When Steel Talks…

Chaguaramas, 25.9.2016

When steel talks, everybody listens!
Das Konzert am Sonnabend war ein Höllenspaß. Die 5 großen Steelbands in Miniformationen, Mini heißt hier: um die 40 Musiker, inklusive Ratsche sowie des Eigners Lieblingsinstrument= Bremstrommel und der Cow Bell. Cow Bell kann man schlecht mit „Kuhglocke“ übersetzen, weil das klanglich in die falsche Richtung führt. Im zuletzt verlinkten Exodus-Link ist das Intro „Cow Bell“, mehr Klacken als Läuten. Ich sitze gern ganz vorn, zum Gucken und Hören – Nachteil: weiche Watteohren. Gesamturteil: es war dieses Mal noch besser als im vergangenen Jahr, keine schiefen Gesangsacts, kein Nessun-Dorma-Geknödel, dafür 5 mal 1 Stunde (!) Pan „mit Geschmack“.
Geschmack 1: Phase Two Pan Groove mit ein bisschen Jazzigem. Sehr gut, aber für den einen oder anderen vielleicht anstrengend. #2: Die Desperadoes mit Klassik, und zwar in einer Weise, dass wir mit offenen Ohren und Mündern sitzen und staunen – wo man Steelbands sonst eher entfesselt sieht, ist dies eine Demonstration von höchster Konzentration und toll arrangiert, weil ein wirklich virtuoser Oboist nicht übertönt wird. Sehr klasse. Dass das Publikum dann zu Jacques Offenbachs „CanCan“ erstmals an diesem Abend durchdreht, mag man ihm verzeihen .  Es wird zwar nicht bierzeltmäßig geschunkelt, aber gern gesungen, besser: mitgebrüllt, und irgendwann hält es auch nicht mehr alle auf den Plätzen. Vor allem ältere, füllige Damen lassen dann vor den Bühnen die Hüften kreisen (nein, ich nicht!). Nach dem Offenbach-Thrill dachte ich: das wird schwer für die nachfolgenden Orchester. No.3, Exodus, ist dann – bis auf den besagten Bassisten – auch nicht gar so doll, das Aroma „Big Band“ zu viel Blech, zu wenig Pan. Finde ich. Kommt Nummer 4, die Trini All Stars – das hat dem Eigner gefallen: eine Rock-Röhre als Gesangs-Act. Pan mit Rock ’n Roll-Geschmack und super Stimmung!
Zum Schluss die Renegades – da geht einem dann auf, dass man eben nicht „Trini“ ist. Schon der einleitende Rap ist so gut wie nicht zu verstehen, und dann… die Renegades laufen zur ganz großen Calypso-Form auf. Die Zuschauer – bis auf die 3 Handvoll doofe Yachties – singen, gestikulieren, es werden nicht nur die Refrains skandiert, sondern auch die teils langen, balladesken Strophen mitgesungen; ein Gesang, der allerdings im infernalischen Lärm der Orchester nur ein Hintergrundgeräusch bildet. Wir tippen auf die Karnevals-Calypsos der letzten 30 Jahre. Kein „This is my island in the sun“-Belafonte-Zeug, sondern ziemlich freche Sachen; Calypso hat seine Wurzeln im  Politisch-Kritischen, das Wort ist angeblich eine Verballhornung eines Yoruba-Wortes, Kaiso, aus Sklavereizeiten also. Die ganze Steelbandbewegung hat diesen widerborstigen Hintergrund – nicht umsonst war afrikanische Trommelmusik während der Kolonialzeiten verboten, und wo Trommeln verboten sind, sinnt man auf Ersatz“instrumente“. Doch auch als die alten Ölfässen schon längst und immer vielfältiger gestimmt werden, ist Steelbandmusik noch lange als „asozial“ verpönt. Ein Schelm… Der Rap am Anfang des Renegade-Auftrittes ist daher nicht ganz untypisch – irgendwas war mit dem Premierminister, und das Publikum johlt… Fast hätte ich mir ein „Pat Bishop“-Hemd gekauft, wie man das so als begeisterte Konzertbesucherin macht. Pat Bishop –  nicht Patrick, sondern Patricia – war eine Arrangeurin, Pan-Lehrerin, Orchestercoach, Dirigentin, vielfältig und hoch begabt; alles nicht so selbstverständlich, denn „Woman on de Bass“, heute in jedem Orchester weit verbreitet, war Anfang der 70er noch eine Ausnahme. Für Frauen gehörte es sich einfach nicht, sich in solch einer Subkultur zu betätigen –  das änderte sich erst als die Steelbandmusik in den 80ern hoffähig wurde. Eine junge Inderin machte 1974 den Anfang am Bass und kriegte prompt einen Calypso gewidmet: „…we want de woman on de bass!“ Un‘ nu‘? Gehen schicke Yachties dorthin und lassen sich einen Abend lang die Ohren betäuben. Sehr klasse!

