Eines der herzerwärmendsten Erlebnisse auf der ganzen Reise, hier nochmals erzählt…
Oktober 2013, Lamen Island, Vanuatu
Schon am Sonntag hatte uns auf einem ersten Schnuppergang durch’s feiertägliche Dorf ein Junge angesprochen, der uns Früchte versprochen hatte, da sagt der Segler ja nicht nein und fängt gleich an zu grübeln, was denn als Gegengabe opportun wäre – und als wir dann mit Minimal-Gabe (ein schönes Handseifen-Refill plus Volkwagen-Motorsport -Knick-Kuli, der mittlerweile mit seinem Knick-Knack-Geräusch weltweit Lehrer in den Wahnsinn treibt) beim Gehöft ankamen, gab es natürlich einen ganze Rucksack voll Grapefruit und Christofinen und Pfefferschoten und Kokosnüsse etc. p.p.). Nachbesserung „Gegengabe“ war angezeigt – auch wenn eindringlich betont wurde, dass dies ein Geschenk sei. Das netteste Geschenk allerdings war die freund(schaft)liche Beziehung, die sich nun entspann, mit reichlich Gesprächen hin und her, Abgleich der Lebenssituationen, Spaziergang mit William (siehe oben, wenn es bergan geht…) ins nächste Dorf samt vielen Stopps zum Betrachten von Nutzpflanzen, Besuch am Hospital mit Ernte einer apfelartigen Frucht, deren Namen ich leider vergessen habe, aber hier kriegt man, wie heute beim Thema „Nüsse“ öfter mal Unbekanntes aufgetischt. Eigentlich war es so, dass wir bei jedem Besuch wieder sagten: „… wir kommen dann morgen wieder!“ Das Ganze endete mit einem echten Ereignis… Ziemlich Vanuatu. „William erzählte, dass Ihr noch kein Laplap gegessen habt, und wir dachten, wir machen eines!“ Es war sowieso „Feiertag“ = schulfrei = gartenfrei gewesen: auf Lamen Island hatte es einen Todesfall gegeben, so dass, wie wir am reichlichen Ausleger- und Motorbootverkehr ablesen konnten, wer immer sich losmachen konnte, sich auf die Insel kutschieren ließ. Die Einladung nahmen wir – mit der üblichen Portion „Euro-Skepsis“! – gern an.
„Vanuatu“ war zunächst mal die Zeit: wir hatten angekündigt, wir würden zum Airstrip laufen und ein bisschen computern (nur dort hin strahlen die Antennenmasten von Revolieu!) und dann zurückkommen. Funktionierte auch gut – es war danach zwar noch wenig vorbereitet, aber immerhin glühte das Holzkohlefeuer.
Lektion 1: „Zeit“ ist hier ein sehr vager Begriff, Schüler oder Kirchgänger zum Beispiel werden akustisch (Glocken- =Gasflaschen- oder Schlitztrommeltönen) zum Termin gerufen. Wenn die Fähre „Big Sista“ kommt, weiß man ungefähr, dass es am Vormittag oder in der Nacht sein muss, was beinhaltet, dass man stundenlang am Strand wartet und ein soziales Stelldichein genießt.
Lektion 2: Bananenblätter für das Laplap müssen abgeflammt werden, wegen der Ameisen.
Lektion 3: ein Familien-Laplap ist eine ziemlich große Angelegenheit…
Ich mache es so kurz wie möglich: Rosy und Mutter also saßen, als wir kamen, um eine Lage eben dieser Bananenblätter, auf dem (schlau! unterwuchsbremsenden) Korallenschuttboden des Hofes. Lap-lap-Durchmesser um die 1 m plus Blattüberstand („… it will be a small lap lap for a small family!“). Williams Bruder Charlie (Sohn von Charlie und Enkel von Charlie) reibt Kokosnuss, und zwar eine nicht unbeträchtliche Menge, William macht sich am Feuer zu schaffen, drückt Milch aus den Kokosraspeln und schleppt mit den Schwestern schließlich eine große Wanne gestampften Yamsbrei heran. Während Mutter und Großmutter den Brei auf den – zuvor mit Kokosmilch befeuchteten – Blättern verteilen, spaziert ein Huhn vorbei. Ein nacktes Huhn, natürlich, das von zwei weiteren Kindern in Stücke geteilt wird. Mit geübter Hand wirft Rosy kleine Hühnerstücke auf den Brei, kleine, aber penible Positionskorrekturen von der Großmutter folgen, dann noch ein paar Handvoll Kirschtomaten aus dem Garten (eigentlich mehr Rosinentomaten, rein größenmäßig), darüber reichlich dicke Kokosmilch, und zum Schluss ein mehrlagiger Deckel aus Bananenblättern. Fertig ist das Laplap für das Feuer! Jetzt heißt es eine Stunde warten, Zeit für „storiem“, Geschichten erzählen, auf Omas schönen Pandanusmatten. Die Kinder finden sich ein, der ganz Kleine schon mit Kuscheldecke, die große Schwester wiegt das Baby im Arm, und Rosy zeigt uns die Herstellung von Wassertaropaste „nach Santo-Art“. Dazu werden noch warme, gekochte Yamsstücke – kalte sind zu zäh und ergeben keine glatte Paste! – auf einer flachen Holzschale mit einem Stößel gestampft. Die Schale hat eine besondere Form – mit zwei langen „Henkeln“, auf die man die Kinder setzt, zum Beschweren. Männer, die den Yams stampfen, dürfen diese die Henkel mit den Beinen festhalten, nicht so die Frauen, das wäre unschicklich… Die fertige Paste wird glatt gestrichen und erhält traditionell ein rautenförmiges Loch, in das wird Kokosmilch gegossen wird. Als Ehrengäste bekommen wir Löffel gereicht, obwohl man eigentlich die Paste mit den Fingern abteilt und die Milch auftunkt. Geschmack und Konsistenz ungefähr wie roher Hefeteig – wirklich gut.