Die ARC naht, die „Atlantic Rally for Cruisers“, die Teilnehmer nähern sich immer eiliger den Kanaren. Die HIPPO mit Sönke und Judith ist schon aus Marokko auf Lanzarote angekommen, wie viele andere auch, die wir auf dem Weg hierher getroffen haben. Lagen wir letzte Woche noch in einem Norweger-Nest mit ARC-Absichten, scheinen jetzt die Engländer hier durchzureisen. Gerade wird gegenüber die Regatta-Flagge hochgezogen, und an was für einem Boot: hier wird mein alter Traum im großen Stil verwirklicht, eine Runde mit einem Folkeboot – aber nicht in der Ostsee, nein, die gehen einfach über den Atlantik damit. Klasse!
Der Beispiele sind mehr, und reichlich Gesprächsstoff lieferten uns die Jungs, mit denen wir uns bis gestern den Schlengel teilten. Eine alte Beneteau 47, geradewegs aus Peniche/Portugal eingetroffen. Engländer, eine Männer-Crew: 6 fidele Typen in den (späten) 60ern. Ziemlich fidel sogar: einer entschuldigt sich „for last night“. Wir haben keine Ahnung, warum. Klar – die „Tide Chase“-Crew auch nicht. „No clue what happened yesterday night!“ Zwischenzeitlich dröhnt mal die „Neue Welt“ von Bord, dass sich das Deck hebt. Man geht in Bowler und Fliege ins Restaurant, feines Oxford-Englisch mixt sich mit haltlosem Gelächter, und als die Weinkartons über die Reling gehievt werden, zeigt sich, dass die Reise von England hierher auch fremdsprachlich ein Erfolg war – aus jedem Land einen Brocken: „Ouubreegadouuu, monn shearree!“. Nett ist er , dieser Honoratiorenclub, daheim sicher „very decent“. Wir fragen uns allerdings, wie das mit dem Frohsinn auf der Atlantik-Passage wird – und noch viel schlimmer: auf den ganzen ARC-Feten vor und nach der Regatta. Wehe, wenn sie losgelassen. Immerhin können wir uns auch mal als nette Nachbarn profilieren und machen schnell Kopien aus Segelführern für die ARC-Kandidaten. Und vielleicht sehen wir uns ja in Las Palmas.
Nette Nachbarn gibt es aber auch landseitig. Nach einer langen und mal wieder so anstrengenden wie beeindruckenden Wanderung über die Ponta da Sao Lourenco, die östliche Landspitze Madeiras, gleich hier um die Ecke, kriege ich gestern gerade noch so eben den 17-Uhr-Bus nach Machico, während Andreas runter zum Boot läuft. Als ich mit knackevollem Rucksack und an jeder Hand 4 Plastiktüten aus dem Pingo Doce trete, bestürmen mich gleich die Taxifahrer – 15Euro nach Quinta do Lorde trifft allerdings nicht ganz meine Vorstellungen. Ein kurzer Weg zur Busstation – dreimal die Tüten absetzen und verschnaufen inklusive – und eine halbe Stunde warten macht zusammen: 14€ Ersparnis. Ich mache mich daran, meine 8 Tüten auf 4 zu reduzieren, da tippt mir einer der Taxifahrer auf die Schulter: „12,50??“ Nein, vielen Dank. Ich zeige ihm meine schmutzige Hand mit den 90 Cent Busgeld. Verstanden. Kaum ist der weg, steht der nächste da – zu Fuß, man gibt ja ungern seinen Standplatz auf. „10???“. Das wird nix, tut mir wirklich leid, zumal es hier ja auch kurzweilig ist: die Frau, die mit mir auf der Bank sitzt, hilft mir beim Tütensortieren, über den Platz brüllen ein paar Enduros und auf Rennen getrimmte Motorräder und auch die tiefergelegten und auspuffgetunten Autos holt man am Samstagabend gern raus. Gute Show, auch akustisch – das Tal ist eng und gibt den Sound anhaltend wieder. 19:05 ist der allerletzte Bus zur Marina, und ich bin ab Canical auch der allerletzte Fahrgast, aus meinem Rucksack- und Tütenberges dünstet ein deutlich duftendes gebratenes Klapphuhn dem Fahrer in den Nacken. Ob er wohl deswegen so auf’s Gas tritt und die Tür ab und zu öffnet?? Egal, er schmeißt mich nicht an der Bushaltestelle raus, sondern als „special service“ ein paar Meter weiter am Tor, und während ich den Rucksack buckele und versuche, die Tüten aufzusammeln, hupt es hinter mir: Mercedes 220 E, noch mit dem schwarzen Kennzeichen aus den vor-EU-Zeiten: „…para Marina?“ Oh ja, gern! Der Catering-Service für unseren Nachtwächter:
Opa und Enkelkinder bringen eine große Tüte Proviant.
So kommt es, dass ich 15 Minuten früher am Hafen bin. Mein nettester Lieblingsnachbar, der AKKA-Eigner, hatte sich gerade eben zur Bushaltestelle aufgemacht, um seinen Dienst als Träger abzuleisten. So braucht er nur noch die aus dem Rucksack rieselnden Früchte und Konservendosen hinter mir aufzusammeln. Und das Klapphuhn aufzuessen. Ein Tag voller netter Nachbarn.
