… und schon ist das Jahr um …

Cartagena de Indias, 31.12.2009

Liebe Blogleser alle zusammen!

Die AKKAnauten schicken viele herzliche Grüße zum Jahreswechsel und wünschen allen Glück und Gesundheit, Spaß am Leben, an der Arbeit – und natürlich am Mitlesen.

Wir freuen uns nun doch sehr, bald noch ein Stückchen weiter nach Westen zu rücken, zunächst mal zu den Kuna-Indianern (wo ich wild entschlossen bin, eine schöne Mola als Ersatz für den langsam verbleichenden Macke-Kunstdruck im Salon zu erwerben! Auch wenn der Eigner freundlich fragt, was das für Topflappen seien!) , und ich gebe zu, dass insbesondere ich sehr gespannt auf den Moment bin, an dem sich das letzte Schleusentor öffnet und wir in den Pazifik hinein fahren. Endlose Weiten, Trauminseln und mal wieder richtig viel Tidenhub. Ich bin jetzt schon ganz gerührt und ich glaube, das wird so ein Moment wie damals, als wir unter der Köhlbrandbrücke hindurch elbabwärts steuerten.

Wie dem auch sei, heute wird erst einmal Silvester gefeiert in Cartagena – mal schauen, wie weit wir uns anstecken lassen können. Ich meine gelesen zu haben, das Garcia-Marquez gesagt hat, dass „5 Kolumbianer in einem Raum unweigerlich eine Party ergeben“.  Einen Vorgeschmack gab es vorgestern abend, als wir an der Plaza San Diego vor der „Cevicheria“ saßen und mit den ENOLA-Leuten Mojito schlürften, uns mit gutem Essen bewirten ließen und die fein gemachten Kolumbianerinnen in ihren superkurzen Glitzerkleidchen vorbeidefilierten. In Pferdekutschen oder auf Stilettos über das Kopfsteinpflaster schwebend (gekonnt ist gekonnt!). Das ist schon alles ganz schön „Latino“ hier… Und um das nochmals zu genießen, bevor es dann wieder in die Inseln geht, treffen wir uns heute abend „um 9 an der Plaza Bolivar“. Puh – das ist schon wochentags voller Kolumbianer dort, aber so ist die Verabredung, und der Haufen Südafrikaner und Neuseeländer wird wahrscheinlich nicht zu übersehen ( und -hören?!) sein.

Nun aber mal gerutscht, da drüben in Europa und wo auch immer Ihr sein mögt!

Alles Gute! Bis im Neuen Jahr dann!

Es weihnachtet …

Cartagena de Indias, 26.12.2009

… es weihnachtet schon, aber nicht wirklich sehr!  Allen freundlichen Lesern wünschen wir, dass es gemütliche und friedliche Weihnachtsstunden gab, und natürlich all die schönen Sachen, die man gemeinhin mit Weihnachten verbindet: Stollen und Plätzchen, Marzipanbrote, Kerzen, Weihnachtsbaum, Geschenkpäckchen. Nicht zuvergessen die Gans, den Lachs und für den einen oder anderen auch die Frankfurter Würstchen am Heiligen Abend. Derentwegen wir gerade Erich Kästners „Felix holt Senf“ als Weihnachtsgeschichte gelesen haben.

Hier ist gerade der 2. Weihnachtstag angebrochen – der keiner ist, denn den Vorzug von zwei Feiertagen genießen nur einige Länder, zumindest die „Commonwealth“-Länder, die Kiwis, die Südafrikaner und die Kanadier ringsum zumindest begehen heute ihren „Boxing Day“. Für Kolumbianer ein ganz normaler Samstagmorgen; oder so ganz normal doch nicht, zumindest nicht für Andenkenverkäufer und Straßenhändler: gestern war Feiertag, das ist wohl Seetag für die großen Kreuzfahrer, und so stürmen heute Passagiere haufenweise die Stadt. 3 haben gerade festgemacht: die AIDA Aura und zwei amerikanische Riesenochsen, macht zusammen 5 oder 6 Tausend Touristen im Kaufrausch, und daraus folgt: heute gehen wir mal lieber nicht in die Stadt. Wir waren ja auch schon dort. Zum Beispiel im schönen Goldmuseum – kein Wunder, dass die Spanier so gierig wurden, als sie der Künste der präkolumbianischen Einwohner ansichtig wurden, und es waren ja wirklich KÜNSTE, die da an den Tag gelegt wurden. Feinst ziselierte Ohrhänger, wunderbare Hohlfiguren, und all das nur für die Männer! Und die Priesterschaft. Eine männliche, natürlich – irgendwo muss ja der hiesige Machismo herrühren.

