Clifton Harbour/Union Island, 15.7.2009
Seit Grenada befinden wir ja wirklich in der Karibik, das war uns schon auf dem verpennten Sonntagsspaziergang in St. Georges, auf den Busreisen zum Segelmacher in die Tru Blue Bay aufgegangen. Richtig in Worte fassen kann man das nicht – Trinidad war einfach anders. Südamerikanischer? Afrikanischer? In jedem Fall eiliger und anstrengender.
Natürlich machen wir das, was man eigentlch nicht tun sollte – wir gleichen unsere Wahrnehmung mit dem ab, was wir schon kennen und denken zurück an die 90er Jahre und unsere Segelanfänge in den Antillen („… früher war das alles … !“, Leitspruch der Langzeitsegler!). Nach einer ganz entspannten Woche Grenada kommen wir in Carriacou an und damit genau in diesen vergangenen Charter-Zeiten. Hillsborough, „the town“, wie man dort sagt, ist schon SEHR entspannt. Und SEHR klein. Ungefähr so, wie wir vor Jahren Statia oder Nevis erlebt haben. Eine offenes Lagerhaus, durch’s Tor schaut man auf das Zolllager, und während Abholer auf zusammengewurschtelte Sendungen „von aller Herren Inseln“ warten und wir auf Ausklarierung , schläft der Zöllner an seinem Schreibtisch den Schlaf der Gerechten – nur dass er das heutzutage ein bisschen versteckter tut als früher: er legt den Kopf vor die Tastatur seines Laptops. Vor dem Zolltor „brodelt“ das Leben so gut es geht: 5 Taxis, ein gut Teil der Dorfbevölkerung, eine Frau brät in einem improvisierten Grill leckeres Huhn auf „Jerk Chicken“-Art. „The town“. Carriacou hat mitsamt dem Inselchen Petit Martinique ungefähr 8000 Einwohner und Hillsborough weist 3 parallele Straßen auf, von denen die küstenseitige natürlich „Main Road“ heißt; dazu ein paar Querstraßen. Auf einem Balkon kehren wir gleich zwei mal bei Ruth ein, die einen karibischen Mittagstisch für kleines Geld bietet, mit Ausblick auf die Inseljugend, die eifrig Basketballunterricht nimmt. Langer Anlauf, donk, donk, dann bleiben Werfer oder -in ein Weilchen stehen und „Yeah!“ Korb! Eine Handvoll Supermärkte und Lädchen gibt es. Die Gemüsefrau hat mit PRESENT und uns einen Bombenumsatz an grünem Salat, von denen sie täglich vielleicht 5 vorhält, ein paar Gurken dazu, und ist am Sonnabend schon entsprechend nervös, ob wir denn die bestellten und eigens gepflückten Papayas auch wirklich abholen. Frischer geht’s nicht. Nebenan geht es schon anders zu, ein richtiger kleiner Gemüsemarkt, mit guten Mangos, frischen Muskatnüssen und allerlei Importiertem. Nette Insel, schöner Ankerplatz. Wenn es hoch kommt sammeln sich vor Hillsborough gerade mal 6, 7 Yachten – die anderen verschwinden nach dem Einklarieren schnell um die Ecke, entweder gleich nach Grenada oder zumindest in die Tyrell Bay, wo es Pizza gibt und ein bescheidenes „Nachtleben“ in Form von ein paar Happy Hour-Lokalen. Zugegeben, windgeschützer ist es dort auch. Wir ziehen dennoch die Hauptstadt vor.
Da wir auf dem Rückweg nach Grenada wohl wieder in Carriacou einklarieren, können wir uns auch noch die zahlreichen und gut erhaltenen Friedhöfe angucken, zwecks Geschichtsstudium. Und noch einmal einen Blick auf die augenfällig „neu“ erscheinende Bebauung werfen – dieser Eindruck entsteht aus den vielen, pfuschneuen Dächern in allen Farben des Dachdeckereibedarfes. Der Nachlass von Ivan und Emily: 2 Hurrikans in 10 Monaten, wirklich gemein, so erzählen uns Godwyn und Kimberley, man war gerade mit den Reparaturen fertig, als Emily, die eigentlich auf St. Vincent zielte, sich es noch einmal überlegte und einen kleinen Haken schlug. Ist ja auch zu schön in Carriacou… Godwyn hatte uns aufgegabelt, als wir am Sonntag mal wieder unser Sight-Seeing-Glück versuchten und durch die Ortschaft spazierten. Sehr ruhig, natürlich, es ist ja Sonntag, aber irgendwann hupt es hinter uns. Godwyn sammelt uns auf, mit seinem quietschneuen Maxitaxi „… the maiden tour, came in yesterday with the ferry! YOu are the very first passengers“. Stolz wie Oskar bummelt er mit uns Richtung Tyrell Bay. Mittlerweile ist Kimberley noch aufgesammelt worden, die sonntäglich hübsch gemacht durch die abflauende Nachmittagshitze „die paar Kilometer“ (2 Stunden!) zu ihrem Arbeitsplatz stakselt – leider hat ihr die Pizzeria nicht gesagt, dass sie heute „plötzlich“ geschlossen hat. Kimberleys Unmut verfliegt aber rasch, als wir die beiden anlässlich der Jungfernfahrt auf eine Dose Brause einladen – und hören dafür Ivan & Emily-Geschichten aus erster Hand.
Mittlerweile sind wir da, wo wir mit AKKA mindestens hinwollten: Union Island, der südlichste Punkt unserer Charterreisen, womit, wenn man überhaupt so will, der Bogen der kleinen Antillen für uns geschlossen ist. Wir liegen erstmalig wieder hinter einem Riff, der Passat gibt sein Bestes, was immer ungeheuer faszinierend ist: der Windgenerator dreht und dreht und dreht – aber die AKKA liegt ganz ruhig. Vor uns, mitten im Riff, hat sich ein Inselchen aufgetan, das es 2001 noch nicht gab. Jonte, der Mann mit der hohen Rastamütze, bastelt an einer „Sundowner“-Station, ein Landhäufchen aus viel Sand und Muschelschalen, etwas Beton und Treibholz. Palme drauf,fertig. Seit 3 Tagen gucken wir auf dieses „Idyll“, das sich aber wirklich ganz niedlich ausmacht, also: Besuch bei Jonte, schließlich hat er zum Sonnenuntergang die Reggae-Lautsprecher angeschmissen. Der Fruit Punch nimmt sich Akkanauten-freundlich und harmlos aus, wir verquatschen die Zeit mit unserem Nachbar-Katamaran, UNISONO aus Schleswig. Zumindest ursprünglich mal Schleswig, aber wenn man seit 1997 unterwegs ist, muss man als Herkunft wohl eher „UNISONO“ anführen. Wir sind die einzigen Gäste, es wird spät und später und zwischen den Fruit Punches und Popcorn-Braten gibt Jonte schon mal seinen Dread Locks die Freiheit und legt das müde Haupt auf die Bank. Wir müssen ihn schütteln, als wir aufbrechen wollen.
Eine kleine Portion Karibik. Demnächst in dieser Wundertüte: Die Tobago Cays…