Yatama.

Puntarenas, 18.2.2020

Abgang aus La Fortuna. Bisschen spannend, weil nirgendwo ein Busfahrplan hängt. Tags zuvor hatte mir ein Mann beteuert, dass ab 8 alle Stunde einer nach Ciudad Quesada fährt. So finden wir uns gegen 9 ein, ich parliere mit einer jungen Nachbarin, die aber auch irgendwie keine Ahnung hat… bis deren Nachbarin ostentativ an die Decke voraus zeigt. Was heißt das? Steht in Gottes Hand, wann die Busse fahren? Nö, ein großer LED-Bildschirm zeigt alles an, was ich wissen will. Dussel.

Umsteigen in Quesada, dann rasch nach Puerto Viejo de Sarapiqui. Rasch… die geschätzten 1 1/2 Stunden ziehen sich auf 3, und mal abgesehen davon, dass wir einen noch nicht bekannten Anschluss nach Horqueta erwischen müssen, benötigt unser Lodgemanager eine ungefähre Ankunftszeit, immerhin braucht er selbst 40 Minuten vom Berg herunter. Aber hurra, moderne Kommunikation:  in Pt. Viejo gibt es endlich Netz, Pedro ruft via WhatsApp schon „what is you position?“ . Der Anschlussbus scharrt bereits mit den Hufen, wir müssen nur noch klarmachen, dass wir am SuperRoyka- Markt aussteigen wollen, und selbst das klappt, dank 220 Tagen Duolingotrainig (jaja, lacht nur. Hilft aber; die Verständigung ist allerdings eher einseitig gut, da zunächst immer eine schnell gerappelte Antwort kommt. Herrje…más despacio, por favor).

Hola, Pedro! Wir entern seinen Mitsubishi Pajero (der hier aus gutem Grund Montero heißt, denn Pajero ist der Wichser…), eine alte Klapperbüchse, die für den Weg zur Lodge jährlich einen Satz neue Stoßdämpfer und Reifen braucht. Auf den letzten 5 km wird es auch wirklich rumpelig – so mögen wir’s, und Pedro freut sich, dass wir’s mögen.

Tukane fliegen auf, die Weiden werden von Wald abgelöst, nach einer Dreiviertelstunde tut sich ein Tor auf: in den Regenwald. Yatama EcoLodge. Und fast niemand außer uns. Doch, eine deutsch-schweizer Familie mit drei Töchtern und ein photowütiger Franzose mit Frau. Und Alba, die die Küche schmeißt (und wie! Lecker!) Schöne Fachbüchersammlung *. Am netten, schlichten Holzhaus empfängt uns ein Gelbhosen-Manakin (guckt es Euch an… Manakins beim Balzen sind immer einen Blick wert. Es gibt auch welche, die mit den Flügeln singen und knallen). Es ist einfach schön hier oben, ziemlich exklusiv im Sinne von „nur für uns“. Eigentlich über unserem Budget, aber die 70 Dollar, die wir pro Tag und Person einreichen, sind gut angelegt, denn nicht nur, dass wir ein nettes Holzhaus bewohnen, das keine Glasscheiben, sondern nur Insektennetz in den Fenstern hat (damit die Waldgeräusche direkt ins Bett dringen, sagt Pedro; und es riecht nach feuchtem Wald, ergänze ich), nein, außer dem leckeren Essen gibt es auch mindestens eine geführte Waldwanderung am Tag, normalerweise 2. Sagte ich schon, dass es schön ist? Nach dem Abendessen machen sich Pedro und Adlatus Luis (der Reptilienspezialist) mit dem Franzosen in den nächtlichen Wald auf. Schlangenjagd mit der Kamera. Langsam entfernen sich die Kopfleuchten, die durchs Unterholz blitzen. Uns wird es schon bettschwer nach dem langen Tag im Bus. Andreas streift vor der Tür vom Gemeinschaftshaus umher – und wenn er so ganz harmlos tut, dann ist was im Busch: „… gib doch mal Deine Kamera!“ Warum? „… ach, nur ein Frosch!“ Da sitzt doch direkt vor unserer Nase das Vieh, das hier alles sehen wollen: ein etwas verpennter Rotäugiger Baumfrosch, und der Kollege Maskenbaumfrosch nur ein paar Schritte weiter. Wir verlegen unsere erste Nachtwanderung auf die Terrasse.