Viele Sehenswürdigkeiten haben wir uns erlaufen, und wir haben das Fort San Felipe gesehen, das wo sich der erwähnte Blas de Lezo den Engländern widersetzt hat. Übrigens sind wir ein bisschen verwirrt: wem ist mehr zu trauen – den geschichtlichen Recherchen des hiesigen Marine-Museums oder doch Wikipedia? WENN die große Schlacht um Cartagena 1742 war, dann wiederum war Blas de Lezo nur noch als Friedhofsbewohner dabei, er ist nämlich nach der Schlacht von 1741 dahingeschieden. Wiki sagt übrigens, dass er das Bein schon mit 15 Jahren abgegeben hat, den Arm und das Auge wenig später. Zäh muss er gewesen sein, immerhin ist er damit über 50 Jahre alt geworden. Zäh wie auch seine ganze Mannschaft – wir haben das Fort von außen und von innen, von ganz innen!,  betrachtet. Was für ein Leben… Das gesamte Fort ist mit Tunneln unterhöhlt, je weiter wir nach unten kamen (ohne Führer, huh!) umso dumpfer wurde die Luft, feucht und warm – und man muss sich vorstellen, dass die ganze Anlage, all diese Gänge, mit Menschen vollgestopft war. Für uns war Ende der Vorstellung, als die ohnehin spärlich beleuchteten, grob gepflasterten, glitschigen Tunnelgänge vollends ins Finstere führten, und uns plötzlich die Panik erfasste, dass vielleicht der Strom ausfallen könnte… So sah man dann zwei deutsche Touristen die steilen Gänge wieder nach oben holpern. Licht! Luft! In damaligen Zeiten hätten wir gar nicht erst unbeschadet hinein gelangen können – die Schachteingänge lagen so, dass Eindringlinge nichts sehen konnten, aber ihrerseits einen Schatten in die Gänge warfen. Leichte Opfer für die lauernden Schützen. Gruselig. Beim nächsten Mal nehmen wir Taschenlampen mit…

Gerade quetscht sich der 4. Kreuzfahrer (geschätzte weitere 2.500 Passagiere!) ins Dock. Wir gehen doch mal gucken …

DHL-Film, The End

Cartagena de Indias, 22.12.2009

Es war ein Thriller! Denn Thriller ist ja, wenn der Zuschauer nicht ahnen kann, welche Wendung die Handlung im nächsten Augenblick nimmt.

Erwartungsgemäß kam keine Mail aus Bremen oder von der Hotline, wir wurden also am Montagmorgen nochmals aktiv, mit Marsch zum Internetcafé, der stabilen Skypeverbindung wegen. DHL-Hotline wieder „lustig“: „… sind Sie sicher, dass Sie richtig verbunden sind, dies ist DHL Express!“ und „… nach Bremen durchstellen?! Da müssen Sie schon selbst wählen!“ Wie nett. Erinnert mich an Kurt Krömer („… woll’n se ausse Hand trinken oder woll’n se ’n Glas?!“). Immerhin, die Mitarbeiterin in Bremen war ja eine veritable DHL-Bürokraft und begann zu graben. Mühsam, mühsam – ich habe wohl das ganze Lokal beschallt, Kommentar vom Computer nebenan (ZAUSEL, ebenfalls D: „Du Arme!“). Aber als erst einmal klar war, dass das Päckchen tatsächlich abholt war, die (falsche) Versandantragsnummer herausgefunden war, gab es bald ein erleichtertes: „…jaa, ich hab sie, die Frachtbriefnummer!“ Und dann der Kliffhänger (cliff hanger?!). „Moment mal…“ Dramatische Pause… „… die Sendung wurde gerade in Cartagena ausgeliefert, unterschrieben von Juan HDZ!“ Manfreds Adlatus namens Hernandez.

