Banana Quits und Werthers Echte

Shroud Cay, 4.2.2021
Spannung! Erster Blogeintrag über die neue Satphoneadresse… ob das wohl klappt? Wir sind gerade in Shroud Cay eingetrudelt. Sonnenschein, milder Wind aus Ost, und es ist so gut wie niemand hier, im schönen Exumas Marine Park. Wir haben uns eine Mooring genommen – man soll ja die lokale Wirtschaft unterstützen, und im Fall von Nationalparks sind wir ganz vorn dabei, zumal jeder geworfene Anker auch immer einen Einfluss auf den Seeboden hat.
So schön es auch wäre, Bilder von dieser Umgebung zu zeigen, ohne Internet wird das nix. Ohne Internet heißt übrigens, dass meine 575 Tage ununterbrochener Spanischlektionen heute zu Ende gehen, was für ein Absturz. Gelegenheit, unregelmäßige Verben zu inhalieren. Den Blow vom Montag/Dienstag/Mittwoch bringen wir fein hinter uns, für Akka stricken wir ein Netzpullöverchen aus Festmacherleinen, inklusive Ausschwimmen zweier Achterleinen an etwas entfernte Poller. Den Hai, der in der Nachbarschaft herumlungert, sehe ich erst, als ich vom Duschen zurückkomme, aber es war ohnehin nur ein Ammenhai. Das sind die mit dem kleinen Maul… nicht dass die nicht Schaden anrichten könnten: WENN sie etwas erfassen, verfallen sie bei größeren Happen ins Schütteln. Kommt bei Schwimmern auch nicht so gut. Aber die zusätzliche Leine ist es wert, gut gesichert ist halbgut geschlafen. – am Anker ware das definitiv eine schlaflose Nacht gewesen, das Geheule ist schon bemerkenswert. Um 3 Uhr 30 wache ich von einem unbekannten metallischen Geräusch auf. Hm?! Ich kann mir keinen Reim drauf machen. Nach einer Weile macht es „klack“ und durchs Luk kann ich die Oberkante des backbordschen Solarpanels erspähen – wir haben glatt versäumt, nach dem Auslegen der Leinen die Sicherungsdrähte der Panelstützen aufzustecken. Ein nächtlicher Deckspaziergang bei wütendem Wind ist spaßig, aber gleichzeitig dient er auch der Vergewisserung, dass sonst alles in Butter ist. Es dauert bis Dienstagabend, bis der Wind einigermaßen abklingt. Doch, doch, es war nicht schlecht, die Marina zu frequentieren. Unsere Abenteuerlust lässt eindeutig nach.
Von unseren Nachbarn zur Rechten – Origina-Franzosen mit kanadischem Pass – gibt es zum Trost ein Stück selbst gebackenen Apfelkuchen, wie wir auch schon zuvor mal ein Probierstück Weißbrot bekommen hatten und – klopf, klopf zur Abendbrotzeit – eine Portion frische Crepes. Es fragt sich, ob wir einen so ausgehungerten Eindruck machen oder es sich um einen Fall von Hellseherei handelt, was der Schipperin Kochkünste betrifft. Ich habe mich mit einem Stück unsere Weißbrotes revanchiert, aber Crepes… nicht meine Nummer; bei uns heißt das Pannekoken und ist nicht so fein. Ob unser Sauerteigbrot gemundet hätte, haben wir nicht getestet, das war nämlich gemäß dem Motto „bread happens“ nur Landbäckerqualitätsstufe B – eigentlich lecker, weil relativ feucht, aber nur mittelmäßiger „oven spring“. Stufe A wird gerade angepeilt, möge das Sauerteigbrot gelingen!
Sonst ist es aber auch spaßig in Highbourne Cay – wir bekommen täglich Besuch und täglich zudringlicher: ein Banana Quit sucht nach Krümeln, wunderschön anzuschauen mit seiner nektarfreundlichen langen Zunge. Wir lernen das Kerlchen – Mann oder Frau wissen wir nicht, die Geschlechter sehen gleich aus! – zu schätzen, denn abgesehen von zahlreichen Rundflügen durch den Salon (mit Gruß auf dem Kopfkissen!) taucht es begeistert ins Cockpitgräting ein um Leftovers zu angeln. So leicht kommt man zu einerm Reinemachevogel! Ansonsten bekommt man in Highbourne Cay eine Lektion in „wieviel Luxus kann ich mir erlauben?“. Eier, 12 Stück für 8 Dollar – kein Luxus. Milch, 1,8 Liter à knapp 9 Dollar? Schon eher. Der halbe Liter Sahne für ebenso 9 Dollar? Autsch. Wir denken an andere entfernte Orte mit Importwaren: Herrenhäuser Pilsener in Iquitos zum Beispiel. Hier ist das Highlight die Tüte „Werthers Echte“. Als wir eben aus Highbourne Cay auslaufen, naht der Versorger aus Nassau – das will a alles auch bezahlt werden, und der Eigner sieht das hässliche Schiff und fantasiert: „… guck mal! Der Versorger! Der lässt jetzt seine Laderampe runter, und das ganze Schiff ist voller Werthers Echte!“ Bonbons? Kein Luxus, die laufen unter „notwendiger Proviant“.

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