Mangos, Bananen, Lilly und Co.

Gambia River, 31.3.2008

Janna und Len bitten zum Sundowner auf die Present, und wir lassen die Sonne ganz schön weit hinter den Horizont sinken, bevor wir zurück zur AKKA tuckern. Bei Wasser und Bissapsaft und in der zweiten Stufe dann einem Glas Wein, wahlweise einer kühlen Büchse Bier, lassen wir einen ereignisreichen Tag Revue passieren. Erst einmal ging es im Slalom zwischen den Treibnetzen von 4, 5 Fischerpirogen nach Kuntaur. Klingt nach „Traffic Jam“ – aber es ist immer noch relativ leer, obwohl sich die Nähe des Ortes – Kuntaur war mal Gambias zweitgrößter Hafen! – bemerkbar macht. Hier pulst das afrikanische Leben – eine kleine Fähre schaufelt Marktbesucher vom Westufer hinüber, Jungs kommen schon während unseres ersten Ankermanövers herübergeschwommen, das Übliche: „What’s your name?“… Im zweiten Versuch hält der Anker, aber wir trauen dem Braten nicht so recht – solange der Strom aufwärts läuft, gehen wir ins Dorf, aber sobald er zu kentern droht hauen wir wieder ab. Unter den Bäumen an Land sammelt sich schon die gespannte Dorfgemeinschaft – ältere Männer, vor allem aber die Kinder nehmen unsere Dinghyleinen an und die Karawane zieht los. Wir suchen Zwiebeln und Tomaten, Bananen, Mangos. „Oh, yes, we have a big market where you can get everything…“. Besser wäre der Zusatz gewesen: „… but not today“, denn heute ist Loma, Wochenmarkt außerhalb des Ortes, nur mit dem Eselskarren zu erreichen, und wegen des Tidenzeitplanes für uns ein bisschen knapp. Aber da gibt es Abhilfe – wir werden in
Haus 1 geleitet und kriegen eine Handvoll sehr reifer Bananen und ein paar kleine Mangos. Sehnsüchtig denkt man an die Europaoasen in Dakar zurück, an mediokre „Supermärkte“ in Banjul oder Saly, aber wir freuen uns über unsere Schätze. Und im Gehöft 2 stehen wir schon vor einer großen Schüssel voller grüner Bananen, genug für alle Boote, und dann steigt einer der Jungs in einen der Mangobäume, die den Gartenhof beschatten, und wir bestellen eine Wurfsendung Mangos. Mit 15 Früchten – und der Kinderkarawane im Schlepptau – ziehen wir zurück zum Fluss, kriegen unterwegs noch eine dörfliche Wohnung gezeigt, mit TIEFKÜHLTRUHE, die die Hausfrau stolz öffnet und schließt, öffnet und schließt. Hier gibt es nämlich a. Wasser aus ein paar über den Ort verteilten Wasserhähnen, b. ein paar Motorräder und c. STROM… Und einen Laden der Fußbälle anbietet – wir werden ziemlich unmissverständlich dorthin geleitet, und während eingekauft wird, tausche ich mit den gespannten Kickerkandidaten Fussballernamen aus. Ballack ist da, und Miroslav Klose. Die Brasilianer natürlich und die Stars von Arsenal, Chelsea und Manchester United. Hier gibt es halt Strom und damit auch Fernsehen…
Len liefert zum Schluss noch unseren Müll aus – ein bisschen Gegenleistung haben wir Toubabs uns mit den Bällen und dem Schulmaterial von der PRESENT verdient.

