Irma schlenkert

Da steht sie, die AKKA!

Chaguaramas, 31. August 2017

Irma schlenkert…

Langweilig!  Der Blog –  nicht wir haben es langweilig. Donnie, Harvey, Herr Gauland – lauter komische Typen unterwegs derzeit, also muss der landgebundene Segler dauernd ins Internet schauen. Nachdem die Tropical Depression, aus der sich der mittlerweile weltweit bekannte Harvey entwickelte, erst hier, im Golf von Paria entstand, haben wir seit 2 Tagen ein neues Tiefdruckgebiet im Auge: eine äußerst energiegeladene Dame

Unsere Leiter (für meine Schwägerin!)

namens Irma ist von den Kapverden unterwegs und hat schon knapp hinter den Inseln entschieden, ein Hurrikan zu werden – die Meteorologen nennen das einen „major long-track hurricane“. Heute früh sieht man einen sanften Schlenker nach Süden, die Zugbahn könnte dann nächste Woche Trinidad streifen.  Och, nö… Unschön, und noch ein Grund, öfter ins Netz zu schauen.  Was sieht man um 11 Uhr? Jetzt schlenkert sie gerade nach Norden. Wen auch immer es trifft – mit Irma ist definitiv nicht zu spaßen. Eine äußerst unangenehme Erscheinung.

Deutsche Politik (wo wir gerade beim Thema „unangenehme Erscheinungen“ sind) gewinnt bei uns derzeit wieder ein bisschen mehr Aufmerksamkeit, zumal unsere Wahlunterlagen noch nicht hier sind –  wenn das mal klappt, denn die Trinipost zurück braucht auch ihre Zeit. Ach, Herr zu Guttenberg, Du hast den 3-Tagebart schön! Vollends wahnsinnig macht einen allerdings der Strom der unverschämten Kommentare im Netz. Naja, und Bitterfeld…

Auf der hohen Kante

Ansonsten jökeln wir an AKKA herum, wie man sieht – 5 der rostigen Fußleistenschrauben konnten wir nicht entfernen, insofern werden uns ein paar Rostnasen noch eine Weile begleiten – danke, Herr Chong! Unser hiesiger Holzwerker Nick sticht ebenfalls nicht durch besonderes Leuchten hervor – wir denken mit Sehnsucht an Arnis, Matthias Paulsens Mannschaft, an scharfe Stechbeitel und exakt gebohrte Löcher für die

Nicht mehr so viel Gwinde übrig!

Teakproppen.  Der Eigner leiht sich

Holzarbeiter Nick beim Ackern

meinen Messerschleifstein und sorgt für „anständiges Werkzeug“ und bohrt mal einen Proppen zur Demo vor, denn nachdem er am Morgen Nicks verbliebenen Holzstaub weggefegt hat, gähnen ihn um einige der Proppen kreisrunde Krater an. Nick dazu: „… dat is because of de countersink!“  zu deutsch: das liegt an meinem stumpfen Forstnerbohrer. Schwaches Gelächter von unserer Seite. Was alles nicht heißt, dass wir unglücklich sind – nur ein

Nick mag auch Metall!

bisschen angestrengt.
Der Eigner pendelt zwischen hoher Kante und ganz tief im Motorraum, lauter Kleinscheiß. Mich beschäftigt die Frage, ob die Regel „hast Du eine, hast Du 10!“ auch für unsere Hausschabe gilt, und verteile alte Cockroach Motels und frische „Combat“-Schmiere an strategischen Punkten. Passiert halt mal, bislang waren wir ja von Heerscharen verschont geblieben. Hoffen wir das Beste.
Heiß ist es, das sollte man noch anfügen, schweißtreibend heiß, glücklicherweise nicht so feucht wie drunten am Äquator, obwohl der Mittagsguss („waah! Die Luken!“) täglich heimsucht. Alltag eben. Zur Erheiterung lesen wir ab und an im eigenen Blog, was immer schöne Erinnerungen wachruft, freuen uns mit Abseglern (siehe geänderte Blogroll, TRITON und so!) und an den Fortschritten, die die Crew der Walkabout auf ihrer laaangen Wanderung auf dem Continental Divide Trail macht.  Ach, und die LopTo hat sich an der Rendsburger Hochbrücke von der Schiffsbegrüßungsanlage bejubeln lassen. Ganz komisches Gefühl, dass die auf dem Weg in die Schlei sind!

Zum Wochenende werden wir endgültig die Beantragung von US-Visa angehen, wer weiß, wann wir hier einen Interviewtermin bekommen, es wird also Zeit. Unsere Pläne sehen derzeit den schlichten Weg nach Norden vor, durch die alten Charterregionen, aber Kuba liegt auch noch relativ am Weg, die Bahamas – und trotz Donnie würden wir gern die USA besuchen, also: B1B2-Visa. Wir machen mal vorsichtig Pläne – und ich sehne mich nach dem Moment, wo AKKA wieder schwimmt. Dann hat auch das „mit dem Pinkeleimer die Leiter hinunterbalancieren“ ein Ende.  Aber bis dahin… Batterien. Sonnensegel.  Vor Oktober wird das nix, und die Irmas dieser Welt tun ein Übriges.
Bis dann!

