Bahamas, zum Ersten

Schon besser! Westend, Grand Bahama nach der Front

Lucaya, Grand Bahama – 13.1.2021

Wir hängen ab!  Was für eine Überraschung. Etappe 1: 2 volle Tage in West End  – sehr nett, türkises Wasser, Spaziergang auf die Landspitze, ein kühler Pool und überhaupt niemand da!  Die anderen Segler und Motorboote (davon immer wieder amerikanische Angelboote unterschiedlichster bis gigantischer Größe) fliehen solche Verhältnisse, möglicherweise weil „nix los“. Wir finden’s angenehm. Am Mittwoch dann Etappe 2, die 30 Meilen ums Eck nach Lucaya, denn am Donnerstag ist Rapid Antigen-Testtag. Die Gesundheitsbehörde der Bahamas belatschert uns täglich mit Fragebögen, die wir treulich ausfüllen – „…hatten Sie in den letzten 24 Stunden Kontakt zu Covid-Positiven…“ o.ä., gefolgt von einer Symptomabfrage und zum Schluss der Gewissensfrage, ob man weiterhin gewillt sei, den Coronavorschriften Folge zu leisten. Ei, sicher doch! 

The Medical Pavillion, Lucaya. Drive through oder stell’s Fahrrad daneben.

Am betreffenden Tag radeln wir zum Test –  hinter einem kleinen Praxiskomplex stehen zwei EZ-Up-Zelte, von denen eines als „Drive-Through“-Testlokal eingerichtet ist; „… bleiben Sie im Wagen sitzen!“. Wir stellen stattdessen die Räder ab – die Testerinnen kennen das schon. Ah – Yachties! Schon haben wir wieder einen Wattebausch in der Nase, dieses Mal etwas kitzliger als in West Palm Beach. Fertig. Ergebnis kommt in einer Stunde! Wir besorgen derweil eine bis zwei SIM-Karten für die Telefonie bzw. die Internetsucht und besuchen einen wohlsortierten und nicht gar so teuren Supermarkt – preislich angesagt war:  Furchtbar! xfache Preise gegenüber USA! Danach sacken wir bei einem Café Latte vor Gregory’s kleinem Feinkost-Café-Lädchen ab. Was verleitet einen – baah! diese Preise! Endlich richtig schön furchtbar: das zuvor vermisste Vielfaches hat seinen Auftritt… – dazu, eine Tube italienische Mutti-Tomatenpaste zu kaufen (weil es praktisch ist und nicht gammelt!) oder für 10 Dollar eine Tüte Bahlsen Weihnachtskekse zu erwerben (weil wir eben Hannoveraner Leckermäuler sind, darum! Und Weihnachten ist sowieso vorbei, man muss die Läden ja von Restposten befreien…)

Das Sinnbild der Woche!
Unser Gastlandflagge

Und sonst? Surfen. Der 6.1.2021 wird sicher ein gruseliger Erinnerungstag in den USA bleiben – wir sind entsetzt, und obwohl es ja viele Unkenrufe gab, erschreckt uns die Gewalttätigkeit dieser  – ja, was sind das? Protestler?  Nein, wildgewordener Mob. Und Sr. Donald steht im Kaschmirmantel in einem Zelt im Garten und guckt sich zu aufmunternder Musik auf riesigen Bildschirmen das an, wovon er behauptet, er habe damit nichts zu tun; seine jubelnde Famile grimassiert dazu in die Mobiltelefone. Er hat die Leute aufgehetzt und tut es weiter. Unverantwortlich und unverständlich, dass das in breiten Schichten nicht gesehen wird. Die Kommentare in den sozialen Medien ziehen einem die Schuhe aus, und das Ganze treibt noch andere, interessante Blüten: auf Facebook bin ich Mitglied in einer Sailrite Users Group, zu rein sachlichem Interessenaustausch über das Nähen von Canvas auf semi-industriellen Maschinen – und heute gab es ein Hurra auf die Tatsache, dass auf einer alternativen Plattform nun auch eine Sailrite Users Group besteht. Wenn man schaut, was das für eine Plattform ist: natürlich – deutlich konservativ, deutlich rechts. Versteht man’s?  Ich nicht. Ich habe ja bekanntlich eine rechts-links- (oben-unten) Schwäche und werde meine Canvassachen wohl weiter neutral und knapp links der Mitte nähen. Ich find’s bedenklich. Wie ich auch den Mitsegler bedenklich finde, der uns mit Deep State und Corona-alles-Fake-Ideen kam. Wenn’s gegen Wissenschaft und Wissenschaftler geht, habe ich eine sehr kurze Zündschnur…

Das alles ruft nach Entspannung.  Wir machen gelegentlich Ausflüge in die Umgebung, zum Beispiel am Sonntag, als uns einfällt, dass wir eine Probefahrt mit dem frisch gewarteten kleinen Außenborder machen könnten. Wartung ist der richtige Begriff – der Motor hatte uns warten lassen. Mit dem Anspringen: Dreck in den Benzinleitungen. Forschen und Säubern und – Probefahrt. Eine Picknicktasche gepackt und dann auf adventure tour durch die hiesigen Kanäle, denn Lucaya ist ein „development“, kein altes bahamesisches Fischerdorf. Ein paar vielstöckige, ein paar moderatere moderatere Ferienwohnungsanlagen, ein ganz nett ausschauendes Hotel. Und alles… leer. Fabian, der Dockmaster meint, es sei erst im Juni/Juli Hochsaison, aber dass wir in dieser riesigen Marina (mit einigen Dorian-Schäden aus 2019) nur 5 Besucherboote sind, ist schon recht wenig, denn für Segler ist jetzt Saison.  Nun gut – man reist hier an, testet und geht zügig weiter. Bis auf die Akkanauten, die bleiben erst einmal kleben. In den Kanälen, durch die wir tuckern, ist viel verwaister Platz für reichlich Boote, und, wie es sich für diesen US-Anrainerstaat gehört, alles schön „privat“. Landzugang fürs Picknick? Nö. Es wird ein Drifting Picknick im Dinghy, auch sehr nett. So speisen wir „Pollo Fino“ (= entbeinte Hühnerschenkel mit Jerk Chickengewürz, auch unsere Küche nähert sich der Karibik…) und Äpfel und Orangen und lassen uns die Bahamasonne aufs Haupt scheinen.

Planungssitzung am Pool

Anderentags wagen wir die ganz große Tour – mit dem Fahrrad 150 m zum Pool, wo man sich zu einer Planungssitzung mit Seekarten und den elektronischen Navigationsgerätschaften breit machen kann.  Ist ja keiner sonst anwesend. Kurz: es ist auszuhalten, aber da die Planungen laufen, werden wir über kurz oder lang den Standort wechseln. Tagesschlag nach Süden. Berrie Islands. Und dann? Irgendwie weiter.