Povoa. Kleiner Nachtrag

Standort: Leixoes

Abschied aus Povoa. Das geht doch tatsächlich mit einer festen Umarmung mit Maria José und Carlo ab! Nach 12 Tagen – kein Wunder, dass der eine oder andere statt ein paar Tagen diverse Monate, gar Jahre verweilt… Die Marina von Povoa und das Clube Naval Povoense, das ist wirklich eine Empfehlung für einen Stopover. Idyllisch ist die Anlage nicht unbedingt, das liegt einfach am Bauboom der letzten 25 Jahre, wie überall hier an der portugiesischen Küste, aber zumindest ist es nicht industriell (wenn man mal von der Ferienwohnungsindustrie absieht). Vila do Conde ist nur ein paar Fahrradkilometer entfernt, man kann zu Fuß kleine Supermärkte oder den Bäcker erreichen, in die (Alt-)Stadt laufen, sich am Strand (oder im Casino) vergnügen. Oder man radelt zu einem der großen Supermärkte am Stadtrand. Beschafft sich Fisch, Obst, Gemüse etc. frisch in der Markthalle und den Rest aus dem „Pingo Doce“ gleich gegenbüber, meine tägliche Radelrunde. Die S-Bahn („Metro“) nach Porto ist in fußläufiger Entfernung, nach 50 Minuten ist man in der Stadt. Was will der segelnde Mensch mehr? Nichts; naja, Ersatzteile vielleicht , aber da springen dann wieder die Leute von der Marina ein; eine Telefonanruf und schon stehen hilfreiche Geister auf dem Gelände. Herzliche Gastfreundschaft von Maria, Carlo, Joao und ihren Kollegen gibt es als Zugabe, einen steten Fluss von ab- und absegelnden Yachten aus aller Herren Länder dazu und viel Spaß im Marinabüro, wenn sich um die nicht besonders leistungsfähige WLAN-Antenne der immer gleiche Kreis von Internetjunkies trifft. Zum Schluss gibt es noch Kaffeetrinken auf der „Altair“ und witzige Gesprächen über Sinn und Unsinn von Evolutionstheorien, über Schiffsbau, Computer und dar?ber, wie man ein mittelmäßiges Buch so überträgt, dass es in der Übersetzung ein Hit ist: „Das Rätsel der Sandbank“, zum Beispiel…

Uberhaupt war der etwas verlängerte Stopp in Povoa lohnend, nicht nur wegen der lange verdrängten, aber nun endlich durchgeführten Wartungsarbeiten an der AKKA, auch wegen der beiden großen Ausflüge nach Porto und vor allem in unsere berufliche Vergangenheit, nach Braga. Andreas steht mit einer Mischung aus Rührung, Bewunderung und Entfremdung vor einem „seiner“ Produkte, einem funktionstüchtigen Rallye-Golf G60. José Luis Costa ist da, extra aus Aveiro angereist für unseren Besuch; aus Paulo Meireles, dem damaligen Rallye-Youngster, ist der Geschäftsführer der väterlichen Audi-Sparte geworden. Die eine oder andere Rallye gibt er sich noch, aber wenn, dann mit dem Golf. Unser Folgeprodukt, den 1600er Polo, schon nicht mehr zu Andreas‘ Zeiten, hat er nicht geliebt und konnte ihn leichten Herzens verkaufen, aber dieses Auto hier wartet nun auf die Rallyekünste seines neunjährigen Sohnes, Ersatzteile sind noch genug da. Nachdem wir die alten und die neuen Zeiten – der Mittagszeit entsprechend mit viel Wasser und wenig Wein begossen und unter einem Haufen Muscheln und Fisch und Süßspeisen begraben haben, begeben wir uns nach Guimaraes. Aqui nascue Portugal – hier wurde Portugal geboren (und Maria José! ;-)). Nochmals Mittelalter pur (Guimaraes, nicht Maria…), in Granit gehauen. Alte Häuser, alte Steinwege, alte Burgen. Es ist mächtig heiß hier oben in den Bergen, so wanken wir von einer Café- zur nächsten Wasser-Station. Aber schön ist es hier im nördlichen Portugal und nett sind die Leute. Siehe oben…

Überraschungen

Standort: Figueira da Foz

Povoa hin oder her, es hilft nichts, in Lissabon wartet Post, irgendwann müssen wir weiter. Kein Wind – also biegen wir nach nur ein paar Meilen nach Leixoes ab, dem Industriehafen von Porto und ankern für eine Nacht vor der Marina. Das hilft der Bordkasse. Obwohl Povoa nicht wirklich reingehauen hat – statt 12 Tagen haben wir einen ganzen Monat bezahlt, das kam billiger; mehr Ostsee- als Iberia-Niveau…

