Vergnügungsrausch

Einfach nur… Pan!

Chaguaramas, 31.7.2017

Die AKKAnauten im Vergnügungsrausch. Rauschhaftes Analysieren des Manometers für das Kühlmittel, zum Beispiel – schon allein von den vielen Auskünften, die man zu dem Thema bekommt, kann einem schwindelig werden! Von Erstklässler-Einführung („… der Zeiger steht dann auf xy psi…“) über brasilianische Ungefährangaben zu fast unverständlichen Mails aus Italien, die ganz haarscharf am Thema vorbeigehen. Immerhin konnten wir mittels das unbezahlbaren You-Tube herausbekommen, dass der angezeigte psi-Wert im Vakuumbereich ein paar Werte in „inch Mercury“ zeigt. Nun fällt alles an seinen Platz. Es war uns ein Vergnügen…
So richtig vergnüglich ist das heiße Wetter nicht, man schwitzt vor sich hin, Mittagsschlaf kommt einem plötzlich als physiologische Notwendigkeit vor, die Computerlüfter tun unermüdlich ihren Dienst, und dennoch haben wir uns das Vergnügen geleistet, in der Hitze (zwischen den tropischen Regengüssen) die Decksluken auszubauen und neu abzudichten. Für das Polieren haben wir uns Raul als Helfer gedungen, AKKA steht jetzt (mit PHOSPHORSÄURE!) gereinigt, poliert und eingewachst da und wartet auf ihren Splash, irgendwann Ende September, und davor wird das Wachs auspoliert. Ein Vergnügen für die Arme.

Ein wirkliches Vergnügen bot der letzte Sonnabend: wir hatten Karten uns zum „Big 5“-Konzert im Queenspark in Port of Spain gekauft und saßen dann rentner- und schwerhörigengerecht in einer der ersten Reihen, um uns von den 5 „großen“ Steelbands von Trindidad (Tobago spielt da eine untergeordnete Rolle) beschallen zu lassen. Die 5 großen sind die Bands, die die Trini-Steelband-Wettbewerbe am häufigsten gewonnen haben, Die Deperadoes (die kommen,nomen ets omen, aus dem schlimmsten Viertel von PoS), die Phase II Pan Groove, die Renegades (ich glaube, eine der ältesten Bands), Exodus und Trinidad All Stars. Also, ich find’s immer wieder mitreißend. Man hätte vielleicht einige Klassiksachen und ein paar von den gängigen Covers weglassen und dem „nessun dorma“-Knödler das Mikro wegnehmen können, aber was da so an Calypso und Soca abgeht, macht mir immer neuen Spaß. Andreas fand als alter Suzie Quattro-Fan Gefallen an einer veritablen Rockstimme, die mit den Renegades um die Wette röhrte, ich mochte die americanos, die mit Phase II Pan Groove auftraten. Und das Abschlusstück der Renegades war genau meins: ich hatte zufällig auf die Uhr geschaut, um 20:45 ging’s los, und es wollte einfach kein Ende nehmen. Man denkt bei jedem Decrescendo, dass es nun fertig ist, aber dann nimmt das Ding wieder Fahrt auf, wieder und wieder – einfach klasse. Gute 20 Minuten später war der Calypsodrops gelutscht. Mein Highlight.  Das Publikum war absolut „local“, wir waren umgeben von schick gemachten Damen der Gesellschaft von Port of Spain – ein paar Männer waren auch dabei. Im Hintergrund wurden heftig die Hüften geschwungen, und den allerersten Applaus gab es gleich für die Ankündigung: „… there will be no intermission!“  Keine Pause, so muss es sein. Gequatscht wird sowieso die ganze Zeit, es dürfen auch Kühlboxen mitgebracht werden, und wem danach ist, singt mit. Das geht uns natürlich ab – viele dieser Instrumentalstücke sind Karnevalsongs, da gerät der Saal natürlich in Wallung. Natürlich nicht „Saal“, sondern Zelte im Park. Zum Abschluss die Trinidad All Stars mit einer Moko Jumbie-Show. Menschen auf riesig hohen Stelzen, die wahrlich nicht herumeiern, sondern wilde Tänze hinlegen. Nach 4 Stunden Lärm schwingt auch  die AKKAnautin die Hüften (zaghaft!) Richtung Taxi, heimwärts.
Gesamturteil: da könnte ich nochmal hin, und ich fand es besser als die schon sehr beeindruckenden Pan Finals 2009, wo man aber entfernt vom eigentlichen Geschehen auf den Tribünen saß.

