Umlaute und so…

Chaguaramas, 29.9.2018

Nur ganz kurz – wer auch immer über die letzten drei Beiträge hinaus zurückblättert, wird feststellen, dass die Darstellung der Umlaute versagt… Irgendeine Programmumstellung muss das bewirkt haben – noch dazu ist „unser“ Server letzte Woche umgezogen und hat Passwort-Ärger gemacht. Ich liebe es…

Ich habe eine Idee, woran es liegt, werde heute noch einmal ein You Tube-Video zur Umstellung der config.php anschauen und dann hoffentlich meine Furcht überwinden, das Teil zu ändern. Manche Leute mögen keine Elektrik – ich mag FTP nicht anfassen.
Aber vorher ist ausreichend an Bord zu tun – das nennt man „procrastination“ oder auch Verschieberitis.

When Steel Talks…

Chaguaramas, 25.9.2016

When steel talks, everybody listens!
Das Konzert am Sonnabend war ein Höllenspaß. Die 5 großen Steelbands in Miniformationen, Mini heißt hier: um die 40 Musiker, inklusive Ratsche sowie des Eigners Lieblingsinstrument= Bremstrommel und der Cow Bell. Cow Bell kann man schlecht mit „Kuhglocke“ übersetzen, weil das klanglich in die falsche Richtung führt. Im zuletzt verlinkten Exodus-Link ist das Intro „Cow Bell“, mehr Klacken als Läuten. Ich sitze gern ganz vorn, zum Gucken und Hören – Nachteil: weiche Watteohren. Gesamturteil: es war dieses Mal noch besser als im vergangenen Jahr, keine schiefen Gesangsacts, kein Nessun-Dorma-Geknödel, dafür 5 mal 1 Stunde (!) Pan „mit Geschmack“.
Geschmack 1: Phase Two Pan Groove mit ein bisschen Jazzigem. Sehr gut, aber für den einen oder anderen vielleicht anstrengend. #2: Die Desperadoes mit Klassik, und zwar in einer Weise, dass wir mit offenen Ohren und Mündern sitzen und staunen – wo man Steelbands sonst eher entfesselt sieht, ist dies eine Demonstration von höchster Konzentration und toll arrangiert, weil ein wirklich virtuoser Oboist nicht übertönt wird. Sehr klasse. Dass das Publikum dann zu Jacques Offenbachs „CanCan“ erstmals an diesem Abend durchdreht, mag man ihm verzeihen .  Es wird zwar nicht bierzeltmäßig geschunkelt, aber gern gesungen, besser: mitgebrüllt, und irgendwann hält es auch nicht mehr alle auf den Plätzen. Vor allem ältere, füllige Damen lassen dann vor den Bühnen die Hüften kreisen (nein, ich nicht!). Nach dem Offenbach-Thrill dachte ich: das wird schwer für die nachfolgenden Orchester. No.3, Exodus, ist dann – bis auf den besagten Bassisten – auch nicht gar so doll, das Aroma „Big Band“ zu viel Blech, zu wenig Pan. Finde ich. Kommt Nummer 4, die Trini All Stars – das hat dem Eigner gefallen: eine Rock-Röhre als Gesangs-Act. Pan mit Rock ’n Roll-Geschmack und super Stimmung!
Zum Schluss die Renegades – da geht einem dann auf, dass man eben nicht „Trini“ ist. Schon der einleitende Rap ist so gut wie nicht zu verstehen, und dann… die Renegades laufen zur ganz großen Calypso-Form auf. Die Zuschauer – bis auf die 3 Handvoll doofe Yachties – singen, gestikulieren, es werden nicht nur die Refrains skandiert, sondern auch die teils langen, balladesken Strophen mitgesungen; ein Gesang, der allerdings im infernalischen Lärm der Orchester nur ein Hintergrundgeräusch bildet. Wir tippen auf die Karnevals-Calypsos der letzten 30 Jahre. Kein „This is my island in the sun“-Belafonte-Zeug, sondern ziemlich freche Sachen; Calypso hat seine Wurzeln im  Politisch-Kritischen, das Wort ist angeblich eine Verballhornung eines Yoruba-Wortes, Kaiso, aus Sklavereizeiten also. Die ganze Steelbandbewegung hat diesen widerborstigen Hintergrund – nicht umsonst war afrikanische Trommelmusik während der Kolonialzeiten verboten, und wo Trommeln verboten sind, sinnt man auf Ersatz“instrumente“. Doch auch als die alten Ölfässen schon längst und immer vielfältiger gestimmt werden, ist Steelbandmusik noch lange als „asozial“ verpönt. Ein Schelm… Der Rap am Anfang des Renegade-Auftrittes ist daher nicht ganz untypisch – irgendwas war mit dem Premierminister, und das Publikum johlt… Fast hätte ich mir ein „Pat Bishop“-Hemd gekauft, wie man das so als begeisterte Konzertbesucherin macht. Pat Bishop –  nicht Patrick, sondern Patricia – war eine Arrangeurin, Pan-Lehrerin, Orchestercoach, Dirigentin, vielfältig und hoch begabt; alles nicht so selbstverständlich, denn „Woman on de Bass“, heute in jedem Orchester weit verbreitet, war Anfang der 70er noch eine Ausnahme. Für Frauen gehörte es sich einfach nicht, sich in solch einer Subkultur zu betätigen –  das änderte sich erst als die Steelbandmusik in den 80ern hoffähig wurde. Eine junge Inderin machte 1974 den Anfang am Bass und kriegte prompt einen Calypso gewidmet: „…we want de woman on de bass!“ Un‘ nu‘? Gehen schicke Yachties dorthin und lassen sich einen Abend lang die Ohren betäuben. Sehr klasse!

