Donner-Wetter

28°30 S und 33°23 E
28.11.2015

Heute kriege ich mal keinen Positionsreport raus. Die Australier und Asiaten sind zu weit weg, Maputo „tut nicht“ und der einzig verbliebene Südafrikaner in Reichweite schickt komische Meldungen raus, fragt aber mein Airmailkonto nicht ab. Na, dann!

AKKA eilt durch die rabenschwarze Nacht, ich warte sehnlich auf den Mondaufgang. Wir sind noch vielleicht 40 Meilen vom berühmten Agulhasstrom entfernt, der 20 Meilen vor der Küste verläuft und angeblich dunkelblau aussieht und hier für allerlei Ordnung sorgt. Ein natürliches Verkehrstrennungsgebiet: im Strom Einbahnverkehr südwärts, wer nach Norden will, hält sich bitte an den Randstreifen zwischen 200 m-Tiefenlinie und Land oder fährt gleich weit draußen auf See. Wer gegen den Agulhasstrom, bis zu 6 Knoten schnell, anschieben möchte, hat entweder viel Geduld (und Sprit) oder einen an der Waffel. Für uns heute bleibt es bei moderaten 2 bis 2,5 Knoten, die nach SÜden setzen – und die haben wir auf dieser Fahrt schon öfter genossen, auch jetzt schubst es uns in Richtung Küste. Unglaublich, diese Meeresströmungen – wir haben eigens von Wetterwelt Stromvorhersagen bestellt; nicht zwingend notwendig, aber, wenn man die erste Verwunderung über das Gewirr der Richtungspfeile überwunden hat, sehr interessant. Gerade kommt mir wieder ein großer Frachter entgegen, der sich mit 8 Knoten Reisegeschwindigkeit Richtung Colombo müht. Wie auf einem Fluss geht es hier zu…

Leider ist seit heute morgen kein Segelwind mehr, so dass wir motoren, aber diese letzte Nacht bringen wir auch noch zustande. Gestern haben wir die zweite Tiefdruckfront der Reise bewältigt, das war recht spannend, über Tage schon, ich deutete es ja schon an. Das „Klöpschen“ vor der Küste. Das Klöpschen schickte in der Nacht auf Freitag ein vielstündiges Gewitter voraus, das wir versuchten, an der Steuerbordseite liegen zu lassen, sofern man so etwas kann (man kann nur bedingt!). In den frühen Morgenstunden dann eine kurze Pause von der Daueransicht gruseliger Blitze. Beeindruckend massive Wolkenformationen, aus denen teils ebenso massiv das Wasser goss, dazu ein paar Böenkragen, so dass man denkt, der erwartete Südwest geht schon los, und nach der Pause wieder Gewitter. Ich bin – Wachrhythmus sei Dank! – ins Bett gegangen, Schlafbrille auf; das mag man sich nicht anschauen… Kerstin „LopTo“ würde jetzt ein Loblied auf Stahlboote singen. In der Tat, neben dem Abklemmen der Antennen tritt dann bei uns auch der Faradaysche Käfig für arme Leute (also die ohne Metallboot) in Aktion: Elektronikequipment wandert in den Backofen. Bis die Front dann endlich auf uns zu kam, wurde es Mittag, alles ganz pünktlich auf die Stunde, wie es die Wetterwelt in Kiel uns prophezeit hatte, und ab da dann Wind im Familienpack. Wir waren dank Bummel- und Zickzackkurstaktik weit genug im Osten des Systems geblieben, so dass wir die avisierten 40 Knoten und mehr (das südafrikanische PeriPeriNet am Vortag zu mir: „You*ll have 20 to 50, five zero!, tomorrow!“ Wie nett!) nicht zu spüren kriegten, aber es war den ganzen Tag extrem böig, und an die 30 Knoten über viele Stunden machen eine muntere See. Nicht unsere Lieblingsdisziplin als Am-Wind-Kurs, aber gut zu bewältigen, und wenn man bedenkt, wie das hier zugehen kann, war das System nett zu uns und moderat. Vielleicht nicht so „brillantes Segeln“, wie es der Einhänder Jim immer wieder in der Funkrunde besingt („… oh, I am sitting here nicely with 35 knots of wind…“), für uns mehr von der Sorte „wat mutt, datt mutt“. Nix Aufregendes zu berichten! Nur unser Funkrundenmoderator aus Australien, der statt Richards Bay lieber doch direkt nach Durban laufen wollte, der kriegte eine Kostprobe der lokalen Eigenheiten serviert – wie wir heute morgen von ihm hörten, fand er einen der gelegentlich auftretenden Strom-Mäander, weit weit draußen, als an Agulhasstrom noch gar nicht zu denken war. Und Strom gegen Wind ist niemals spaßig und macht immer Welle, bei 30 Knoten Wind schon gar – es war die Rede von Panik und den größten Seen, die sie je erlebt haben. Bösartig habe das Wasser ausgesehen. Glücklicherweise trieb der starke Wind das Boot im beigedrehten Zustand relativ rasch wieder aus diesem Stromwirbel hinaus. Puuh. Ein hinter uns fahrendes Schiff kommentierte das mit „… wie schön, wenn man von so einer Passage nichts Aufregendes zu berichten hat!“ Stimmt. Diese Tatsache  freut uns auch ungemein.Und ansonsten freuen wir uns jetzt auf eine Nacht, die man durchschlafen kann. Denn wenn diese Passage auch unspektakulär war: anstrengend war es schon.
Bis demnächst dann aus Zululand! —

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