Deutschland, ganz kurz…

Isernhagen, 14.8.2016

Nein! Es gibt noch keine weiteren Bilder, aber ich habe die Sicherungsplatte für die Bilder dabei. Ich bin jetzt zu 10-fach-Sicherungen übergegangen. falls wir uns mal wieder in Windhoek beklauen lassen müssen.

Wir sind in Deutschland, ganz kurz entschlossen und für auch nur kurze Zeit. Berlin-Hamburg-Hannover-Bremerhaven (und umzu).

Deutschland ist…
– Konsumstress. Ich musste mich gestern nach einem Amok-Einkauf bei Realkauf vom Fahrer unseres Leihwagens abholen lassen, mein Rucksack ist zu klein.
– Einkaufsstress. Hatte ich schon immer, aber es ist nicht unbedingt besser geworden, denn die Fülle an Waren ist umwerfend. So musste ich gestern eine Dame um Hilfe bitten, als ich schwarze Pfefferkörner suchte, „ganz normale, nicht die für 10 ‚¬“.
Die Elektronikläden – unglaublich. Wann haben wir das zuletzt gesehen? Ansatzweise in Kuala Lumpur und Singapur, aber auch nur ansatzweise.
Klamotten. Schuhe… Schwindelerregend.
– Hosenbundstress. Schokolade. Käse. Wurst. Brot. Die erste Großattacke auf Heringstopf und Matjes ist schon geschlagen.
Zum Trost haben wir uns gestern zur Feier des Sonnendurchbruchs in den Garten der Kirchhorster Kaffestuben verholt – das hilft hosenbundmäßig nicht unbedingt: Stachelbeer-Flockentorte, Quark-Himbeer, Mohn-Quarktorte und wie sie alle heißen.
– Orientierungsstress. Nicht nur, dass das Weizenfeld an der Straßenbahnhaltestelle neu und ziemlich kunterbunt-deutsch bebaut ist und wir die Gegend kaum wiedererkennen. Nein, wir stehen dann doch öfter mal auf der falschen Fahrspur, egal ob mit Fahrrad oder dem Auto, und der Fahrer beliebt mit dem Wischer zu blinken und umgekehrt. Linksverkehrjunkies. Peinlich.
– Leutestress. Unsere Wohnungsnachbarn, die unentbehrlichen Werners. Olaf in seinem neuen „Lesenest“-Lokal in Altwarmbüchen, sehr erfreuliche Wiederbegegnung und nicht nur – siehe oben, Konsumstress – wegen der Fülle der angebotenen Bücher. Altnachbarn auf ihrem Abendspaziergang, Dorfklatsch austauschen und gemeinsame Architekturkritik üben. Oder ganz unverhoffte, nette Bekanntschaft mit Menschen schließen, die nach jahrzehntelangem Auslandsaufenthalt frisch in die alte Grasdachsiedlung zurückgekehrt sind, wo wir – Architekturneugierde! – mal wieder vorbeischauen wollten. Die Projektidee scheint aufgegangen – die 2. und 3. Generation der Bewohner reißt sich um die Häuser, immer noch. Nur an der Erbteilung.wird es hapern.
– Servicestress – ein Hoch auf das Bürgerbüro Isernhagen, die schon immer (immer!) besonders zugänglich, servicebereit und nett waren. Ich habe einen neuen Führerschein, übrigens auf 15 Jahre beschränkt. Und morgen lernen wir einen Installateur kennen, der – Servicewüste Deutschland! – im Urlaub eigens zu uns kommt, um unseren nicht tropfenden, sondern rinnenden Durchlauferhitzer zu betrachten/zu reparieren/zu ersetzen.

Ihr seht – abgesehen vom Wetter ist hier alles positiver Stress. Manche Leute freuen sich sogar, uns zu sehen. Fast nicht zu ertragen.

