Der Tag als Vicky um die Ecke bog…

…. das war gestern.
Nichtsahnend liegt die Bordfrau noch in der Koje, der Eigner klappert schon ein bisschen mit der Kaffeekanne, als sich durch das geöffnete Luk ein sonorer Typhon hören lässt – für diesen Ton gibt es kein anderes Wort. Das war keine Hupe, keine Tröte oder Sirene. Irgendetwas Größeres musste da in der Annäherung sein, und dann hörte man auch noch andere Schiffe sirenen. Und Andreas, der stets undramatisch gestimmte, spricht: „… komm doch mal rauf…“.
In der Hafeneinfahrt ein Monster, das sich gerade seinen Weg durch Löschbootfontänen bahnt – elegant ist vielleicht etwas anderes, aber es glitzerte schön in den Morgensonne mit Hunderten von Glasfenstern auf dunklem Leib. Die „Queen Victoria“ auf ihrer Jungfernreise. Und es war doch tatsächlich auch ein paar Menschlein zu sehen. Zunächst hatten wir den Verdacht, es wären vielleicht die Filipinos aus der Bordwäscherei, aber einige Frühaufsteher ließen sich augenscheinlich ihrem exklusiven Balkon die Ansteuerung von Las Palmas auf nicht entgehen.

Am Abend läuft sie schon wieder aus. Spätestens dann hätten die Hamburger wohl die Elbufer zu Tausenden bevölkert – hier waren es ein paar Aufrechte, die tapfer gegen das prächtige Feuerwerk am Anleger anböllerten. Ein paar von unseren Kollegen haben dann auch ihre Tröten in Aktion gesetzt. Und dann verschwand sie wieder in der Nacht – ein bisschen Karibik-Musik war noch zu hören, das Glitzern wurde kleiner. Eine klitzekleine Gänsehaut hinterließ sie aber schon…
Und dann war sie weg, die Vicky. Auf schicker, teurer Silvesterreise, denken wir.
Hier an Bord ist auch Silvester – wir haben zur Feier des Tages die Bodenbretter hochgestellt, ich muss gleich noch die Nähmaschine in die Vorkammer räumen, damit wir nach diversen Tagen wenigstens im Cockpit mal wieder unbeschränkt sitzen können. Und werden dann nochmals Feuerwerk schnorren. Es wird ein bisschen beim Corte Inglés zusammengekaufte Tapas geben – Wert: genauso viel wie die 10 kg Milchpulver, die ich heute für die Weiterreise gehamstert habe… Wir sind einfach m?de und schlapp vom Wühlen, und so wird sich das mit dem Silvester bald erledigt haben. Die polnischen Nachbarn werden wir pünktlich zur Silvesterfeier in die Stadt schicken – die Einladung zum Essen haben wir in Erwartung größerer Alkoholmengen (man hatte uns gewarnt! 😉 ) ausgeschlagen.
Ansonsten zieht es uns langsam fort von den Kanaren. „Petite Fleur“ ist vor drei Stunden ausgelaufen und macht schon mal den Anfang Richtung Dakar. Also rufen wir mal „Prosit Neujahr und glückliche Reise“ hinter Urs und Carolin her. Und nach Finike! „Prosit Neujahr, VIGO“. Wir sind froh, dass wir nicht die einzigen mit aufgestellten Bodenbrettern sind! Und last, but noch least: Ein glückliches Neues Jahr allen Blog-Guckern!

Fröhliche Weihnachten!

Dies ist das erste Mal, dass ich mich bemüßigt fühle, doch ganz schnell eine Notiz in den Blog zu setzen – nein, stimmt nicht, als neulich das Internet gezickt hat, war es auch so.  Aber heute zickt nichts, aber es haben sich auf unsere Festtagsmail hin so viele nette Leute gemeldet, und darum rufen wir lediglich schnell noch allen Blog-Guckern

„Fröhliche Weihnachten€

zu!

