Monster, Molas, Mamitupu

Mamitupu/Kuna Yala, Panama, 29.1.2010

Eigentlich gehoert zu diesem Titel ein Bild – das wird nachgetragen: Eine Mama aus Mamitupu, eine Mola, ein Monster… Vielleicht kommt das Bild sogar ziemlich bald, denn es ist ein Projekt „AKKA-Blog-Administrator“ auf dem Wege, und dieser Admin kann demnächst per Funk gemailte Bilder online stellen; freiwillige Ersatzleute werden noch gesucht. Die Umlaute schreibe ich schon mal aus, damit das bald losgehen kann – ich hoffe, man kann den Text auch so lesen…

Monster, Molas ...

Monster, Molas …

AKKA rollt derzeit ordentlich in der Duenung; oben im Norden ist mal wieder typisches „except the Coast of Colombia“-Winterwetter, und dessen Gewelle erwischt uns hier vor der Ostkueste von Panama, auch wenn wir geschuetzt zwischen den Korallenuntiefen vor Mamitupu liegen. Seit zwei Tagen ist es dazu auch noch richtig truebe, der Darien haengt voller Wolken, ab und an regnet es sogar (…wie schoen, wie schoen! Der Dreck von Cartagena muss weg!). Was tut man bei solchem Wetter?! Man geht im Dorf Bro(e)t(chen) holen, 10 Stueck zu einem (teuren) Dollar, man besichtigt den „Flughafen“ von Mamitupu, landet mit dem Dinghy auf dem Festland an, um mal zu gucken, wohin eigentlich diese zig Ulus in der Morgendaemmerung fahren. Sie fahren natuerlich nur bis zum Strand, werden dort muehsam an Land gezogen oder im Fall einger Privilegierter an Stecken in der Brandungszone festgebunden. Da liegen sie dann, als viele kleine schwarze Striche und Punkte weithin sichtbar, den ganzen Tag, zwanzig, dreißig, fünfzig – sechzig zaehlten wir gestern vormittag. Was man NICHT sieht, sind Menschen. Herr und Frau Kuna steigen aus, nehmen ihre Machete und verschwinden im Unterholz. Der Pfad, dem wir folgen, ist zunaechst matschig und schmal, erweitert sich aber bald in einen Kokospalmhain hinein – ab und zu hoert man aus dem Gebuesch das Schlagen von Stoecken oder Messern, und dann kommen uns doch gelegentlich Leute entgegen: „…adonde vas?“. Wo gehst Du hin? Spazieren ist natuerlich in dieser Arbeitsumgebung eine befremdliche Antwort, und ich hatte zunaechst den Verdacht, dass dies eine Kontrollfrage sei, aber alle sind interssiert, nett, fragen nach dem Boot (auch AKKA ist ein „ulu“!). Der freundliche Mann, der uns am ersten Tag Langusten entgegenhielt, bietet heute handtellergrosse Krabben an; er zeigt uns wie’s geht: den Arm tief in die Gaenge stecken, Krabbe zuzwicken lassen und ziehen; ganz einfach. Eine Stunde spaeter treffen wir ihn, er strahlt: „Ya!“ Fertig! 15 Stueck hat er erwischt. Eine Gruppe junger Leute rodet ein kleines Feld fuer Yamsanbau. Die Familie, die uns ueberholt, ist leider des Spanischen noch weniger maechtig als wir, also versiegt die Unterhaltung im Gelaechter, aber schon an der naechsten Palme kriegen wir unsere Auskuenfte zu Kokosnuss und Co. Wie man den Bast abtrennt (Machete), wie man an die Nuesse kommt (raufklettern), wozu die Wasserloecher gut sind (Reservoir), wer die Nuesse kauft (Kolumbianer). Unsere Familie holen wir auch wieder ein, die sind dabei, eher winzige Krabben in der Uferzone zu sammeln, das Abendessen. Schoen nass werden wir in der Brandungsgischt, die Gummistiefel laufen mehrfach voll, aber wir sind ganz froh, sie zu haben – welcher Art die grasgruene Schlange