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Das Jahr 2006 ...
Viel zu lange war es so wie auf diesem Bild - und als das vorbei war, gingen wir für lange Wochen wieder in der Halle: Neue Seeventile einsetzen, das Ruderblatt ausbauen und andere Feinheiten, für die es vorher zu kalt war. Als da wäre: das Kühlaggregat. Wir haben ein energiesparendes Modell erworben, das alte hatte gegen Ende der Skandinavienreise seinen fast zwei Dekaden alten Geist aufgegeben. Und wir haben uns für ein wassergekühltes Aggregat entschieden: im Seeventilausgang für die Pantry-Spüle steckt die Wärmetauscherschlange. Macht einen Krachmacher weniger im Schiff.
Draußen zog ein Blässhuhnpaar unsere Freunde groß - nicht von ungefähr “die Quietschboys” genannt, und die Golden-Retriever-farbene Ente Blondie führte 8 Küken. Dann waren’s nur noch 7 - 6 - 5... Als liefe ein Countdown. Blondie ist leider ziemlich fressgesteuert und vergisst über die Nahrungsaufnahme den Küken-Geleitzug hinter sich; sehr zur Freude der lauernden Möwen und Krähen. Und so waren’s zum Schluss noch 3, aber die kamen dann auch durch. Zwei niedliche Entenjungs und eine 1:1-Kopie der Mama. Mini Blondie. Grund genug, ab und zu den Kopf aus der Werfthalle zu stecken.
Und noch eine Information zum Tierleben an der Schlei (den Seeadler lassen wir jetzt mal außen vor!): Vogelgrippe hin oder her - zwar hatten wir die eine oder andere Woche “Sperrzone” zu verzeichnen, aber die Nachbarinnen der Werft sind große Entenliebhaberinnen, was dazu führt, dass täglich - sommers weniger, dafür winters die geballte Fülle - zig Enten bei uns auftauchten. Um 9 Uhr morgens werden Brotkrumen und Getreidekörner serviert, bitte sehr. So etwas spricht sich herum in Entenkreisen, und wehe, die alten Damen sind mal nicht ganz pünktlich - dann schreitet eine ebenso empörte wie gierige Vorhut von Enten den Gartenweg hinauf, um die Verpflegung einzufordern...
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Im Juni zogen wir dann aus der Halle aus - wir mussten diesem tollen Herreshoff-Schoner Platz machen. Ein Monster-Refit-Projekt...
Wir stehen fortan vor der Halle und genießen das Freiluftleben. Auch wenn freundliche Spaziergänger wieder und wieder den Materialtest machen. Am Bug. Klopf-klopf. “Issas Kunststoff?”
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Das Unterwasserschiff forderte einige Nachbesserungen - da Epoxy nicht auf Polyethylen hält, war im Laufe des letzen Sommers der Coppershieldanstrich am Hilfsruder der Windsteueranlage teilweise abgefallen, und auch am Rumpf gab es Nachbesserungen zu erledigen, so dass wir entschieden, gleich eine weitere Schicht auf den gesamten Rumpf aufzubringen. Und das hieß: Schleifen bis der Arzt kommt! Epoxy, wohlgemerkt. Die Arnisser Frauen fragten schon, ob ich keinen Eigner habe, der den Job übernehmen könne, aber mir liegen die grobmotorischen Arbeiten einfach mehr. Hier kommt auch noch einmal die uralte Erfahrung als MTA zum Tragen: Härter und Harz wollen grammgenau gewogen sein. Pipettieren verlernt frau nicht!
Und nach dem Schleifen ist bekanntlich vor dem Schleifen! Denn die frische Coppershieldshicht will ja nach ein paar Tagen Aushärten angeschliffen werden. Gut, dass wir im “Yachting Monthly” von einem britischen Boot in Brasilien lesen, dass diese Methode ein Gottesgeschenk sei, was seinen Antifoulingeffekt betrifft. Das richtet doch auf. Die Arbeit daran ist jedenfalls kein Geschenk.