Von Herzen, und wer immer genervt ist vom Weihnachtstrubel und all den ausgesprochenen und unausgesprochenen Leistungsanforderungen zu einem gelungenen Weihnachtsfest, dem setzen wir noch hinzu: Lehnt Euch zurück im Sessel und genießt es!

Ich schrieb schon im Weihnachts-Mail, das vielleicht der eine oder andere bekommen hat, dass wir es fast als Privileg empfinden, über ein paar Wochen von scheußlichem Nordeuropa-Wetter auf „gemütliche Stunden€ eingestimmt zu werden – also, nehmt sie Euch, die Auszeit, wie auch immer die aussieht. Für uns ist Weihnachten doch ziemlich weit weg – spanische Navidadtraditionen kennen wir noch nicht und von den deutschen sind wir räumlich und zeitlich so weit entfernt, dass dieser Weihnachtstag weniger zur Auszeit taugt.
Dennoch: gestern gab es (Tee-)Lichter, scharfe Kokos-Hühnersuppe mit Thun und Lenguado und Gambas (von uns nun in Anlehnung an die chinesische Version „Fondue Sud-Pacifique€ genannt), und danach feierliches Auspacken der von Heiner und Barbara und vom Eigner herbeigeschleppten Weihnachtsüberraschungen. Und die fielen dann doch sehr reichlich aus: Musik, DVDs, (H?r-)Bücher. Ich konnte also nach dem Oliver Twist-Film meinem ganz persönlichen Weihnachtsritual nachgehen und mich wie in alten Zeiten mit einem Bücherstapel zurückziehen.
Andreas hatte unter anderem das „Wir hauen ab€ von Bernd und Daniel Mansholt mitgebracht, und das liest sich wirklich gut, es hat nichts vom üblichen „€¦ und denne sind wir unter Sturmfock in die Bucht von €¦ gesegelt €¦.€  . Eher erinnere ich mich gern an die Zeiten, in denen ich doch mehr als regelmäßig auf www.wirhauenab.de unterwegs war und die Reise mit allen Höhen und Tiefen mitverfolgt habe, und an den einen oder anderen Mailaustausch mit der NIS RANDERS.

Was wir zu Weihnachten tun? Gerade liegt der Eigner im Cockpit, nach dem Mittagssalat und von der Kloventil-Reparatur (!) etwas erschöpft. Ich selbst werde mich jetzt auf€™s Vorschiff begeben; das Dinghy-Cover will fertiggestellt werden, endlich. Am Pantalan 15 liegt das schmale, rote „Axe€ von PETITE FLEUR auf dem Steg und kriegt auch ein neues Kleid – ich befinde mich also im Wettstreit. Also Schluss jetzt!

Fröhliche Weihnachten!

