Zwischen Magellan und Beagle

Der Forscher. AKKAnaut in der Magellanstraße

Der Forscher. AKKAnaut in der Magellanstraße

Puerto Williams, 19.11.2016

So gut wie neu!

So gut wie neu!

Punta Arenas, das war… Hostal Aventura Austral mit einer unermüdlich uns betüdernden Familie. Papa rennt ab 6 zwischen Küche und Essraum und deckt uns mit Brot, Schinken, Käse, Rührei ein. Die Söhne an der Rezeption versorgen die Gäste mit Informationen, stellen uns, insbesondere dem Akkanauten einen schicken schwarzroten Käfer – leider nur zum Gucken – vor die Tür. Andreas kann sich kaum beruhigen, dieser Klang! Baujahr 68, so gut wie neu! Die Damen des

Farbenmut macht Patagonier froh

Farbenmut macht Patagonier froh

Hauses sorgen für Sauberkeit. Das Rundumsorglos- und Spaßpaket. Geradeaus den Berg hinunter liegen große und kleine Schiffe, Frachter, antarktisfahrende Forschungs- oder Passagierschiffe. Über allem schweben Skuas und Kormorane zuhauf, ein einsamer Königspinguin wird uns von Mitbewohnern gemeldet – leider hat der sich am nächsten Tag wieder verzogen. Es gibt  davon wohl kleine Kolonien in chilenischen Teil von Patagonien, aber gewöhnlicherweise leben die

Kormorane gibt es aber reichlich...

Kormorane gibt es aber reichlich…

großen Kaiser- und Königspinguine eher in der Antarktis, und diese Box auf unserer Liste der Kontinente wird kein Häkchen kriegen, denn eines ist sicher: so verlockend es scheint, eine Antarktisfahrt kommt nicht in die Tüte, auch aus finanziellen Gründen nicht; unter 1.000 pro Tag und Nase passiert nichts, auch nicht in einer 4-Bettkabine. Wir gucken trotzdem gern auf die Schiffe, die dorthin aufbrechen. Hurtigrouten (FRAM) oder ex-Forschungsschiffe aus Holland (ORTELIUS, PLANCIUS) und mehr, meistens für knapp 3 Wochen via Malwinen/Falklands und Südgeorgien. Sicher spannend.

Panorama mit Magellanstraße

Panorama mit Magellanstraße. Im Hintergrund: Feuerland!

Auf der Nao Victoria

Auf der Nao Victoria

Stattdessen besuchen wir die Nachbildung der Nao Victoria, einem Schiff aus Magellans kleiner Flotte. Sehr schön anzuschauen und gruselig, darauf herumzusteigen, es ist einfach kaum zu glauben, dass man mit einer Nussschale von 27 m Länge samt zahlreicher Manschaft – nämlich 275 Mann auf 5 Schiffen – ohne Seekarte ins Blau-Graue fahren konnte,  dabei den Seeweg um Südamerika entdeckte, um schließlich nach 3 Jahren wieder in Spanien einzutrudeln. Leider ohne Magellan, den es in den Philippinen dahinraffte, und auch sonst dezimiert: es kam nur ein Schiff zurück, mit 18 Leuten. Plus 3, die 1527 aus portugiesischer Kerkerhaft entkamen.

Wagemut pur. Die James Caird

Wagemut pur. Die James Caird

Nebenan wird auf dem Museumsgelände zur Zeit die BEAGLE nachgebaut, das Schiff unter Robert Fitzroy mit Charles Darwin als Naturfoscher,  ebenfalls in Originalgröße, und ich hoffe, dass man dafür einen ebenso ausführlichen und informativen Audioguide erstellt wie für die anderen Exponate – als da sind der kleine Kutter ANCUD, mit dem die ersten Chiloten 1848 in  den Süden von Patagonien aufbrachen und last, but not least mein Hauptgrund für diesen Besuch, ein Nachbau der JAMES CAIRD. Das ist das Rettungsboot, das Shackleton benutzte, um von Elephant Island, vor der Küste der antarktischen Halbinsel, nach Südgeorgien zu gelangen, um Hilfe für seine zurückgelassene Mannschaft zu organisieren; eine Reise, für die ich immer noch allerhöchste Hochachtung habe, zumal es ja mit der Ankunft in Südgeorgien nicht getan war – zwei Versuche brauchte man, bis die YELCHO aus Punta Arenas die Männer mitten im stürmischen Südwinter dort abbergen konnte. Ich musste in meiner Begeisterung zwei junge, deutsche Rucksäckler zur JAMES CAIRD hinunter an den Strand schicken, glücklicherweise gibt es dort eine große Schautafel zu Shackletons Unternehmung, denn sein Name oder „ENDEAVOUR“ riefen eher fragende Blicke hervor… Geschichte halt. Aber hinterher gab es Anerkennung für diesen Antarktiskrimi.

