Regenzeit

Domburg, Suriname, 30.4.2017

Es regnet! Was für eine Überraschung – und die gute Nachricht ist: die Regenzeit hört im August auf. Nun diskutieren ja derzeit alle über den Klimawandel, wir auch, und bis sich das Klima gewandelt hat, hängen wir in Domburg mitten im Suriname Rivier an einer Mooring und warten. Warten zum Beispiel darauf, dass es aufhört zu regnen, damit man Wäsche waschen kann, im Moment ist Dauerspülgang angesagt – nicht so schlecht, eigentlich, aber es hat hier keinen elektrischen Trockner. Und selbst unter Dächern Wäsche aufzuhängen ist bei dieser Luftfeuchtigkeit wie Trocknen im Aquarium.
Es ist dennoch lustig – der Suriname Rivier ist ein Schlammfluss ohnegleichen, der Hoang Ho ist nichts dagegen. Immer wieder treiben kleine Urwaldinselchen vorbei, wir stellen uns vor, wie darauf Käfer und Eidechsen eine Reise flussabwärts machen. „Fahrt in den Mai“, wahrscheinlich mit Spinnentanz und anderen Vergnügungen – eine Fernreise wird das jedoch nicht, denn nach 6 Stunden tritt die Insel mit der gekenterten Tide die automatische Heimreise an. Vom gegenüberliegenden Ufer halten die Brüllaffen abends ein Konzert, und AKKA dreht sich dazu im Strom. Allem Regen zum Trotz lässt es sich aushalten, zumal die River Breeze Bar, zu der unser Mooring gehört, WiFi an Bord schickt. Nun gut, wir holen uns das WiFi herüber, das ja normalerweise mit einem Bier (oder zwei) abgerufen werden soll.