 

Alles wie immer…

Bauwasserreise 2007 bis 2016

Blauwasserreise 2007 bis 2016

Jacaré, 2.8.2016

So richtig viel hat sich hier nicht geändert, jedenfalls sagt mein Gedächtnis mir das. Will heißen: es hat sich auch nicht viel gebessert, die Schlaglöcher sind immer noch an den alten Stellen. Nur teurer ist das Leben geworden, die Wirtschaft stottert mächtig vor sich hin – was sicher nur peripher am olympischen Großereignis in Rio liegt. Wir hoffen sehr, dass das alles glatt geht – internationale Presse-Häme haben die Brasilianer jedenfalls nicht verdient. Es sind wirklich liebenswerte Leute.
Das Trinkwasser hole ich dieser Tage glücklicherweise aus dem Mercadinho an der Straßenecke, ein großer Vorteil gegenüber dem ersten Aufenthalt 2008, wo ich die dicken 20-l-Flaschen von der Tankstelle in Intermares herankarren musste. Im Dorf fehlen mir ein paar Gesichter, dafür gibt es neue. Der Zug ist noch der gleiche, die Busverbindung nach Intermares aber kostenpflichtig, was einerseits schade ist, abdererseits die Sicherheit auf der Verbindungsstraße erhöht, denn viele Dörfler sparen sich die 3 Reais und laufen zu Fuß.  Ein neuer Supermarkt hat aufgemacht! Und die alten sind noch in gleicher Funktion, und wenn man dann im Hiper Bompreco oder Carrefour aufschlägt, fragt man sich, ob man überhaupt fortgewesen ist – man merkt schon, dass wir damals recht lang hier waren.
Die Marina hat ein bisschen angebaut, und es lebt auch eine Frau auf dem Grundstück, die abends Bier und natürlich Caipirinha verkauft; das große Menu auf der Tafel kann sie allerdings nicht bedienen (dafür steht am Wochenende aber ein BBQ-Zelt gleich nebenan mit Hühnerspießen und gefährlichen Caipis… Für die Marinaküche lohnt sich der Betrieb zur Zeit auch nicht, denn angesichts der geänderten Aufenthaltsregeln in Brasilien sind die Pontons zwar voller Boote, aber die allermeisten sind unterwegs: nehmen ihre Lückenfüller-3-Monats-Auszeit, bis sie wieder herein dürfen oder strecken die genehmigten 90 Tage um einen kleinen Auslandsaufenthalt. Wir dachten erst, die Regeln seien komplizierter geworden, sind sie aber nicht. Man kriegt 90 Tage Aufenthaltsgenehmigung, die man auf 180 Tage verteilen kann, und nach 180 Tagen hat man wieder Anrecht auf neue 3 Monate. Einziger Unterschied zu früher ist, dass man seinen Aufenthalt nicht mehr verlängern kann. Das Schiff kann 2 Jahre verweilen – aber das wollen wir nicht…  Was wir allerdings wollen, wissen wir noch gar nicht so recht. Das Planungsstadium läuft. Für den Süden Südamerikas ist es noch ein bisschen kühl dort unten, also werden wir uns allerlei sinnvolle Arbeiten an der AKKA einfallen lassen, um die Zeit bis dahin zu füllen; es wird uns nicht schwer fallen. Vielleicht komme ich so ja auch mal dazu, in Ruhe nach Bildern zu forschen. Ein kleines Großreinemachen wäre auch wieder mal fein – wie der Eigner heute sagte: „… auch mal unter den Bodenbrettern…“  Diese Aussicht liebe ich sehr. Gefährlicher Nebeneffekt der dünnen Marinabesetzung allerdings: Internet ist auf dem Schiff erreichbar, da kann man dann den ganzen lieben langen Tag über Trump, Erdogan und Co. räsonnieren.
Unterm Strich: alles wie gehabt, alles ländlich-friedlich in Jacaré. Hier lässt es sich abhängen.

Wie Ihr übrigens oben seht, habe ich die AKKA-Blauwasserreisekarte vervollständigt, und nun gefällt mir auch, dass der Kreis sich sichtbar geschlossen hat… Nun sollte ich wirklich mal mit den Fotos… aber da lege ich erst mal das brasilianische Tempo vor. Das ist nämlich laaahm.
Kleines PS noch von „unterm Cockpitgräting“: kaum zu glauben, aber wahr – unser gecko ist wieder aufgetau(ch)t.  tschak-tschak-tschak-tschak-tschak!  Es scheint ausreichend Futter vorbei zu fliegen…