Anker auf! Nur ein paar Meilen sind es bis zu den Baboon Islands, auf die wir alle schon so lange warten, obwohl doch zwei Segelführer von wenig Glück berichten, was die Beobachtung von Hippos und/oder gar Schimpansen berichten. AKKA fährt voraus,, hinein in den Kanal zwischen den Nationalparkinseln. Was für ein Schauspiel für die anderen. Petite Fleur und Present dürfen zuschauen, wie wir stecken bleiben und versuchen, aus dem weichen Grund wieder loszukommen… Ranger aus dem National Park versuchen uns eher ungeschickt zu helfen, aber nach langen 30 Minuten sind wir wieder frei. Als wir gegen 16 Uhr am Südende der großen Baboon-Insel Anker werfen, kommt schon das nächste Rangerboot, wir reichen kaltes Wasser mit Zitronensirup über die Reling, bekommen Anweisungen. „We’ll go and have a look where the chimps are…“ – kurz biegen die beiden um die Ecke und kommen stante pede zurück“… they are at their feeding place!“ Das können wir uns nicht entgehen lassen. Wir entern die Rangerpiroge, die anderen tuckern in Presents Beibötchen hinterher, und wir sind kaum in den Kanal eingebogen, da präsentieren sich zur Linken die ersten Hippos, obwohl ein heißer Wind weht und Flusspferde dann gern lange unter Wasser bleiben. Und zur Rechten… – ein Pavian. Und?! Lilly, die 31-jährige Schimpansenenahnin guckt SEHR interessiert aus dem Unterholz. Ein 3-jähriger Affenknabe klettert in einen Baum und übt ein bisschen Imponiergehabe, das ist „Delaware“. Einer etwas jüngere Dame mit Kind schaut aus dem
Hintergrund. Das hatten wir nicht zu hoffen gewagt… Schimpansen. Und dass ringsum noch Kingfisher und Flussadler, Reiher, Hornbills und afrikanische Gänse sich an/im/über einem dichten Wald tummeln, macht den Eindruck perfekt.
So sitzen wir dann auf der PRESENT, nippen am Bissapsaft und horchen in die Zikaden- und Vogelgesänge hinaus. Dies ist der lauteste Platz seit Tagen – wir sind im Süßwassserbereich angekommen, mit allem, was die reiche Vegetation so mit sich bringt. Palmen, Organ-Trees, Baobabs – und Schimpansen.

Still und leer…

Bird Island / Gambia River, 30.3.2008

Nicht mühsam, aber langsam bewegen wir uns den Gambia River hinauf. Hatten wir in Bombale auf einem engen Seitenarm des Gambia geankert, erweiterte sich der Fluss gleich hinter Elephant Island auf „friesische“ Weiten, es fehlten lediglich die Schwarzbunten. Nun gut, es waren auch keine Weiden hinter den etwas spärlicher werdenden Mangroven,, sondern Reisfelder, aber die Fliegen ähneln sich verblüffend: dort Bremsen, hier Tsetse… Das Wetter ist zunehmend windstill und diesig, das Licht entsprechend gebrochen, die großen Wasserflächen liegen spiegelglatt im heißen Dunst. In den Morgenstunden fahren wir jeweils ein Stückchen weiter, bis zum Kentern der Tide, und ankern dann. Dinghytour an den Mangroven entlang, Flussadler und Kingfisher bestaunen, und ab und zu mal in einen kleinen Seitencreek hineinsteuern. Es ist gespenstisch still, nicht nur in den heißen Stunden, sondern den ganzen Tag über. Und es ist leer – nur ab und zu quert mal eine Piroge mit einem Fischer unseren Weg und lässt ein Treibnetz stromabwärts driften. Schall trägt meilenweit – wenn es denn Schallquellen gibt. Die Stille ist ohrenbetäubend und man mag gar nicht seinen Außenborder anwerfen. So staken wir denn mit den Paddeln durchs knietiefe Wasser oder lassen uns mit der Strömung um Bird Island treiben. Auf dem Nordufer erheben sich schon den ganzen Tag Rauchschwaden hinter der Uferböschung – Bauern brennen den Unterwuchs ab, um ein neues Reisfeld anzulegen.
Zurück an Bord lassen wir uns ermattet im Cockpit nieder und üben „Schwitzen“… Sehr erfolgreich! Dann ein leiser Funkspruch, Urs: „PETITE FLEUR hat gerade ein Hippo gesichtet!“ Tatsächlich – alle paar Minuten taucht 200 m vor den Schweizern ein Kopf aus dem Wasser, ein Flusspferd auf dem Weg vom Südufer zur Insel. Das hätten wir nicht gedacht, dass die solche Strecken zurücklegen… Wenn wir hier baden, dann paddeln wir im Bereich der Heckplattform gegen den Strom. Richtiges Schwimmen fällt aus – man kühlt zwar ein bisschen ab im 30 Grad warmen Fluss, aber der Strom ist stark und jede Anstrengung lässt einen nachher umso mehr schwitzen. Also starren wir vom Vorschiff in den Dunst und schauen dem Hippo zu, dass auch zu „baden“ scheint: mal hin, mal her. Dann geht die Sonne unter, wir ziehen uns zurück und das Moskitonetz über das Cockpit. Ein paar Mücken sirren, in der Ferne ein paar Zikaden, und ab und zu plätschert es… Ein Fisch? Ein Hippo, das mit dem Schwanz wirbelt? Es schnauft. Ganz klar – ganz kurz füllt dieses laute, heisere abgehackte Hippogeräusch – so eine Art Schnarch-Bellen – die Luft. Gleich ist es wieder still, aber leer ist es gewiss nicht. Irgendwo da draußen im Dunkeln ist ein Flusspferd…