Auch sonst haben wir Spaß – ich konstruiere noch an den Matratzenbezügen und schleppe daher die schweren Matratzen einmal täglich aus der Kammer in den Salon. Das nimmt der Eigner zum Anlass, die Ruderanlage – unter den Kojen  – zu revidieren – logische Frage am Abend: „… wo möchtest Du heute schlafen?“ Klar, auf dem Salontisch, Matratze liegt ja schon. Dass er allerdings bei kniffeligen Anpassungsarbeiten für den Reißverschluss kommt und scheinheilig fragt, ob wir die Wegerung an den Kojen schon mal abgenommen haben, jetzt, wo doch gerade die Matratzen… „Nicht JETZT!“. Projekt 1027 ist geboren.
Der letzte Spaß ist aber dieser: ein schon Wochen altes Projekt  ist noch immer nicht fertig. Wir erwarten ein Paket aus Deutschland – Ersatzteile für die Windsteueranlage, ein freundlicher Mensch hat uns einen gebrauchten AP-Navigator spendiert, ein paar Kleinteile… Seit dem 30. August stand das Tracking auf „wird ins Zielland transportiert“. Dass wir schon nach 3 Wochen ungeduldig wurden, goutierte weder die TriniPost („… es WIRD transportiert WERDEN!  Nicht im System heißt: nicht in Trinidad!“) noch die Deutsche Post: „… ist natürlich längst abgegangen, stellen sie nach 4 Wochen einen Nachforschungsantrag!“. Da der Versender in Urlaub ist, haben wir das etwas früher getan. Die Post hat auch eine Facebookseite, und ein hilfsbereiter Geist stellte eine – ansonsten nirgends vermerkte – Bonner Rufnummer zur Verfügung, an die man sich wenden könne. Die übliche Hotline-Leier. („…wenn Sie uns loben wollen, drücken Sie die 9“ – passierte wohl eher selten, wenn es kein Scherz von mir wäre). Ich verstehe, dass die Hotlines dieser Welt den Unmut aller Menschen auf sich versammeln, aber dass die Trulla zu mir sagt: „… darüber kann ich mit Ihnen nicht sprechen, sie sind nicht unser Rechtspartner!“ verschlug mir den Atem. Rechtspartner ist nämlich der Absender und ich nur die blöde Paketveranlasserin und -empfängerin. Auch der Hinweis, dass der Absender verreist sei, weicht die Abwehrhaltung nicht auf, dabei wollte ich nur wissen, ob man irgendwo sehen kann, wann und wo das Paket verflogen wurde, und was „wird gesendet“ heißt – wenn es Futur sei, dann wann? Kurz: Gruß aus der Deutschen Bürokratischen Republik. Zwei Tage später ein neuer Versuch, ganz cool und in der Hoffnung, einen anderen Gespächspartner zu finden. Klappt. Es ist Donnerstagabend. Mit der Aussage, das Paket sei definitiv  („… soweit ich sehen kann…“, sehr spaßig) aus Deutschland abgeflogen, gehen wir ins Wochenende; die TriniPost weiß noch immer von nüscht, aber hier ist durchaus manches bisweilen etwas… verzögert. Die deutsche Statusmeldung steht beharrlich auf „wird für die Sendung vorbereitet“ und „Next step: wird ins Zielland transportiert“. Am Montag ist in Trinidad Nationalfeiertag Nummer 3, nach Emancipation Day und Independence Day nun der Republic Day. Congratulations! Wir machen einen Tag Nachforschungspause. Gestern Abend fiel es mir wieder ein. Na, Deutsche Post? Any news? Ja, sicher! Neues Datum! 21.9., nur 23 Tage nach der letzten Meldung:
07:25 „–“   Hm. 2 Gedankenstriche. Was das wohl heißt? Wir machen uns Gedanken zu Ihrem Paket? Sendung gefunden und neu aufgenommen? Oder nur das Tracking geändert? Dann:
08:45 „… wird ins Zielland versendet“ und „Next step: Erreicht das Zielland“. Geheime Frage: falls ja, wann?
Es bleibt spannend. Und spaßig. When the postman talks, everybody listens. Lasst uns Positives hören, liebe Post!