ist, die sich da vor uns davonmacht, muss noch untersucht werden, aber sehr farbige Schlangen sind schon mal per se verdaechtig und noch verdaechtiger ist, dass die Maenner eigentlich alle Gummistiefel tragen… Der alte Herr, der uns mit einem Tragstock mit Kokosnussbuendeln entgegenkommt, ist vom Fotografieren nicht so angetan. Die alte Schule. In unserem 15 jaehrigen Segelfuehrer steht noch, dass Mamitupu eine der traditionellsten Gemeinden in Kuna Yala ist – eine Amerikanerin, die seit 15 Jahren hierher kommt, sagte sogar „… unfreundlichste…“. Im Buch steht: Fotos sind gar nicht erlaubt, man muss nach Sonnenuntergang das Dorf verlassen haben, Congresso findet taeglich statt… Aber in 15 Jahren tut sich ja viel, Congresso findet zwar regelmaessig statt, aber doch nicht taeglich, und ja, es gibt sie, die Frauen, die ganz fix ins Haus huschen, wenn sie unserer ansichtig werden. Aber noch mehr gibt es, die auch gleich wieder auf der Strasse stehen und mit bunten Molas winken. „Bakke mola?!“ Nein, vielen Dank, wir haben schon… . Ich gehe den Leuten nicht gern auf den Wecker und mag ihnen schon gar nicht auf die Fuesse treten, und so nutze ich lieber andere Anlaesse fuer Kontaktaufnahme, Yamile beim Heraufziehen des Ulus helfen, Brotkaufen oder auch Molas anschauen. Bei Yamile im Hof finden wir uns umringt von Kindern, Erwachsenen undefinierbaren Alters, klassische Molabluse steht neben Radlerhosen. Es ist schon fremd, und so kommt es dass man seine Kontakte doch gern mal bei den vertrauten Dingen beginnt: „…oink!“ Das Schwein in seinem Stelzenstall, gutes Gespraechsthema. Wann wird es geschlachtet?! Zum Kuna-Fest im naechsten Jahr! Aber dann kommen doch die Molas, stapelweise… Wir verabschieden uns mit dem vagen Versprechen wiederzukommen.
Und noch immer denken wir: Fotografieren ist nicht erlaubt. Mittlerweile johlen diverse kleine Freunde aber schon „Andrea, Andrea“, und Andreas „Andres“ schaekert ausgiebig mit aller Altersstufen – und siehe da, die Menschentraube, die sich um ihn versammelt, wird rasch groesser. Ich sage noch, als er die Kamera zueckt: „… lass mal..“, aber da geht schon eine offensichtlich bestellte Fotosession los. Jeder will drauf. Da heutzutage ja das Produkt sofort bewundert werden kann, ist das Geschrei gross, zig klebrige Finger grabschen nach dem Display, und ploetzlich stehen auch die Damen in Positur, mit Kindern auf dem Arm und ohne. Wundervolle Gesichter, wie wir hinterher sehen werden. Nur dem kleinen Sohn von Yamile ist der Typ, der sich da mit Mutter und Mola ablichten laesst, schwer unheimlich. Ein Monster aus der Suedheide, auf Kuna: „Meriki“, weisser Mann. Ist aber auch gruselig.

Die Monster schwingen sich uebrigens gleich ins Dinghy, Fotosession, 2. Teil: wir haben einen Kuchen gebacken und treffen uns mit den Frauen (und wahrscheinlich einem Rattenschwanz von Kindern) bei „la punta“, an der Inselspitze. Das ist da, wo keine Huetten stehen, denn angeblich wohnt dort „espiritu malo“, der boese Geist. Ein hervorragender Treffpunkt, um die versprochenen Ausdrucke der Fotos abzuliefern, mit einem kleinen konspirativen Touch. Mag sein, dass das mit dem Fotografieren in Mamitupu doch nicht ganz so im Sinne der Dorfaeltesten ist. Wir versuchen uns in monstermaessiger Zurueckhaltung. Im Zweifelsfall: Mola kaufen…