am Freitag steht der nächste Tiefdruckklops (ein Klöpschen) vor der Küste, und den müssen wir hier draußen noch abwarten, bis wir Richtung Richards Bay vorrücken können – dazu müssen wir aber in der Zwischenzeit ein bisschen mehr Süd machen, suns‘ ward dat nix… Der gestrige Tag war recht bewegt, die Welle ganz hübsch, und das hatte einen absolut netten Besuch in der Folge: um 12 Uhr mittags kam die bestimmt berühmte Truppe der „Madagascar Jumping Dolphins“ bei uns vorbei. Das war ein Spaß! Ich bin sicher, wenn Delfine sprechen könnten, dann hätten wir ein riesiges Gejohle gehört. AKKA schiebt mit Schwung und 7 Knoten durch die Wellen  – die Geschwindigkeit lockt die Schule an – und weil die Welle mit ihren 4 m so schön ist, muss man nicht wie sonst nur langweilig aus dem Wasser springen, sondern sich dabei drehen, auf die Seite klatschen, auf den Bauch, seitliche Rollen drehen… Einer wurde nicht müde, sich auf den Rücken platschen zu lassen, sehr beliebt auch so eine Bewegung, wie man sie aus Filmstunts kennt, nämlich in der Luft einfach weiterlaufen, in diesem Fall weiterschwimmen. Echte Akrobaten.
Insgesamt, muss man sagen, ist es deutlich anstrengender als Passatsegelei – nichtweil die Bedingungen so hart wären, die tun zwar auch ein bisschen zur Sachen, aber man ist dauernd mit dem Wetter beschäftigt und mit der anzuwendenden Tatkik. Wir vergleichen GFS und Wetterwelt miteinander, holen 2x täglich dicke GRIB Files über das Satellitentelefone herein und brüten dann darüber. Vielleicht wäre es besser, wenn wir es wie einer der vorausfahrenden Einhandsegler hielten: „… aaach, hier ist alles prima! Brilliant sailing! Um die Front kümmere ich mich, wenn ich die Wolken sehe!“. Na dann. Wir wollen eigentlich nur ungeschoren über den Agulhasstrom kommen, aber das wird schon, denn Samstag flaut es ab. Ankunft vielleicht am Sonntag…
Der Eigner erwacht! Kaffezeit! — —

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