Seit 2 Wochen sind wir wieder in Regionen, in denen man Landfreuden erleben kann, und ich merke, dass ich das wahrlich genieße.
àŽles du Salut, Französisch-Guyana. Der leicht moderige Duft, als wir vor der àŽle Royale in den àŽles du Salut vor Anker gingen – der erste Landgruß. Ein ohrenbetäubendes Zikadenkonzert. Totenkopäffchen rufen aus den Bäumen – uh, uh! Fregattvögel über uns, kleine Schwalben wippen auf unseren Schoten. Der Ankerplatz in der Baie des Cocotiers ist sehr ruhig, wenn man vom Strom und dem gelegentlichen, tidenabhängigen Schwell absieht – und daher hört man auch das Geplätscher der Wellen, äußerst friedlich, äußerst entspannend. Etwas anders dann der erste Landgang – friedlich ist es schon noch, aber die Inselgeschichte als Deportationslager, als so genanntes „Bagne“, verfolgt einen auf Schritt und Tritt, und dabei ist dies nur die Insel der Lagerverwaltung. Als wir auf der Windseite entlang spazieren, erwische ich mich bei dem Gedanken, wie viele Insassen es hier wohl in den Wahnsinn getrieben hat mit dem unaufhörlichen Gedonner der Wellen und pausenlosen Wind. Von wegen „friedlich“.
Heute ist das aber Nebensache: es ist Osterwochenende, Französisch-Guyana befindet sich seit 4 Wochen im Generalstreik, also haben die Leute vom Festland frei-frei-frei; die Stimmung schwankt zwischen hurra und „es reicht“. Eine Gruppe von ortsansässigen Franzosen – Guyana ist der Franzosen ärmstes Département, siehe Generalstreik! – feiert den Abschied einer Freundin und hat eine alte, zum Massenlager umgewidmete Werkstatt in Beschlag genommen – und schon werden wir befragt, woher, wohin und bekommen etwas von der guyanesischen Osterspeise angeboten. Das ist die Bouillon d‘ Arapua (oder so, rein phonetisch). Ein Eintopf aus Vielem, aber mit einem großen Anteil an Palmfrüchten. Und Fisch. Und Huhn. Und Speck. Und Knoblauch. Und Zwiebeln. Sieht, da stundenlang gekocht, ein bisschen örrgs aus, wir werden auch nicht gezwungen, aber es schmeckt uns ganz gut, zumal uns das auf frischem Röstbrot dargeboten wird. Dunkles Sauerteigbrot? Hatten wir schon Ewigkeiten nicht mehr, köstlich! Nicht im Streik sind die drei Katamarane aus Kourou, die die Tagesgäste heranschaffen, also ist daran kein Mangel, und genau darum mochten die Wirte der „Auberge“ auch nicht streiken. Money makes the world… Was seine Vorteile hat – gegen ein paar Euro bekommt man das Tagesmenu und die AKKA-Pantry bleibt kalt. Das lobe ich mir generell, und dann ist die Fischsuppe – mit Rouille und Röstbrot! – auch noch absolut lecker. So sitzt man etwas losgelöst vom geschichtlichen Hintergrund hoch über der Brandung im Passatwind, schaut auf die Teufelsinsel, wo Dreyfus 4 Jahre einsamster Haft verbracht hat und freut sich frecherweise auch noch über französische Desserts.
Zur Abkühlung allzu angenehmer Gefühle geht es dann umgehend in den Block der zum Tode Verurteilten. Wirklich schlimm jedoch ist der Besuch auf der àŽle St.Joseph, der eigentlichen Gefängnisinsel. Die Inseln sind durch eine Meerenge mit starker Strömung getrennt, ganz schlecht für fluchtwillige Gefangene und auch ein bisschen kitzelig für unseren kleinen Dinghymotor. Ein Rundgang am Ufer entlang – ungefähr eine halbe Stunde Bummeln – ist noch einigermaßen idyllisch, Palmen, alte Befestigungen, der Friedhof. Beerdigt wurden hier nur die Bediensteten, wer einsaß, wurde den Haien überlassen (von denen es angeblich nicht so viele gab, wie man Fluchtkandidaten weismachen wollte). Aber die steilen Stufen zur Inselmitte hinauf enden am eigentlich Gefängnis. Hohe, grobe Steinmauern, ein eisernes Dachgerüst über den Massenzellen/-hallen. Lange Schienen zum Anketten der Fußfesseln. Nebenan Blocks mit Gruppen- und Einzelzellen. Schaut man in die kleineren, sieht ebenfalls rostige Beschläge zum Anketten und denkt sich nichts weiter – das ist alles lange her und dem Verfall preisgegeben; in den 60 Jahren seit Schließung des Bagne hat die Natur vieles überwuchert. Über uns knallt die tropische Sonne durch’s Blätterdach – und dann gewahrt der Blick nach oben, was hier ablief: die Decke ein Eisengitter, auf der Mauer zwischen zwei Zellenblöcken ein langer Laufgang. Diese Zellen waren nach oben nicht geschlossen, die Gefangenen wurden von oben bewacht – und all das ohne den heutigen Baumbewuchs. Schatten? Keinesfalls – dazu hatte man die Inselkuppe, auf der die Gebäude stehen, gerodet. Ziemlich grausam, und kein Wunder, dass ein hoher Prozentsatz an Deportierten das erste Jahr nicht lebend überstanden.   Was stand in der kleinen Ausstellung auf der àŽle Royal ? Das Bagne auf den Inseln war „gegenüber den Gefängnissen auf dem Festland noch das angenehmste“. Das lässt Schreckliches für Cayenne oder St. Laurent vermuten. Wir verkriechen uns dann mal an Bord – da steht einem nicht mal mehr der Sinn nach „Papillon“ , der übrigens nicht hier eingekerkert war, sondern drüben, in Cayenne. Nach einem Pastis kehrt der Sinn für die friedliche Umgebung zurück. Zikadengebrüll, Affengeheul. Schön… doch, ziemlich schön ist es hier. Später, beim Aufräumen der Bücherschapps fällt mir eine Broschüre zum Tuol Sleng, dem Stadtgefängnis in Phnom Penh in die Hände. 140 Jahre, 40 Jahre – so richtig viel gelernt haben wir nicht, wir Menschen. Wir sind eine merkwürdige Spezies.

