Bugkorbschnorcheln

Bahama-Kitsch

Highborne Cay/Exumas, 23.1.2021

… das war vielleicht ein toller Tag gestern –  das muss auch in Coronazeiten mal so gesagt werden. Die dicke Schipperin sitzt im Bugkorb (auf einem Fender, sehr bequem) und beobachtet die Wassertiefen. Und so richtig tief ist es hier nicht. Nirgendwo eigentlich, aber wenn wie gestern kein Windchen weht und das Wasser spiegelglatt und kristallklar ist… einfach schön.

Am letzten Sonntag in der recht grauen Frühe lösen wir endlich die Landleinen und machen uns auf die Socken nach Süden. Mit uns noch zwei, drei andere Yachten, die meisten haben hier nur den Covid-5-Tagestest absolviert und eiern gleich weiter. Der Tag ist grau und wenig windig, die Maschine schiebt mit. Für die 65 Meilen reicht die Tageslänge gerade so aus – Tagesziel: „Little Stirrup Cay“, von dem der Segelführer sagt, man solle fernbleiben, wenn Kreuzfahrer anwesend sind, und natürlich kreuzt einer davon unsere Kurslinie; naja, eine Nacht werden wir das aushalten. Warum man wegbleiben soll, erschließt sich, als um halb 5 der Anker fällt: vor dem Strand einer Spielplatzinsel, mit Klettergarten und 3-stöckiger Riesenrutsche. Der Kreuzfahrer allerdings, der sich anzuschleichen droht, fährt irgendwo hin, denn der ist coronagemäß leer und legt sich, wie diverse andere in der Gegend, auf Reede. Außer uns ist noch eine Yacht da, und da wir nicht rutschen wollen, sondern nur ausruhen (und ein bisschen schwimmen) ist alles prima. Nächstentags eilen wir 20 Meilen weiter, nach White Cay. Für diesjährige Verhältnisse mit 12 Yachten ganz schön voll, aber es verteilt sich. Als Abstandspolizei fungieren die zahlreichen – schnaufff! –  Schildkröten, da geht einem das Herz auf. Wir machen Strandpicknick

Die andere Sorte Blau: Blue Hole

und besuchen das Blue Hole auf dem nördlich gelegenen Cay –  hier ist es bahamesich karstig, überall hat das Wasser Löcher in den Korallengrund gefressen, es gibt Höhlen und eben diese tiefen Löcher, zur Abwechslung zum den Türkisvariationen mal ein dunkles Grünblau.

Mittlerweile haben wir uns entschieden, den weiteren Weg über die Exumas zu nehmen und hopsen – daysailing ist unser Liebstes –  nicht zur größten Insel des Archipels, wohl aber zur Hauptinsel, das ist New Providence, die im Wesentlichen aus der Stadt Nassau besteht. Kleiner Covid-Sidekick: wer sich länger als 24 in Nassau aufhält und auf weitere Inseln reist, muss sich einem neuen Rapid Antigentest unterziehen. Wir legen uns für eine Nacht in die West Bay. Da wir nicht an Land gehen wollen, könnte man sicher eine zweite Nacht dort zubringen – der Wetterbericht hatte ein bisschen danach ausgesehen, aber als es Mittag wird, beschließen wir, schon mal ein paar Meilen entlang der korallenblockgespickten Südwestseite abzuspulen. Prima Idee, weil man um diese Tageszeit auch gute Sicht auf etwaige Untiefen hat. Doofe Idee, weil die Frau im Bugkorb sich einen ordentlichen Muskelkater im Arxx holt (vom Zusammenkneifen der Backen).

Akka malt Herzchen mit der Ankerkette

Und eine sehr gute Idee, weil wir so um die 5-6 Meilen südlich der Küste dann den Anker auf feinstem Sandboden fallen lassen, mitten im offenen Wasser, das nach Wetterbericht so still bleiben soll wie es auf der Fahrt schon war. Putziges Gefühl! Kaum Verkehr, in 2 oder 3 Meilen Abstand scheint ein Katamaran auf die gleiche Idee gekommen zu sein, sonst ist Ruhe. Akka wird es langweilig und legt in der Nacht die Ankerkette in herzförmige Schleifchen, das gefällt uns – zumal man es von Bord aus trefflich sehen kann, 5 m tief. Zauberhafter Ankerplatz!
Und weil wir schon ein bisschen vom Weg in die Exumas geschafft haben, genehmigen wir uns vor dem Aufbruch ein ruhiges Frühstück. „Mer du Jour“ mit ihrem wild bellenden Terrier überholt uns –  wir haben es gut, denn die Amerikaner ackern schon seit Sonnenaufgang…

Unglaublich klar…

Es folgt die eingangs beschriebene Fahrt über glasklares Wasser, die Schipperin sitzt vorn und genießt: es gibt keine Bommies mehr, sie zählt Seesterne am Grund und ist vollends beseligt, als sich plötzlich ein Delfin direkt unter ihren Füßen vor den Akka-Bug setzt und ein Weilchen mitschwimmt. Zum Greifen nah, aber zum Fotografieren kommt es dann nicht mehr, fotoscheues Gesindel…
So trudeln wir in Highborne Cay ein, unserem ersten Exuma-Stopp. Eine Handvoll Superyachten haben ihre Wasserrutsche ausgebracht oder lassen (wenige) Jetskis flitzen, alles in weitem Abstand und moderat; ich glaube, hier macht Sportfischerei einen Großteil des (fragwüdigen) Yachtspaßes aus, gestern belauschten wir einen stolzen Schiffsbesitzer, der 5 große Wahoos an einem Nachmittag meldete. Mich jammert es immer, wenn ich das höre.

… wir wollen nur baden!

Weil man seit gestern sieht, dass am Donnerstag ein „blow“ * auf uns zukommt, hat sich das Ankerfeld heute deutlich gelichtet, also ist es noch netter hier – es gibt sogar einen mit allem notwendigen ausgestatteten Laden, Frischgemüse, Obst, Gefrorenes.
Und es gibt die Ureinwohner – die lungern abends am Steg herum und lauern auf Fütterung.

Nachtrag am 29.1.

Geklauter Strandpavillon

Den Blow haben wir gut überstanden, wir sind nämlich in die – aua! Kostenpflichtig! – Marina umgezogen. Zunächst fühlt man sich ein bisschen wie ein Feigling, mittlerweile aber als Gast, und wir genießen angenehmes Marinaleben. Fahrräder stehen zur Verfügung, wir halten Picknick in einem der Strandpavillons (vermutlich unter Umgehung von „Mietkosten“), bestaunen das aufziehende Unwetter aus einem Schaukelsitz auf der Inselkante, ziehen mit der nachmittäglichen Kaffeekanne an den Strand… und beschließen, den Aufenthalt zu verlängern, denn dieser „Blow“ ist nur ein Übungsblow – ein richtiger kommt morgen auf uns zu. Kurz: so geht es uns gut. Aber dann, aber dann… geht es (irgendwann) weiter.

Der Wettermann auf der Schaukelbank

 

 

 

 


Es bläst!

* …das muss man sich mal auf einer Atlantikkarte angucken – ein gewaltiges Tiefdruckgebiet, von dessen Rückseite wir hier etwas abkriegen! Betrifft auch die Vendée Globe-Segler, die noch unterwegs sind. Gruselig!