Wilder Kerle auf Stelzen – Moko Jumbie.

Heute geht unser Vergnügungsrausch weiter, wir schließen uns einer Gruppe von Seglern an, die mit uns Dunkirk angucken wollen.  Das wird „ui“! Zunächst einmal wir als deutsche Verursacher des Dramas, und dann noch ich mit meiner Gewaltbildphobie. Meine Alternative: den Abend bei einem Eimer Popcorn in der Kinolobby zu verbringen. Andererseits interessiert das Thema jeden Weltumsegler, der a. (allzu) viele Plätze deutscher Expansionsaktivitäten gesehen hat und b. diese „Miracle of small ships“ hautnah nachfühlen kann.  Schauder.

Zur Entspannung ist der nächste Vergnügungstermin schon geplant. Mal was Neues! Wir gehen zum Cricket. Das wollte ich schon immer mal, und der Bericht wird dann spielzeitgerecht viele, viele Seiten lang!  Bis dann!

Och, nee…

Chaguaramas. 17.7.2017

Darf ich vorstellen: frisch getauft, der Tropical Storm Don.
und seit heute Nacht dazu das Ding, das dann einen Namen mit E kriegt . Es ist definitiv eine unruhige Saison auf dem Atlantik.

Das ist Don. Hoffentlich weiß er, wo’s lang geht…

Huch! Zwei!

Next please!

Chaguaramas, 16.7.2017

Nein, sowas!  Wie die Zeit vergeht…

Genau, das tut sie, die Zeit, und wir verbummeln auch viel davon. Letztes Wochenende Hamburg, das hat uns wach gehalten, im wahrsten Sinne des Wortes, und die G20-, Gewalt- und Antikapitalismusdiskussionen tun es noch immer; die eine Seite hört der anderen noch immer nicht zu – es regt mich auf. Die Trappfamilie ist weiter lustig drauf (man sollte das wirklich verfilmen), Donny tönt (all time high und so) und flötet ( Frau Macron sei erstaunlich guter Verfassung) – man kriegt täglich wiederkehrend Schreikrämpfe.

Wat mutt…

Am vergangenen Freitag haben wir unsere Mooring verlassen, pünktlich zum mittäglichen Sturzregen – so sah es jedenfalls aus – ging es zum Slip von Power Boats. Michael – alle Travelliftfahrer heißen Michael, auch der von PEAKEs nebenan, nur Peter in Opua nicht… – war ein bisschen kritisch mit unserem Anlegemanöver, hat dann aber vor dem deutschen Monster an der Mittelklampe kapituliert und brav getan, was ich wollte. Manöverkritik lautete: „… Ihr sollt einfach die Arme verschränken, wir machen das schon!“, aber das habe ich mir nach der Schramme in Houtbay abgeschworen.  Ging auch prima. „…das Vorstag müssen wir wegnehmen!“. Michaels leicht genervter Blick auf die Uhr: die Jungs waren regenbedingt 1 Stunde verspätet, und nun naht die Mittagspause. Springt die Schipperin zum Ankerbeschlag und löst mit leichter Hand die Ratsche, die das Vorstag provisorisch hält, es sackt nach hinten. Danke, Michael, we are effective!  Seitdem bin ich „my dear“, oder wahlweise „love“. Kurz drauf stehen wir am Zaun zur Straße, in der Zone für Langzeitparker – wir sind nicht nur gut vorbereitet, sondern auch realistisch und schätzen unsere Standzeit lieber mal nach Monaten, nicht nach Wochen ein; also in die letzte Ecke mit der AKKA, die holen wir da so schnell nicht wieder raus. Praktischerweise ist das Klo- und Duschhäusel nur ein paar Schritte entfernt. An Bord hat es Wasser, Strom und No-Seeums, was wollen wir mehr?  Keine No-Seeums. Irgendwie kriegen wir die kleinen Beißer nicht in Griff, der Eigner sitzt gerade in seiner altgedienten, karierten Krankenhauspyjamahose und mit Socken am Frühstückstisch, ich kratz‘ mich lieber ein bisschen statt davonzufließen. Morgens und abends ist Papageienärger vom sehr nahen Wald, in dem auch eindeutig Brüllaffen hausen – Brüllaffen scheinen den Regen zu scheuen, und dann ist immer Gebrüll.  Amselvögel scheißen uns was, wir haben auch vorsichtshalber unsere nistbereiten, beliebten Halbhöhleneingänge am Großbaum wieder verschlossen – zu doof, wenn sich unsere Abreise verzögern würde, weil gerade ein neuer Satz Jungvögel ausgebrütet wird. Natürlich beäugt man vogelseits solche Aktionen mit einem gewissen Ärger, aber ringsum stehen ja ausreichend Wohnungen zur Verfügung.
A propos Brüten – am Mittwoch haben wir uns für ziemlich viel Geld bei einer Wiederholung unserer Schildkrötentour von 2009 eingekauft. Dazu geht es in fast 3-stündiger Fahrt – zum Abfahrtszeitpunkt ist Rushhour in Port of Spain – zur Ostküste von Trinidad, zum Matura Beach.

