Ziemlich dunkel

Chaguaramas, 21.5. 2009

Nix als Sterne am Himmel – kein Mond, keine Taschenlampe erhellt den Waldweg, den wir gestern bei Matura an Trinidads Atlantikküste zum Strand runterstiefeln. Der kräftige Passat weht uns entgegen, aber es ist trotzdem ein angenehm feucht-warmer Abendwind, Am Brandungsgeräusch erkennt man die Richtung zum Wasser – rotes Licht (oben links im Eck!) ist erlaubt, nur sehen kann man kaum was…
Auf dem hellen Sand wird die Sicht zwar ein bisschen besser, aber diesen großen schwarzen Stumpen vor uns, wahrscheinlich ein Palmstamm, hätten wir fast über den Haufen gerannt. Vorsicht! Schildkröte! Ich bin so erschreckt „… gaa, ist die riesig!“.

Michael, einer unter vielen Strandwächtern und unser Schildkrötenführer, leitet uns (hinten!) um das Monstrum herum, das da in irgendeiner Phase der Eiablage beschäftigt ist. Vor mir kullert einer der anderen Segler zum Wassersaum runter – wir stolpern weiter durch den tiefen Sand, noch an 2, 3 weiteren Schildkröten vorbei, und dann: Halt! Gerade frisch mit der steigenden
Tide eingetroffen: Frau Dermochelys, eine von den zarteren, 4 Fuß lang und 3,5 Fuß breit, sicher noch jung. So um die 30, 40 Jahre. Allein diese Altersangaben lassen einem die Unterkiefer klappen: wir werden nachher noch eine „etwas ältere“ sehen, schon an die 6 Fuß lang und sicher über 80 – eine Lederrrükcenschildkröte im allerbesten Alter; ein echtes Vorkriegsmodell. Zurück zu unserer zarten jungen Dame – die wühlt sich erst mal ein flaches Bett, so dass sie nicht allzu hoch aus dem Sand ragt und dann wird geschaufelt – immer schön alternierend mit den Hinterflossen, links ein Löffelchen Sand, rechts ein Löffelchen Sand, und links und rechts, und links… Bald wird die Frequenz etwas langsamer, die Sache wird mühsam, denn die Eikammer geht so tief, wie die Flosse reicht, einen halben Meter mindestens. Durchmesser der Kammer genau so, dass eine Flosse die Öffnung abdecken kann, gegen Fressfeinde, denn nun geht die Eiablage los, und das geht sehr schnell – 50 bis 120 Eier in ein paar Minuten. Jetzt darf auch mal geblitzt werden.

Dann zuschütten, Sand komprimieren und zum Abschluss die Spuren verwischen. Da wird dann klar, dass wir doch ein bisschen stören – jeder Lichtreflex verunsichert die Schildkröte, und je verunsicherter, umso länger der „Camouflage“-Versuch. Wir verpieseln uns diskret und irgendwann robbt sie dann zum Wasser. Geschafft. Nächste Eiablage: in 3 Tagen, vielleicht für mehr Männchen ein ganz kühles Nest nah am Wassersaum oder für viele Weibchen ganz hoch oben, wo es schön
warm ist?! 6-8 Mal passiert das in einem Jahr, gefolgt von 3 Jahren Quallenfressen, frau muss ja wieder zu Kräften kommen. Dahin, wo die Quallen schön gross sind: vielleicht am Treibeissaum nahe der Antarktis?!
Und trotz Markierung und Injektion eines Mikrochips – wie sie das nun navigatorisch macht mit der weiten Reise dorthin und vor allem mit der Rückreise, so punktgenau zurück an den Strand von Matura, das hat sie
nicht verraten; man muss ja seine kleinen Geheimnisse wahren.

Turtle Tour. Unvergesslich, die nächste…

Machen Sie eine typische Handbewegung …

Chaguaramas, 20.5.2009 (Christians Geburtstag! Glück und Erfolg und all
das!)

