The Cricketeers

19 Uhr in Port of Spain. Auf zum Cricketspiel! Wir sind nicht allein…

Chaguaramas, 15.8.2017

Leider, leider gibt es kaum Bilder vom letzten Sonnabend – die Schipperin ließ die Kamera auf dem Cockpittisch liegen, der Eigner hatte gar nicht beabsichtigt, sie zum anstehenden Großereignis mitzunehmen, dabei war es durchaus abbildenswert. Nun müssen es Smartphonebilder zeigen: unser erstes Cricketspiel! Als Zuschauer.
Um selbst Cricket zu spielen, müsste man sich ein neues Sportgehirn anschaffen. Ich liebe seit Jahren diese äußerst merkwürdige Anlauf- und Wurfbewegung – die Regel ist, dass der Arm, nachdem er Schulterhöhe erreicht hat, nicht weiter gestreckt werden darf, also streckt der Bowler ihn schon während des Laufens – wie man dann zu derartig energiegeladenen Wurfbewegungen kommt, ist mir als Werfidiot ein Rätsel. Der Ball darf auch nicht über Hüfthöhe des Batsman ankommen… das gibt alles Abzüge in der B-Note oder sonst irgendwo auf der kaum verständlichen Anzeigetafel. All das wird von ohrenbetäubendem Fan-Lärm begleitet. Vuvuzelas, Hupen, Geschrei. Hat jemand Bill Brysons „Downunder“ gelesen und erinnert sich an das Kapitel vom Cricketspiel in Adelaide? Ich dachte, ich sei dank dieser Lektüre gut vorbereitet – man geht hin, schaut ab und an auf das Spielfeld, ansonsten vergnügt man sich anderweitig und wartet, dass die Mannschaften zur Teepause schreiten und dass der Tag vorbeigeht. Nichts dergleichen!

Wir waren bei „Cricket light“, könnte man sagen, offiziell heißt das „T20“. Twenty20 ausgeschrieben, eine mediengerechte Form des Spiels und zuschaueranfängerfreundlich dazu. Um es gleich vorweg zu nehmen: ich fand es klasse (ich schaue ja auch gern 1500m Kraul bei Schwimmwettbewerben), der Eigner ließ das Geschehen eher an sich abprallen, es fehlte ihm an teamsportlicher Dynamik.
Soll ich mal probieren, das zu erklären? Total einfach!
1. das Spielfeld ist oval, in der Mitte ist eine rechteckige Fläche, das Pitch, an beiden Enden ein kleines Tor aus 3 Stäben, das Wicket
2. eine Mannschaft hat immer Pause, bis auf zwei Batsmen (Stichwort: Teamsport)
3. ein Werfer der Feldmannschaft versucht, mit einem kleinen Schlagball das Wicket zu treffen
4. vor dem Wicket baut sich der Batsman der gegnerischen Mannschaft auf und versucht, mit einem Schlagstock den Wurf abzuwehren und aus dem Pitch zu  schlagen (der andere hat… Pause)
5. Aufgabe der – unglaublich aktiv im Feld stehenden – Restmannschaft ist, den Ball zum Pitch zurückzuwerfen
6. in der Zeit, in der der Ball noch nicht zurück ist, müssen die beiden Batsman von einem Wicket zum anderen laufen, das wird als „run“ gezählt

CRICKET!

Und beim T20 ist ein Inning auf 75 Minuten begrenzt (deswegen auch keine Teepausen!) und es werden nur 2 Innings mit 20 Overs und 150 Runs gespielt, das ist doch alles völlig selbsterklärend  – sehr einfach!  Spannend, oder?
Nun gut, da ist noch mehr. Trifft ein Werfer das Wicket, muss der jeweilige Batsman gehen, „wicket“-Punkt für die Werfermannschaft. Oder auch wenn der Batsman selbst das Wicket berührt. Ein Werfer wirft 6 Mal, das nennt man ein Over, danach ist Seitenwechsel zum zweiten Werfer, das kann sehr lange so hin und her gehen. Schlägt der Batsman den Ball weit ins Aus, werden gleich 6 Runs gezählt, und 4 Runs, wenn der Ball vorher im Feld aufschlägt.

WICKEEEET!

Ach, Mist – lest das doch selbst bei Google nach! Es war jedenfalls so, dass die AKKAnauten sich häufig zweifelnd anschauten, woher nun plötzlich „runs“ kamen, wir konnten mit unseren Adleraugen auch die Flugbahn des Balles nicht immer verfolgen und waren gern überrascht, wenn der Batsman den hinter sich schlug – nur wenn ein „wicket“ fiel, veranlasste uns der losbrechende Höllenlärm aufzuspringen, zu schreien und die Triniflagge zu schwingen. Ende des ersten Inning: 152 runs, 9 wickets für die Trinidad Knight Riders. Nun hat Trinidad „Pause“, bis auf die zwei Wicket-Verteidiger, die Reihe ist an Barbados.

Jesse füttert derweil gebackenes Huhn

Während wir staunen, jubeln, schreien, serviert unser völlig außer Rand und Band geratender Touroperator und Mädchen-für-alles Jesse James gebackene Hähnchenteile, scharfe-salzige Ananasstücke mit Kräutern – und Cola-Rum, dem er selbst auch gut zuspricht und immer lockerer in den Hüften wird. Eine Mitseglerin übersteht den frei (aus Wasserflaschen) strömenden Rum bald nur noch schlafend. Wir halten uns nach einem Becher des starkes Gemisches lieber ans Wasser – wir müssen ja Cricket verstehen lernen. Und dancing girls – ein Mischung aus Carnival Queen und Cheer Girl, jedenfalls knapp bekleidet –  am Spielfeldrand beobachten

Am Ende des Abends – besser: zu Tagesanbruch, es ist 01:00 h – wandelt sich die ganze rot gekleidete Trinigemeinde endgültig zum Hexenkessel. Sieg über die Barbados Tridents, die nur 151 runs und 8 wickets erzielen konnten. Wahnsinn!  Wir kämpfen uns durch die äußerst paniksicheren Minitüren der Tribüne ins Freie. Wir waren beim Cricket. Endlich!