Bei Hans-Karl im Krankenhaus…

€¦. oder: verschlungene Wege.
Das war ja eine schöne Tour heute morgen. Ich gebe zu, ich liebe es seit vielen Jahren: fremde Städte mit Rad (siehe Brötchenholen in Kopenhagen) oder, wie dieses Mal, als Übrigbleibsel vom Eignerabholen und Gasflaschentauschen, mit dem Leihauto zu bereisen. Heute fühlte es sich an wie eine Mischung aus Athen (Berufsverkehr, also: Ellbogen raus!) im Frühling (Sonnenschein!) und Nairobi frühmorgens (exotische Gerüche, merkwürdige Bebauung€¦).
Also, ich musste zu Hans-Karl. Weil ich in der letzten Woche bei Dr. Luis Dominguez xxx war, bei der Sanidad Estranjera, einer Art Auslandsabteilung des Gesundheitsamtes. Im Gebäude der Bombeiros, der Feuerwehr. Schon die zu finden war ein Abenteuer – stadtplanerischer Irrwitz, Dein Name ist Las Palmas. Nachdem ich – verschwitzt vom Radeln im doch heißen Dezember – vorgesprochen und mein Anliegen geschildert hatte, durfte ich gleich kehrt machen und zur Bank radeln, wo ich die Arztgebühr überweisen musste, 16,84 für eine Gelbfieberimpfung. Mit der Quittung in der Hand zurück, kriegte ich dann von Dr. Juan yyy zzz meine Spritze €¦. Ein Job für Heiner und Barbara! 100%ig keine Schlangen von nöligen Ostfriesenpatienten mehr, sondern ab und an mal der vorbeibummelnde Seemann, eine nette Skipperin oder vielleicht auch mal ein Neuankömmling aus Westafrika. Denke ich so. Der Andrang würde mit Sicherheit erlauben, eine Reihe schöner Bücher in der Schublade zu haben. Bei Patientenalarm einfach die Schublade zumachen€¦ Einer könnte den Empfangsarzt machen, der andere die Spritze schwingen, umschichtig vielleicht?! Reichlich weiteres Personal zum Umschichten der Papiere und zur Kontrolle der Geldeingänge vorhanden! Sunshine guaranteed€¦
Egal. Dr. Luis hatte ich auch nach dem state of the art der Malariaprophylaxe für Westafrika befragt, und er kullerte sehr schön mit den Augen: „Andrea, es muy importante €¦€ Er saß zwar unter einer Malarone-Karte, verwies aber darauf, dass man hier ja schon fast in der dritten Welt sei und somit Lariam allein schon aus Kostengründen den Vorzug gäbe. Und bei uns sowieso, da wir ja länger als 3 Wochen auf die Prophylaxe angewiesen seien. Meine Information war zwar, dass Lariam auf den Kanaren nicht verfügbar ist, aber nein, es gibt eine Quelle mit Betonung auf „eine€ – man geht, ganz logisch, schnell mit dem Rezept zur Post (nicht etwa zur Bank!), bezahlt auf ein Konto der Deutschen Bank einen Betrag von n mal 22,98 je Packung Lariam und wendet sich mit Quittung und Rezept bewaffnet vertrauensvoll an die Apotheke des Militärkrankenhauses Juan Carlos I. Hans-Karl, sozusagen, und der sitzt mit seinem Hospital oben auf einer Bergkuppe und schaut über die Stadt. Und ich schaute erst einmal ziemlich entgeistert auf den Stadtplan. Bis an den Fuß des Berges hatte ich mich ja schon herangetastet und hatte – außer einer Odyssee an den Postschaltern, wo ich mich fälschlicherweise unter „dinero€, Geldangelegenheiten, eingereiht hatte – auch schon schöne Fußgängerzonen im Stadtteil Triana besichtigt, in Einbahnstraßen gewendet etc.pp. Die Canarios, tja, die spinnen, was die Verkehrsführung betrifft, ich glaube, ich erwähnte es schon. Es gibt reihenweise Einbahnstraßen, aber alle in die gleiche Richtung. Nach vielen Kilometern und nicht zu selten im nächsten Tal erst gibt es eine Möglichkeit umzukehren oder endlich zielgerichtet abzubiegen. Da kann es dann mal sein, dass man statt des Hiper-Dino-Supermarktes „gleich um die Ecke€ lieber den aus dem nächsten Stadtteil aufsucht€¦ So ähnlich heute auf dem Weg zu Hans-Karl, aber ich war gewarnt und entsprechend wachsam – Ute, die „FREYA€-Bordfrau hatte vor ein paar Tagen die Expedition mit dem Rad bereits entnervt abgebrochen und einen Taxifahrer bemüht. Es war wirklich ein sehr weiter, sehr verschlungener Weg hinauf auf den Berg, den man die ganze Zeit über sich sah, die unglaublich langen Ampelphasen zerren an den Nerven, im Stadtplan verzeichnete Kreisel sind keine€¦ – aber nach einer Weile drückte mir dann eine schon weihnachtlich gestimmte Dame in einem Krankenzimmer-Büro im 5. Stock des Krankenhauses Lariam für 229,80 in der Hand, vier Päckchen für die „Petit Fleur€, sechs für uns. Uff. Und nun geschwind das Leihauto zurückgeben. Noch 20 Minuten bis in die Innenstadt. Aber wie bereits erwähnt, die spinnnen, die Canarios, und dank der genialen Verkehrsführung war ich auf steilem Pfad bergab innerhalb 3 Minuten wieder an dem Punkt, an dem der lange Umweg seinen Ausgang genommen hatte. Und nach 15 Minuten am Corte Inglés. Absolut pünktlich konnte ich das Auto warnblinkend auf dem Bürgersteig abstellen, dem Verleiher den Schlüssel zuwerfen und mich zum Boot aufmachen. Elegant und effektiv€¦
Nun weiß ich, wer da oben aus dem alten Kastell auf die AKKA herabschaut: Juan Carlos I und sein Krankenhaus!