Falls sich mal wieder jemand fragt, was wir so treiben: außer auf die Turtle Tour (morgen?!) warten wir noch auf a. Beendigung einer Zahnbehandlung, b. auf Fertigstellung von zwei Brillen (Gläser aus Kanada!?) und c. …? Machen Sie mal eine typische Handbewegung! Es fallen mir zwei ein: entweder schlägt man sich mit der Hand vor den Kopf, oder man macht eine reißende Armbewegung – oder zwei, oder drei. Oder vielleicht ersatzweise eine rudernde, mit beiden Armen. Richtig geraten: der Außenbordmotor, das Dauerthema. Irgendwie ist ihm der Landaufenthalt nicht bekommen, und nun haben wir ihn, nach einem weiteren Sonntag ausgefüllt mit operativen Maßnahmen am Vergaser und anderen Wiederbelebungsversuchen seitens des Eigners, der Werkstatt überantwortet;  nebenbei haben wir ihm vorsorglich gedroht, er müsse von Bord, und haben schon mal nach Ersatz Ausschau gehalten. Ich mag es gar nicht mit ansehen – während wir uns die Schultern auskugeln, reißen ringsum alle mehr oder weniger heftig, aber eben nur einmal und kurz an der Anlasserleine und „off they go“. Wirklich gemein.
Aber ich rudere ja gern, YKSI zwoo ist dazu auch gut geeignet mit seinem festen Kiel und so klein wie es ist, auch wenn es hier ein bisschen Strom gibt und der Weg zum HiLo-Lädchen ein bisschen mühsam ist gegen
den Passat; und wenn beides zusammenkommt, Wind und Strom, dauert die Unternehmung eine Weile. Das schönste Bild ergab sich wohl gestern früh – wir hatten im Nachgang zum Rigg-Check „Trinidad Rigging“ gebeten, noch einmal die Riggspannung zu prüfen, wenn wir wieder auf dem Wasser sind, und ich war um 8 Uhr rübergepullt, um Jonas, den schwedischen Inhaber der Firma vom Dock abzuholen, aber weit gefehlt… So pullte ich dann kurze Zeit später zurück – Frau Fuchs fährt zwei Trinis durch die Gegend, die vergnügt auf dem Heckbrett sitzen und meine Ruderbewegung mit ihren Knien ein ganz kleines bisschen einschränken. YKSI zwoo ist eben wirklich klein. Fragt der Eigner doch, warum ich so kurze Schläge mache. Mit vier Knien vor der Nase… Eigentlich ja 6, meine eigenen waren ja auch noch im Weg.

Eben gerade macht hier noch jemand eine typische Handbewegung. Ein Fischer – ich erwähnte es! – fährt vorbei, den Motor voll aufgedreht und den Pirogenbug hoch in der Luft, hinein in die blendende Morgensonne. Handbewegung? Augen beschatten – ich seh nix! Ehrlich gesagt können die Jungs auch ohne Sonne kaum was sehen, es sei denn, sie versuchen, seitlich am Bug vorbei zu peilen oder platzieren einen Ausguck, was sie glücklicherweise oft tun. Hauptsache, sie finden die Lücken zwischen den Yachten. Erschreckend… Aber immerhin sind wir es, die wir hier im Weg liegen. Vielleicht wäre mal ein klar gekennzeichneter Kanal für den Durchgangsverkehr eine Maßnahme. Bis dahin machen wir eine typische
Handbewegung. Kopf einziehen, Hände vor’s Gesicht, bis die Gefahr vorüber ist…

… und: PLATSCH!

… unser neuer Solarträger! Ist er nicht wunderbar?! (Speziell für VENGA!)