Tja, so war das. Warum lassen Regisseure eigentlich bei manchen Thrillern am Schluss einfach die Luft raus?! Enttäuschende Dramaturgie…
Der Fahrer hatte einfach das getan, was keiner von uns vermutet hatte: den alten Frachtbrief reanimiert und einen kleinen Zahlendreher eingebaut. Die Bremer Mitarbeiterin hat’s geahnt und mal „rumprobiert“.

Die Post ist schon durchgearbeitet. Wir wenden uns wieder dem schnöden Alltag zu. Baumarkt, Shoppingmall, elektronische Seekarten von den San Blas-Inseln organisieren. Und die neuen Kreditkarten aktivieren.

The End!

DHL oder: Zwischen Thriller und Slapstickfilm

Cartagena de Indias, 19.12.2009

Es muss ja auch mal was nicht so dolle klappen, oder? Wie der Titel schon sagt, wir sind derzeit im falschen Film: wenn wir lachen wollen, wird’s gerade spannend, und wenn uns die Haare zu Berge stehen, muss man lachen. Wir versuchen nämlich, einen Brief mit der angesammelten Post aus Deutschland zu kriegen. Agent Manfred steuert die Empfangsadresse in Cartagena bei, Heiner packt den Poststapel in einen Umschlag, Adresse drauf und weg damit. Ganz einfach. DHL-Sendungen beauftragt man ja heutzutage online, auch ganz einfach. So geschehen am Mittwochabend hiesiger Zeit, es dauert zwar ein Weilchen bis frau sich in diesen servicearmen Zeiten durch die virtuelle Prozedur gewurschtelt und dann auch noch die VISA-Karte belastet hat, aber Ende gut, alles da: man kriegt eine Sendungsnummer, den Frachtbrief zum Ausdruck, die Quittung, die Übergabequittung für den Fahrer, alles völlig easy. Mail mit den entsprechenden Anhängen an Heiner:  wird morgen abgeholt, zwischen 15:30 und 17:00, bitte den Brief und die Ausdrucke bereithalten. Donnerstag, 10:30 kolumbianischer Zeit – die deutsche Empfängerin in den fernen Tropen ist ja neugierg und will schon mal gucken, ob sich bereits was getan hat, wir sind im Internetcafé und Sendungstracking ist unser Liebstes. Einloggen, Sendungsübersicht (sehr übersichtlich, es gibt ja nur eine!) und –  Tiefschlag: please contact DHL! Erstes Skypegespräch mit der Hotline: „… hm ja, die Datensätze sind verloren gegangen…Am besten ruft der Absender die Hotline an und veranlasst die Abholung neu!“. Mir ist mulmig – „der Absender“ fertigt gerade die letzten Schweinegrippe-Patienten des Jahres ab, aber es hilft wohl nichts, und so führt er denn auf unsere Bitte ein anstrengendes Gespräch mit der Hotline: „… nein, ich will nicht wissen wie — ich möchte nur gern dass der vorhandene Brief hier abgeholt…“ O.K. – sie schicken einen Fahrer. 18:30. Feierabend, der Brief liegt immer noch und wir kriegen eine Mail: „… hoffentlich morgen dann, ab mittag ist die Praxis zu…“. Skypegespräch 2 mit der Hotline, um dies sicherzustellen, vom Schiff aus (das ist dann auch immer schön anstrengend für beide Seiten!),  gleicher Mitarbeiter. Der findet nun GAR NICHTS mehr zu dem Vorgang. Konnte er vor ein paar Stunden noch Abhol- und Empfangsadresse zitieren, scheinen die Datensätze nun vollends in die Weihnachtsferien gefahren zu sein. Wir verabreden eine gänzlich neue Abholung am nächsten Morgen, vor Ort bar zu zahlen zum fast doppelten Preis als die online-Buchung es vorgegeben hatte, aber immerhin, und die geschieht auch. Fantastisch – Heiner schreibt: „… der DHL-Onkel hatte es ziemlich eilig, wusste nicht, was die Sendung kosten soll, ich habe mal voll bezahlt, er hat aber eine Versandantragsnummer  hinterlassen!“ Es läuft also. Am Abend bricht bei uns wieder die Neugier durch, vorsichtiges Sendungstracking: Tataaa! Sendung unbekannt. Es folgen am Morgen die DHL-Hotline-Gespräche 3 bis 6 – von „… das können wir Ihnen nicht sagen, Sie sind nicht der Versender…“ (wie nett! Aber der Empfänger…) über „… da müssen Sie schon die lokale DHL-Station anrufen…“ (gibt es aber nicht, das macht die Hotline…) bis ich endlich, nun wieder im Internetcafé, jemand finde, der auf meinen Vorbemerkung, dass wir BEIDE jetzt sehr geduldig sein müssen, nicht durch die Decke geht, sondern mal guckt, ob gestern im Ostfriesischen eine entsprechende Sendung abgeholt wurde. Schlichte Antwort: „… leider nein!“ Was bei der Online-Buchung schief gegangen ist, auch mit dem erfreulich niedrigen Preis, lässt sich nicht feststellen, der höhere scheint in jedem Fall der realistischere zu sein, nur dass das Online(Ohnmachts-!?)-Buchungssystem sich wohl selbständig etwas ausdenkt und die Daten dann in die Hölle schickt, aber das ist nun nur noch Nebenschauplatz. Wir beschließen das Gespräch in freundschaftlicher Stimmung, nicht ohne einen Suchantrag vereinbart  zu haben. Nun warten wir auf’s Christkind. In Form einer Mail von DHL Bremen, was denn wohl der Fahrer mit der Post und den sage und schreibe 130 Euro gemacht hat. Spannend?  Oder doch eher lustig?! Wir sind für „Slapstickfilm“.