Es stellt sich auch gleich das Problem der kommenden Tage ein – der Eigner hat sich in Deutschland eine neue Kompakt-Reisekamera gekauft, und kämpft mit der unüberschaubaren Vielzahl an Einstellungen. Freundlicherweise hat er mir seine alten Canon weitergegeben, wahrscheinlich, damit er nicht allein zu kämpfen hat. Wie oft sagen wir dieser Tage, dass es mit einem 36er  Film in einer Agfa Klack leichter war? Oft. Ich stecke meine Kamera dann auch weg und konzentriere mich aufs schlichte Gucken, da gibt es genug Gelegenheit. Auch genug zu Fluchen, für mich, denn Yatama liegt in den Bergen – Regenwaldstiefelei (im wahrsten Sinne des Wortes, ohne Leih-Gummistiefel geht nichts!) bergauf und bergab ist total anstrengend, rutschig, steinig. Und schön dazu. Man muss gestehen, dass es nicht einfach ist, die sehenswerten Dinge zu entdecken, da kommt die Waldführung ganz recht. Yatama liegt in einem Sekundärwaldgelände an der Grenze zum Braulio Carillo-Nationalpark. Es ist faszinierend zu sehen, wie sich der erst vor 20 Jahren auf alten Weideflächen aufgeforstete Wald zu einem veritablen Regenwald entwickelt hat – natürlich gehört zu unserem Revier auch der angrenzende Primärwald auf dem Nationalparkgelände. Zu mehr als Tapirspuren reicht es zwar nicht, kein Jaguar weit und breit, aber Agutis und Nasenbären kommen bis direkt ans Haus, nachts schmeißt ein Opossum, das im Baum über uns haust, mit Birnenfrüchten, das knallt so schön (denkt das Opossum… wir eher nicht). Wenn niemand schmeißt, prasselt tropischer Regen aufs Dach, oder die großen Soldatenaras kreischen im Morgengrauen um die Wette. In der Ferne schreit ein Brüllaffenmännchen, so gut es kann (muss es ja, es sind die mit dem geringsten Testosteronspiegel, die am lautesten brüllen). Rote Pfeilgiftfrösche mit blauen Hosen gibt es, eher unscheinbare Pristimantis-Fröschlein, ein Königsspecht – ba-bamm! – hämmert auf einen hohlen Baum ein**. Ein Motmot versucht sich in Camouflage – man möchte denken, dass ein so bunter Vogel auffällig ist, aber im Blattgewirr und dem ständig wechselnden, schwachen Licht löst er sich quasi optisch auf. Die Insekten- und Spinnenschar ist natürlich auch vertreten, Gottesnabeterinnen und Stabheuschrecken, Taranteln und die allgegenwärtigen Blattschneiderameisen, denen man ständig zusehen möchte. Da fahren wehrhafte Soldaten auf der Last mit, es scheint auch Vorhuten zu geben, die mal eine Probe von einer blauen Blüte anschleppen: „…wie wäre es heute damit? Nur eine halbe Stunde durchs Unterholz von hier…Ich habe schon eine Pheromonspur gelegt.“ – eine unglaubliche Leistung. Natürlich auch bullet ants, die 24h-Ameise, eine der größten Tropenameisen, vor der man sich gut in Acht nehmen sollte. Was wieder zurück zu den beschwerlichen Wegen im Wald führt – so uneingeschränkt nach einer sichernden Liane greifen mag man nicht, wenn’s rutschig wird. Könnte ja eine Schlange sein oder eine bullet ant dran sitzen. Ach ja, Lianen. Und Epiphyten. Und gewaltige Bäume… 

Zu kurz war’s. Am vierten Tag rumpelt uns Pedro wieder zur Hauptstraße. Überraschungsbus nach Guápiles und über ein paar Stationen weiter an die Karibikküste. Aber das ist eine andere Geschichte.