Nach 10 Tagen (Halb)idylle auf den àŽles du Salut lupfen wir an einem Montagmorgen gleich nach Sonnenaufgang den Anker. Mit Strom sollten wir am Dienstagvormittag vor der Einfahrt zum Suriname Rivier stehen, denn den geplanten Ausflug in den Maroni, den Grenzfluss zwischen Frankreich und Suriname, haben wir uns abgeschminkt. Keine Lust auf Straßensperren und geschlossene Einrichtungen – auch die Versorgung soll schon ein bisschen löcherig geworden sein. Eine junge Italienerin, die im Bereich des Raumfahrtzentrums arbeitet, hatte erzählt, dass sie sehr gut verstehen, warum gestreikt werde – die Infrastruktur im Land sei so schlecht, dass sich viele potenzielle Mitarbeiter 3-mal überlegen, ob sie nach Guyana gehen; vor allem sei die medizinische Versorgung ziemlich lückenhaft. Dabei ist ein Job im Centre Spatiale wohl grundsätzlich ein sehr beliebter und natürlich interessanter Arbeitplatz, gegen den die ärmliche Umgebung massiv abfällt. Die Streiklust sei allerdings ziemlich geschwunden, nun vermuten die Mitarbeiter dort, dass für eine Weile nur noch das Raumfahrtzentrum blockiert werden soll. Und wirken genervt – „…wir haben 12 Starts geplant und sind schon 3 im Rückstand…“ Wir sind gespannt, wie das ausgeht – und vielleicht bekommen wir noch ein bisschen landseitig zu sehen; ein Trip mit dem Leihwagen ist geplant.

Die Rechnung für die Weiterreise haut einigermaßen hin. Wir laufen anfangs noch mit Gegenstrom in den Suriname hinein, aber nach einer Weile erreicht uns der Flutberg von achtern und zieht uns mit. Dies ist ganz andere Küste als auf den einsamen Inseln. Ist es zur Linken urwaldig grün, liegt zur Rechten Paramaribo mit all seinen Hafen- und Industrieanlagen, und danach reiht sich fettes Haus an fettes Haus, bis wir in Domburg vor dem „River Resort“ eine Mooring fischen.
Die Sache mit den „fetten Häusern“ klärt tags drauf Harry, der Taxifahrer, der uns zum Einklarieren in die Stadt fährt. Harry ist, wie viele Surinamesen, indischer Herkunft und Hindu und erläutert uns jeden einzelnen Drogenmafiabau am Ufer. Und kennt auch die Plätze mit den spektakulärsten Überfällen und Rachemorden. Eine Tour de Crime, sozusagen. Interessant? Schon. Irgendwie nicht ganz im Einklang mit dem, was wir vor ein paar Tagen aus Deutschland hörten: Frau Sägebrecht möchte gern nach Surinam auswandern, weil es hier vor allem zwischen den Religionen so friedliebend zugehe. Mit Harry ist sie offensichtlich noch nicht gefahren. Wir dagegen bringen mit seiner Hilfe die Einklarierungsprozedur, die wir von 2008 in schlechter Erinnerung hatten, binnen zwei Stunden hinter uns, zack, MAS, zack, Immigration, zack, Militärpolizei. Und kehren anschließend im Paradies ein. Das heißt TULIP Supermarket und hat alles, was wir über Monate nicht zu Gesicht bekommen haben. Dunkles Brot, Grieß, Wiener Würstchen, französischen Quark, dänische Butterkekse, Schwedenknäcke, Maille-Senf,  um nur ein paar wichtige Produkte zu nennen. Die nächsten Tage sind gerettet! Es darf weiterregnen!  Obwohl… im Moment warten wir gerade. Auf REGEN! Wir haben angesichts der Wasserqualität unseres „Hoang Ho“ eine Wasserauffangvorrichtung ersonnen. Und was macht der Himmel nach zwei Tagen Dauerregen? Nix. Man kann sich auf nichts verlassen! Nicht einmal auf die Regenzeit in Suriname!