A propos Film:  Um mal zu zeigen, wie es (nicht nur bei uns!) auf See zugeht, verlinke ich mal zu einer schönen Dokumention auf Hippopotamus. Viel Spaß!

AKKA ALEMAN

Cartagena de Indias, 16.12.2009

Die „AKKA ALEMAN“… Wir hörten es schon von Weitem, als wir noch Meilen draußen waren: Manfred, unser Agent, versuchte uns zu rufen, und wir kriegten eine Funkgesprächsverwirrung mit, zu der wir mangels guter Verbindung tüchtig beitrugen. Wir hatten ja keine Ahnung: Andi („Andrea“) und Rob und ihre AKKA aus den USA liegen in Cartagena, und die wieder haben vor ein paar Tagen die „Washington-AKKA“ in die San Blas-Inseln verabschiedet. Wir waren kaum fest, als wir hörten: „AKKA, AKKA for the other AKKA“. Das ist die Sprachregelung für 2 AKKAs im Funkbereich; wie das dann wird, wenn wir demnächst zu dritt auf den Inseln zusammentreffen, scheint zumindest für uns geregelt, denn wir sind fortan „AKKA ALEMAN“. Unsere alte Dame trägt’s mit Würde, und mit Andi lässt sich trefflich über Selma Lagerlöf schwadronieren. Überhaupt sind die beiden („the true AKKA“, wie wir auch schon hörten) nette Leute und das Loch, das sie schon morgen im (amerikanischen) Feld hinterlassen werden, können wir nicht stopfen. Wie das halt in US-lastigen Ankerfeldern so ist; alles ist organisiert, Mexican Train Dominoes, Bridge, X-Mas Ball. Potluck, Happy Hour, Flohmarkt. Chiva-Bus-Tour, New years Eve, Zahnarzttipps… Sie sind einfach anders, unsere amerikanischen Kollegen, und da die Liebe zu Hugo C (und umgekehrt) nicht sonderlich groß ist, knubbeln sie sich nun alle in Kolumbien. So richtig nerven tut es nur zur Funknetzzeit am Morgen, wenn Mrs. „Cabaret“ ihr „Ca-haaa-aaaa-baaa-rrrr-eeeeei“ loslässt. Was für ein Trubel. Wenn man von See kommt und als erstes ein quietschiges „… there is a kite surfer in the field and HE IS CHECKING OUT THE BOAAATS!“ hört – DAS ist Kulturschock. Die lustige Variante.

