Vom Leben an Bord

Ich wollte auch mal jammern und nicht immer nur Gemecker von Leuten anhören, die im kalten Deutschland sitzen, die Lokführer streiken lassen und auf nassen Straßen durch’s Dunkel rutschen.

Das Leben an Bord ist nämlich ganz schön schwierig. Da ist zum einem der Eigner, der stets zur Unzeit hinter mir steht und bedeutungsschwanger fragt, ob ich das Funkgerät, das Pactormodem etc. noch benötige. Bordleben heißt nämlich Stromsparen, und was alles wie viel Energie verbraucht, ist mir erst klar, seit wir hier versuchen, mit unserer Energieversorgung autark zu wirtschaften. Also wünscht man sich a. Sonne und b. Wind. Nicht der Segelei, des gebräunten Teints oder des Wohlgefühls wegen, nein, wegen der Energieausbeute aus Solarpaneelen und Windgenerator. Eine Nacht am Ankerplatz: sind minus 2 Ampere-Stunden, das macht die Ankerleuchte im Masttopp (jaja, eine LED-Leuchte, Ihr Schlaumeier!), und das deckt der Windgenerator, wenn es nur ein bisschen weht. Aber dann kommt die dusselige Skipperin und lässt den kleinen 100W-Inverter für die Computer laufen. Über Nacht! Was das kostet!
Das Bordleben ist auch schwierig, weil irgendwelche Sachen immer den Amateurfunk, unsere Quelle für Heimatkontakte und Wetterinformationen, stören. Der Kühlkompressor zum Beispiel ist so ein Kandidat. Also schaltet frau die Kühlbox aus, wenn sie funken möchte. Hoffentlich denkt sie daran, die auch wieder einzuschalten. Meistens nicht…  Weiche Butter, lauwarme Milch.

Sicherung „2“ stört auch. Also weg mit dem Verbraucherkreis. Kein Licht in der Pantry, im Vorschiff fehlt die Steuerbordseite. Und der Gasfernschalter hängt mit da dran. Das merkt sie erst, wenn sie sich wundert, dass der Kuchen nicht so recht durchgebacken ist.

So gibt es viele Überraschungen, die alten, die immer mal wieder vorbeikommen – die nicht zugedrehte Spülwasserleitung an der Bordtoilette hatten wir schon länger nicht mehr! – und auch neue. Der Außenborder patscht seit 2 Tagen, was stundenlange Forschungsarbeiten im Dinghy nach sich zieht. Der Eigner grummelt vor sich ich, währenddessen versuche ich es mal wieder mit dem Funken. So geht man dann ausnahmsweise mit guter Leistung raus in die Atmosphäre – und kriegt nichts zurück, weil der Zentralserver in den USA gerade mal „down“ ist. Für den Nachmittag hatte ich Janna und Len zum Kuchen eingeladen, etwas großmäulig, wie sich herausstellt – meine Mehlvorräte lagen bei 90 g Restbestand. Und dann das mit dem Backofen, siehe oben…
So reiht sich eine Frustration an die andere, und plötzlich ist die Populationsdichte auf der AKKA mit zwei Personen, zwei Bären und zwei Foomps einfach zu hoch – eine(r) muss von Bord,  ich werfe mich verzweifelt über die Reling. Nach einer großen Schwimmrunde rund um die Nachbarschiffe geht’s aber wieder. Und wir haben ja Wind und Sonne satt, für Energie UND Psyche. Kuchen geht mit Grieß und beim Grießkuchen verrät Len mir, wo die Funkanlage zu optimieren ist. Funkroutinen lassen sich notieren, inklusive „Kühlbox an“, „Sicherung 2 an“.
Noch was? Ach ja, Janna versteht meine Anwandlungen mit der hohen Populationsdichte.
Wir haben nix zu jammern. Nur zu lachen…

Ein Gedanke zu „Vom Leben an Bord

  1. Viele Grüsse aus dem winterlichen Düsseldorf von Ihren Cascais-Bekannten (Marina- Spurt auf die Süddeutsche). Weiterhin Mast- und Schotenbruch
    Edelgard und José

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