…. the Smiling Coast!
10. März, Banjul
Wie oft haben wir das heute gehört? Besonders von denen, die sich mit uns gern anfreunden wollten. Immigrationbeamte, die gern mal nach Deutschland möchten. Der Port Authority-Mitarbeiter im Schweizer Post-Hemd. Oder auch der schlichte Passant, der sich mal schnell als Customs Agent ein paar Dalasi verdienen will… Welcome to Gambia, the Smiling Coast. Schade, dass wir nicht „fussball“ sprechen – das scheint hier immer ein Thema zu sein.
Wir sind also ein Land weiter. Auch ein ganz schön schwarzes Stück Afrika. Soll ich loslegen? Alle Vorurteile belegen, die man so haben kann? Aber so isses nun mal:
Die Seaport Immigration. Kleines Kämmerchen in einer Lagerhalle. Dunkelweiße Wände mit braunem Absatz in Hand- bzw. Specknackenhöhe. Zwei Schreibtische, 3 Stühle, auf denen (auch auf den Tischen) sitzen 4 Immigration-Beamte. Und eine Lady in einer anderen Uniform. Die kriegt gerade von einem der Beamten eine Fußmassage verabreicht. Ich bin begeistert – das will ich auch, und es wird mir auch versprochen: „… my mother cried last sunday when the effect of the massage set in…“ Gelächter. Wir kriegen unsere Stempel und die Immigrationleute 15 $ pro Nase. Dafür machen sie nun eine schicke Tour zu den Yachten – 3 Mann hoch, abgeholt von meinem Schipper, der wie Caroline an Bord geblieben war. Schließlich liegen wir vor „Half Die“, einem der schlimmsten Viertel von Banjul, wie der Segelführer zu berichten weiß. Half Die heißt übrigens nicht wegen halbtot geschlagener Yachties so, sondern weil bei einer Choleraepidemie die Hälfte der Bevölkerung…
Während sich – wir hören es später – die Immigration jeweils an Bord ein paar vergnügliche Minuten bei kühlen Getränken macht, warten Urs und ich an der Mole geduldig auf unserer Dinghy-Umsteigestation, einem Schwimmbagger, und schäkern mit dem verbliebenen Beamten und der Besatzung. Siehe oben – Fußball und Smiling Coast. Es geht gegen Mittag, als Andreas die Fuhre zurück an Land bringt (eine verdächtige schwarze Plastiktüte wird wohl die Restposten an kühlen Getränken enthalten ?!). Auf zum Zoll.
10 Minuten Fu?marsch durch Half Die, nicht ohne vorher einmal missgeleitet beim Port Captain gelandet zu sein (kompliziertes Einchecken beim Pförtner inklusive), aber dann ein echt afrikanischer Zoll. Gibt es eigentlich auch Alt-Möbel-Sammlungen für Afrika? Nicht nur scheint ein Großteil der Bevölkerung meine abgelegten T-Shirts zu tragen (besonders sexy: der knackige Schlepperfahrer im schwarzen, durchbrochenen Häkelhemdchen!), nein, man sitzt auch auf einer wilden Mischung von Hockern und Wohnzimmersesseln und 4- bis 5-rolligen Bürostühlen. Die eine oder andere Beamtin hat sich schon der Wirkung der Mittagshitze hingegeben und schläft mitten im Gewühle ein Mittagsschläfchen. Kopf nach hinten auf der Lehne, Kopf nach vorn auf dem Schreibtisch – gerade so, wie die Gebrauchtmöbelsammlung es erlaubt. Wir geraten via Chefbüro an einen jungen, sehr strengen Zöllner, der vom Chef mit einem „pleeeeaaase“ überhaupt erst dazu gedrängt werden muss, uns abzufertigen. Natürlich mit Inspektion. Wie, schon wieder?
Die Rückfrage führt zu einer ansatzweise angestrengten Diskussion, aber ich habe mittlerweile gelernt, wo die Grenze zwischen „klein beigeben“ und „Sachverhalt klären“ verläuft. Den Grund für den Unmut erfahren wir auch gleich: Mittagspause und Gebetszeit… Das wird KOSTEN!! Also zurück zur Mole, dem jungen Mann ist nicht recht wohl, dass es nun eine Seereise gibt, noch dazu in unserem wackeligen Dinghy. „That’s too far!“ Das wird erst recht kosten!! Egal, wir ziehen das jetzt durch. Nach ein bisschen Geplauder und mal kurz durch’s Schiff gucken – ich präsentiere unser achteres Klo als unsere „Scheune“, das muntert auf! – wechselt viel zu viel Geld den Besitzer, aber irgendwie müssen wir ja weiterkommen. Und gemessen an den 50 US-Dollar, die neulich Heather und Marc hier gelassen haben sind wir mit umgerechnet 25 $ noch gut dabei. Aber: nix zu machen bei den Schweizern. Ganz steinhart wird sich Urs kurze Zeit später nicht erweisen, aber da gibt es einfach nicht mehr als 5 Euro. Geht doch – wieder was gelernt…
Landpartie, die dritte. Letzte Station „Port Authority“, da wo wir vorhin schon mal waren (Einchecken beim Pförtner, Passvorlage, Abmalen der Namen…). Mittlerweile rückt die Uhr auf 14, und mit ihr rückt die Weiterreise nach Oyster Creek an den Rand des Unwahrscheinlichen und wird auf morgen verschoben. Auch hier wieder ein bisschen hin und her, Urs muss mit einem sehr netten Mitarbeiter raus auf den Schwarzmarkt (Auschecken/Einchecken…), Dalasi eintauschen. Wir haben keine Euro dabei, und CFA nimmt man nicht. Ich warte derweilen, lese die Wochenschrift Foroyaa (Die Freiheit). Regierungskritisch, überraschenderweise. Im Regierungsbüro. Wo die Journalisten wohl sitzen? Die Zeitung verzeichnet nämlich einen Aufruf, eine seit einem Jahr inhaftierte kritische Journalistin freizulassen.
Dann geht alles ganz fix – wir kriegen unser Permit, den Gambia aufwärts zu fahren bis Jan Jan Bureh, dem alten Georgetown, und werden mit einem Handzettel, dass wir bei der Vorbeifahrt an Baboon Island die Schimpansen nicht ärgern sollen, entlassen – die regen sich nämlich auf über gestikulierende und schreiende Gaffer und springen dann vor Wut ins Wasser. Ohne Affen-Schwimmweste ganz schlecht. Wir werden jedenfalls keinen Chimp zum Ersaufen bringen, dazu freuen wir uns zu sehr auf den oberen Gambia.
Es soll ja nicht nur die Küste lächeln – die Schimpansen am Flussufer auch.