Und noch so ein Spaß…

Es gibt so Sachen, da sitzt man dann am nächsten Tag beim Morgenkaffee, und plötzlich sagt man: „… Mensch, das war schön…“ So heute, aber eins nach dem anderen…

Irgendwie geht das „ewige Verabschieden“ schon los. Da waren die Londoner Holländer oder holländischen Londoner Carola und Leonhard mit der schönen Arearea, einer Breehorn, mit denen es sich über Affenbücher und Martha Gellhorn und „Latin Music“ reden ließ, bei denen man abgucken und nicht zuletzt „Lila Downs“-Musik tauschen konnte. Abflug nach England. David „…do you have a weather machine“ mit seiner Summerbird, der zum Wetter-und Wind-Gucken mal rüberkommt. Abreise nach La Rochelle… Dann wir. Beim Ablegen in Sada singen uns – unter Gackern – Ulrike und Klaus von der Einhorn ein „…muss i denn, muss i denn..:“, konsterniert betrachtet von (deutschen) Gästen auf dem Nachbarboot.
Wir drehen noch eine Runde an der Hippo vorbei und lassen uns die schlechte Nachricht zurufen („… Flexkupplung erst am Mittwoch…“) und die gute: „… in La Coruna vom Hafen geradeaus und nach rechts. Tapas Bars…“

Wir kreuzen tapfer durch den angesagten West/Nordwestwind und den Regen. Schön nass, gleiten wir – Hilmar, so isses. Nicht immer, aber immer öfter… – in der Dársena Deportiva de La Coruna so bilderbuchmäßig wie elegant in die Mittelspring, dass Hafenmeister und die beiden Holländer rechts und links statt wilder
Leinenannahmemanöver nur zuschauen und rasch ins Trockene verschwinden. Für die Hafenmanöverunkundigen hier mal das Grundmuster: es naht eine Yacht, und schon gucken die Erdmännchen von den Nachbarbooten aus ihren Löchern – um Schaden abzuwenden, um schadenfrohe Kommentare abzugeben. Oder, die nettere Variante, um einfach zu helfen. Hafenkino ist immer interessant, aber dieses Mal konnten wir leider nur mit einem Lehrfilm dazu beitragen (wir sollten es nicht beschreien – der nächste Poller kommt bestimmt). Gleich darauf unser Auftritt als Helfer – Franzosen versuchen in mehrfachem Anlauf, ihre viel kleinere Elan in die Box gegenüber
zu bugsieren. Statt einer Mittelspring oder etwas anderem, was die Vorwärtsfahrt stoppen könnte, kommt das, was wir die „Stützleine“ nennen: Boot ungebremst auf den Steg zu, als erstes wird die Vorleine übergeben – um Fahrt rauszunehmen, müsste die ganz schön steif sein. Ist sie aber nicht. So hängen dann diverse Franzosen und Deutsche am Bugkorb und versuchen, den Aufprall zu mindern.

Zum Abend folgen wir den Hippo-Anweisungen, aber da wir am anderen Ende des Hafens damit beginnen, laufen wir zunächst mal durch die Altstadt, vorbei an romanischen Kirchengebäuden, an platanenüberdachten Plätzen. Sehr schön. Auf der Plaza Maria Pita ist Volkstanz – nicht unbedingt unser Lieblingsvergnügen, aber wir verweilen ein bisschen. Irgendwas vom Balkan – wir tippen mal auf Bulgarien?!-, wildes Trommeln und Tanzen aus dem Senegal, La Malagena in verschiedenen Varianten aus Murcia, dann Argentinien. Beim ukrainischen Beitrag trödeln wir dann weiter und nehmen ein paar Copas Weißwein und einige „raciones“ in einem der Straßenrestaurants. Kleine Bude, kleine Tische, noch kleinere Hocker, und alles voller Spanier und spanischer
Vokabelrätsel. Queso con membrillos, ich tippe auf Käse mit Quitten (richtig! sagt das Wörterbuch). Muscheln, deren Namen ich schon wieder vergessen habe. Aber je weiter man von zuhause fort ist, umso ungehemmter haut man die Esser am Nachbartisch an und stößt ein „…que es?“ oder „… como se llama?“ hervor. Mit immer freundlicher Antwort und gern gefolgt von Anweisungen, wie die Speise zu essen sei…

Und der Spaß? Der, der uns heute früh beim Kaffee wieder durch den Sinn ging? Das war „Argentinien“ auf der Plaza Maria Pita. Die übliche südamerikanische Folklorebesetzung im Hintergrund, steigen vielleicht 25, 30 Tänzer auf die Bühne. Die Tänzer schreiten, gegenseitig an die Schulter gelehnt, die Köpfe gesenkt. Runde Buckel, Indiobekleidung, schwarze Hüte, dunkle Tücher. Ein bisschen traurig sieht das aus. Für die ersten Minuten – dann entfaltet sich auf der Bühne Lärm und Farbe von durcheinanderwirbelnden, aber immer halbgeduckten Menschen, es bilden sich lange, bunte Ketten von Tänzern, dann wieder ein großen Tänzerhaufen, Tänzerkolonnen, Tänzerkreise. Tänzerchaos. In extremer Körperhaltung. Nach vorn gebeugt, nach hinten, scheinbar gleichförmig, im gleichen Takt, geordnet – und doch chaotisch… Das Publikum ist hingerissen, und plötzlich stehen die Tänzer im Publikum und ziehen für eine Weile lange Ketten von Zuschauern hinter sich her. Im Hintergrund flöten und trommeln die Musiker sich in Ekstase, bis das Ballett dann – wieder allein auf der Bühne – ausgewirbelt hat. Keine Folklore. Das war mehr Folk-Ballett, ganz modern. Und mitreißend. Die armen Ukrainer danach…

Und das ergibt zum Frühstückskaffee dann: „… schöne Kneipe und leckeres Essen gestern… Und dann die Argentinier! Mensch, das war wirklich schön …“

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