Archiv für den Monat: Oktober 2007
Steak und Bier und Zigaretten …
€¦. gibt es hier nicht, in Quinta do Lorde. Wir brauchen keines von dreien so ganz dringend. Oder, doch, das Steak wäre manchmal ganz nett.
Heiner stellte fest, dass wir hier ja ganz schön ab vom Schuss sind und fragt, wo wir denn frisches Brot herkriegen. Stimmt, ganz schön ab, hier unter unserer beeindruckenden Wand aus vulkanischem Gestein. Direkt an unserem Liegeplatz – es ist 21 Uhr, und wir bedauernswerten Langfahrtsegler müssen bei Zikadengesang im Cockpit sitzen! – zeigt mitten im Tuffgestein eine erkaltete Lavasäule senkrecht in die Höhe, ein Vulkanschlot. Ich beiße mir täglich in den Hintern, dass ich den Stanley, „Historische Geologie€, in Deutschland gelassen habe. Aber zurück zum Brot – ja, daran hapert es tatsächlich etwas. Regeln lässt sich das zum Beispiel, indem man ein eigenes Brot backt, was ich derzeit nicht tue; ich habe leider keinen Roggen mehr und auch kaum noch Backmischungen. Gran Canaria, wir kommen! Mal gucken, was der Corte Ingles da so zu bieten hat, und die Bäckerei
Zipf€¦
Aber an Brot kommt man ja auch anders: Von der Marina – wo wir einen 20%igen TransOcean-Rabatt genießen – geht es entweder auf Wunsch zweimal täglich mit dem Auto kostenfrei in die Stadt, oder man klettert in 5 Minuten sehr steil bergauf, bis man auf dem Asphalt der Hauptstraße zwei gelbe Striche sieht: Die Bushaltestelle! Funchal-Canical via Baia d€™Abra. 10:20, 12:40 €¦ Man muss ein
bisschen aufpassen mit dem Timing – wer zu spät duscht und zum Bus rennt, steht 1. schon wieder im eigenen Schweiß und läuft 2. Gefahr, beim Stechschritt bergauf einen Kollaps zu erleiden; weiß ich natürlich nur vom Hören-Sagen
. Der Bus nimmt einen dann für 90 Cent mit nach Machico. Festhalten ist die Devise – die Fahrer neigen zu einem sehr hurtigen Fahrstil! Und in Machico gibt
es dann einen Pingo Doce-Supermarkt, den wir regelmäßig plündern, so eine Art portugiesischen Lidl-Edeka-Verschnitt, mit Fleisch- und Fischtheke, Bacalhau inclusive. Und außerdem gibt es mal wieder WiFi sem Fios.
In Canical, das man zwischendurch passiert, gibt es zwar auch Einkaufsmöglichkeit, aber da sind wir noch nicht ausgestiegen. Obwohl es dort ein Whaling Museum gibt, das wir unbedingt noch anschauen wollen: Bis 1981 die Portugiesen dem Internationalen Walfangabkommen beigetreten sind, haben nämlich in Canical die Männer auf dem Pico do Facho gesessen und nach Walfontänen
Ausschau gehalten. Und wenn denn eine zu sehen war, dann ging es los, noch ziemlich altmodisch mit kleinen Walfangbooten und Harpune, und ziemlich blutig, auf beiden Seiten. Angeblich haben Petra Diemers Bemühungen um die Meeressäuger hier ihren Ursprung genommen. Manchen Einwohnern von Canical mag man wohl noch den Walfänger ansehen, und den alten, in große Wolltücher gehüllten Frauen wohl auch, dass sie sich mal um das Leben ihrer Männer gefürchtet haben; der Friedhof
ist jedenfalls voller jung gestorbener Männer. Für die vielen Wale gibt es kein Grabmal€¦
Und was wir hier sonst so treiben? Dinghyboden reparieren. Niedergang mit der xten Schicht „Le Tonkinois€ streichen. Und: Ausfl?ge. Neulich wollten uns Daniel und Eva eigentlich mit dem Auto mitnehmen. Die beiden Jungs von der HUNK aus Schweden hatte eines für zwei Tage, und gaben es daher weiter. Nun hatten sich unsere beiden fitten Sportler darauf verlegt, einen „raschen Gang€ auf die hächsten Gipfel Madeiras zu machen, und das habe ich dann doch abgelehnt. Ich lasse mich weder gern abhängen, noch befragen, warum ich so schnaufe
€¦ Also haben wir eine altengerechte Wanderung für uns herausgesucht: eine Stunde Asphalttreten bis Canical, und dann hieß es „hinter der Post den steilen Weg bergauf€. Haben wir gemacht (Uff. Siehe oben; das ist vielleicht bergig hier!), und dann sind wir satte 5 Stunden die Levada de Canical entlang gelaufen, gegen die Fließrichtung, also „bergauf€. Levadas sind Bewässerungskanäle, die man hier in die Berghänge gehauen hat, echte Baukunstwerke. 50 m Steigung haben wir in den 5 Stunden geschafft. Naja, eigentlich nur 4 Stunden, weil wir auch mal die Füße in die Levada halten mussten und die letzte Stunde mit dem Abstieg zum Bus in Machico verbracht haben. Das sind echte Komiker hier, die Madeirenser – wo die überall ihre Häuser hinkleben€¦ Und dann möglicherweise auch noch Straßen
dorthin bauen. Zwei Fahrspuren aus Beton, ein bisschen gekerbt, wegen des besseren Grips (es lebe der zweite Gang, in beide Richtungen!), in der Mitte Stufen für die Fußgänger. Geht ganz schön in die Beine.