www.manoevertraining.de

€¦. ich weiß dass der Freitag nichts mit Freizeit zu tun hat, aber wer hatte eigentlich für heute früh „Manövertraining€ auf den Plan gesetzt? Ich hatte noch meinen Kaffeebecher in der Hand, als sich Unruhe auf dem Steg breit macht. Ein Taucher fällt ins Wasser, nach einer Weile blubbert es verdächtig in unserem Heckbereich, was natürlich einen neugierigen Fuchs über die Reling schauen lässt. Am Steg wird gestikuliert, also hüpfe ich zum Bug und werde aufgefordert, die Steuerbord-Muring zu lösen. Unter Wasser scheint sich ein heilloses Durcheinander zu befinden. Man kann es sich vorstellen: einer fängt an, die Leinen zu überkreuzen, der nächste überspringt eine, der dritte nimmt seine Leinen von der falschen Seite. Nicht sehr vertrauenserweckend, und genau daran hatte ich die letzten Nächte bei viel Wind gedacht – wie mögen wohl die Murings da unten aussehen. Unserem neuseeländischen Nachbarn jedenfalls war es dann gestern so gegangen wie uns anfänglich: er kriegte nur eine Leine ab, und so wird nun das Gestrickte aufgeribbelt und neu verteilt. Gut. Aber wie?? Ehe ich mich€™s versehe, springt ein freundlicher Mensch an Bord und schmeißt unsere Steuerbordheckleine los. Und steht dann traumverloren da, hat die neue Leine zwar in der Hand, aber er denkt nicht daran, auch mal zu ziehen. Das AKKA-Heck macht sich langsam auf die Reise. Also schreite ich zur Tat, und während ich noch ziehe, sehe ich aus dem Augenwinkel, wie der Kerl die Backbordleine löst. Da wurde es dann kurzfristig laut auf dem Besandeck. Offensichtlich kann ich spanische Taucher gut erschrecken, und so war die Leine auch sofort wieder belegt. Spanisches fiel mir in dem Moment nicht ein, aber englisch gebellt hatte seine Wirkung getan. So schnell habe ich noch keinen Stopperstek auf die Muring geworfen und mit der Winsch Leine geholt. Der Rest ging dann ohne Gebell – der Taucher hatte sich nämlich schnell verkrochen. La alemana monstruosa, hat er wahrscheinlich gedacht. Kleiner Scherz am Rande – die neue Muringleine, die unsere zweite hätte ersetzen sollte, musste erst gelegt werden, es dauerte also ein Weilchen. Ohne mein Gebell wären wir wahrscheinlich schon auf der CORINA gelandet  – wir haben nämlich Seitenwind, Südlage. Nun liegen wir wieder gut und fest. Danke nach Kiel – www.manoevertraining.de ! Hilmar, der Stopperstektrick funktioniert immer wieder hervorragend, und nun auch wie im Schlaf. Oder zumindest kurz nach dem Frühstück.

Unter Franzosen

Hier am Steg ist der Bär los, wie an den anderen Stegen auch, ein, zwei holländische, zwei deutsche Bären (plus unsere Crew), der Rest ist französisch. Gestern machte sich eine gewisse Hektik breit – wie mag das wohl zur Zeit der ARC-Abreise zugehen?!