60 Tage später. Perfekt!

Nun ist die Turtlesaison fast beendet, es fällt kaum einer Schildkrötendame mehr ein, nun noch Eier abzulegen, und leider schlüpfen die Jungen eher am frühen Abend als in der Nacht –  das war schlecht getimet. Trotzdem war es schön, man sitzt im warm-feuchten Abendwind im Sand, schaut auf die endlose Wasserfläche hinaus, auf der wir vor nicht allzu langer Zeit Richtung Tobago gesegelt sind, und wartet.

Eilig, eilig…

Natürlich hatte man uns zu Showzwecken ein paar Schlupflinge vom Abend aufgehoben, die wir erst bestauenen und dann hinunter zum Wassersaum begleiten dürfen, und man möchte ihnen zurufen: „Passt auf! Das Leben ist gefährlich!“  Tatsächlich – habe ich bestimmt damals schon erzählt – liegt die Überlebenschance von Schildkrötenbabys bei 1 Promille. Im Endeffekt also erlebt ein Nachkomme aus einem Jahresgelege (800 bis 1200 Eier) das Erwachsenenalter – und Eiablage passiert nur alle 3-5 Jahre einmal. Das muss mittelfristig schlecht ausgehen für die Lederrückenschildkröten. Am Matura Beach brüten 85% der Lederrückenschildkröten, die sonst im Bereich vor Nova Scotia/Kanada leben, aber leider mehren sich die Bilder im Netz, auf denen  von Plastikteilen – Tüten, Seile, Fischernetze – strangulierte Tiere gezeigt werden, entweder bei Rettungsaktionen oder tote. Furchtbar finde ich den kleinen YouTube-Clip über eine Patientin, der ein eingeatmeter Strohhalm aus dem Nasenloch entfernt wird. Wer tief taucht, muss auch tief Atem holen, und das geht mit Strohhalm in den Atemwegen schlecht. Hier ist ein guter Artikel dazu, mit besagtem Clip. Ich mag gar nicht hingucken, aber es geht gut aus. Sehr scheußlich und nicht ungewöhnlich. Fragt sich, wer warum überhaupt Strohhalme benötigt. Nicht gezeigt werden können die vielen Tiere, die Plastiktüten gefressen haben, weil sie sie für ihre Leibspeise, nämlich Quallen gehalten haben, und daran eingehen. Oder an Luftballons – Kreuzfahrer lassen die in Massen fliegen, ein äußerst zweifelhaftes Vergnügen! Ja, ich habe wieder einmal eine Plastikhasserphase, das verläuft bei mir in Sinuskurven, nur dass die Toleranzlinie stetig sinkt. Gestern gab es folgerichtig im Foodcourt kein Essen für mich – ich weiß nicht, wie viel Plastik, vor allem Styroporverpackung, so ein Trini am Tag verbraucht, dennoch mache ich mich mitschuldig, weil hier, so man denn nicht auf dem Markt einkauft (Samstagmorgen 6 Uhr… uff), alles Gemüse in Plastik, Clingfolie, Styropor verpackt ist. Es ist zum Kotzen.

Oh je, das Wort zum Sonntag ist mir entglitten!  Dabei geht es uns doch gut. Eigentlich wollte ich ja über alte Blogeinträge und das Erinnern schreiben, aber das gibt Hoffnung für einen baldigen nächsten Eintrag.

Ach ja – der Titel…  Zwei tropical waves haben wir in den letzten beiden Wochen kommen und verschwinden sehen. Hier ist die nächste.
Hurrikansaison in der südlichen Karibik. Was willste machen…