 

Slow Motion

Chaguaramas 20.0.2018

Der äußerste grüne Klecks unten rechts – Das ist Trinidad! Ziemlich hurrikanfrei!

September in Trinidad. Besorgte Bürger in Europa, auch in unserem Postkasten: „… geht es Euch gut? Wie sieht es mit den Hurricans aus, sind die weit genug im Norden?“ Ja, es geht uns gut, und die Hurricans benehmen sich so wie wir es wünschen – drum sind wir ja hier, knapp außerhalb der Hurricane-Alley. Zur Illustration ein Bild, von NOAA, wo in Bezug auf die Zugbahnen Trinidad liegt.

Das Leben geht seinen ruhigen Boatyard-Gang. 14 Stunden nach dem Hauptbeben ein kurzer Wackler im hohen 5er-Bereich, danach nichts Berichtenswertes mehr in dieser Hinsicht, sehr nett von Dir, Mother Earth! Wenn AKKA jetzt zittert, dann vielleicht wegen der passierenden LKWs oder weil der Wind unter das Sonnensegel fasst. Oder weil der Grund vielleicht doch mal wackelt, aber das ist Normalität. Weitere Überraschungen dieser oder anderer Art schließen wir natürlich nicht aus – eine war zum Beispiel, dass frau in der Nacht von einem merkwürdigen Geräusch aufwacht: hat da jemand gerade Kies auf’s Deck geschmissen? Raus aus der Koje, vorsichtig den Kopf rausgesstreckt. Nix. Nix außer Hunderten von Sicherheitsglasscherben. Unsere gute alte Cockpitfrontscheibe – ohne jeden Anlass hat sie den inneren Halt verloren; gut dass wir das Schiebeluk zugeschoben hatten, sonst hätten wir den Glassalat im Salon gehabt. Ob es vielleicht doch ein Erdbeben-Spätschaden war? Erzählenswert ist so etwas eigentlich nicht, aber daraus ergibt sich eine etwas ausgiebigere Aktion – mit offener Frontscheibe ist schlecht segeln. Kriegen wir Sicherheitsglas, und dann auch noch in entsprechender Dicke? Nö. Kein Sicherheitsglas, nur Verbundglas, und das einen Tick zu dick für den existierenden Rahmen. Ausschwärmen… Und dann die Beschläge… 33 Jahre alte Beschläge müssen ersetzt werden, weil sich das Alugehäuse innig mit den Edelstahlschrauben verbunden hat. Da hilft nur Sägen und neue finden. Aber klaro – Hallberg Rassy hat das Zeug noch liegen. Wir platzen zwar mit der Bestellung in die September-Inventur, wie ich bei einem etwas ungeduldigen Telefonat mit Ellös erfahren – der moderne Mensch bestellt online und erwartet natürlich eine sofortige Bestellbestätigung. Verwöhntes Volk. Aber als ausgezählt ist, gehen unsere „Bjerg Crowns“ auf den Weg. Seit vorgestern sitzt die Scheibe, nicht ganz so schön wie gewünscht, denn das Einsetzen und Anpassen war ziemliches Gewürge, aber es wird gehen.
All solcher Kram will erledigt werden. Wir vermissen auch etwas… die Kuhlen in unseren Kojen! Ungemütlich plan und auch recht hart sind unsere neuen Matratzen. Klingt dem Nicht-Segler zwar auch nach einer einfachen Aktion   – in den Laden, Probeliegen à la Loriot/Evelin Haman und zack! – aber für den Yachtgebrauch hat das seine Tücken. Die alten Matratzen waren 5- oder 7–Punkt-Kaufmatratzen, von zarter Hand in Arnis (yes! Die Matratzen waren etwas angejahrt…) in Form geschnitten – es ist ja nicht nur so, dass die Kojen zum Ende konisch zulaufen (wegen der V-Form heißt das im Yacht-Jargon Vee-berth), sondern zu allem Übel ist die Bordwand gerundet. Nicht so einfach. Zuvor schon die schlichte Frage: wer hat guten Schaum?! Standardmatratze kaufen? Wer hat gute Fertig-Matratz… Es ergibt sich neuerlicher Expedtionsbedarf. Mr. Robert, Seniorchef der Firma Lensyls in Macoya empfiehlt uns von ihnen maßgeschnittenen, hochdichten Qualitätsschaumstoff, ein Verkaufsgespräch inklusive Yacht-Geschnack und Firmenrunde mit Probeliegen, sehr empfehlenswert. „…believe me! Good for 15 years – come, I show you around!“ Total nett. Leider ergibt sich nach Lieferung Nacharbeit bei der Bordwandschrägung, genau das, was ich , nur mit einem Filettiermesser ausgetattet, vermeiden wollte. Nächstes Mal (also in weiteren 12 Jahren) kaufe ich ein elektrisches Fleischmesser, das wollte ich schon anno 05. So ein Gesäge und Gehampel und Geschnibbel da unten in unserer Garage. Wir müssen mal ein Bild machen, unsere Werkstatt befindet sich nämlich zwischen den Rümpfen von „Sundog“ aus Kanada. Hoffentlich kommt der Besitzer nicht so bald zurück… wir haben noch zu tun. Sundog hatte allerdings just zum Eintreffen und Nacharbeiten der Matratzen einen Scherz für uns auf Lager: in der Abendsonne baute sich Druck in seinem Tanksystem auf, und so pullerte Benzin im dicken Strahl auf die Arbeitsfläche. Pfui.
Ihr seht, wir wissen uns zu beschäftigen. Dies sind nicht die einzigen Projekte, und wenn man nichts zu tun hat, macht man sich Arbeit. Frau reinigt zum Beispiel die mit Plastikscheiben versehene Anschlusspersenning für das Cockpit und legt sie zum Trocknen auf die Arbeitsbretter in die Sonne. Schön warm, dem Holz wird heiß, und austretendes Harz klebt vortrefflich an der Plastikscheibe… Neue Folie kaufen, raustrennen, einpassen – und Folie mit Sunbrella vernähen ist sowieso mein Liebstes.

