Nach einem bedeckten Tag gestern scheint wieder die Sonne. Gelegenheit heute unter Deck zu bleiben und mal die Küchenschapps auszuräumen, auszuwischen, auszumisten. Draußen, naja, ein paar Stege weiter an der Waterkant, ist nämlich nicht nur Sonne, sondern auch fliegender Markt, und dazu spielt jemand auf einer Panflöte so eine Art Schlange-Kaa-Musik, die bis zu uns herüber trägt. Sounds of Silence, The Boxer, House of the Rising Sun – die Musikauswahl spricht für die Altersgruppe der Besucher (in meinen Jugendjahren war das Mainstream ) – und das auf peruanisch. Wahrscheinlich braucht man diese Schlange Kaa, um die Scharen einzulullen. Dann klappt das auch mit dem Verkauf – der fünfte Lava-Schmuck, die dritte Dose Aloe-Vera-Gel und endlich den Kamelhocker für daheim.
Wir sind in der Marina, und es zieht einen nun doch mächtig raus an den Ankerplatz. Rubicon ist zwar neu, nett, geräumig, ruhig (wir wundern uns, wie ruhig!) mit freundlichen Marineros. Im Umfeld gibt es eine gute französische Bäckerei, in der frau morgens „Iberico grande“ und Croissant kaufen kann. Aber die vielen streng formulierten Regeln machen einen sehr zentraleuropäischen Eindruck. Keine Hunde auf dem Rasen, damit können wir ja leben, aber kein Wäschetrocknen auf Booten zum Beispiel, da macht der Trockner die Waschaktion gleich richtig teuer, nämlich pro (sehr geräumiger) Maschine statt 4 nun 8 Euro. Internet ist eher günstig, wir hatten uns 2 Tage lang für je 5 Euro damit versorgt, das langt erst mal wieder. Aber Rubicon ist ein völlig synthetisches Umfeld – und teuer dazu, zumindest was die Supermärkte betrifft. Oder sind wir von Portugal so verwöhnt? Man reiche mir einen der „Pingo Doce“, die uns nun seit Povoa versorgt haben, und von deren Vorräten wir nun nicht mehr allzu lange zehren werden. Auch in Playa Blanca scheint man sich preismäßig auf die Touristenklientel eingeschossen zu haben, aber schlimmer ist eigentlich, dass das „normale Leben“ irgendwo stattfinden mag, jedenfalls nicht hier. Im Ort steht ein einziges altes Fischerhaus mit der Inschrift „Aqui habia una playa“ und „Si luchamos, podemos perder, si no lo hacemos, somos perdidos“. Hier war mal ein Strand! Woraus folgt, dass solche Touristenkonglomerate wie das hiesige nicht unwidersprochen bleiben. Aber wo sind die ursprünglichen Einwohner geblieben?
Auf der kleinen angegliederten Werft gibt es auch Zwist – da gibt es die deutsche Firma „Waterline“, die uns gerade zwei neue Rollen für die Fußblöcke unserer Groß-Furlanlage dreht. Henning und Kathrin sind nicht nur nett, sondern auch sehr zugänglich und kompetent, aber sie stehen offensichtlich nicht auf der Positiv-Liste der Marinaverwaltung: als wir abends im Marinabüro um Rat wegen des patschenden Außenborders fragen, werden wir gebeten, am Morgen wiederzukommen, man werde dann „Alvaro“ anrufen. Nun mache ich ja keinen Umweg über das Marinabüro, wenn gleich nebenan die Werft ist – und auf dieser Direttissima finde ich nicht Alvaro, sondern eben „Waterline“. Auf dem Marinagelände ansässig, mit allem ausgestattet, was man braucht und direkt erreichbar. Dagegen scheint Alvaro so eine Art „fliegender Service“ zu sein. Merkwürdig. Ob hier irgendwelche komischen Wirtschaftsspiele gespielt werden?
Egal, wir hoffen auf schöne Fußblöcke und der französische Apfelkuchen, den Len und Janna gestern zum Kaffee anschleppten, ist erst recht gut (danke, übrigens!). Drum wird jetzt nicht weiter gemeckert. Aber schee war es doch auf La Grazisoa..
Draußen geht die Schlange Kaa gerade von Elton John zu Celine Dion über, ich sehe schon bunte Spiralen vorden Augen. „Trau-au-e mihir“…
Besser wir nehmen jetzt die Fahrräder und machen uns aus dem Staub. In den Vulkanstaub. Sonst kaufen wir auch noch Lavaschmuck.
Merkwürdiges Rubicon
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