Chaguaramas, 15.5. 2009

Ich glaube, 2 Monate und 3 Tage an Land waren ’s. Wenn das PEAKEs Faktotum, eine so winzige wie witzige Südinderin anfängt, einen in der Früh mit „… good morning, sweety!“ zu begrüßen oder andere Worte findet wie darling, honey, love und Schöneres, beginnt man wohl zum Inventar zu gehören. Zeit ins Wasser zu gehen. Vorgestern sollte ja eigentlich Turtle Tour sein, aber die kommt nun am nächsten Mittwoch, denn ganz plötzlich standen wir vor der Wahl: noch eine weitere Woche an Land oder mal probeweise auf „standby“ am Freitag. Unsere Antwort war eindeutig: SOFORT FERTIG WERDEN, Standby nutzen. Gestern abend waren wir „fertig“, in jeder Hinsicht, aber schon nicht mehr Warteliste, sondern „irgendwann am Freitag“ dran, heute früh hieß es schon „2. Schiff“ und um 11 Uhr pickte Michael, langhaariger Travellift-Cowboy, die AKKA auf seinen blauen Motorkarren.

Kurz drauf: SPLASH! AKKA schwimmt wieder. Wenn man als „liveaboard“ zwei Monate auf dem Werfthof verbringt, dann wünschen einem die Travellift-Mitarbeiter eine sichere Reise und winken fröhlich hinter einem her, wenn man zur nächstgelegenen Mooringboje tuckert, bestimmt 200 m weit, aber sie haben ja auch einige Restposten abgestaubt; von A-nkerkette bis Z-ipverschluss. Übrigens klingt „Splash“ hochdramatisch, dabei geht das Zuwasserlassen doch ganz behutsam vor sich; erst die Kielsohle „…. iih, wie kühl“, der Kiel „…mmh, eigentlich ganz angenehm…“ und dann der Rumpf – „…aah…“. Das war der Wärmetauscher für den Kühlschrank: endlich wieder Wasser zum Wärmetauschen und nicht nur heiße Luft. Seeventile alle dicht, auch die neuen, kein Wassereinbruch, schnell das Wellenlager entlüften, Seeventil für den Motor auf – Anlasser. NATÜRLICH springt er an. Kein Qualm, nix Blaues aus dem Auspuff – Daumen hoch, Leinen über, Vorwärtsgang.
Man mag es sich vielleicht nicht so vorstellen, aber es ist schön wieder auf dem Wasser zu sein. Wir werden die frechen Vögel vermissen und das trockene Rascheln der Palmenblätter, wir werden Turi und Vera von der Sundowner mal zum Sundowner laden – und ab und zu mal über die Fischer fluchen, die volle Kanne an uns vorbeiknallen. Ansonsten haben wir nun schon manches Mal den Schnack vom „… das können wir dann in Neuseeland machen…“ geführt. Tatsächlich – nächster großer Technik-Stopp: Neuseeland. Panama ist auch noch da, aber dann kommt der weite Pazifik, und so schnell wollen wir ja nicht wieder aus dem Wasser.

Und nun mal gucken, was die lange vernachtlässigte Funkanlage mit dieser Mail macht.

Ganz langsam…

Chaguaramas, 12.5.2009

… immer noch „on the hard“, aber ganz langsam werden wir fertig. „Splash“ wird stattfinden am kommenden Montag, denken wir, eigentlich vielleicht schon am Freitag, aber da ist ja noch die Turtle Tour, die wir unbedingt machen wollen. Falls sich noch Leute finden, schon morgen, das wäre schön, denn im Moment ist der Mond voll und rund und hell, und es soll auch schlüpfende Jung-Kröten geben. Ob man das fotografieren kann? Wenn ja, dann gibt es hier Lederrücken-Bilder…

Seit gestern hat AKKA frisch gepönte Bodenbretter, wunderschön, der Eigner hat sich wirklich echte Mühe gegeben, vor allem vor dem Hintergrund, dass wir hier ja keine Paulsen-Lackierwerkstatt haben, sondern unter Palmen lackieren – da kann es schon mal passieren, dass die frechen Kiskadees einem auf die gerade angetrockneten Bretter kacken. Macht nix – war ja schon trocken. Muss man sagen, dass bei der herrschenden Wärme die Geschichte mit dem Härter und der Verdünnung einige Experimente erfordert?!

Zu frickeln gibt es immer noch einiges, also fassen wir uns kurz. Blog mal ganz schnell, nicht langsam!