Und „Beine€, das war dann auch heute Programm: Levada, die zweite. Verlief die erste rund um eher städtische Bereiche, mit vielen Gärten, vielen Hunden, vielen Häuschen, Christophines, Zucchini, Kürbis und Co., so waren heute der Caldeirao Verde und Caldeirao do Inferno dran, der grüne und der Höllenkessel. Mit Tunnel-Kriechen und Dusche von oben, mit himmelhohen, dünnen Wasserfällen und höllisch tiefen Abhängen, inklusive einer beim begeisterten Gestkulieren in den Abgrund geschleuderten Lieblings-Stirnlampe (ich) und einer blutenden Mini-Platzwunde an der Stirn (Eva, im Tunnel€¦). HIER, lieber Herr Goldstein, kommen die Erfinder des bergabfließenden Wassers her! Ganz bestimmt! Die Bergvegetation kämmt da oben das Wasser aus den Passatwolken und irgendein durchgeknallter Madeirenser fängt an, eine zig Kilometer lange Levada in die senkrechten Granitwände zu hauen. Dazu hängt man von oben Körbe in die Wand. Ging angeblich nicht immer gut€¦ Und dann fließt das Wasser brav und gemäßigt bergab und versorgt Dörfer und Felder. Das Prinzip hatten wir ja schon auf dem ersten Ausflug verstanden, aber die Hochachtung vor der wirklich kühnen, baulichen Leistung ist mit dem heutigen noch gewachsen. Es ist ja auch nicht mit dem Bau getan – gepflegt
werden muss diese künstliche Wasserquelle ja auch. Toll! Und, wäre da nicht dieser ekelhaft steile Abstieg nach Santana, es wäre eine wirklich alten- und kniegerechte Wanderung
. Eva und Daniel hat es trotzdem gefallen. Wir wollen mehr! Klassifiziert wie die Skipisten sind die Levadawanderungen -eine blaue und eine rote haben wir schon „gemacht€. Vielleicht die Levada da Rocha Vermelha?
Eine schwarze, und die längste von allen und „nur für Trittsichere und Schwindelfreie€€¦ Wir werden es sehen.
Jetzt wird gefunkt und dann noch ein bisschen in den Geburtstagsbüchern (Der Taucher! Sehr schön! Danke nochmals nach Aurich!) gelesen. Die Beine verlangen nach Hochlagerung.
Das Steak heute abend jedenfalls hatten wir uns verdient. Pasta, Steak und KEINE Zigaretten. Puste brauchen wir hier mehr als genug. Für die nächsten Levadas.
Landfall
Landfall – das klingt so gewichtig. Und das war es zumindest früher auch – bezeichnet das Wort doch das Erreichen eines bestimmten Punktes nach tage- oder gar wochenlanger Passage. In Zeiten „vor GPS“ war ein geglückter Landfall immer auch eine Bestätigung, navigatorisch alles richtig gemacht zu haben, oder auch nicht – aber zumindest hatte man Land erreicht, vielleicht nur nicht immer da, wo man eigentlich ankommen wollte. Heutzutage, mit GPS, ist das sehr viel leichter geworden; wenn die militärischen Großköpfe das System nicht mal abstellen. Dann grabbeln wir alle wieder nach dem Sextanten …
Trotzdem ist ein Landfall auch jetzt immer noch etwas besonderes, das ging mir auf, als wir vor ein paar Tagen Porto Santo verließen, wo wir ja noch im Dunkeln angekommen waren. MEIN Landfall auf den atlantischen Inseln war nämlich an dem Tag, an dem wir Madeira erreichten.
Es ist phantastisch zu sehen, wie zunächst in der Ferne eine dicke Wolke sitzt, unter der man die anzusteuernde Insel vermutet. Trotzdem schaut man erst einmal auf die Seekarte, um überhaupt die Peilungen von Madeira und den ebenfalls sichtbaren Ilhas Desertas zu unterscheiden. Dann schälen sich Konturen von Land aus dem Dunst, zuerst die Huks, und in unserem speziellen Fall ein Stückchen Berggipfel über den Wolken. All das dauert natürlich – die AKKA macht bei wenig, aber zumindest halbem Wind unter Gennaker richtig „Speed“, 6, 7 Knoten – nur, das sind 13 Kilometer pro Stunde und damit sind wir langsamer als ein Radler auf Sonntagstour. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem die Landmasse Struktur und Tiefe kriegt, man beginnt, kahle Felsen von bewaldeten Höhen zu unterscheiden. Björn sagte dazu, wenn man früher über den Oslofjord schaute: „… es blaut sich!“ Stimmt. Madeira blaute sich, wunderschön – in verschiedenen Blau- und Grautönen staffeln sich Bergrücken und Täler. Zuletzt kann man Gebäude ausmachen – und nächtens wegen der Lichter zu allererst! – und Gärten, Felder. Und dann RIECHT man das Land in allen möglichen Varianten – trocken und staubig, anderenorts riecht es erdig-feucht oder es gibt Blütenduft oder Waldgeruch. Winzig kleine Autos fahren umher und werden langsam größer.
