Secretos del Mar

Isla Pinos, Kuna Yala/Panama, 21.1.2010

Secretos del Mar – das stand auf einem verfallenden, großen Fischerboot am Ufer der Insel Tintipan in den Islas San Bernardo, unserem letzten Ankerplatz in Kolumbien. So richtig viele „Geheimnisse des Meeres“ haben wir dort nicht lüften können, obwohl sich eine ganze Reihe von Fragen stellten. Unbewohnt hatte der Segelführer gesagt. Nun ja, zur Zeit zumindest. Man fragt sich aber, wem all die prächtigen nicht bewohnten Häuser gehören, die sich nach skandinavischer Ferienhausmanier im dichten Palmen- und Mangrovenbewuchs verstecken, alle paar hundert Meter eines. Oder auch, wem die verfallenden Anwesen gehört haben mögen, die sich dazwischen mogelten. Die Fischer der Umgegend kommen zwar offensichtlich zum Wasserholen herüber auf’s dicht bewachsene Tintipan, aber leben tun sie auf einem kahlen Felsen eine Meile vor der Insel. 40, 50 armselige Fischerhütten drängen sich dort. Dagegen hat jedes Haus auf Tintipan einen eigenen Anleger, meist prächtig auf Stelzen ins Wasser gesetzt, und auf dem Stegkopf schwebt ein offener doppelstöckiger „Empfangspavillon“ – unter dessen Palmblattdach immer eine Hängematte schaukelt, und darin der Wächter. Keine Chance zum Landgang für neugierige Segler… Der Betreiber der Tauchstation erzählt uns ein bisschen. „Reiche Leute aus dem Inland… Bogotá, Medellín…“ Hmh. Feriendomizile für kolumbianische Farmer mit der einen, ganz speziellen Ernte?! Der freundliche Fischer, dem das Benzin ausgeht, fragt jedenfalls nicht einen der „Hausmeister“, sondern kommt zu uns und bittet um ein Schälchen Sprit. Wir umrunden die Insel im Dinghy, tuckern durch die große Lagune und suchen uns einen Alterswohnsitz aus. Weiß-blau, ein bisschen griechisch-kubisch, das gefällt uns am besten. Wenn nur diese vielleicht fragwürdigen Nachbarn nicht wären, die es etwas protziger mögen. Andererseits: es muss das ganze Jahr ziemlich ruhig sein, nur zu den Festtagen, da wird hier der Teufel los sein.

Und nun? Kontrastprogramm Panama! Nicht Panama = Kanal, sondern „Kuna Yala“, eine sehr autonome Provinz, fast gänzlich unter Eigenverwaltung der indigenen Bevölkerung. Wir sind bei den Kuna-Indianern gelandet, wo Männer nach der Heirat ihre Machete nehmen und ins Gehöft der Ehefrau ziehen, wo ein „congreso“ tägliche Ratssitzung hält, und, wenn es sein muss, auch zu Gericht sitzt. Strandgut aufzusammeln wäre ein Vergehen, selbst eine angeschwemmte Kokosnuss ist Gemeingut. Jede Einbaumfahrt vom Dorf zu den Feldern oder zu den Fischgründen wird notiert – und, im Erfolgsfall, besteuert, der „segretario“ sitzt auf dem Dorfanleger. Ehen ausserhalb der Kunas? Bedeuten den Ausschluss aus der Gemeinschaft. Palmblattgedeckte Hütten mit gestampftem Lehmboden, der erste Einbaum, der zu uns kam, hatte zwar einen Außenborder – der „Gesandte“ des Sahila, des Dorfältesten, der seinen Obulus von uns forderte (natürlich mit offizieller Quittung!) – aber die anderen Einbäume werden gepaddelt, ordnungsgemäß nach Kanadierart. AKKA liegt vor der Insel Pinos oder besser „Tupbak“, Walinsel, deren Spitze (150 m) wir gestern schon erklommen haben; im Dorf Mamimulu haben wir in indianische Gehöfte geblickt und erste vorsichtige Tuchfühlung aufgenommen . Das zivilisierte Ende dieses Ankerplatzes ist mal wieder die kleine Seglergemeinde; uff – 10 Boote, es ist unglaublich, als wir ankamen waren es noch 4… Dazu traf gestern traf noch eine amerikanische Ketsch ein, voller Rucksackreisender – Segeln ist die einzige Alternative für Backpacker, die aus Zentralamerika nach Südamerika gelangen wollen, oder umgekehrt, wenn man denn nicht fliegen will. Dennoch ist es schön, und noch faszinierender als die kleine Insel Pinos ist für uns die gegenüberliegende Seite: man kann stundenlang dort hinüber starren, dahin, wo sich graue Regenwolken und Dunstschleier über Hügel- und Bergketten stauen. Der Darien – das unwegsame Urwaldgelände, das Panama und Kolumbien verbindet, Heimat für die Kunas (und für die FARC-Guerilla, auf der kolumbianischen Seite!). Dies ist die Gegend, wo die berühmte „Traumstraße der Welt“, die Panamericana, eine kurze Unterbrechung erfährt. Noch ein „secreto del mar“, oder, sehr frei nach Janosch: SEHR geheimnisvolles Panama!

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