Helden der Arbeit

Man at work

Deltaville, 6.12.2021

… frau könnte das xte Bild einfügen, auf dem ein Eigner bäuchlings im Motorraum liegt, aber die Turbosache ging so turbomäßig über die Bühne, dass zum Fotografieren einfach keine Zeit blieb.

Ihr wisst: zwei Tage vor Thanksgiving geht der Turbo fest. O.k. – wann der genau festgegangen ist, wissen wir nicht, aber da haben wir es gemerkt. Die Gedanken rasen. Wie kommen wir hier weg, was sind die Alternativen? Aufarbeiten? Neueinbau?  Eine kleine Runde im „Dorf“ erbringt nur, dass es wenig Hilfe geben wird, man ist „fully booked until February“. Ersatz kaufen?  Wo? Wie heißt das Teil? Nummer suchen. Das ist easy, denn warum schleppen wir die Schiffsdokumentation in 5 Ordnern seit so vielen Jahren durch die Welt  (moderne Schiffe haben sowas natürlich digital…). Internetsuche – wer hat’s, wer liefert sofort? Der Lieferant mit dem günstigsten Preis stellt sich als eBay-Händler heraus, der einen gebrauchten Turbo vertickt, und dazu in Rotterdam. Oder Volvo Penta USA und seine Kumpane? „Can be ordered daily from Volvo Penta“ steht da, das klingt wenig zügig. Mit all den „backorder“-Nachrichten der letzten Wochen und Monate im Hinterkopf reisen die Gedanken schon bald nach Hamburg. Carl Baguhn hat uns, als wir in Trinidad waren, schon mal gut bedient. Wir suchen noch ein bisschen drumherum, aber es ist wirklich eilig – für diesen Mittwoch ist in der Gegend erstmalig Schnee angesagt, wir sollten in die Hufe kommen. Für die Quelle spricht außerdem, dass der Eigner eigentlich alles, was im Umfeld benötigt wird – Dichtungen, Bolzen – ohne viel Diskussion und Rückfragen mitbestellen kann, und Versand ins Ausland ist den Baguhns kein Fremdwort (im Gegensatz zum deutlich günstigeren Händler in MeckPomm). Also: Baguhn.

Mi., 24.11. (unser Abfahrtstag) – eMail Anfrage, Antwort mit Angebot kommt umgehend „Vorkasse. Lieferung nach Geldeingang, 7-9 Tage“. Nun ja, vielleicht geht es ja auch schneller. Gut. Bestellung, Bezahlung.
Do, 25.11.  – Mail von Baguhn: „…das ging ja fix. Geld ist eingegangen. Zoll ist erledigt! Trackingnummer bekommen Sie morgen!“  Tätärätätää!
Fr., 26.11. – keine Trackingnummer. Hm…  Irgendwas faul?
Mo., 29.11. – noch nicht aus der Koje gefallen ein Anruf bei Baguhn (danke, Microsoft, danke Skype!) „—uh, habe ich das vergessen?  Kommt gleich!“ Kommt dann auch. Allerdings: Paketabholung am Montag um 15:29. Immerhin, und um 23:00 ist das Ding schon in Köln. Die Sendung lebt!  Wir geben ihr eine Woche. Oder bis zum Freitag?
Di., 30.11. – die neugierige Schipperin gibt – siehe oben, in der Koje – die Trackingnummer ins Telefon ein. Köln? Sonstwo in Europa? What?  Das Paket ist in Philadelphia, wir sind platt.  Der Vormittag vergeht mit ein paar Telefonaten mit UPS, damit die die Verzollung anschieben können, zu Mittag dann „Ihr Sendungsstatus wurde geändert – das Paket ist unterwegs“.
Mi. 1.12. – 12:00: der Turbo liegt in der Fishing Bay Marina im Büro. Zollfrei – wir sind ja „Yacht in Transit“. Gesamturteil: Turbo.
Donnerstag und Freitag gehen mit dem Zusammenschrauben dahin – und nicht nur ich bin Meisterin im Auftrennen, auch der Chief Engineer muss gelegentlich doppelte Arbeit leisten; die Ein- und Auslässe gucken ein bisschen in die falsche Richtung, aber nur ein bisschen. Die Betrübnis währt allerdings nicht lang.

Dafür ist meine Betrübnis umso größer, denn der Kerl mit dem Turbo hat die Dinghycoverflickschneiderin links überholt. Der Motorprobelauf findet am Samstagabend statt.

Die Medaille „Held der Arbeit“ erhalten heute:
– David Kläring von Carl Baguhn GmbH, Hamburg – danke, danke!
– United Parcel Service als Organisation für turboartigen Transport
– Andreas Haensch (76!), Chief auf Akka (und „der Chef“ sowieso)  dafür, dass er sich nicht entmutigen lässt, schlaflose Nächte wegsteckt und dann einen Turbo mit links aus- und wieder einbaut. Danke, danke, danke, danke!

Leider geht die Schipperin bei der Medaillenvergabe leer aus. Wenig heldenhaft, die Fortschritte am Dinghycover. An den damit einhergehenden Entmutigungsattacken ist zu arbeiten, sagt das Medaillenkommitee.

PS: es fügen sich auch sonst noch andere Steinchen zum Mosaik!  Vor drei Tagen bekamen wir Nachricht, dass unser Antrag auf Visaverlängerung eingegangen sei, das ist gleichbedeutend mit „geduldet“ sein, bis sich CBP bzw. der USCIS (US Citizenship and Immigration Services) eines Besseren besinnt.
Manche Steinchen brauchen allerdings ihre Zeit: die im letzten Beitrag erwähnte Apostille ist seit 11.11. auf dem eingeschriebenen Postweg nach Deutschland. Als ich nach 7 Tagen etwas unruhig werde (Eigner: „… ich muss das aber nicht nochmal machen, oder?“) ordere ich Sendungsupdates. Die kommen auch, tröpfchenweise und eher kryptisch. „USPS RF … … … in transit to next facility“. Wochenlang, bis auf ein besonders nettes „… arrived in facility Jamaica…“ – erst beim zweiten Lesen fällt auf, dass die Postverteilstelle in New York so heißt. Aber: am 3.12. endlich „processed in facitlity in Germany“. Na bitte. Louis deJoy (aka Louis Destroy, der famose US-Postdienstvernichter mit haufenweisen Anteilen an privaten Konkurrenzdiensten) hat in seiner Funktion als General Postmaster schon mal ganze Arbeit geleistet. Jetzt kommt es drauf an, wer in Deutschland Postminister wird!