Die ersten Menschen, die man sieht, sind meist die Angler auf dem Molenkopf. Dann ist man da. Landfall.
Fundsachen
Weiß der Geier, wann wir in Horta auf den Azoren sein werden – in ein paar Jahren? Dort ist es nun absolute Pflicht – und, weil das wirklich einer der härtesten Teile dieser Reisen ist, bestimmt auch ein Bedürfnis! – , ein Gemälde auf die Hafenmauer zu bringen; aber die Kaimauer hier ist auch SEHR schön. Gelegenheit für einen kleinen Vorschuss…
Und wir stellen fest: Wir mussten gar nicht malen, wir waren schon da!
…. oder etwa nicht? Sogar aus Hamburg ist „AKKA AKKA“…
Also, wir entscheiden uns doch für eine eigene „Briefmarke“ und während der Eigner loslegt
spaziere ich die Kaimauer auf und ab. Da findet man dann alte Bekannte – schon ganz verblichene
Harlekin ist längst zurück in Europa. Oder die hier:
White Wings – eine Malö 116, hinter der ich damals, als es noch keine AKKA gab, ziemlich her war…
Bekannte aus 2007 sind auch dabei
aus Camaret sur Mer: Suomi Kudu, ein älterer Engländer. Unverwechselbar auf dem Weg zur Dusche: Fadenscheiniges Handtuch, ein Stück Seife in Zeitungspapier gewickelt. Dafür ist „Suomi Kudu“ eine Swan…
Und natürlich findet man welche aus jüngster Vergangenheit:
Hokus Pokus, die uns gerade aus La Graziosa grüßten, und die hier, allseits bekannt:
… und merkwürdige Vögel
Vogelnamen sind etwas sehr Beliebtes bei Schiffen, und lustige sind auch unter den Bildern, die die Yachties in Porto Santo hinterlassen.
Dieses ist unser Favorit:
Sehr schön auch
und diese Mischung aus gerupfter Möwe und Storch
Was die Namensgebung betrifft, da sind ja dann die Eigner manchmal die merkwürdigen Vögel – und mancher Name ist bestimmt Programm:
Ich höre quasi die Dame des Hauses ein „… un bateau? Quoi ca dit?“ ausstoßen.
ELMO mögen wir auch gern!
Manchmal gibt es bei der Namensgebung auch Materialhinweise:
Oder hatten die einfach nur einen „festen Plan“? Hundert pro eine Ferrozement-Yacht!
Ob die „AKKA“ nun fertig ist? Vorbei an den Marken von Argo Navis, unseren Povoa-Nachbarn aus Dänemark und auch einer von „Use Akschen“ aus Bremerhaven und an einer ganz verblichenen „Grågås“
dann noch dieses Maling hier, 1994 und 2005:
– ob wir das schaffen? In 11 Jahren am gleichen Platz? Man kann es auf dem Bild nicht lesen, aber das waren Jean-Luc und Christine, einmal mit Damien und dann… Was mag wohl mit Damien passiert sein? Wurde er durch einen kleinen Bruder ersetzt, Lucas??
Ah! An der AKKA-Baustelle tut sich was… Noch ein paar Feinheiten
und: Fertig!
Elektronik. Ts, ts, ts
Mit der Elektronik haben wir’s ja – irgendwie ist die Zuhilfenahme all dieser
elektronischen Krücken ein ewiges Stochern im Dunkeln. Vielleicht war es doch
falsch, anno 86 mit Macintosh in die Computerei eingestiegen zu sein – verwöhnt
von einer anwenderfreundlichen Benutzerführung bin ich nie durch die Tiefen der
schlauen DOS-User gegangen. Schwarze Ringe um eckige Augen, aber schlau. Bei
uns dagegen erfuhr „never touch a running system“ gestern mal wieder eine
Aktualisierung. Unser Kartenplotter hatte im Englischen Kanal gemuckt –
sekundenlange Systemausfälle (gern in Flachwasserzonen). Nach einer Reset-Kur
war Ruhe bis Povoa, danach Mucken bis Figueira, seitdem wieder Frieden. Und nun
hatten wir uns entschlossen, doch mal das Betriebssystem zu aktualisieren.
Laptop in den Rucksack, Dinghyfahrt, Fußmarsch. Wir suchen den Dorfplatz mit der
„WiFi sem Fies“-Zone auf und ein schattiges Plätzchen unter den Palmen – die
neue Rundstrahlantenne an Bord „sieht“ nämlich den Sender nur bei Hochwasser
über die Kaimauer hinweg, und wackeln darf das Schiff dabei auch nicht.