Mehr Kultur, weniger Schock ist die Annäherung an die Stadt Cartagena de Indias: Spanische Kolonialgeschichte in Kieferklemmen-Qualität. Schon mit der Anreise fängt es an: Man steuert einen Wegpunkt an, damit man die beiden (hoffentlich gerade mal dort liegenden) Einfahrtbojen sehen kann. Das tut not, denn während die großen Pötte sich zwischen Inselchen durch die Boca Chica quetschen, fahren die Segler in der so genannten „Boca Grande“ über eine Mauer, von den Spaniern zwischen zwei Inseln zur Abwehr fremder Schiffe errichtet; 17 m breit, mit einer ganz kleinen Lücke für die Kleinschiffahrt. Navigatorische Sorgfalt tut not, im besten Fall hat man in der Lücke 3 m Wassertiefe. THE ROAD hat es in der Nacht probiert und nicht ganz getroffen, Papagei Rubbish übt jetzt das Geräusch eines brechenden Ruderblattes, aber wir kamen gut durch’s Loch. Admiral Vernon war 1741 auch ziemlich erfolgreich, obwohl der durch die Boca Chica eindrang, vorbei an vielen kleinen Forts, ein echtes Kunststück, im zweiten Versuch mit 187 Schiffen, 30.000 Engländern (dreißigtausend! Wo er die wohl aufgesammelt hat?!) und viel Artillerie. „Ziemlich“ erfolgreich, bis auf die Tatsache, dass er sich nach 56 Tagen Belagerung des Forts San Felipe dann doch dessen Befaehlshaber geschlagen geben musste, einem Mann, den ich mir zu meinem persönlichen Cartagena-Helden erkoren habe. Blas de Lezo, der Mann mit der 18-Pfünder-Kanone, und auch sonst nicht viel zu verlieren. Zu Beginn der Belagerung hatte er sowieso nur noch ein Auge. Und ein Bein. Naja, und einen Arm…
Gestern waren wir zum zweiten Mal auf den Spuren der alten Kolonialzeiten unterwegs, womit wir hier noch viele Tage verbringen können. Bis an die letzte Küstenecke befestigt – so massiv wie wir es noch nie gesehen haben! – und bis an den letzten Zahn bewaffnet gab sich Cartagena zu den Hochzeiten der kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Engländer und Franzosen hätten so gern teilgehabt am Reichtum der Spanier, die von hier aus die Schätze der Anden nach Hause verschifften, und England ließ sich darum zunächst mal den Trick mit der Piraterie einfallen: Sie nahmen, nachdem sie mit der Marine nicht erfolgreich waren, den Piraten um den späteren „Sir“ Francis Drake in die Pflicht und  legalisierten ihre Unternehmungen, aber auch die konnten nichts daran ändern, dass Cartagena der größte Hafen der spanischen Kolonien war und blieb; so massiv war die Befestigung, dass Admiral Vernon schlicht aufgab, nachdem seine Offiziere nach dem dritten Anlauf die Anlage besuchen und die Kampfbereitschaft der Spanier bewundern durften. Gegen die Spanier wandte sich das Blatt erst mit dem Herrn Bolivar, der hat es dann endgültig geschafft, aber das ist eine andere Geschichte. Demnächst zu hören von der „anderen“ AKKA…  AKKA ALEMAN.