 

The Cricketeers

19 Uhr in Port of Spain. Auf zum Cricketspiel! Wir sind nicht allein…

Chaguaramas, 15.8.2017

Leider, leider gibt es kaum Bilder vom letzten Sonnabend – die Schipperin ließ die Kamera auf dem Cockpittisch liegen, der Eigner hatte gar nicht beabsichtigt, sie zum anstehenden Großereignis mitzunehmen, dabei war es durchaus abbildenswert. Nun müssen es Smartphonebilder zeigen: unser erstes Cricketspiel! Als Zuschauer.
Um selbst Cricket zu spielen, müsste man sich ein neues Sportgehirn anschaffen. Ich liebe seit Jahren diese äußerst merkwürdige Anlauf- und Wurfbewegung – die Regel ist, dass der Arm, nachdem er Schulterhöhe erreicht hat, nicht weiter gestreckt werden darf, also streckt der Bowler ihn schon während des Laufens – wie man dann zu derartig energiegeladenen Wurfbewegungen kommt, ist mir als Werfidiot ein Rätsel. Der Ball darf auch nicht über Hüfthöhe des Batsman ankommen… das gibt alles Abzüge in der B-Note oder sonst irgendwo auf der kaum verständlichen Anzeigetafel. All das wird von ohrenbetäubendem Fan-Lärm begleitet. Vuvuzelas, Hupen, Geschrei. Hat jemand Bill Brysons „Downunder“ gelesen und erinnert sich an das Kapitel vom Cricketspiel in Adelaide? Ich dachte, ich sei dank dieser Lektüre gut vorbereitet – man geht hin, schaut ab und an auf das Spielfeld, ansonsten vergnügt man sich anderweitig und wartet, dass die Mannschaften zur Teepause schreiten und dass der Tag vorbeigeht. Nichts dergleichen!

Wir waren bei „Cricket light“, könnte man sagen, offiziell heißt das „T20“. Twenty20 ausgeschrieben, eine mediengerechte Form des Spiels und zuschaueranfängerfreundlich dazu. Um es gleich vorweg zu nehmen: ich fand es klasse (ich schaue ja auch gern 1500m Kraul bei Schwimmwettbewerben), der Eigner ließ das Geschehen eher an sich abprallen, es fehlte ihm an teamsportlicher Dynamik.
Soll ich mal probieren, das zu erklären? Total einfach!
1. das Spielfeld ist oval, in der Mitte ist eine rechteckige Fläche, das Pitch, an beiden Enden ein kleines Tor aus 3 Stäben, das Wicket
2. eine Mannschaft hat immer Pause, bis auf zwei Batsmen (Stichwort: Teamsport)
3. ein Werfer der Feldmannschaft versucht, mit einem kleinen Schlagball das Wicket zu treffen
4. vor dem Wicket baut sich der Batsman der gegnerischen Mannschaft auf und versucht, mit einem Schlagstock den Wurf abzuwehren und aus dem Pitch zu  schlagen (der andere hat… Pause)
5. Aufgabe der – unglaublich aktiv im Feld stehenden – Restmannschaft ist, den Ball zum Pitch zurückzuwerfen
6. in der Zeit, in der der Ball noch nicht zurück ist, müssen die beiden Batsman von einem Wicket zum anderen laufen, das wird als „run“ gezählt

CRICKET!

Und beim T20 ist ein Inning auf 75 Minuten begrenzt (deswegen auch keine Teepausen!) und es werden nur 2 Innings mit 20 Overs und 150 Runs gespielt, das ist doch alles völlig selbsterklärend  – sehr einfach!  Spannend, oder?
Nun gut, da ist noch mehr. Trifft ein Werfer das Wicket, muss der jeweilige Batsman gehen, „wicket“-Punkt für die Werfermannschaft. Oder auch wenn der Batsman selbst das Wicket berührt. Ein Werfer wirft 6 Mal, das nennt man ein Over, danach ist Seitenwechsel zum zweiten Werfer, das kann sehr lange so hin und her gehen. Schlägt der Batsman den Ball weit ins Aus, werden gleich 6 Runs gezählt, und 4 Runs, wenn der Ball vorher im Feld aufschlägt.

WICKEEEET!

Ach, Mist – lest das doch selbst bei Google nach! Es war jedenfalls so, dass die AKKAnauten sich häufig zweifelnd anschauten, woher nun plötzlich „runs“ kamen, wir konnten mit unseren Adleraugen auch die Flugbahn des Balles nicht immer verfolgen und waren gern überrascht, wenn der Batsman den hinter sich schlug – nur wenn ein „wicket“ fiel, veranlasste uns der losbrechende Höllenlärm aufzuspringen, zu schreien und die Triniflagge zu schwingen. Ende des ersten Inning: 152 runs, 9 wickets für die Trinidad Knight Riders. Nun hat Trinidad „Pause“, bis auf die zwei Wicket-Verteidiger, die Reihe ist an Barbados.

Jesse füttert derweil gebackenes Huhn

Während wir staunen, jubeln, schreien, serviert unser völlig außer Rand und Band geratender Touroperator und Mädchen-für-alles Jesse James gebackene Hähnchenteile, scharfe-salzige Ananasstücke mit Kräutern – und Cola-Rum, dem er selbst auch gut zuspricht und immer lockerer in den Hüften wird. Eine Mitseglerin übersteht den frei (aus Wasserflaschen) strömenden Rum bald nur noch schlafend. Wir halten uns nach einem Becher des starkes Gemisches lieber ans Wasser – wir müssen ja Cricket verstehen lernen. Und dancing girls – ein Mischung aus Carnival Queen und Cheer Girl, jedenfalls knapp bekleidet –  am Spielfeldrand beobachten

Am Ende des Abends – besser: zu Tagesanbruch, es ist 01:00 h – wandelt sich die ganze rot gekleidete Trinigemeinde endgültig zum Hexenkessel. Sieg über die Barbados Tridents, die nur 151 runs und 8 wickets erzielen konnten. Wahnsinn!  Wir kämpfen uns durch die äußerst paniksicheren Minitüren der Tribüne ins Freie. Wir waren beim Cricket. Endlich!