Einloggen, Raymarine aufsuchen, Zip-Files downloaden und entpacken, die Daten
auf eine Flashcard laden (die will vorher formatiert werden und funktioniert
dann doch nicht, nebenbei bemerkt). Zurück an Bord den Plotter mit den Daten
füttern, alles plangem?? und wie in den Anleitungen beschrieben. Neustart. Ja,
sauber – ein leerer Bildschirm lacht uns an. Der Plotter erkennt keinen seiner
alten Freunde, kein AIS, kein Radar, keine GPS-Antenne, ja, nicht mal die
Funktion der eigenen Knöpfe. Wir holen etwas weiter aus – Betriebssystem neu
aufspielen, Werksreset fahren, „ach tu doch mal eine Navionics-Karte rein“.
Draufgehauen haben wir nicht, aber man ist nahe dran. Nix. Lange Mienen und
dieses altbekannte Gefühl der Hilflosigkeit. WOLFGANG – wo bist Du?!? Man hätte
einen Computerkurs für Dummies besuchen müssen, denn das alles betrifft ja die
diversen Betriebssysteme auf den beiden Rechnern (richtig, diverse!), die
Funkerei, das Kartenplotterbackup, die WebDesign-Software, die digitalen Bilder
und, und und…
Zum Sonnenuntergang eine neue Dinghyfahrt ins Städtchen. Fischer in Unterhemden
mischen sich unter den Palmen mit sonntäglich gekleideten Leuten, die auf den
Bänken die laue Abendluft genießen und ein Schwätzchen halten; einige haben
blass-blaue Gesichter: sie starren auf die mitgebrachten Laptops; wer es sich
leisten kann, sitzt vor der Cafeteria und schlürft einen späten Espresso, hier
„Cafezinho“ genannt, oder auch anderes. WiFi sem fies eben, Internet ohne Draht,
kostenfrei dazu. Ich lade mir das alte Betriebssystem auf die Flashkarte, und
dann halten wir eine längere Internetsitzung, schließlich haben wir beide
Rechner mitgeschleppt. Während Andreas eMails an Raymarine formuliert, wende
mich mal den nicht-elektronischen Dingen zu, suche zur Entspannung nach einem
Skipperinnen-Kayak oder bedenke meine Pfundsweiber mit einem Forumsbeitrag. Und
da Sonntag ist, gibt es später ein unfeierliches Abendessen im Cockpit,
schließlich, Ihr lieben Nordeuropäer, ist hier immer noch gefühlter Sommer. Beim
Frühstück drückt aber schon wieder der Gedanke an den vermaledeiten Plotter.
Also, Mut gefasst und hinein mit der FlashCard mit dem alten System… YEAAAAAH!
Das war’s, es geht wieder!
Die Besatzung strahlt! Jetzt fahren wir gleich auf Inselrundfahrt,
Columbusmuseum angucken und so. Farben besorgen – wir müssen ja noch eine AKKA
auf die Mauer bringen. Der Entwurf steht schon, und wenn die Umsetzung schön
wird, gibt es auch ein Bild.
Wir fahren aber nicht, ohne unsere Rechner einzupacken – der Forschergeist ist
erwacht. Vielleicht tut es ja eine der Betriebssystemversionen ZWISCHEN 3.xx und
4.xx? Nicht, dass wir nun übermütig würden – Len von der PRESENT hat mir ein
Wetterbuch verschrieben. Und das werde ich mir bei Amazon suchen, ein ganz
handfestes Hardcover. „The Mariner’s Weather Handbook“. Mit echten Dollars zu
bezahlen. 69, genauer gesagt.
Hmh, ganz schön viel Geld, ob es das nicht bei eMule…??? Einen Vorschuss auf
diese Lösung hat mir Len eben per Funk-Email versprochen – einige wichtige
Details hat er als pdf-Datei auf USB Stick.
Schon wieder Elektronik. Ja, geht’s noch? Vor allem: geht’s noch ohne?? Ts, ts,
ts…
Von Ankerplätzen und Hundeblasen
So richtig viel gesehen haben wir ja noch nicht von Porto Santo, das steht heute auf dem Programm. Eine herbe Schönheit – kahl, trocken, windumweht. Sehenswert ist schon mal die Kaimauer – da kann man gucken, ob sich alte Bekannte verewigt haben. Ein bisschen ist es so wie auf Horta/Azoren, wo eigentlich jede Yacht ein großes Gemälde hinterlässt. Hier prangt zumindest schon mal die quadratmetergroße Visitenkarte von „HokusPokus“, noch ganz frisch, Mats, Ulla mit Skipper, dem lässigen Bordkater. Vielleicht opfern wir auch noch ein Töpfchen Farbe, denn bis wir auf den Azoren sind… Vielleicht wäre ein Verlobungsbild „AKKA + APHRODITE forever“ eine Idee ;).