Das 192er Etmal

Unterwegs – 15.4 2017 .. noch 50 Meilen bis zu den Iles du Salut. Werden, wie der Bruder schreibt, nicht auf Winlink gezeigt, aber man kann ja einfach nach „Teufelsinsel“ googeln, oder nach Dreyfuss oder gar „Papillon“. Genau, da wollen wir hin. War schön dort, Weihnachten 2008, und das wird sicher jetzt nicht anders sein. In jedem Falle eine angenehme Unterbrechung unserer Passage. Die war insgesamt prima, und für alle Elektrowitze hat sich AKKA heute Nacht rehabilitiert: als ich vorhin zur letzten Nachtwache antrete, sehe ich im Logbuch ein kleines Schild gemalt: „192!“ Ein Etmal von 192 Meilen. Premiere! 192 Meilen über 24 Stunden, das macht nach Adam AKKA 8 pro Stunde. Und sie musste sich nicht mal anstrengen, die alte Dame, denn der Eigner schreibt zum Schildchen dazu: „Wir segeln gemütlich mit 5,5 Knoten durch’s Wasser und rauschen mit 9 über Grund“. So isses. Dieser Strom ist unermüdlich, und deswegen geht der Satz auch weiter „… hier möchte ich nicht nach Süden segeln!“ Versöhnlicher Abschluss der Passage also. Der kurzweiligste Tag war der vor und am Äquator. Da schläft einem abends schon der Wind vollends ein, alle Mühen, alles Zuppeln hilft nichts. Die Wahl ist: Drift oder Maschinenhilfe. Am Äquator gibt es da für mich keine Alternative als „Maschine an!“, denn hier muss ich weg. Äquator ist eben Windstille, fiese Gewitter und wenn doch Wind, dann in Form von Squalls. Und das Ganze kann dauern, die alten Rahsegler wussten ein Lied davon zu singen. Rossbreiten. Wir hätte zwar anstatt der schweren Rösser ein paar überzählige Bleibatterien über Bord gehen lassen können, aber das wäre nicht umweltgerecht, also: Maschine an. Was in diesem Fall eine schöne, neue Versuchsanordnung in der Achterkammer erzeugt, denn mit ladender Lichtmaschine geraten die doofen, neuen, alten Batterien in Schweiß. Die Kojenbretter sind schon seit Natal hochgeklappt und es ist stündliche Temperaturkontrolle (mit meinem guuten Joghurt- und Milchschaumthermom eter! Das elektronische hat schon lange das Zeitliche gesegnet) angesagt. Wir tragen treulich ein. Zeit, Temperatur, Spannung sm Controller und an der Batterie, Ladung… Das hält einen munter! Der Eigner sagt: „bei 40 hören wir auf!“ und die 40 Grad sind dann auch am Morgen erreicht. Motor aus. Draußen ist es eklig grau und dunkel bewölkt, die See schwubbelt vor sich hin – aber immerhin treibt uns ein kleiner Strom in die richtige Richtung. Und dann wird der Tag doch ganz schön, denn der übliche Eiertanz entfällt, es rollt bur ein bisschen. Zeit für Rindercurry mit Ananas, Entspannung und eine große Portion German Engineering – der Eigner baut eine Batteriekühlanlage. Hatten wir die in Singapur angelegten Vorräte an PC-Lüftern bislang zur Fächelung im Cockpit, an den Kojen oder an der Nähmaschine benutzt, schlägt heute ihre Stunde als Batterieretter, und tatsächlich, am Nachmittag können wir nochmals ein paar Stunden motoren, und dann ist er auch schon da, der Nord ostpassat. Wir sind zurück auf der Nordhalbkugel, der fette Strom setzt wieder ein. Off we go! Das Wetter bleibt gemischt, Strahlesonne, dicke Bewölkung, Wolkenbruch und Pieselregen wechseln sich ab. Und die Kühlung kühlt dazu. Prima! Der Rest war „normal“. Normal ermüdend, normal routineerzeugend. Gewitter hatten wir überhaupt keine, nur 5 Mal Wetterleuchten in der Ferne – keine Elektronik-in-den-BAckofen-Aktionen, sehr gut. Dass wir den genauen Zeitpunkt dss Äquatorübertritts versäumt haben, ist doof, ich wäre gern ins Wasser gesprungen und hätte mich rübertragen lassen. Mit Taufe hatten wir ja bei diesem 6. Mal nichts am Hut, und Herr Neptun und Kollegen (von Arielle bis Käptn Blaubär haben alle Anteile am Äquatortaufgeschehen) waren es zufrieden. Was mich auf das Stichwort Aberglaube bringt. Da bei uns nichts getrunken wird außer selbst gemachtem Wasser, entfallen die obligatorischen Opfergaben an Rasmus. Schlecht. Nun gut – wir sind nicht am Freitag losgefahren, das bringt uns in die Nähe abergläubischen Handelns, obwohl es eigentlich nur unsere Trägheit war. Aber für die Batterieprobleme lässt sich ganz klar eine Ursache feststellen: Bananen an Bord! Geht überhaupt nicht! Allen Ernstes: e s fragt mich in Jacaré der Mitsegler eines anderen Schiffes, ob wir denn Bananen an Bord hätten, und ich antworte so wahrheitsgemäß wie fröhlich: „…sure! Sollte für eine Woche reichen!“ Nicht wissend, dass dieser Mann soeben einen Spaziergang wegen einer schwarzen Katze (von links, rechts oben? ich weiß es nicht…) abgebrochen hatte, wie man mir später zutrug. Und ich kriege einen Anti-Bananen-Einlauf – Bananen an Bord sind ganz schlecht! Wir haben’s gemerkt. Die gute AKKA segelt gerade mit 9 Knoten in den Sonnenaufgang hinein, sie würde gern noch einmal 192 Meilen an einem Tag für uns hinlegen – aber dafür reichen die Meilen nicht mehr. Frohe Ostern dann! —