Auch sonst haben wir Spaß – ich konstruiere noch an den Matratzenbezügen und schleppe daher die schweren Matratzen einmal täglich aus der Kammer in den Salon. Das nimmt der Eigner zum Anlass, die Ruderanlage – unter den Kojen  – zu revidieren – logische Frage am Abend: „… wo möchtest Du heute schlafen?“ Klar, auf dem Salontisch, Matratze liegt ja schon. Dass er allerdings bei kniffeligen Anpassungsarbeiten für den Reißverschluss kommt und scheinheilig fragt, ob wir die Wegerung an den Kojen schon mal abgenommen haben, jetzt, wo doch gerade die Matratzen… „Nicht JETZT!“. Projekt 1027 ist geboren.
Der letzte Spaß ist aber dieser: ein schon Wochen altes Projekt  ist noch immer nicht fertig. Wir erwarten ein Paket aus Deutschland – Ersatzteile für die Windsteueranlage, ein freundlicher Mensch hat uns einen gebrauchten AP-Navigator spendiert, ein paar Kleinteile… Seit dem 30. August stand das Tracking auf „wird ins Zielland transportiert“. Dass wir schon nach 3 Wochen ungeduldig wurden, goutierte weder die TriniPost („… es WIRD transportiert WERDEN!  Nicht im System heißt: nicht in Trinidad!“) noch die Deutsche Post: „… ist natürlich längst abgegangen, stellen sie nach 4 Wochen einen Nachforschungsantrag!“. Da der Versender in Urlaub ist, haben wir das etwas früher getan. Die Post hat auch eine Facebookseite, und ein hilfsbereiter Geist stellte eine – ansonsten nirgends vermerkte – Bonner Rufnummer zur Verfügung, an die man sich wenden könne. Die übliche Hotline-Leier. („…wenn Sie uns loben wollen, drücken Sie die 9“ – passierte wohl eher selten, wenn es kein Scherz von mir wäre). Ich verstehe, dass die Hotlines dieser Welt den Unmut aller Menschen auf sich versammeln, aber dass die Trulla zu mir sagt: „… darüber kann ich mit Ihnen nicht sprechen, sie sind nicht unser Rechtspartner!“ verschlug mir den Atem. Rechtspartner ist nämlich der Absender und ich nur die blöde Paketveranlasserin und -empfängerin. Auch der Hinweis, dass der Absender verreist sei, weicht die Abwehrhaltung nicht auf, dabei wollte ich nur wissen, ob man irgendwo sehen kann, wann und wo das Paket verflogen wurde, und was „wird gesendet“ heißt – wenn es Futur sei, dann wann? Kurz: Gruß aus der Deutschen Bürokratischen Republik. Zwei Tage später ein neuer Versuch, ganz cool und in der Hoffnung, einen anderen Gespächspartner zu finden. Klappt. Es ist Donnerstagabend. Mit der Aussage, das Paket sei definitiv  („… soweit ich sehen kann…“, sehr spaßig) aus Deutschland abgeflogen, gehen wir ins Wochenende; die TriniPost weiß noch immer von nüscht, aber hier ist durchaus manches bisweilen etwas… verzögert. Die deutsche Statusmeldung steht beharrlich auf „wird für die Sendung vorbereitet“ und „Next step: wird ins Zielland transportiert“. Am Montag ist in Trinidad Nationalfeiertag Nummer 3, nach Emancipation Day und Independence Day nun der Republic Day. Congratulations! Wir machen einen Tag Nachforschungspause. Gestern Abend fiel es mir wieder ein. Na, Deutsche Post? Any news? Ja, sicher! Neues Datum! 21.9., nur 23 Tage nach der letzten Meldung:
07:25 „–“   Hm. 2 Gedankenstriche. Was das wohl heißt? Wir machen uns Gedanken zu Ihrem Paket? Sendung gefunden und neu aufgenommen? Oder nur das Tracking geändert? Dann:
08:45 „… wird ins Zielland versendet“ und „Next step: Erreicht das Zielland“. Geheime Frage: falls ja, wann?
Es bleibt spannend. Und spaßig. When the postman talks, everybody listens. Lasst uns Positives hören, liebe Post!