Mangos und lila Eier

Es ist Montag, heute geht der Alltag wieder richtig los – gestern bestand das Programm ausschließlich aus Grillen in der Fishing Lodge, gleich gegenüber vom Anleger; fast ausschließlich – ich habe Till Schürmanns beinahe-Gesellenstück abgeschliffen, unseren Spruce-Bootshaken. Die UV-Strahlung tut ihre Wirkung auf dem Arnisser Bootslack. Aber von 2 bis 5 saß der ganze Seglerhaufen beim BBQ, und es gab, außer gegrillten Hühnerspießchen, Frikadellen, Heilbutt und Grouper, auch all die gefährlichen
Sachen wie Krabben und Salate, Eiscreme und Obst. Lecker und völlig folgenfrei – wir sind höchstens mal wieder ein bisschen voller als sonst. Heute ist aber wieder Traffic Jam auf der Denton Bridge – nun ja, was man hier so traffic jam nennt, vielleicht sind wir auch nur zu spät aufgestanden… . Ich packe gleich den Sack mit der Schmutzwäsche und drücke sie drüben am Anleger Fatima in die Hand. Mir ist es mehr als recht, die Wäsche wegzugeben: Wir sparen unser mühsam erzeugtes Wasser, und ich bin den Druck los, so gar kein Gesch?ft mit den beiden netten Schwestern zu machen. Jedes Mal, wenn wir am „Shop“ entlanggehen, kommt die Einladung, doch zu schauen und zu kaufen. Interessiere ich mich für einen Batikstoff, kommt unweigerlich die Frage: „… how many do you want?“, nicht etwa ein Preisangebot für ein Stück. Da habe ich es wirklich schwer mit meiner Kaufhemmung.
Ibrahim Ceesay kriegt morgen seinen Auftrag, er wird unsere Propangasflasche nachfüllen. Ceesay ist so etwas wie der „Hafenmeister“ hier – wir wollten kaum glauben, dass er noch hier ist, wird er doch schon in der Reisebeschreibung von vor 18 Jahren erwähnt, als ordnendes und wachendes Zentrum dieser kleinen Ansammlung von Hütten und Containern rund um den Pirogenanleger. Aber heute hat er seinen „freien Tag“. Verdientermaßen.

Tja, die Mangos – der Sonnabendausflug führt uns mit Len und Janna nach Serrakunda, wir suchen unter anderem immer noch nach einem Supermarkt, in dem man sich für die Kapverden und darüber hinaus verproviantieren kann. Der Taxifahrer wirft uns mitten im Marktgewühl raus. Es scheint ein bisschen geordneter zuzugehen als in Dakar, alles sehr geschäftig, und entweder ist es sauberer, oder wir nehmen das nun anders wahr… Je tiefer wir in den Markt eindringen, umso mehr überwiegt bei mir der Eindruck, dass Mangobäume hier wachsen wie Unkraut, und unser Guide, den wir nicht gerade ermutigen, der sich aber doch beharrlich und letztendlich erfolgreich anhängt, erklärt, dass wir bald für 10 Dalasi so viele Mangos kaufen können, wie wir gar nicht essen können, im Gegenteil, wenn wir erst einmal weiter oben auf dem Gambia sind, werden uns die Mangos geschenkt werden. Schon jetzt sieht man in den Bäumen, die den ganzen Serrakunda-Markt überragen, (außer Kuhrreihern) viele dicke, grüne Früchte hängen.

„Mango-Chutney“ schießt mir durch den Kopf und „Mango-Marmelade“, „Mango-Mus“, vielleicht zu Süßkartoffel-Reibekuchen? Derzeit kaufen wir noch „teure“ Früchte. 30-40 Dalasi das Kilo, Toubab-Preis. Das ist +/- ein Euro, für drei frühstücksfertige Mangos – wir wollen nicht meckern. Wir meckern überhaupt nicht über den Markt: ziemlich bunt, mit einem endlosen Gewirr kleiner, tief beschatteter Stände, gerade so weit auseinander, dass sich zwei Leute aneinander vorbeischieben können. Gängiges Transportmittel ist die Schubkarre, und die wird reichlich durch die engen Wege geschoben, gehäuft mit geräuchertem oder frischem Fisch, Gemüse, Broten oder gar Windeln – alles geht… Wir kaufen Pfefferschoten, die bekannten kleinen roten und grünen, und dann welche, vor denen gewarnt wird, geformt wie kleine, kugelige Paprikaschoten mit tiefen Einkerbungen. Unsere Premiere dafür kommt noch, aber Caroline sagt dazu, dass die nicht essbar seien, und Janna berichtet, dass sie eine geschmort hat und den ganzen Abend die Feuerwehr rufen wollte; sie hatte sich beim Kochen mit der Hand über den Mund gewischt… Lebende Hühner sitzen in Käfigen, sicher die hygienischste Methode frisches Fleisch zu erwerben, aber schlecht sieht das Fleisch von Rind, Schaf oder Ziege auch nicht aus, wir haben schon viel mehr Fliegen gesehen – ich bin nahe daran, einen Fleischwolf zu kaufen und einen kleinen Vorrat an Hackfleisch zu bereiten. Der Fisch macht auch keinen wirklich schlechten Eindruck, man müsste halt hingucken, aber im Creek sitzen wir ja an der Quelle. Trotzdem ist nicht alles „Deutschboot“-fähig: Die vorgefertigte Erdnusssoße aus dem Plastiksäckchen zum Beispiel. Geschöpft wird sie aus einem mehr als obskuren Eimer, und das Produkt selbst hat eine ebenso merkwürdige Farbe wie Konsistenz. Diarrhöe??  Dann lieber zum Leckeren: gibt Kartoffeln, Yams, Süßkartoffeln, Berge von Reis, große Blechteller mit Couscous. Dicke Bündel Süßkartoffelblätter, die wie Gemüse geschmort werden – all das verrät uns unser freundlicherGuide. Wir kaufen Okras, die gibt es ganz oder küchenfertig geschnippelt, Auberginen. Endlich weiß ich, warum letztere „eggplant“ genannt werden: In der bei uns üblichen Größe mögen das merkwürdige Vögel sein, die solche Eier legen – aber hier liegen ausser den bekannten länglichen – und echten Riesenbiestern – auch kleine, perfekt violett gefärbte „Eier“ auf den Tischen.
Was es nicht gibt, ist das, was wir die ganze Zeit erwarten – dass wir nun endlich zur Batikfabrikation, dem Schuh-, Stoff- oder Schmuckladen unseres Führers geschleust werden. Mitnichten. Stattdessen bietet er uns an, uns in seinem Auto nach Bakau zu fahren. Für einen „good price“… – und der fällt dann so aus, dass wir uns fragen, was das wohl für eine Karre sein wird. Kurze Zeit später steigen wir beschämt in einen älteren, aber sehr gepflegten, silberfarbenen Mercedes 200. „In style“ in die
Touristenenklave. Zum Einkaufen im Supermarkt (den wir dann doch nicht finden). Ostereinkauf dann demnächst wieder in Serrakunda – Mangos und lila Eier…

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