… durch’s dicke Ende

Punta Hermosa / Kolumbien, 11.12.2009

50 Meilen sind es noch bis Cartagena, wir liegen vor Anker in der „Bucht“ von Punta Hermosa, die tatsächlich eine Bucht, aber auf keiner Seekarte so eingezeichnet ist; ich denke, es muss interessant sein, Google-Earth zu konsultieren, darum die Koordinaten: 10 Grad 56,9 Nord, 75 Grad, 02 West. Der Rio Magdalena schaufelt seine Sedimente hier herunter, und so ändert sich der Küstenverlauf fortwährend, das „schlierige“ Bild zeigt es. Spannende Einfahrt, vor allem, wenn man im Dunst „das Haus auf dem roten Kliff“ sucht (Haus?? Kliff?? …rot???), aber wir hatten uns bis zur Oberkante Unterkiefer mit Wegpunkten eingedeckt, die letzten aus dem Oktober diesen Jahres (danke, GERMANIA und KIRA!), und so schnell schaufelt auch der Rio Magdalena nicht.
Da sind wir also, in Kolumbien. Wie hatten Vreni und Hans-Ruedi gesagt?! „… und die Strecke nach Cartagena, naja, da muss man dann irgendwann durch…“ So wollten wir es tun, so geschah’s. Es war eine leichte Reise, unter dem Strich (und eine ohne Vomex A-Bedarf, vielleicht sollte ich das immer hier ankündigen?!). Einen kleinen Schönheitsfehler hatte die Entscheidung, nicht auf den Monjes zu stoppen: wir waren damit 15 Stunden vor unserem Plan, und alle interessanten Punkte, Punta Gallinas, Cabo de la Vela und vor allem alle Schlupflöcher passierten wir bei Nacht, einzig Gaira/Rodadero hätten wir nachts ansteuern mögen. Aber der Schönheitsfehler hatte auch sein Gutes: wir waren früher als geplant, und erst in der letzten Nacht, als wir uns querab von den Ancones befanden, kam das etwas dickere Ende. Ich hatte mich bei moderatem Wind um 1 Uhr hingelegt; zum Abend hatten wir der geänderten Windrichtung wegen von „Schmetterling“ (= Groß mit ausgebaumter Fock) auf die klassische Passatbesegelung mit zwei Vorsegeln umgebaut, als mich Andreas um 3:15 weckt: „… ich würde gern die Genua wegnehmen, komm‘ mal rauf!“. Mir fliegen die Ohren weg! AKKA saust mit 9, 10 Knoten durch die Nacht, eine ordentliche Welle läuft hinter uns her. 30 Knoten bläst es locker, also weg mit der Segelfläche. So gondeln (!) wir leicht asymmetrisch getrimmt weiter, 2, 3 mal müssen wir dem Windpiloten auf die Kurs-Sprünge helfen (und arbeiten nun gedanklich an einer besser ausbalancierten Reffvariante). Ich kann danach nicht mehr einschlafen, obwohl die Bedingungen sich gut anfühlen – man weiß einfach nicht, ob es noch mehr aufdreht, wenn auch die GribFiles nichts Entsprechendes verkünden. So gibt es dann eine Premiere: Nach dem Wachwechsel um 4 legt sich Andreas auf die Ruderbank statt in die Koje, und wir können gemeinsam zwischen 6 und 7 einen bemerkenswerten Tagesanbruch beobachten. Es wird hell, aber mehr auch nicht. Komisch, wo bleibt die Sonne?! Die steckt hinter einer betonartigen Dunstwand, die gegen 7 Uhr kurz aufreißt und eine merkwürdige Wolkenformation freimacht , seltsam scharf geschnitten. Und dann „… jetzt kommt sie!“ Ein scharfer orangefarbiger Rand über den „Wolken“ – „betonartig“ war nur nahe dran, das ist STEIN! Wir sehen durch ein Wolkenfenster einen sensationellen Sonnenaufgang über der Sierra Nevada de Santa Marta. Der Blick auf den Pico Cristobal Colon entgeht uns zwar, aber wissen wir zumindest, was uns in den Ancones entgangen ist: ein Fast-6000er mit „Schneemütze“ in den Tropen, zu bewundern aus Fjorden mit norwegischer Anmutung. Aber man kann bekanntlich nicht alles haben, und dieser Sonnenaufgang war schon Geschenk genug. Kurz danach verschwindet alles wieder im Dunst. Mühsam klappen wir die Unterkiefer wieder hoch…
Um 10 Uhr morgens nähern wir uns der Mündung des Rio Magdalena, ein echter Schweinefluss, wir sind vor einer hohen (ham wir doch schon!) steilen Welle gewarnt waren, erdbraunes Wasser, Baumstämme, Schiffsverkehr hinein und heraus… Noch ist – bis auf den Verkehr – nichts zu merken, Andreas möchte Segel umbauen, ich meine, wir verschieben das lieber auf später. Hm, das Wasser wird bräunlich, die Welle nimmt ab, dass KEINE Baumstämme umher schwimmen sieht man sehr gut; wir sind 5 Meilen draußen, hier schiebt der Fluss den Seegang eher glatt! Sehr nett, und schon bald sind wir durch. Den Ausbaumer an der Fock abgebaut, Schoten eingestellt, ein bisschen Großsegel dazu, und raumschots Richtung Punta Hermosa.