 


* Wer Lust hat, googelt oder Ecosia-t mal den Bildband von Armin Dett, Moths of Costa Rica. Ein wunderbares Coffee Table Book. Es ist so unglaublich „entomologist“. 

 

** Schöne Waldbilder und eine witzige Story…

Pura Vida?

Pura Vida. In aller Munde, auf allen T-Shirts

San José, 16.2.2020

Pura Vida! Costaricanischer Nationalschnack, würde ich mal sagen. Heißt alles: Hallo! Alles gut! Boah, wow!  …  ein Ausdruck allgemeiner Zufriedenheit, der einem mexikanischen Film der 50er (glaube ich) entlehnt ist, nur dass Mexikaner mit dem Spruch nichts anfangen können. Im Film ein häufig wiederholter Gag, der sich verselbständigt hat. Die Ticos mögen ihn. Pura vida – das schiere Leben.

 

Musik? Immer! Und schön laut…

Die erste Portion Pura Vida kriegen wir in San José  – normales Leben in der Stadt. Zum Aufgalopp ein bisschen Geschichte im Goldmuseum, das sich in 3 Stockwerken tief unter der Plaza de la Cultura mitten in der Stadt verbirgt. Zuerst Staatsgeschichteentlang der Münzreihenfolge. „Reales“ aus Gold, Plata aus Silber – spanische

Präkolumbianischer Schmuck

Kolonialgeschichte. 1821 lösen sich die zentralamerikanischen Länder vom Kolonialherren bzw. seiner Provinz Guatemala und bilden einen „Länderverbund der Mittelamerikanischen Länder“. Sehr niedlich: jedes Land darf eine eigene Version einer kleinen Goldmünze prägen, auf dessen Rückseite dann ein „fruchtbarer, reichverzweigter“ Baum geprägt wird, als Zeichen von Reichtum und Fortschritt für die Föderation. Die Costaricaner, aka „Ticos“, wählen eine Palme. Ein Wunderbaum, der alles macht: eine Frucht mit Feuer- oder Polstermaterial und Trinkgefäß, essbarer Trieb und Schnaps oder Zucker aus dem Saft, Bauholz, Blätter für Hut, Dachdeckung oder Korbmaterial; aber der Rest der niffeligen Federación nimmt an der staksigen Gestalt ddr Palme Anstoss, und 1831 müssen die Münzen eingeschmolzen werden. Was ein Licht auf die freundnachbarlichen Verhältnisse wirft, die auch bald zur Gründung der ersten, eigenständigen Republik führen. Danach geht Costa Rica durch das politisch-ökonomische Auf-und Ab, das vor allem die USA mit ihrem schon damals großen Dominanzanspruch noch verstärken. Erst gab es William Walker, ein junger Texaner, der sich berufen fühlte, den Einflussbereich der Sklavenhalter nach Mittelamerika auszuweiten – den haben sie in einer 14-Minutenschlacht erledigt, aber United Fruit war nicht so leicht loszuwerden… Reformer und Diktatoren geben sich an der Staatsspitze die Klinke in die Hand. 1948 gibt es die 2. Republik und eine hervorstechende Idee: Abschaffung des kostenaufwändigen Militärs. Kühn, oder? Funktioniert! All das erklärt die kleine numismatische Ausstellung, danach taucht man ein Stockwerk tiefer in präkolumbianische Zeiten, in eine faszinierende, Jahrtausende alte Kultur – mit ganz viel Gold, das die Spanier, gerissen wie sie waren, gegen Glasperlen austauschen konnten. Und ein paar bevölkerungsdezimierende Erreger hinterließen sie auch. Schandhaft.