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Was hier ausschaut wie ein trauter Stegplausch ist eher rege Diskussionstätigkeit. Die „conversation€ dreht sich um schöne Themen, von „wer hat meinen Wasserschlauchadapter€ über Seekarten für Afrika bis zur Malariaprophylaxe. Wer hat was, wer weiß was? Der zum Schlauchadapter gehörende Holländer stampft bei Dunkelheit so erbost wie entschlossen über den Steg und kontrolliert alle Anschlüsse. Dabei hatte er sich seinen Adapter auch nur erschlichen – Len würde sagen „€¦ that sounds dutch€ und Len darf das sagen, er ist ja Holländer€¦ Gegenüber der AKKA wird seit 2 Tagen der Autopilot mit immer neuen Relais repariert, gefolgt von immer neuen Testfahrten; gleich nebenan wird seit 10 Tagen eigentlich alles instandgesetzt, wozu man sich Werkzeug von den Nachbarbooten schnorren kann. Es hat sich schon eine kleine Gruppe von „trop d€™assistance maintenant€-Gruppe gebildet ;) . Die Malariaanhänger aus der Diskussionsrunde finden sich zur Multimediakonferenz im Internetcaf� ein, die Seekartenpiraten frequentieren die umliegenden Copyshops. Nur auf der AKKA ist Ruhe, und auf CORINA. Dort wird lediglich der Versuch, eine Schulstunde abzuhalten, mit verhaltenem Missmut quittiert.

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Evelin denkt wohl lieber an ihre affenartigen Exkursionen ins Rigg, Oliver lässt sich da nicht lumpen.

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So sieht das schon fröhlicher aus!

Und bei mir? Dinghycover nähen, Edelstahl putzen, Gelbfieberimpfung. Außenborderwerkstatt besuchen, Ankerkette entsalzen, Expedition in die Ferreteria. So ein Tag ist schnell um, von wegen ruhig. Und die nächste Malariakonferenz droht gleich. Französisch -schweizerisch dieses Mal. Vorher muss ich noch Kopien aus dem Shop abholen. Für die Franzosen natürlich.Und für uns€¦

Truebe Tage

Las Palmas. Keine Ahnung wie es im Süden der Insel aussehen mag, aber hier ist es anhaltend bedeckt. La panza del burro nennen die Canarios diese dicke Wolke, sagt Heiner. Eselswanst. Und der macht es auch kühl, wie gemein!
Der Eigner ist nach Deutschland geflogen, für ein paar Tage nur, aber weg ist weg. Die Nachbarn vom Pantalán, wie man hier die Stege nennt (nicht pantalón, das wäre die Hose!), kriegen alle große Kisten mit Proviant geliefert und basteln um die Wette. Vorbereitung auf den Absprung nach Westen. Wie gemein! Die große Lagoon, bei der wir uns mangels zweiter Muringleine bis gestern zumindest gefühlt anlehnen durften, ist am Abend ausgelaufen. Ein bisschen eilig werden die es haben – am 21. steht die neue Gästecrew in Barbados und verlangt nach Karibikgenuss. A fast voyage, kann man da nur w?nschen – das wird knapp. Und ich darf daf?r gleich die AKKA neu anbinden – immerhin ist mit der abreise des Katamarans eine Muringleine frei geworden, oder 2 oder 3, oder 4… Das war schon bei unserer Ankunft eher gemein ;-). Heiner und Barbara reisen auch ab. Was tun? To-Do-Liste statt Selbstmitleid ist die beschäftigungstherapeutische Devise. Platz für Proviant schaffen. Duschvorhang anpassen. Nach Stoff für die Dinghyabdeckung suchen. Zwischendurch die Wäsche waschen – ich gewöhne mich doch sehr an das Bordmaschinchen und das Auswringen geht mir schon flott von der Hand. Die Edelstahlteile an Deck mal mit Süßwasser abwischen – für einen kräftigen Regenguss reicht die Bewölkung irgendwie nicht. Das ist nun wieder gemein!
Will sagen: alles planmäßig auf der AKKA. Es gibt was zu meckern, und es gibt genug zu tun. Und ich liege nicht im Krankenhaus, wie Bahni Bahnsen, der aus seinem Damper Zimmer auf’s Wasser schaut! Grüße an die Ostsee und gute Besserung!
Und dann geht der Tag erst eigentlich los… Es klopft. Stefan, Eva „Aphrodite“s Bruder steht am Bug. Zwei neugierige Kollegen im Schlepptau. Nachdem ich sie mit einem Kaffee ausreichend betäubt habe, kriegen sie gleich die Assistenz beim Murignleinenmanöver aufgedrückt. Danke! Den Rest, nämlich Mittelspring und Steuerbordheckleine nochmals durchsetzen geschieht mit tatkräftiger Hilfe von Karl „CORINA II“, HR 38 aus Kiel (Familie mit deutlich schwäbischem Zungenschlag ;-)). Und kaum bin ich so weit, den Landstrom
wieder anzustecken, steht eine Frau am Bug: „…sag mal, seid Ihr die AKKA aus dem Bluewater-Forum!“ „Fridolin“fragt – und genau die hatten wir für unsere Fragen zu Zollangelegenheiten gebraucht.
Also habe ich fünf Fliegen mit wer weiß wie vielen Klappen geschlagen, noch Kuchen für die Helfer gebacken und darf eben beim Wäscheaufhängen auch noch der „Alex“, der ALEXANDER von HUMBOLDT, bekannt vielleicht als das „Beck’s-Schiff“, beim Auslaufen zuschauen. erfreulich, erfreulich!
Wirklich trübe Tage hier in Las Palmas. Voller Lichtblicke.