Wir liegen im Vorhafen vor Anker, die Fallböen sausen auf uns herunter, aber das Wasser ist warm und ruhig, man kann von Bord aus schwimmen. Das Ankerfeld besteht mal wieder aus einer kleinen Hallberg-Rassy-Betriebsversammlung: aus Holland „Camelot“ und „Luigi Presto“, nomen est omen, ein junges Paar anfang zwanzig mit Vaters Boot, das stets innerholländische Rennen gegen die „Present“ fahren muss und dazu schon mal den einen oder anderen Gennaker strapaziert. Und dann noch wir. Dazu ein bisschen Aphrodite, ein, zwei Franzosen, ein amerikanischer Einhänder auf seinem Katamaran. Vor der Kaimauer (hier drin ist es kostenpflichtig!) liegt Bill mit seiner Ferrozement-Yacht, den wir schon aus Figueira kennen, wo er von einem deutschen Marineschiff reingeschleppt wurde, nach diversen Tagen ohne Motor, ohne Elektrik auf der Biscaya im freundlichen Drift nach Süden. Diesmal war es nur die Ruderanlage… Und dabei hatte er sich vor Abreise in Cascais Sorgen gemacht, für seinen schweren Betonbrocken nicht genügend Wind für die Reise nach Madeira zu haben. Irrtum. Wind war, aber kein Ruder, jedenfalls zeitweilig.
So ein Ankerfeld ist nicht nur privater als eine Marina, und ruhiger und kostengünstiger dazu, sondern bietet immer schöne Guck- oder gar Action-Szenen – Flaggenraten (featuring today: St. Vincent and the Grenadines!), in den Fallböen losgerissene Dinghies oder auch bemannte, mit kleinem Außenborderausfall auf Drift – einer wühlt nach den Ruderblättern, der andere reißt hektisch an der Anlasserleine. Hämisch lachen tue ich in dem Fall nicht – ich habe vor Jahren mal bei einer Eilaktion vergessen, a. den Benzintank mitzunehmen und b. zusätzlich noch die Ruder in der Backskiste gelassen. Klarer Fall von Antriebslosigkeit – da haben dann andere hämisch gelacht. Aber so etwas gräbt sich ins Gedächtnis ein.
Hier hatten wir gestern die AKKA weiter nach innen verholen müssen, weil wir mit dem Schwojkreis in den Fährenbereich ragten: „Bom dia“, feuchtes Händeschütteln (meerwasserfeucht auf der einen Seite, Spülwasser-feucht bei mir…) , „…my name ist Nelson! I am responsible for the harbour and for you!“. Ich liebe sie, die Portugiesen! Genau in das Loch, das wir hinterlassen, legt sich gestern abend ein französischer Katamaran, sogar noch ein bisschen weiter raus Richtung Fähranleger. Und ehe wir aufgeregt mit den Armen wedeln können, verschwindet er erst einmal mit den Pudeldamen auf Landgang, verständlich nach 4 Tagen auf See, während derer die Hundchen das Pinkelproblem sicher eine Weile vor sich hergeschoben haben. Es gibt Leute, die wegen voller Hundeblasen tagelang gegen den Wind bolzen, um den nächsten Baum zu erreichen – aaaaaaaah! Welche Erleichterung! Und dabei böte sich doch der Mast eindeutig an, aber nee, so was macht hund halt nicht. Das ist pfui… Nun gut, als die entleerten Pudel wieder vorbeigerudert kommen, geben wir unser Wissen weiter, brav verlegt sich der Katamaran ebenfalls – und kaum ist es dunkel, unser Chili-con-Carne heiß und wir nehmen im Cockpit zum Abendessen Platz, liegt an genau dieser verlockend freien Stelle unser holländischer Jung-Racer. Na, dann: Gute Nacht, „Luigi Presto“… . Um 22:00 dann das Achtungssignal – tröööööt! Die Fähre kommt. Und schnüffelt beim Drehen mit dem Bug ein bisschen Richtung Luigi. Für die Frühfähre heute morgen war dann seitens Nelson und Co. erst einmal „Aufräumen im Ankerfeld“ angesagt…
Wir bleiben noch ein bisschen hier. Porto Santo begucken. Ankerfernsehen schauen.
Mal was von unterwegs
…. schließlich wurde das durch die Blume angemahnt (…DIE schreiben sogar von unterwegs!). Die, das sind Daniel und Eva von der Aphrodite, und die laufen so zwei kleine Meilen vor uns durch die Nacht, ich kann die Lichter gut ausmachen. Noch 30 Meilen bis Porto Santo.
Es wackelt noch ein bisschen vor dem Wind, aber längst nicht mehr so gewaltig, wie es das die letzten beiden Tagen getan hat. Dennoch, die AKKA geigt mal wieder wunderbar, und untermalt das mit ihrer Vorwindstrecken-Percussion: Das lustige Lied der Zitronenpressen und Gewürzgläschen, der Weinflaschen und Topfdeckel. Oder so. Das Abstellen dieser Musik ist uns noch nicht wirklich gelungen, nur stellenweise, und es tun sich ja mit dem Verbrauch von Vorräten auch immer wieder neue Löcher auf, in die dann lärmfreudiges Inventar hineinspringen kann. So vermisst man dann am Ende einer längeren Strecke wohl diverse Stücke aus dem reichhaltigen Topflappen- und Geschirrtuchvorrat. Und Sofakissen gehen als Stopfmaterial auch sehr gut.