Schlechter Tausch

Am selben Tag noch besuchen wir das Jademuseum -wir wohnen mitten in der Stadt, und es ist gleich gegenüber. Dort wird es erst recht präkolumbianisch, und dazu wunderschön und kurzweilig anzuschauen, dschungelartiges, gebrochenes Licht, viel Grün, viele Naturdarstellungen umrahmen die Jade-Exponate und anderes rund um das Leben dezr frühen Indigenen. Unbedingte Empfehlung, falls es mal jemanden nach San José verschlägt. San José wird vom Normaltouristen auf dem Weg zu Strand- und Zip-Lining-Vergnügen gern als „uninteressante Großstadt“ geschmäht. Zu Unrecht, wir finden’s „echt tico“, das zeigt uns auch die Free Walking Tour am Montag. Diese Touren waren in allen Ländern bislang ein Gewinn. Ohne wüsste ich auch nicht, woher der Ausdruck Pura Vida kommt, und was der uns benachbarte hässliche Betonklotz ohne Fenster ist (das neue Parlament. Man wünsche den Parlamentariern erhellende Gedanken!).

Aber dann reicht’s auch, am Mittwoch steigen wir in den Frühbus nach La Fortuna am Vulkan Arenal. Machen ja alle, und von da  – wie alle! – soll es dann nach Monteverde in den Nebelwald gehen. Jetzt halte ich es kurz… Highlights in La Fortuna sind Adventurewahn und Abkassiertwerden. Persönliche Highlights: eine Blattschneiderameisenautobahn auf der benachbarten Begrenzungsmauer (kann man wirklich immer anschauen!), ein nettes Café mit wirklich gutem Costa Rica-Kaffee (Los Arabigos), ein Tag in den heißen Quellen der Ecotermales (sehr lecker, 42° bis runter

Einfach abhängen

zu 27…) und ein wunderschöner geführter Gang durch einen kleinen Faultierwald – ohne Guide wird man da kaum etwas, und es war das viele Geld wert. Wie erfährt man sonst schon, dass 3-Zehenfaultiere nur alle 4 Tage aufs Klo müssen, für den Abstieg dazu bis zu 4 Stunden brauchen – und den in seinem Fell lebenden Motten dabei  Gelegenheit geben, ihre Eier in den Kot zu legen. “ …seid Ihr mit der Eiablage fertig? Dann bitte einsteigen, ich scharre das Loch noch zu und dann geht’s wieder aufwärts!“ Netter Fahrstuhl! Aber Rafting und Zip-Lining? Nö.

Unterm Strich: „Pura Vida“ kriegt Risse, La Fortuna und der Adventurewahn sind nicht unser Bier. Planungsänderung: wir folgen nicht den Nebelwaldlemmingen nach Monteverde. Wir gehen nach Osten. Da soll es eine einsame EcoLodge in den Bergen geben…

 

 

Von Deltaville nach Costa Rica

Bordleben im Winter

Tortuguero/Costa Rica, 13.2.2020

Am 24.1. hatte das Schnattern an Bord der Akka endlich ein Ende, „endlich“ ebenso in Tüttelchen wie „schnattern“, so lang sind 9 Tage ja nicht, aber wir haben doch öfter unserer schönen Zentralheizung gedacht (deren Dieselpumpe seit 2007 zur Diesel-Umwälzpumpe für den Kraftstofftank umfunktioniert ist, drum…). 