Zur Entspannung gibt es aber auch gelegentliche Ausflüge – den Unabhängigkeitstag feiern wir auf dem Panyard des Starlift-Orchesters, die Veranstaltung nennt sich „Independence Brunch“ und ist eine Trini-Tradition – andere nehmen derweil im strömenden Regen Paraden in der Innenstadt ab. Wir kriegen echtes Trini-Essen. Extrem lecker: Souse. Nicht lecker. Schweinefüße in Irgendwas. (ich stehe auch der beliebten Cow Heel Soup skeptisch gegenüber, ich habe immer den Verdacht, dass die Kuh, die ihren Huf opfern musste, zuvor in einen Fladen getreten war). Dafür waren die Pies und Doubles (das ist Singular, EIN DOUBLES) wirklich gut. Das Publikum ist – abgesehen von uns Handvoll Yachties – lokal und stellt sich als eine Flut von Rot und Weiß im strömenden Mittagsregen dar, die Gastgeber haben einen Regenschirm-Shuttle zwischen den überdachten Sitzplätzen und den Essensständen eingerichtet. Wir hatten uns offengelassen, ob man vielleicht frühzeitig abhaut, aber das wäre ein Fehler gewesen – das Starlift Orchestra (in kleiner Besetzung) und ihre Jugendformation hätten wir verpasst und die alten Herren von den Brimblers, zwischendrin noch „Lord Relator“, eine alte (!) Calypso-Ikone. Ein schöner Independence Day war das.

Und weil ich die Nase nicht voll kriegen kann, werden wir gleich zu „Big 5“ abgeholt. Same procedure as ervery year – die 5 großen Pan-Orchester, die den jährlichen Steelbandwettbewerb am häufigsten gewonnen haben. Immer wieder ein toller Lärm. Selbst der Eigner, der der Musik sonst nicht so extrem zugetan ist, lässt sich von der Exaktheit der Orchester faszinieren.
Anbei ein schönes Beispiel von Exodus – ich finde die  Bässe hier besonders gut, zumal der Künstler an der vorderen, linken Ecke keinen „6-Bass“ spielt, sondern einen 8-Bass.  Ein YouTube.Zuhörer hinterließ einen Kommentar, der genau sagt, warum ich da gern hingehe: „Ich habe Bands mit nur 4 Mitgliedern gehört, die ihren Kram nicht zusammenhalten können. Dies ist das kontrollierte Chaos..“
I’ve seen bands with four members who can’t keep their shit together. This is just controlled mayhem. And that rhythm section! Oh my God!

Und morgen sind wir mal wieder taub! Bis demnächst.