Das war’s! Der Schönheitsfehler in unserer Planung war ein günstiger – in jedem Fall hätten wir länger von Wind und Welle gehabt, wenn wir die ganzen Sehenwürdigkeiten abgepasst hätten. Quatsch – dann säßen wir wohl jetzt ziemlich aus der Puste in einer der „Five Bays“, den schönen Ancones. Und warteten: Heute früh sagt Chris Parker auf seinem Karibik-Wetternetz Winde in Sturmstärke voraus, bis Mitte nächster Woche. Das ist hier nicht unüblich, und nun wissen wir, was der Satz bedeutet, den wir seit Monaten aus den Vorhersagen kennen: „… 10-15 knots, EXCEPT THE COAST OF COLOMBIA…“ Wohl wahr, hier bläst es ganz außerordentlich. Jetzt auch – aber wir hätten ein deutlich dickeres Ende erwischen können. Morgen mogeln wir uns an der Küste entlang nach Cartagena. Soll schön sein.

Los Monjes querab…

Auf dem Weg nach Cartagena de Indias, 8.12.2009

Gerade segeln wir an unserem ersten moeglichen Etappenziel vorbei, die Islas de los Monjes del Sur. Eigentlich schade – auf diesem kahlen Felsbrocken, dem Golf von Venezuela vorgelagert, sitzen Hugos arme Jungs und geben den Vorposten, als Marinesoldaten, als Kolumbien-Spaeher und als Kuestenwache natuerlich. Eigentlich wollten wir gern dorthin ein erstes Schlafpaeuschen einlegen und noch einmal Venezuela besuchen; die Jungs langweilen sich auch immer, freuen sich über ein kuehles Bier oder eine Cola, und unser Rumpf möchte nach 2 Wochen Spaanse Water mal wieder abgewischt werden. Last but not least gibt es da ein noch nicht gehabte Festmachesituation: zwei Inseln sind mit einer Trosse verbunden, an die man sich anbinden kann; Kira schreibt 2007: Stopperstek haelt auch im Schwell! Das wollten wir doch gern probieren, und wir hatten sogar schon einen Plan ausgeheckt – natuerlich ware ich ins Wasser gesprungen, als Bordbeauftragte für das Festmacher- und Knotenwesen.
Bislang sind wir ganz gemuetlich vor dem Wind gesegelt, nicht sonderlich schnell mit doedeligen 5 Knoten, aber es geht doch langsam voran und der Wetterbericht von heute frueh bestaetigt, dass es zum Wochenende mehr werden soll; also lassen wir die Monjes liegen, wo sie liegen. Die venezolanische Guarda Costa meldete sich natürlich mit der Bitte um Identifikation, das gab es ja schon in den Aves. Es folgt die uebliche Abfrage nach wer, wohin, woher, zum Schluss tauschen wir noch artige Gruesse aus. Die naechste Kuestenwache wird nicht lange auf sich warten lassen; die Kolumbianer sind auch sehr wissbegierige Leute, aber freundlich sind sie alle miteinander.
Curacao wurde merklich leerer in den letzten Tagen; man koennte tatsaechlich darauf schliessen, dass es in Cartagena ziemlich voll werden wird – die SOLEILs unkten, dass wir dem Herdentrieb folgen – aber Spaanse Water war auch so etwas wie eine Seglerscheide: Fast alle unserer Seglerfreunde sind von dort aus Richtung Kuba aufgebrochen, und es haette nicht viel gefehlt, dann waeren wir hinterhergezockelt, hinter der SOLEIL, der SENTA, der BAJU. Merkwuerdig, dass es ausgerechnet die Deutschen so nach Kuba zieht. Fuer uns ist allerdings die Gelegenheit, Kuba zu Castros Zeiten zu sehen, vorueber; aber unsere Prioritaeten stehen auf Pazifik, ganz klar. So schieden sich in Spaanse Water nicht nur die Wege, sondern auch die Gespraechsinhalte; waehrend die einen über die Ansteuerung von New York, die Chesapeake Bay oder den Intracoastal Waterway sinnieren, sammeln wir schon mal Linehandler-Kandidaten für den Panamakanal. Ganz schoen aufregend – vielleicht fahren wir ja mit „THE ROAD“ und ihrem frechen Papageien, dessen schoener Name unbedingt noch nachzutragen ist: Rubbish. Das wird bestimmt eine Show – ich bin mir nicht sicher, wer die Kommandos geben wird: der Lotse oder der Vogel.
Inzwischen liegen die Monjes schon achteraus – AKKA auf dem Weg nach Cartagena, noch ein paar Tage…