Unterwegs

Dienstag, 11.4.2017 0°06 Süd, 42°43 West Menno, ist das grau hier am Äquator. Der liegt 6 Bogenminuten=6 Meilen nördlich von uns, und dieses Mal ist es ein bisschen mühsamer als unsere letzte Reise zu den Iles du Salut. 2008 war das. Positionsberichte wollen nicht raus (vielleicht bin ich dank Wetterwelt per Iridium meine Geduld losgeworden?!), der Wind schnarcht vor sich hin (letztes Mal, erinnere ich mich, schrieb ich „… nach 10 Tagen sanfter Dauersegelei…“). Der Brasilstrom hat uns zwar geschwinde hierher gedrückt, aber jetzt ist erst einmal dümpeln angesagt. Einiges wiederholt sich allerdings: seit heute Nacht sitzt wieder eine Zügelseeschwalbe auf dem Solarpanel, so ein Spaß! Ganz schönes Gewackel da oben – jetzt, im Morgengrauen, sieht man das Vögelchen hampeln… Unsere Batteriegeschichte ist leider noch nicht zu Ende – in Natal ließ sich ad hoc kein Ersatz auftreiben, der irgendwie bei uns hineingepasst hätte; dafür gab es eine genüssliche Batterieexkursion zu Tudor Baterias und zu Autoelectrica Natalense. Tudor konnte uns zwar nicht bedienen, aber der Chef war von der Aufgabe so angetan, dass er sich als Chauffeur anbot – wir hatten nämlich Javier von Autoelectrica geheuert, um unsere Lichtmaschine-Regler-Batterien-Umgebung mal mit professionellem Werkzeug zu testen. Diagnose: schlechter Lieferant in Sao Paulo, 3 der 6 nneuen Batterien sind so gut wie hin – und die haben wir abgeklemmt und üben nun mal das, was auf anderen Yachten Tagesgeschäft ist: Stromsparen! 780 Meilen liegen noch vor uns, wir arbeiten dran! Die Seeschwalbe hat sich gerade aufgemacht, das muss das Zeichen sein, Kaffee zu kochen und den Tag einzuläuten! Bis dann! —

Der Witz der Woche!

Natal, 4.4.2017

Das Schiff macht Witze! Nicht die alten abgedroschenen (z.B. Bilgepumpe springt an, aber wenn man gucken will, hört sie auf zu pumpen.  Haha, AKKA!), nein, ein neuer, Ihr werdet sehen!

Ein- oder Ausklarieren ist ein längeres Geschäft in Cabedelo, was nicht zuletzt an André, dem pathologisch pingeligen Immigration-Officer, liegt. Normalerweise legt man seinen Pass vor und „bumm“ hat man den Ausreisestempel. Nicht so bei der Policia Federal in Cabedelo .
An einem schönen Freitag, als wir noch hoffen, Immigration, Zoll und Marinha an einem Tag abzuarbeiten, radeln wir zu Policia, nicht so weit von der Marina entfernt. 09:30 – wenn André pünktlich um 10 Uhr anfängt, ist alles drin – aber wir hatten schon verloren, denn vor uns sitzt ein junges französisches Paar mit gleichem Anliegen. Um 11 Uhr sind wir dran, es ist nicht zu fassen: Stempel vergleichen, Bild vergleichen, Pass ans Licht heben, nochmals Stempel vergleichen, Computersystem auf Konsistenz prüfen, Formular – gut Ausreisestempel will Weile haben. Dabei wir haben schon den Tagesrekord gebrochen, nur 45 Minuten für die AKKA-Crew. Sensationell. Einklarierende Mitlieger aus der Marina kommen um 15:00 völlig erledigt zurück – und dabei kann alles so einfach sein und fix gehen, wenn nur André mal einen Tag frei hat. Hatte er aber nicht, also muss am Montag weitergemacht werden.