Was noch? El Choccolate – ein Café zum Aufwärmen. Tickets kaufen bei Transbordadora Austral Broom, die Fähre nach Puerto Williams. Das wild gewürfelte Salesianer-Museum, ausgestopfte Vögel und Pumas, Devotionalien, sehr eindrucksvolle Filme aus den 20ern, als Pater Agostini das Leben der Yaghan dokumentiert hat, und viel Krempel mehr. Ein Besuch in der Zona Franca, wo allerlei Produkte günstig angeboten werden  Zwecks Betonung ihrer ’soberanà­a‘ – will sagen: Gebietsansprüche – haben sowohl die Chilenen wie die Argentinier über Steuererleichterungen versucht, diesem eher unwirtlichen Teil ihrer Länder zu mehr Bevölkerung zu verhelfen, mit Erfolg. In Chile umfasst der steuerliche Teil der Zona ganz Patagonien, sodass man, wenn man die Carretera Austral mit dem eigenen Auto befährt, Zollkontrollen unterworfen ist.

YAGHAN. Unsere Fähre nach Puerto Williams

YAGHAN. Unsere Fähre nach Puerto Williams

Frühstück unterwegs nach Puerto Williams. Kekse, Muffins, Plörre...

Frühstück unterwegs nach Puerto Williams. Kekse, Muffins, Plörre…

Und dann ging an einem regnerischen, kalten Donnerstag die Fähre Yaghan nach Puerto Williams, am Beaglekanal. Eine kleine Autofähre mit Flussfährencharakter, ein paar LKWs, ein paar chilenische Carabineros und Armadaangehörige, ein paar Touristen. Man schläft wie im Bus in Sitzreihen, aber da wir lange im Voraus gebucht hatten, kriegten wir die teuren Schlafsessel, auf denen man sich voll ausstrecken kann, die „semi cama“ (auch nicht schlecht!) sind bis kurz vor Abfahrt für

Beaglekanalwetter

Beaglekanalwetter

Chilenen reserviert, nur Restposten werden an Touristen vergeben. Leider war die Sicht während der gesamten 32 Stunden eher schlecht, aber das ist eben auch eine „sehenswerte“ Seite von Patagonien, und als wir den Gletscher Pia erreichten, hatte der Wettergott ein Einsehen und ließ es ein bisschen aufreißen. In Yendegaia – ein Armadaposten am Arxx der Welt, Stichwort „soberanà­a“ – laden wir die Polizei- und Soldatenschicht für die nächsten Wochen aus und

Gletscher- Besuchen wir ihn oder er uns?

Gletscher- Besuchen wir ihn oder er uns?

nehmen die dienstfreien an Bord. Am Ufer wird im Nieselregen Fußball gespielt, etwas anderes fällt einem hier kaum ein. Netz, sprich Internet, ist hier Fehlanzeige, wahrscheinlich versteckt sich irgendwo ein grottenlangsamer Satellitenzugang. Um 21 Uhr passiert man die leuchtende Silhouette von Ushuaia auf der argentinischen Seite – die Grenze verläuft genau in der Kanalmitte – und um Mitternacht erreicht die Yaghan Puerto Williams. Die Mannschaft fragt ab, wer das Schiff verlassen will – mitten in der Nacht will einen kein Hostel. Ein paar Passagiere werden abgeladen, die anderen schnarchen durch bis um 07:30, vor Anker. Perfekt. Frühstück gibt es an diesem absolut traurig-patagonischen Morgen aber schon in Pattis Wohnküche. Wir mischen uns unter Taucher und Segler im Abreisemodus. Das Hostal Pusaki. Holzofenfeuer. Gemütlich am Beaglekanal.

Das Willkommenskommittee wartet. Hostal Pusaki

Das Willkommenskommittee wartet. Hostal Pusaki

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