Schoen runtergekuehltes Internet-Café hier! Ich sitze im Schatten des „Teatro Amazonas“, der beruehmten Oper aus der Zeit des Gummi-Booms hier am Amazonas – gestern waren wir mal schauen; beeindruckend, auch fuer Opernbanausen wie uns. Vieles ist aus Gusseisen (das freut den Ingenieur!), unter den Sitzen sind doradeaehnlich Luftauslaesse (was fuer Segler!) und mich laesst staunen, dass man alle Holzarbeiten in Europa hat machen lassen – brasilianisches Holz nach Paris verschifft und dann als fertiges Mobiliar wieder zurueck. Prachtvoll ist gar kein Ausdruck… Und die vielen, vielen Kronleuchter aus Murano-Glas sind auch nicht gerade von „umme Ecke“. Margot Fonteyns Ballettschuehchen vom ihrem letzten Auftritt, naemlich genau hier, traulich vereint mit Spuknaepfen fuer Tabak-kauende Gummibarone der Jarhhundertwende. So muss man sich das vorstellen. Stimmt nicht – die Spuknaepfe (English China) standen im Herrenzimmer, die Schuehchen bei den Damen. Eine Verschlimmebesserung muss ich anmerken – die alten Peddig-bespannten Stuehle waren sicher viel klimafreundlicher als die neuen, mit Samt bespannten.
Das war jetzt ein eleganter Uebergang zur Anreise, denn „Klima“ gab es auf dem Flug zu sehen. Wir waren ja ab Recife zunaechst mal nach Brasilia geflogen, mit GOL, hatten ein bisschen wirklich frische Winterluft auf dem dortigen Flughafen geschnappt, vergleichbar mit Winter in Suedspanien vielleicht?!, und uns dann wieder aequatorwaerts gewandt. Zunaechst semiarides oder winterbraunes Agrarland unter uns, nach einer Stunde viellelicht immer groessere Waldflecken, bis diese sich ueber lange Strecken zu einem riesigen Waldteppich verbanden: das Amazonasbecken lag unter uns. Ich staune aus dem Flugzeugfenster. Cumuluswoelkchen werfen Schatten auf den gruenen Belag, man erkennt Flusslaeufe, manchmal einen Airstrip „in the middle of nowhere“, meist kann man in dem dichten Gruen nicht mal eine dazugehoerige Indianersiedlung erkennen, aber irgendwo muss so etwas sein. Und dann trifft uns der Schlag: schraeg voraus ist eine merkwuerdige Wolke zu erkennen, ein Altocumulusturm – Gewitterwolke? Seltsame Gewitterwolke… Umwabert von einer gelblichen Stratuswolke: Brandschwaden! Und binnen ein paar Minuten sieht man unter uns zig Urwaldfeuer brennen. Ob das nun Rodungsfeuer fuer den Nahrungserwerb der Bevoelkerung waren oder eher oekonomisch motivierte, sei dahingestellt – es war erschreckend zu sehen. Das muesste man gut auf Satellitenbildern erkennen koennen! Vielleicht weniger die Rodungsflaechen, aber diese Brandwolken – riesig. Nach einer Weile hoert es auf und man schwebt wieder ueber intakte Urwaldflaechen. Dann kommt der Amazonas in Sicht, bzw. der Solimões, dann der Rio Negro und wir sind da.
Das Hotel Dez de Julho hat einen Abholer geschickt – Jugendherberge mit Abholservice. Nicht schlecht. Es handelt sich allerdings auch gleich um den hausansaessigen Touroperator, der uns natuerlich gleich eine Tour verkaufen will (wir buchen gerade woanders 😉 ). Aha! Unser Zimmer passt sich nun schon mehr unserem geplanten Budget an. Man koennte sagen: Zimmer zum Hof. Oder Lichtschacht. Und in diesen pusten alle Klimaanlagen hinein, also bleibt das Fenster geschlossen – aber wir sind zufrieden.
Wir gehoeren zwar nicht zur Riege der ganz normalen Touristen, weil wir einfach mit mehr Zeit hier aufschlagen – aber seit dem Wochenende sind wir definitiv unter unseresgleichen, mehr in Tourist-ien als in Brasilien. Was gewisse, unschlagbare Vorteile hat: Nachdem es auch auf dem Flughafen von Brasiliens Hauptstadt keine internationalen Zeitungen gab, sage ich nur: Paul Ketterer. Der sitzt mit seiner grossen Reisegruppe aus dem Schwaebischen (oder doch eher dem Badischen?) in einer Pizzeria gleich um die Ecke, ich hoere deutsche Toene (das waere Heiner jetzt bestimmt peinlich! 😉 ), spreche sie an und gerate gleich an den Richtigen: Jaa! Da hat jemand gleich zwei Spiegel dabei, die wir dann nicht mal bezahlen muessen. Wat ’ne Freude. Wir lesen jeden einzelnen Artikel sorgfaeltig – wer weiss, wann es so was wieder gibt. Vielen Dank dem edlen Spender Das war wirklich eine wunderbare Ueberraschung.
Gestern haben wir uebrigens entdeckt, dass unser Hotel, eine verwinkelte, voellig unuebersichtliche Hoehle mit Massen von ueber- wie unterirdischen Zimmern unterschiedlichster Qualitaet, auf dem Sat-Fernseher Deutsche Welle-TV anbietet. Auch nicht schlecht, aber wir gehen jetzt trotzdem auf „Dschungeltour“. Nicht ganz so „adventureous“ wie unsere Dinnerbekanntschaft Ying und Randy, halb Singapore, habl USA, die mit einem Guide fuer 15 Tage mit Minimalausstattung auf Kanutour suedlich des Solimões verschwinden (da MUSS ab und zu mal geangelt werden!) und nicht so hopploahopp wie die meisten hier, die 3 days-2 nights gebucht haben: wir hoppsen am Donnerstag auf ein altes Flussboot und lassen uns 6 Tage auf dem Rio Negro die Natur zeigen; nicht so vielfaeltig wie am Weisswasserfluss, aber dafuer einsamer. Und den Solimões werden wir dann ein paar tausend Kilometer flussauf auch noch geniessen. Naechste Station: Iquitos, Peru.
Bis dahin vergehen aber noch ein paar Tage…