Bei all dem Lärm schlät der Eigner den Schlaf des Gerechten, wir haben die letzten Tage auch wirklich nicht viel geschlafen. Die 3-Stundenwachen schlauchen doch ordetlich, und dann muss man erst mal schlafen KÖNNEN, Und das kann Frau immer noch besser als Mann auf diesem Boot. Nur die AKKA, die hat überhaupt nicht geruht, die hat geAKKAt dass es eine Freude war. Eine Welle nach der anderen, und das waren doch beträchtlich hohe und viele. Von der ersten Stunde ab Cascais hatten wir Wind und am Montag stellte sich dann auch der bestellte Nordnordost ein. Und machte eine ordentliche Welle. So doll, dass am Dienstag die Aphrodite-Crew mal funkte, wo wir denn so steckten, und ob wir nicht mal zur Begutachtung der Situation vorbeischauen könnten. Gesagt, getan – und der erste eklatante Unterschied zwischen unseren beiden Schiffen war ja schon augenfällig, als wir uns annäherten – dort zwei in Nylon gehüllte Gestalten im Cockpit, ich dagegen in Shorts und T-Shirt auf der Cockpitkante. Hoch und trocken…
Bei uns spielt sich das Leben doch mehr im ersten Stock und nicht auf der Terrasse. Und da sind noch mehr Komfortunterschiede – nachdem wir gestern auf Funk „gute Nacht“ gerufen hatten, gingen die AKKAnauten – pervers, rufen jetzt die Segelpuristen! – noch schnell zum Abspülen der Salzkruste (das Salz (f)liegt hier in der Luft) unter die Dusche. Das haben wir natürlich nicht verraten – wäre ja gemein, denn die beiden hatten ja eine Ganztags-Dusche. Atlantik pur.
Fazit: so schön ein kleines, rankes sportliches Boot wie die soling-basierende Smiling auch ist (ich zitiere mal „Matrose Schönborn und die Schwimmwesten“: „…man hängt so link, so link, so link auf ner uralten Soling…“ ) – dieser Törn hat im direkten Vergleich gezeigt, dass die AKKA wirklich unser toller Vogel ist. Gutmütig, sicher, komfortabel. So wollen wir reisen, und noch möglichst weit. Und dann schreibe ich auch mal wieder was von unterwegs. Nur noch 27 Meilen bis Porto Santo.
Bacalhau…
Das mit dem Bacalhau, das war so ein Ding, das ich nun schon Jahrzehnte vor mir hergeschoben habe. Wo immer man in einen portugiesischen Supermarkt kommt – wenn nicht der ganze Laden, so riecht doch zumindest eine Ecke deutlich nach Stockfisch, und meist hört man eine Bandsäge laufen, gern von einer Angolanerin oder Mosambicanerin bedient, die die brettharten, salzstarrenden Stinker in handliche Stücke schneidet. Handlich wohl – aber appetitlich?! Nun rief zu meinem Geburtstag Sigrid Feldhoff an, meine ehemalige Kollegin, und weil sie ja Qualitätssicherung macht, muss sie ja wissen was „gut“ ist … Pasteis kamen in ihrer Liste vor, siehe letzter Eintrag, „so ein Fischtopf“ in der Fischkneipe – und Bacalhau. Und so war es dann gestern so weit – wir schleichen uns am „Grillen auf dem Steg“ vorbei, hinein in die Altstadtgässchen von Cascais. Schon wieder war ein Tag mit bastel-bastel dahingegangen (Holzlackieren kann ansteckend sein! siehe unten…) und wir hatten uns ein feines Abendessen verdient, dachten wir. Keine Ahnung, wohin. An einer besonders engen Ecke – baulich, es war eher ruhig… – sitzen unter einer mageren Bougainvillea 3 junge Frauen an einem Tischchen, das macht uns aufmerksam. Restaurant? Stimmt! Um’s Eck geht es die Treppe rauf – Hinterhof… Wir kriegen einen Zweiertisch auf dem Treppenabsatz vor der Eingangstür, drinnen sitzen erfreulicherweise Portugiesen im Maurerdress und erfreuen sich des Nationalfeiertages. Wir werden gleich mit Rat überhäuft: aus den geplanten zwei Salaten wurde gleich mal nur einer, aber dazu ein Weichkäse aus dem Ofen, mit Gewürzen. Der Robalinho wurde von der Chefin in Gambas-Curry umgewidmet, nur meiner Wahl konnte sie kritiklos zustimmen: Bacalhau. Und das war: LECKER!! Mit viel Knoblauch und noch mehr Olivenöl, etwas Tomate und Pellkartoffeln. Eines von, wie man sagt, 365 Rezepten, wie mal Bacalhau zubereiten kann. Wundervoll. Das Mangomousse zum Schluss war ebenso köstlich. Wir wankten wohl gefüllt zurück und konnten den Abend, mit einer klitzekleinen Knoblauchfahne, doch noch mit den anderen – Kanada, England, Schweiz, Dänemark, Westfalen, Sachsen-Anhalt, Bremen, Lübeck… – you name it, they were there – beschließen. Auf den Stegplanken unterm Sternenhimmel.