Fast wie im richtigen Leben

… ist es hier. Wir sind nämlich seit Montag in Las Palmas. Industriehafenlärm, Verkehrsgewühl, geschäftige Menschen im – immerhin sonnenbeschienenen – Alltagstrott. Heute früh haben wir uns schick gemacht, lange Hose, lange Ärmel, geschlossene Schuhe, haben uns auf unsere Räder geschwungen und sind zum Konsulat der Bundesrepublik gefahren. Unterschriftenbeglaubigung war der Zweck des Unternehmens. Dass die ganze Sache dann durch eine Art Postschalter – der Konsul auf der einen, wir auf der anderen Seite – geschah, ließ zwar die Verkleidung eher unnötig erscheinen, tat aber dem merkwürdigen Gefühl keinen Abbruch, mal wieder ordentlich gewandet zu einem festen Termin in einem Büro aufschlagen zu müssen. Hmmh. Und schon fallen einem auf der Strandpromenade die Langfahrtsegler auf, sonnenverbrutzelt, in verschossenen Hemden und Shorts, barfüßig auf verrosteten Klapprädern. In Mogan konnte ich das selbst auch noch, aber hier wirkt das lediglich im Bereich der Marina „normal“.

Mit dem Beglaubigungsvorgang ergab sich eine kleine Wartezeit, die wir am nahegelegenen Parque Santa Catalina verbrachten – Sonnenschein, Café con Leche, frische Zeitungen. Festellung vom Eigner (unter dem Eindruck des ZEIT-Artikels über Türkei-Überwinterer): “ Irgendwie verstehe ich diese Langzeiturlauber – kannst Du Dir vorstellen, jetzt auf dem Kröpcke zu sitzen??“ Nee. Kann ich nicht. Erstens sitzt man derzeit in Hannover höchstens IM Kröpcke und versucht durch beschlagene Kaffeehausscheiben nach draußen zu schauen, und zweitens sind wir keine Langzeiturlauber, sondern gehen einer geregelten Blauwasserseglertätigkeit nach. Zum Beispiel gestern – 10 sehr holperige Stunden Motorsegeln gegenan (gut, dass Du nicht dabei warst, Heiner! Das wäre ein wenig genussvoller Einstieg in die AKKA-Segelei gewesen!), von Mogan nach Las Palmas, 2 Anlegemanöver am Welcome-Ponton (tjaja, der Seitenwind und ein ungeschickter Leinenwurf von der Schipperin!), Anlegemanöver an einem zu kurzen Liegeplatz, zurück zum Welcome-Ponton, neuer Liegeplatz, neue Leinenmanöver; hier: Muringleinen sortieren – die Nachbarn hatten sich alle drei bis vier geangelt und für uns waren keine mehr übrig. Genuapersenning aufziehen. Deck vom Hafendreck befreien, den wir mit den Muringleinen aufgeholt und weiträumig verspritzt hatten. Kochen. Wenn nicht die Dunkelheit längst eingebrochen wäre, hätte dem Eigner auch noch Stündchen Salzkruste-Abwaschen gefallen. Das war dann heute früh noch dran.