FlipFlops all überall. Die fehlenden Beine sind auf die Bank gezogen…

Leider sind die Dinge in Cabedelo nicht mehr so einfach, seit sich die drei Behörden nicht mehr zusammen im Hafenareal befinden, Policia am Nordrand von Intermares, die Receita am alten Platz, die Marinha, der das Haus abgebrannt ist, in Joao Pessoa. Diese langwierige  Reiserei bietet aber einen würdigen Abschied von den Attraktivitäten und Merkwürdigkeiten im Nordosten Brasiliens – das bietet Ein- und Ausreise in Iguassu nicht,  so ein 20-Sekunden-Stempelding. Der Zug rumpelt einen nochmals hin und her, mit all den netten, flipfloptragenden Leuten an Bord, die Snacks und Wasser verkaufen oder frisch geborene Babys nach Hause tragen, oder mit den Schülern, die einen auf der Suche nach Sparringspartnern für ihre Englischkenntnisse anquatschen…

Im Zug nach Joao Pessoa. Agua? Pipoca?

Ein kleines Mädchen ist ganz aus dem Häuschen: „…o novo, o novo!“  Der neue Zug, was für ein Abenteuer. Neuer Zug auf alten Gleisen macht aber in Sachen Geschwindigkeit und Schlangenbewegungen (man guckt von vorn bis hinten durch, sehr spannend!) wenig Unterschied, wobei die Anzahl der unbeschrankten Bahnübergänge auf dieser Strecke sowieso keine hohe Geschwindigkeit erlaubt.
‚Mein Heimatgeräusch für Jacaré ist daher auch weniger der ewig Ravel-blasende Saxofonist, sondern: „trööt-trööööööt-trööt-trööt!“ Der Zug am Bahnnübergang.

Aber dann sind wir ausklariert, wir nutzen die 72 Stunden Karenz weidlich, überweidlich aus, lösen uns am Freitag (da sind es schon 84 Stunden) vom Ponton und gehen in der Flussmitte vor Anker, und am Sonnabend geht es endlich raus – hurrah! Wir segeln – ein bisschen, in der Flussmündung schmeißen wir kurz den Anker, um den Loggeimpeller nochmals vom Bewuchs zu befreien – in der trüben Flussbrühe vor der Marina war ich etwas eilig gewesen – und erwecken den Wassermacher zum Leben. Aber dann. Raus auf den Atlantik! Nordwärts! Hinein… in die Regenwolken, die sich am Abend am Horizont türmen. Es wird schon fast dunkel, als wir angesichts der schwachen achterlichen Winde noch schnell den Spibaum riggen (und der Eigner sich vom Relingsdraht auf die Stirn küssen lässt, schöne Schmarre das!) – aber leider, leider kein Wind ab 23 Uhr,  dafür sturzbachartiger Regen, über Stunden. Pottenschwärze ringsum – genau die Kombination, die man sich für die erste Nacht auf See wünscht, und der Motor rappelt dazu. Um 7 komme ich drömelig aus dem Bad, huch, der Motor ist aus! „Ja“, sagt der Eigner in seinem „Gefahr-im-Verzug“-Tonfall, „hab‘ ihn gerade mal ausgemacht. Die Stirling-Ladekontrolle meldet hohe Batterietemperatur.“ So ein Kack! Die neuen, teuren Batterien…  Was tun? Noch 1200 Meilen weiter nach Französisch-Guyana, wo sich gerade die Bevölkerung einen Generalstreik gibt? Oder nach Fortaleza? … warte mal… Richtig weit dürfte Natal nicht sein, die Hauptstadt des Staates Rio Grande do Norte. Ist sie auch nicht. 20 Meilen west-süd-west, da sind wir gerade dran vorbeigegurkt. Am Mittag sind wir da und liegen nun vor dem verschlafenen Iate Clube do Natal mit ein paar unbelebten Yachten vor Anker. Vom Strand aus erfreuen uns die hiesigen Sängerknaben mit ihren fröhlichen Liedern: wir liegen vor einem Militärstützpunkt, und es wird den ganzen Tag exerziert. Jawoll, Herr Ka’Leu. DIIIE Augeeen rechts.  „OOOs olhos…“. Um 05:30. Abmarsch  zum Frühstück! EIIN Lied, zwo, drei!  In dieser Art…
Gestern war neben ein bisschen Rumpfreinigung der große Batterie-Testtag in allen Konfigurationen – hochladende Lichtmaschine, normal, mit/ohne Solarpaneleintrag, Spannungsmessung überall… Mal schauen, was sich für eine Lösung ergibt; eigentlich sind wir ja ein Segelschiff.

AKKA, Du machst Witze!