Autoabgabe in Richmond, die Firma Enterprise shuttelt uns zum Amtrak-Bahnhof, und der Fahrer ist wieder einmal einer von der „oh wow!“-Sorte, als wir erst Florida, dann Mittelamerika (oh, wow-wow!) als Ziel benennen, und irgendwie zieht er uns noch die Segelreise aus der Nase, was ihn fast gegen den virtuellen Baum fahren lässt. Diese Last an Bewunderung addiert sich zu unseren je 8 kg Rucksack (finden wir gut für drei Monate, wobei es ein bisschen geschummelt ist, der Eigner hat noch eine Schultertasche, in der sich Rechner und Reisebibliothek befinden). Lässt sich aber alles gut schulterrn, der Weg von der Wartehalle bis zum – Tuut! Tuuuut! – Gleis drei ist nicht weit. Amtrak schiebt im Nordosten viele Pendler hin und her, Washington und New York sind ja fast um die Ecke, an amerikanischen Maßstäben gemessen. Ab Richmond südwärts scheint uns der Schwerpunkt der Klientel aber mehr auf Familienreisen zu liegen, ein paar Kreuzfahrer kommen dazu, die in Miami ihr Schiff besteigen. Man stratzt zur nächstbesten Abteiltür, an der ein Schaffner auf Gäste wartet, der guckt auf einen handgeschriebenen Plan und sucht ein Loch für uns: „… nach rechts, linke Seite Nummer 15 und 16“. Fertig. Nix elektronisches Reservierungssystem. 17 Uhr 17. Der Zug – das Tuut! Tuuuut! Tuuuuut! wird uns jetzt 24 Stunden erhalten bleiben, denn an jedem Bahnübergang tutet’s –  rattert los, der Schaffner scannt von unserem Smartphone den QR-Code der Buchung (diese komischen Fleckenquadrate), verfällt aber sofort ins Altmodische, indem er einen Filzstift zückt, einen kleinen Zettel mit „FLD“ markiert und über unsere Sitze steckt – jetzt sind wir offizielle Amtrak-Passagiere bis Lauderdale und vor weiteren Kontrollattacken geschützt. Bisschen Gefummel mit der Sitzverstellung und ab geht die Eisenbahn, in die bald einbrechende Nacht hinein. Die 24 Stunden sind sicher „Mittelstrecke“, auf deren Zügen es keine besseren Sitze gibt, höchstens eine Liegekabine zum dreifachen Preis. Urteil: geht (ganz gut, sage ich, der Chef verbiegt sich trotz viel Beinfreiheit ein bisschen die Knochen; so ein dämliches nierenförmiges Kopfkissen, wie es dieser Tage an jedem 2. Rucksack baumelt, wäre vielleicht doch nicht schlecht). Ob man in Ost-Westrichtung bessere Liegesitze kriegt? Wir werden sehen… Gegen Luftzug holen wir unsere Pareos und eine dünne Fleecedecke raus, das reicht aus, der Zug ist unamerikanisch moderat gekühlt. Irgendwann essen wir von unserem „mitchebrachten Pickerd“, nämlich die vorletzten Deltavillebrötchen, daddeln noch ein bisschen im Zug-Wifi und versinken im Schlaf. Zum Sonnenaufgang in Jacksonville gleißt durch das leider schmutzige Abteilfenster schon die Floridasonne – das wird mit einem Kaffee aus dem Snackbarwagen gefeiert, und den allerletzten Brötchen. Während wir lesen und und das Bord-WiFi weidlich nutzen – youTube und WhatsApp erlauben zum Beispiel einen transatlantischen Austausch über Chattanooga Choo Choo und andere musikalische Amerikanismen – dreht der  Zug eine üppige Schleife durch Zentralflorida und die Westküste und ist nach genau 24 Stunden, auf die Minute pünktlich am Ziel (nicht nur die DB hat einen schlechten Namen, dem sie nicht immer gerecht wird! Auch auf Amtrak wird geschimpft). Bus in die Stadt, kurzes Umsteigen am Breeze-Terminal. Kostet alles wirklich wenig, nämlich einen Dollar pro Bus und Nase. Eine Brücke über den Intracoastal Waterway öffnet sich – zu unseren Ehren vermutlich, damit wir mal mitkriegen, wie das ist, wenn Akkanauten da unten den ganzen Verkehr mit ihrem Durchfahrtbegehr aufhalten. Und dann ist es schon bald geschafft. Das etwas in die Jahre gekommene Seaclub Resort, direkt an der Strandpromenade (4-6spurig, klaro!) gelegen, nimmt uns in Empfang. Noch ein schickes Essen beim hauseigenen Italiener; wir verweisen auf unser Dasein als Backpacker und das damit einhergehende Budget, sehr zum Leidwesen des trinkgeldheischenden Kellners… und „plumps“. Koje. Nicht wirklich. Zwei wahrlich königliche Queensizebetten stehen zur Verfügung. Wir haben Urlaub!