Das „richtige Leben“, das fehlte ein bisschen in Puerto de Mogan – nicht bei uns, schließlich hatten wir, abgesehen vom steten Bootsbasteln, bei Nichte Anna Renovierungshilfe zu leisten, Wasserschaden beseitigen, Decke spachteln, Silikonabdichtungen ziehen. Nicht zu vergessen, dass wir am Freitag nach 6 Monaten erstmalig nicht auf der AKKA gepennt haben – Annas Geburtstagsdinner wurde mit einer Übernachtung in Heiners Ferienwohnung beschlossen. Alles planmäßig geschäftig bei uns also, nur Puerto de Mogan, das war doch ein bisschen anders als früher. Bis 10 Uhr und abends ab 18 Uhr ging es so einigermaßen beschaulich zu, es ist eben immer noch hübsch und fühlt sich an „wie gewachsen“. Aber es gibt viel mehr Lokale als früher, der alte Ort ist nicht mehr da, „El Cafetin“ verschwunden wie überhaupt der Weg bergauf zwischen die alten Gemäuer nicht mehr auffindbar ist. Dafür ist freitags der ganze Ort ein einziger Flohmarkt, und auch sonst scheinen tagsüber Busladungen von Touristen aus anderen Anlagen hier abgekippt zu werden, die dann fleißig Bilder von der AKKA am Kai schossen und sich durch Geschäfte und Restaurants wälzten, die mittlerweile die ehedem unbebaute Badebucht füllen.

Dennoch – wir hatten einen mehr als versöhnlichen Abschluss zu verzeichnen: wenn auch die Rechnung unversöhnlich hoch war, haben wir doch unser Abendessen in der „Bodeguilla Juananà“ in Mogan sehr genossen. Mir war zunächst die Tafel mit dem Hinweis „Very Slow Food Area“ aufgefallen. 5 grob gezimmerte Tische mit hölzernen Sofas unter einem Flickendachhimmel, eine winzige, offene Küche für „Show-Cooking“. Der Chef kocht, serviert und berät selbst – was unweigerlich in „very slow food“, mit Betonung auf „very“, enden muss, aber wir waren ja gewarnt. Lanzarotiner Wein, hiesige Fische und Gemüse, nur das Rind war südamerikanisch. Die Tomatensuppe ein echtes Gedicht, die Prawns mit „Papas Arrugadas“ (sehr hübsch übersetzt mit „Schrumpelkartoffeln“) auf einem karamelisierten, schärflichen Honig-Ingwer-Geheimnis einfach unschlagbar. Für die gigantische und sehr verführerische Käseseite des zweiseitigen Menus (auf Packpapier geschrieben und auf ein Holzbrettchen getackert!) fanden wir in unseren Mägen leider keinen Platz mehr. Es war schön, mit Heiner und Barbara über ein paar Stunden sitzen und erzählen zu können, und die Rechnung haben wir einfach unter „ideeller Gewinn“ abgeschrieben. Und da es dem Chef nichts ausgemacht hatte, dass wir den Servierlöffel zum Auflöffeln der Saucen missbrauchten, konnten wir davon noch auf der Holperstrecke nach Las Palmas schwärmen.

Nun allerdings gibt es wieder Salat mit Brot und Knoblauchsauce im Cockpit. Man kann ja versuchen, finanziellen Aufwand wieder auszugleichen. Dies ist schließlich kein Urlaub hier, sondern das richtige Leben.