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Dennoch bietet der Sommer Highlights. Zum Beispiel den Sozialen Tag, an dem vielen große und kleine Schüler in Schleswig Holstein und bundesweit an die Arbeitsplätze der Eltern einrücken und für einen Tag Geld für einen guten Zweck verdienen.
Zu uns kam Christian Kotenbeutel, der hier, vom Vater angeleitet, seine Arbeitsprobe abgibt. Eifrig, aufmerksam, voll konzentriert. Nicht nur sinnvoll und einträglich, sondern auch toll, Christian zuzuschauen. Und ein paar der insgesamt erwirtschafteten 3 Mio. € gehen auf die Rechnung von Christian und die Matthias Paulsen GmbH.
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Fehlt noch das neue Ruderlager, bei dessen Einbau wir die Hilfe von Andreas Kotenbeutel in Anspruch nehmen. Kunststoff - das ist nun absolut gegen seine Holzbootsbauerehre; eben erst hat er einen wunderbaren, neuen Mast aus Spruce fertiggestellt, für ein Boot, das dem Harburger Tornado im Februar zum Opfer gefallen war und einen weiteren für eines, das der Eigner rechts an einem Baum vorbei in die Winterlagerhalle ziehen wollte. Der Mast allerdings ging links am Baum... Seiner Abneigung folgend, man sieht es, geht Andreas K. in Deckung. Aber es sollte auch schnell vorbei sein. Sollte!
Die interessante Konstruktion rechts erfindet mein Eigner, um mögliche Bewegungen im Skeg festzustellen. Erfolgreich, denn es sind Bewegungen festzustellen! Also klopfen wir das frische GFK wieder auf, bauen das neue Lager wieder aus, schaffen es zum Metallbauer, denn der hat den Zapfen zentriert hergestellt... Ungefähr zentriert jedenfalls. Aber im zweiten Anlauf passt’s, und bald sollen wir ja auch ins Wasser.
Noch fix den Rumpf polieren und dann... Also, polieren kann man auch “bis der Arzt kommt”. Nur 3 Tage nach diesem Bild poliere ich fortan einhand. Das Spiel England gegen Portugal sehe ich in der Ambulanz in Schleswig, und am Folgetag bekomme ich vom Eigner ausnahmsweise ein paar Stunden frei, damit man die gebrochenen Knochen drahten kann, aber gegen 17 Uhr kann ich schon wieder auf der Leiter stehen. Leider gibt es vom Gipsärmchen kein Belegphoto, aber die Verletzung gibt meiner schwachen Hoffnung, doch noch im Sommer 2006 loszukommen, den Todesstoß. Der Eigner selbst war da wohl die ganze Zeit etwas realistischer.
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Dann kamen die neuen Drähte für die Verstagung - auch das Einhängen der Wanten und Stagen geht gut einarmig. Vor dem Maststellen hatten wir noch schnell die Spindel der Rollanlage überholen lassen. Solche Notwendigkeiten bemerkt man offensichtlich immer erst dann, wenn der Kran für die Masten schon auffordernd mit dem Haken wedelt. Also blieb der Mast noch ein paar Tage länger auf dem Steg liegen. Jörg von Rönn, unser Lieblings-Rigger von RTW, mit dem man auch über Rallies schnacken kann, half uns dann beim Einstellen unserer neuen Drähte. Ganz schön viel fester, als es vorher war!
Und nebenbei ziehen wir ja auch noch aus dem Haus in Hannover aus; der Hausrat wurde von 150 auf 30 qm Stauvolumen reduziert. Wir beziehen unsere 1-Zimmer-Notwohnung, natürlich in der größten Hitze, drei- bis fünfhändig, weil Neffe Benjamin tatkräftig zupackt. Ergebnis: wir haben eine Ferienwohnung für Heimaturlaube, weinen dem Haus keine Träne nach - und wundern uns, was wir zuvor mit dem vielen Platz gemacht haben. Geht doch!