Das Ereignis der Woche

Spaanse Water / Curacao, 6.12.2009

Die Woche in Curacao war eher ereignislos, Einkaufen, Planen, Schwatzen, „Happy Hour“ im „Asiento“ und gleich noch einmal das Gleiche, nur mit Frei-Getränken, weil der in den Antillen allgegenwärtige Schiffsaurüster „Budget Marine“ zur Herausgabe seines neuen Kataloges gerufen hatte. Wir waren ein bisschen spät dran, das SOnnensegel wollte nun endlich nach größerer Änderungsarbeit ausprobiert werden, so dass für uns zwar gerade noch ein freies „Mädchenbier“ (das ist ein Amstel Bright mit einem Limonenschnitz) gab, das zweite war dann schon ein Bezahlbier. Zu dumm – und dabei saß die „deutsche“ Runde vor einem Tisch, der sich unter einer wahren Last von Polar-Flaschen bog. Selbst schuld (aber das Sonnensegel sitzt!)…

Unser Ereignis der Woche kam allerdings schon am Montag – wir wurden ein klitzekleines bisschen spät informiert, weil das Internet mal wieder weiche Knie machte, aber die Nachricht kam: „WIR SIND GROSSTANTE“, würde die BLÖD wohl titeln (hat sie aber nicht, auch in den Tagesthemen kam die Nachricht nicht…) Dennoch, wir haben die lütte Eske Anna aus der Ferne mit den SOLEILs und einem bisschen Kir Royal hochleben lassen, die Eltern sowieso. Es stellt sich in der Tat eine Art Oma-Gefühl ein, sehr nett, und wir freuen uns dauernd und dämlich, wenn mal wieder ein Bild aus Berlin eintrifft. Eske mit Vater, Eske mit der tapferen Mutter (sehr zufrieden grinsend), Eske mit Onkel. Nur Eske mit Großtante wird es so bald nicht geben, es sei denn, sie nimmt die Lehrstelle als Deckshand an, die wir natürlich sofort angeboten haben. immerhin soll ihr rosa nicht stehen, sie sei mehr der klassische Marine-Typ; wenn das nichts heißen will.

Das Ereignis der nächsten Woche allerdings wird unsere Weiterreise: Wir starren wieder auf GribFiles und Wettervorhersagen. Nach einem langen Sommer, wo Wetter als „wie üblich“ abgehakt werden konnte, wenn denn nicht ein tropischer Sturm sein Unwesen trieb, wird es mal wieder spannend. Wir machen uns (hoffentlich) morgen auf Richtung Kolumbien, ums – nomen est Omen – Cabo de la Vela herum., eine der fiesesten Seestrecken auf der Blauwasserroute, denn hier bläst es immer eklig um die Ecke, die Wellen sind entsprechend, ich habe schon mal das Vomex A zurecht gelegt. Die Verhältnisse werden denen von der Fahrt nach Madeira ähneln (hoffen wir), aber wir gondeln dicht an der Küste entlang und man hat die eine oder andere Möglichkeit zum Unterschlupf. Wir werden Euch auf dem Laufenden halten – Heike „BAJU“ brachte unser repariertes Pactormodem aus Deutschland mit, wir sind also kommunikationsmäßig wieder gerüstet. Gutes Ende der Pactorgeschichte: Ein wirklich sensationeller Service von SCS in Hanau – von „jetzt ist es eingetroffen“ bis „jetzt brauchen wir die Versandadresse“ vergingen keine zwei Stunden, schönen Dank an dieser Stelle an Martin Clas, auch für die „online-Hilfe“ über Funk!

Bis dann also – wir melden uns, auf dem Weg ins Kaffeeland.  Die anderen (un)feinen Produkte des Landes lassen wir mal außer Acht.