Beschaffungsqualen

Ein Morgen der an einen europäischen Sommertag erinnert – Sonnenschein, milde 30 Grad, es ist 8 Uhr und wir haben schon längst gefrühstückt – wir leben die tropische Variante der senilen Bettflucht, nämlich mit den Hühnern ins Bett und auch wieder raus. Der Eigner ist zurück aus Deutschland und hat ein paar ebensolche Sommertage gerade erlebt; das Spargelessen hat er allerdings nach dem anfänglichen Stress gerade um 2 Tage verpasst, und Erdbeeren zu kaufen, da hat er nicht dran gedacht. Oh, Mann, und das ist das einzige, was ich hier vielleicht mal vermisse – Kirschen, Himbeeren und anderes Sommer-Matscheobst.
Zurück zum Eigner, der stieg aus dem Flugzeug mit allerlei Ersatzteilen, und so schönen Sachen wie einem verdächtigen Kilo Pulver für die Eignerin, leicht säuerlich riechendes auch noch – Trockensauer für€™s Brotbacken.€Waren bis 500 US$ sind frei€¦€. Nothing to declare! Na, denn man tau. Und zum erstem Mal in seiner Karriere als harmlos und seriös ausschauender Fluggast wird er aus der Schlange herausgewunken. Zoll. Schweißausbruch – er versucht einen Warnanruf zu mir, die ich vor dem Gate stehe: „€¦ das kann dauern!€ Es dauert genau 20 Sekunden, so lange braucht das Gepäck für die Reise durch das Röntgengerät. Der Plastikbeutel mit dem Trockensauer – für Koks oder Heroin wohl zu plump unversteckt. Der WLan-Antennenvorrat, die Dichtungssätze, Leuchtstofflampen, Wäscheklammern, Motorenteile, Lens halber Generator – alles unverdächtig und nicht von Interesse für den brasilianischen Zoll. Was die wohl suchen? Eingeschmuggelte Monster-Bikinis oder Copy-Flipflops? Egal – dem Reisenden war die Erleichterung anzusehen. Mir auch. Er ist nämlich wieder da.
Aber nun geht es weiter mit den Beschaffungsbemühungen, es passt einfach nicht alles ins Fluggepäck. Meine „freie Zeit€ hatte ich bereits gut genutzt und zum Adventureurlaub umgemünzt€¦ Ich war beim Metzger und habe gefragt, wo man einen Stichschutzhandschuh kaufen kann. Sehr schöne Unterhaltung im Supermarkt, Lachen auf allen Seiten. Ist ja auch komisch: leicht abgerissen gekleidete dicke Seglerin fragt in gebrochenstem Portugiesisch, wie sich der Handschuh nennt, den der Herr hinter der Glasscheibe da an der linken Hand trägt. Ganz einfach: Stahlhandschuh = luva de aco ( mit c-cedille, aber das kriege ich hier nicht hin! Ich könnte das WordPress würgen! ). Aah! Und kriegen tu ich das beim Vertreter aus Sao Paulo. Uuuh. Also wir nicht, schließlich sind wir keine Metzgerei, sondern wollen nur Propeller und Rumpf von Bewuchs befreien. Nächster Punkt: Batterie für den Laptop. Mercado Livre, das brasilianische eBay, bietet sie an, aber zu hohen Preisen. Also nachfragen im Elektronikkramladen. Und da wird man schnell auf „website€ verwiesen, übrigens gesprochen: „wäbbseidschi€ (es gibt noch ein schönes brasilianisches Wort aus diesem Themenkreis: „daolodschi€. Was das wohl heißt ?? ). Die Batteriefrage hätte ich mir also sparen können, dafür schaltet sich ein Nigerianer ein, der mir auf Englisch einhilft und so kommen wir zu dem Tipp, doch eine externe, modellunabhängige Batterie in Erwägung zu ziehen – die gibt es aber nicht hier, sondern eine Busreise entfernt in einem anderen Laden. Problem vertagt. Schräg gegenüber, darum bin ich eigentlich hier, sah ich aus dem Bus heraus eine Reklame für Wasserfilteranlagen – die müssten unsere Vorfilter für den Wassermacher haben! Schlau gedacht, aber Fehlanzeige€¦ Das typische brasilianische bzw. latino-Geschäftslokalverfahren: Reklameschild mit Rufnummer am Haus, man steht dann vor einer Reihe nummerierter Klingeln, weiß nicht, welche man drücken soll, hofft auf Erfolg bei der jungen Frau, die einem bedeutet, dass sie in das ansässige Steuerbüro möchte, so dass man mit durch die Tür schlüpfen könnte – aber sie hat damit so wenig Erfolg, wie ich mit dem Telefonat mit der Rufnummer, die auf der Reklametafel steht. Die Adresse existiert einfach nicht mehr, und nicht einmal der interessiert zuschauende Keilriemen-Straßenhändler, dem ich verzweifelt mein Telefon ans Ohr drücke, kann aus dem Austausch von Wortschwällen herausfiltern, wo ich denn nun Wasserfilter bekommen kann. Schade, aber dafür entdecke ich ein sehr gut sortiertes Schreibwarengeschäft. Faber-Castell und so€¦
Also machen wir uns jetzt mal wieder auf ins Internet. Daolodschi. Download. Von Wasserfilter- und Batterie-bezugsquellen.Und was des Seglers Herz sonst noch begehrt.