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An der Schlei produzieren wir dafür schon einmal ein bisschen Live-aboard-Feeling. Seit diesem Sommer ist ja eine “Waschmaschine” an Bord, eine, die man händisch mit Wasser füllen muss und die leider nicht schleudert. Unsere Deko ist sicher nicht unbedingt zum Vergnügen der Mit-Lieger. Unsere A&R-Nachbarin, die schöne METEOR, braucht eigentlich einen extra-Schau-Steg. Und die Spreizgaffelketch “Stella”. Traumhafte Schiffe hat’s dort...
Als der Gips entfernt wird, neigt sich das, was man gemeinhin als “Segelsaison” begreift, dem Ende entgegen, aber am 1. Oktober ist für uns endlich “Ansegeln”.
Eine klasse Segelwoche mit viel Wind und Spaß folgt; unsere Lieblingssegelkombination sind Besan, das halbe Groß und die neue Arbeitsfock am Kutterstag. Bis ganz nach Flensburg und Umgebung geht’s. Donnerwetter! Sogar bis Damp stoßen wir vor, wo wir mit dem “Solarpaneel an der Reling”-Virus infiziert werden. So locken uns Restarbeiten und neue Ideen zurück nach Arnis.
Zur Demontage des Rutland Windgenerators zum Beispiel, der uns für unseren Energiebedarf dann doch zu schwach erscheint - auf der Hanseboot können wir einem günstigen Angebot für einen Superwindgenerator nicht widerstehen. Wir erwerben auch schon die großen Solarpaneele, siehe oben. Ein “Freediver”-Tiefschnorchelgerät kommt an Bord. Auch nach dem eigentlichen Refit lässt sich auf Messen trefflich Geld ausgeben. Und auf Werften auch - wir erwerben ein Erinnerungsstück an unsere Zeit bei Matthias Paulsen: Der Lehrling hatte im Sommer aus Spruce-Resten vom Mastenbau einen superlangen, wunderbar leichten Bootshaken gefertigt. Der kommt nun mit. Schööön!
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Am 15.11. ist dann der große Tag gekommen: wir legen ab, bei Schietwetter und 5 Minuten zu spät für die 12-Uhr-Brücke in Kappeln. Niemand trötet, keine nassen Taschentücher werden geschwenkt . wir kommen ja wieder, aber nur auf dem Landweg... Die AKKA, die soll erst einmal wegbleiben .
Um 13 Uhr gehen wir durch die Brücke. Noch einmal dem Pinselwäldchen zuwinken - ein echtes Stück Heimat ist die Schleimündung geworden; trotzdem wäre es schön, wenn wir jetzt mal das Revier wechseln würden.. Die Richtung dazu stimmt ja schon mal: bei bestem Wetter eiern wir am Folgetag im Schraubenstrom der Containerbrummer durch die Holtenauer Schleuse. Go west!
In Brunsbüttel legen wir uns zu einem zurückkehrenden dänischen Traditionsschiff und einem kleinen britischen Segler, die Gemeinde der aktiven Segler schrumpft eindeutig im späten Herbst. Die Marina an der Schleuse ausgestorben. Fast jedenfalls: die hautnah vorbeiziehenden dicke Pötte machen ja doch immer Gänsehaut, optisch wie akustisch, die nächtlichen Schraubengeräusche sind beeindruckend. Am 18.11. schlüpfen wir früh durch die alte Schleuse, der Schleusenwärter lobt uns für’s geschickte Timing, und so hopsen wir auf die einlaufende Tide nach Hamburg. Und um 15:00 Uhr sind wir fest an unserem Überwinterungsziel in Harburg. Ja, ja - go west. Gebremster Schaum, aber nächstes Jahr geht’s weiter...
Dann noch schnell das Amateurfunkzeugnis gemacht, und fertig ist das Jahr 2006 - möge uns das kommende eine zeitige Abreise in die richtige Richtung bescheiden!
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