Und worüber hatten wir bei Bacalhau und Gambas gesprochen? Natürlich über unsere Nachbarn seit einer Woche. Hallberg-Rassy 46, 11 Jahre alt, Neuseeland. Da wird gerade „mal schnell“ der Schandeckel lackiert (siehe oben, meinen Eigner hielt da nichts mehr, unser Niedergangsluk strahlt in frischem Glanze!) ) Nach der typisch anglophon-offenen Ouvertüre war der Kontakt zunächst ein bisschen reserviert. Mittlerweile sind „wir“ aber etwas aufgetaut: frisch aus Spitsbergen eingetroffen ist sie, die MAHINA TIARE III. Was soll man dazu sagen – guckt es Euch an: www.mahina.com … Schade, dass wir die nicht früher getroffen haben – so ein Training hätte uns wohl gut zu Gesicht gestanden. Zumal die Mahina Tiare „zwo“ eine mit AKKA identische 42er war, identisch bis hinunter zum Bleikiel. Nur unseren Reckmannmast, den hatte sie nicht. Jedenfalls wissen wir auf diese Weise, dass unser Schiff easy in der Anarktis zurechtkäme. Oder auf den Aleuten. Aber diesen und ähnlich extreme Pläne haben wir gestern beim Abendessen in der Weißweinflasche versenkt – vielleicht haben wir doch ein bisschen spät angefangen… Oder wir müssten doch noch einmal bei John und Amanda anheuern. Amanda ist übrigens Segelmacherin und Wachführerin auf „Maiden“ gewesen, dem ersten Frauenboot auf dem Whitbread round the world-Race. Wenn sich irgendjemand „Salzbuckel“ schimpft, dann diese beiden: heute sprach ich mit John über unseren Ruderlagerschaden… “ oh, we had that on the 42 as well, and we had it made twice on this boat, after 50000 miles each. Now we have 110.000 miles…“ Der armen AKKA wurde ganz schwindelig bei diesen Meilenzahlen ;).
Was es sonst noch gibt?! Wer nach Lissabon kommt, MUSS unseren Freund, den Sonnenfisch, im Oceanario besuchen. Und seine Kumpels, die Seeotter. Die Pinguine. Die Stachelrochen, die Bonito- und Makrelenschwärme. Da war die Frau im Frauenparadies. Das Männerparadies hatten wir am Nachmittag schon in der „Handwerker“-Straße abgehakt – ein Laden vollen Keilriemen, O-Ringe, EPDM-Moosgummis und anderen Kunststoffwundern.
Ach ja, es gibt noch was: Morgen fahren wir los. Nach Madeira. Bis Freitag soll das Wetter erträglich sein und 4 Tage werden wir brauchen. Und da soll es auch Bacalhau geben…
Knusprig, suess und warm
…. nein, süß war es nicht, das Kloster Jeronimo in Belem, das wir beguckt haben. Warm schon, zumindest die Umgebungstemperatur. Aber im Abendlicht wunderbar anzusehen und irgendwie auch knusprig. Der Manuelismus – eine kurze Periode eingangs des 16. Jahrhunderts mit über und über verzierten, prächtigen Gebäuden. Heller Stein, ein herrlicher Innenhof, eine beeindruckende Klosterkirche, und darin so viele, von Elefanten getragenene Sarkophage. Auffällig wie viele Infanten dort liegen – kleine Prinzen, die nicht über die Kinderjahre hinaus gekommen sind, damals, an der Grenze zur Neuzeit .
In der Kirche liegen auch Vasco da Gama und Luis de Camoes, der Poet, der sein Leben und seine Reisen besungen hat. Von hier – nur ein paar Schritte vom Hafen in Belem, startete Vasco da Gama nach Indien, 1497. Unten am Fluss, am Denkmal für die Entdecker, sind seine Stationen und die seiner Zeitgenossen und Nachfolger in einem großen Mosaik in Stein verewigt. Schlagworte wie „Seeweg nach Indien“ – das waren auch Auslöser für mein Fernweh als Kind, entsprechend ist meine Gänsehaut überall an den Monumenten, und ich mag gar nicht auf das Mosaik treten. Andere Segler-Zeiten waren das – Vasco da Gama hat wohl keine Grib-Files für die nächsten 7 Tage runtergeladen (aber hat auch nicht da gesessen und gebrütet, was das denn nun bedeuten könnte). Eher wird er seinen Bord-Astrologen befragt haben – da sind wir doch ein bisschen auf der besseren Seite, auch wenn die derzeitige Wetterlage durchaus unterschiedliche Interpretationen erlaubt.
Nach der Portion Kultur, einer nur kleinen, denn ihr war ein dicker Brocken Schiffstechnik vorausgegangen, gab es dann noch einmal portugiesischen Alltags-Kult. Wir waren im Hofbackhaus, sozusagen: Blau-weiß, ein mit Azulejos besetztes Haus unten in Belem, Menschen stehen davor Schlange. Und da es uns zumindest nach einem Stuhl und einem Kaffee gelüstet, gehen wir hinein. Ein bisschen Hofbräuhausatmosphäre, hallige Akustik unter Kreuzgewölbedecken, Kellner rennen geschäftig auf und ab und schleppen Tabletts. „Pasteis de Belem“ heißt der Ort. Und dann kriegen wir, was man hier traditionell zu sich nimmt: Pasteis de Nata, zu deutsch Sahnepastetchen. Blätterteig mit Vanillecreme.
Sehr knusprig, süß und noch warm… Zum Reinlegen!