Am nächsten Tag wieder wenig Wind. Wir motoren hinter einem im Dunst verborgenen AIS-Signal her, auch 5 Knoten, vielleicht 3 Meilen weg. Segler? Die MMSI-Nummer verrät: Schweden! Wenn es ein Segler ist, dann kann es nur HokusPokus sein, Mats und Ulla, unsere Povoa-Nachbarn. Wir versuchen aufzuschließen, geben ein bisschen Gas – bis die Drehzahl plötzlich in die Knie geht. Motoralarm, Adrenalinschub an. Der Motor ist aus, Startversuch: negativ. Andreas taucht Richtung Motorraum ab, ich setze so geschwind es geht für den existierenden Windhauch den Gennaker. Der tut’s dann auch, mit 60 ° am Wind ein bisschen an der Grenze dessen, was er zu leisten vermag, aber wenigstens drückt uns der Strom nicht mehr so auf die Küste. Wie gut, dass es AIS gibt – wir funken auf blauen Dunst „HokusPokus, HokusPokus for SY AKKA“- und sie sind’s! Wir verabreden, dass wir in Funkkontakt bleiben, falls sich ein größerer Schaden und der Bedarf an Schlepphilfe herausstellen sollte; oder wir in der Nacht spät nach Figueira einlaufen und uns des Motors nicht ganz sicher sind. Derweilen steigt aus dem Salon Dieselduft auf, das sind Andreas‘ Trial+Error-Versuche. Der erste Gedanke war zur Schraube gegangen – hier in der Gegende ist es üblich, dass man wenigstens einmal in ein Fischernetz fährt, da sind wir ja schon aus der Karibik gebrannte Kinder!) – aber unsere Schraube ist frei. Sieht aus wie Kraftstoffmangel, das wäre eigentlich eine der leichteren Übungen, aber woher? Schlamm im Tank? Pumpe? Filter? Ölverschmiert und völlig verschwitzt taucht er ab und zu auf, der Motormechaniker des Tages. Startversuch. Nix. Plan B wird geschmiedet – vielleicht erreichen wir die Mündung der Ria de Aveiro unter Segel, bevor der Wind wieder ausgeht, dann lassen wir uns dort reinschleppen. Aber das wird dann doch nicht nötig – nach Wechseln des Kraftstofffilters läuft die Maschine wieder. Puuh! Entwarnung über Funk bei Mats und Ulla, die auch ganz froh sind, sicher nicht nur, weil so Hilfsangebot ja auch die eigenen Pläne durchkreuzt, sondern weil es zeigt, wie verletzlich man mit all der Technik doch ist. Wir nehmen an, dass nicht mal der Filter zugesetzt war, sondern vielleicht nur ein bisschen Luft gezogen hat – der neue Filter sitzt viel fester… The learning curve, so heißt eine schöne Rubrik im „Yachting Monthly“. …die steigt bei uns auch an. Ich selbst fand das ja eher stressig, Andreas bucht das unter „… war doch eigentlich ganz interessant“.
Immerhin hat es mich in Sachen Einhand-Segelmanöver ein bisschen weitergebracht. Sehr gut.

Mittlerweile haben wir aber dann doch so viel Zeit verloren, dass wir statt nach Figueira zu laufen gegen Abend nach Aveiro abbiegen. Überraschung: Die Baia de Sao Jacinto, unser geplanter Ankerplatz, ist voll. Nicht mit ankernden Yachten, sondern mit einem Ponton. Wir drehen eine Runde und werden schon rangewunken – wir dürfen längsseits gehen (was Landgang ohne Dinghy bedeutet!) und noch dazu sind wir zu Gast, so lange wir möchten. Die Nordportugiesen wieder… Empfehlen uns gleich noch eine Fischkneipe im Dorf und den Wasserbus nach Aveiro für den Folgetag. In Sao Jacinto sind wir sind mittendrin im ländlich-maritimen Portugal. Fischfrauen preisen lautstark ihre Sardinen an, an der Ecke ein Obst- und Gemüsestand mit unschlagbaren Preisen, wie überall gibt es einen Bäcker, der auch leckerste Kuchen herstellt und uns nebenbei mit Schinken versorgt, in kleinen Bars sitzen die Leute und schlürfen Kaffee, Hunderudel auf der Straße – alles ziemlich entspannt. Irgendwie gemahnt es uns an Griechenland – nur dass die Kaffeetrinker nicht ausschlielich Männer sind.

Die Fahrt nach Aveiro eine weitere Überraschung – die Stadt ist vielleicht keine Reise, aber jeden Ausflug wert. Kanäle durchziehen die Altstadt, kleine Gassen (mit einem Haufen estnischer Touristen von einem Kreuzfahrer!), aus einem übermäßig verlockend sortierten Plattenladen tönt es portugiesisch (ja, ja, ich habe was gekauft ), auf dem Fischmarkt sitzen unter Sonnenschirmen Portugiesen und verspeisen lecker duftende und verlockend aussehende Gerichte. Schade, dass wir uns am Abend vorher in Sao Jacinto ein bisschen übernommen haben mit Camaroes grelhadas, dourada und robalinho… Der Hit ist allerdings, dass wir an 3 Kiosken Zeitungen kaufen können: jeweils einen aktuellen Spiegel, einen von der Vorwoche und eine FAZ „von gestern“. Morgengesichter hinter Zeitungen versteckt. Die nächsten Frühstücke sind
gerettet!