Was tut der brave Urlauber? Natürlich. Geht shoppen. Der Eigner war ohne die ausgelatschten Trekkingsandalen angereist, und ohne Ersatzbermudas, das ergibt am Sonntag nach ausgiebigem Marathon-Gucken zuerst einen Gang zur Galleria-Mall (Ecco-Schuhe, European Design ist immer noch „in“, trotz Donnies „tariffs“) und eine kurze Busreise zur Sawgrass Hill Outlet Mall. Wie das in den USA so ist: x Kilometer und 80 Minuten „kurz“. Kost‘ aber auch nur einen Dollar. Klarer Fall von „Transportwesen für die weniger begüterten Mall-Mitarbeiter“. Und für uns. Und kurzweilig dazu. Es ist am Sonntagnachmittag grauenhaft voll, der generelle Konsum- paart sich mit dem Schnäppchenwahn, aber Columbia hat die gewünschten Hosen – und ein Hemd für mich, was dazu führt, dass wir eine Gepäckrevision vornehmen und am Montag ein Päckchen mit Überflüssigem nach Hause schicken (meine überzähligen Socken wären, wie sich herausstellen wird, in einem schwülwarmen Klima, in dem nichts trocknet, so überzählig nicht gewesen, aber man muss auch mal kühne Entscheidungen treffen). 

Montag ist auch Hausaufgabentag, will sagen: Planungstag für die Weiterreise. Nicht so einfach. Die Flugangebote sind verwirrend, viele Direktflüge voll und mit jedem Tag näher am Abflug steigen die Preise. Auch ein Bus von San José nach Managua will gebucht werden, um bei der Immigration die Wiederausreise dokumentieren zu können, sonst lässt man uns gar nicht erst auf den Flieger – leichte Aufgabe, es gibt sogar einen Online Chat mit Tica Bus in San José.  Es wird ein Flug mit „Spirit“, auf ungepolsterten ÖPNV-Sitzen und vielen Extragebühren für Gepäck, Eincheckschlange, Getränke, Sitzreservierung. Atmen ist allerdings kostenfrei (makabrer Scherz – ein Passagier wird das Ziel nicht unbeschadet erreichen).  Ein Tagesausflug nach Miami beschert uns das Pre-Superbowl-Fieber, ein Riesenrummel am Strand von South Beach, aber wir können uns doch ausreichend an starken Muskelmännern und -frauen ergötzen, die sich dem Strand-Fitnesswahn hingeben. Und am Freitag sind wir in San José.

Und das fühlt sich gut an! Mittelamerika! Stadt-Chaos statt Walmart!

 

Faultiere

Eines von 6 Gesichtern. 3Zehen-Faultier, gerade auf dem Weg zum Klo. Geile Frise, oder?

Ciudad Quesada, Costa Rica, 8.2.2020

Lange nichts gehört, und wir sind schon so viel weiter gerückt: per Bahn von Richmond nach Lauderdale, von Lauderdale per Hartstuhl-Flieger nach San José, von San José nach La Fortuna am Vulkan Arenal.

Stadtferien Lauderdale sehr nett (amerikanisch), San José super prima Costaricanisches Stadtleben (echt „tico“). Und dann La Fortuna… ei, ei, ei. Es geht nix über Rafting, Abseiling oder extreme volcano hiking. Wir haben die Flucht angetreten und sind jetzt 4 Tage außerhalb von Internetreichweiten, die letzten Kilometer braucht’s sogar einen 4-Radantrieb.

Wir hoffen – das war tröstlich in Fortuna! – auf weitere Faultiere (außer uns…)