Von Ankerplätzen und Hundeblasen

So richtig viel gesehen haben wir ja noch nicht von Porto Santo, das steht heute auf dem Programm. Eine herbe Schönheit – kahl, trocken, windumweht. Sehenswert ist schon mal die Kaimauer – da kann man gucken, ob sich alte Bekannte verewigt haben. Ein bisschen ist es so wie auf Horta/Azoren, wo eigentlich jede Yacht ein großes Gemälde hinterlässt. Hier prangt zumindest schon mal die quadratmetergroße Visitenkarte von „HokusPokus“, noch ganz frisch, Mats, Ulla mit Skipper, dem lässigen Bordkater. Vielleicht opfern wir auch noch ein Töpfchen Farbe, denn bis wir auf den Azoren sind… Vielleicht wäre ein Verlobungsbild „AKKA + APHRODITE forever“ eine Idee ;).
Wir liegen im Vorhafen vor Anker, die Fallböen sausen auf uns herunter, aber das Wasser ist warm und ruhig, man kann von Bord aus schwimmen. Das Ankerfeld besteht mal wieder aus einer kleinen Hallberg-Rassy-Betriebsversammlung: aus Holland „Camelot“ und „Luigi Presto“, nomen est omen, ein junges Paar anfang zwanzig mit Vaters Boot, das stets innerholländische Rennen gegen die „Present“ fahren muss und dazu schon mal den einen oder anderen Gennaker strapaziert. Und dann noch wir. Dazu ein bisschen Aphrodite, ein, zwei Franzosen, ein amerikanischer Einhänder auf seinem Katamaran. Vor der Kaimauer (hier drin ist es kostenpflichtig!) liegt Bill mit seiner Ferrozement-Yacht, den wir schon aus Figueira kennen, wo er von einem deutschen Marineschiff reingeschleppt wurde, nach diversen Tagen ohne Motor, ohne Elektrik auf der Biscaya im freundlichen Drift nach Süden. Diesmal war es nur die Ruderanlage… Und dabei hatte er sich vor Abreise in Cascais Sorgen gemacht, für seinen schweren Betonbrocken nicht genügend Wind für die Reise nach Madeira zu haben. Irrtum. Wind war, aber kein Ruder, jedenfalls zeitweilig.
So ein Ankerfeld ist nicht nur privater als eine Marina, und ruhiger und kostengünstiger dazu, sondern bietet immer schöne Guck- oder gar Action-Szenen – Flaggenraten (featuring today: St. Vincent and the Grenadines!), in den Fallböen losgerissene Dinghies oder auch bemannte, mit kleinem Außenborderausfall auf Drift – einer wühlt nach den Ruderblättern, der andere reißt hektisch an der Anlasserleine. Hämisch lachen tue ich in dem Fall nicht – ich habe vor Jahren mal bei einer Eilaktion vergessen, a. den Benzintank mitzunehmen und b. zusätzlich noch die Ruder in der Backskiste gelassen. Klarer Fall von Antriebslosigkeit – da haben dann andere hämisch gelacht. Aber so etwas gräbt sich ins Gedächtnis ein.
Hier hatten wir gestern die AKKA weiter nach innen verholen müssen, weil wir mit dem Schwojkreis in den Fährenbereich ragten: „Bom dia“, feuchtes Händeschütteln (meerwasserfeucht auf der einen Seite, Spülwasser-feucht bei mir…) , „…my name ist Nelson! I am responsible for the harbour and for you!“. Ich liebe sie, die Portugiesen! Genau in das Loch, das wir hinterlassen, legt sich gestern abend ein französischer Katamaran, sogar noch ein bisschen weiter raus Richtung Fähranleger. Und ehe wir aufgeregt mit den Armen wedeln können, verschwindet er erst einmal mit den Pudeldamen auf Landgang, verständlich nach 4 Tagen auf See, während derer die Hundchen das Pinkelproblem sicher eine Weile vor sich hergeschoben haben. Es gibt Leute, die wegen voller Hundeblasen tagelang gegen den Wind bolzen, um den nächsten Baum zu erreichen – aaaaaaaah! Welche Erleichterung! Und dabei böte sich doch der Mast eindeutig an, aber nee, so was macht hund halt nicht. Das ist pfui… Nun gut, als die entleerten Pudel wieder vorbeigerudert kommen, geben wir unser Wissen weiter, brav verlegt sich der Katamaran ebenfalls – und kaum ist es dunkel, unser Chili-con-Carne heiß und wir nehmen im Cockpit zum Abendessen Platz, liegt an genau dieser verlockend freien Stelle unser holländischer Jung-Racer. Na, dann: Gute Nacht, „Luigi Presto“… . Um 22:00 dann das Achtungssignal – tröööööt! Die Fähre kommt. Und schnüffelt beim Drehen mit dem Bug ein bisschen Richtung Luigi. Für die Frühfähre heute morgen war dann seitens Nelson und Co. erst einmal „Aufräumen im Ankerfeld“ angesagt…
Wir bleiben noch ein bisschen hier. Porto Santo begucken. Ankerfernsehen schauen.

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