Kanalfahrten

Colón/Panamà¡, 30.3.2010,  6 Uhr früh

Guten Morgen aus Colón! Eben hat es ein bisschen geregnet, die Kabinentemperatur hat angenehme 31 Grad, das ist auch gut für die Brötchen, die ich gerade backe. Die Shelter Bay Marina, in der wir seit einer knappen Woche liegen, ist ein bisschen ab vom Schuss, und gestern gab es einfach keine Gelegenheit, einzukaufen oder zu backen. Wir kamen nämlich am Nachmittag von unserer ersten Kanalfahrt zurück – ein bisschen müde, denn die Nacht im Gatunsee ist  kurz.

Aber wenn schon das Stichwort Kanalfahrt fällt, muss man eigentlich erste einmal wieder einen Bekenner-Bericht zum gleichen Thema vorausschicken.
Also, unsere erste „Kanalfahrt“  in Panamá war eigentlich die vom vorletzten Ankerplatz in Linton zur „Panamarina“, zum Internetgucken und Französisch-Essen, wir berichteten. Mangrovenkanal, die Einfahrt von hübschen Riffen bewehrt und zumindest tagsüber von Affen beschallt, eine geschlossenen Blätterdecke, die sich im glatten Wasser spiegelt, wunderschön.

Linton Kanal

Der Haken daran war, dass wir uns zum Abendessen in der Marina verabredet hatten, und das enthält natürlich eine Rückfahrt in  der Nacht, in diesem Fall einer Neumondnacht, für die wir uns mit Lampen gerüstet hatten.  Hinein ins Dunkle, Lorle und Walter starren hinter uns her, bis unser Licht auf der anderen Seite im Dickicht verschwindet. Es ist schön und ein bisschen unheimlich, einmal bleiben wir stecken, aber alles geht gut, AKKA freut sich, als wir an Bord klettern – oder freuten wir uns als wir auf AKKA…? Egal. Allgemeines Schulterklopfen. Zwei Tage später die Wiederholung der Aktion – Abendessen mit der „East Coast“-AKKA und nun schon eine routiniertere Rückfahrt.  Es ist einfach toll, nachts durch diesen Kanal zu tuckern, und ziemlich bald schon stökern wir über die Korallen an der Einfahrt. Motor runter und off we go Richtung AKKA, mitten hinein in die weite Bucht. Ihr ahnt es schon. Ganz so „mitten“ drin waren wir dann doch nicht. Im Augenwinkel sehe ich etwas Weißes – worüber wir gerade gequatscht hatten, ließ sich nicht mehr rekonstruieren, aber so ganz „bei uns“ waren wir wohl nicht, denn das Weiße ist die Brandung. das Riff! Krach. Welle schwappt ins Dinghy – natürlich hatten wir die Rechner im Rucksack, das kommt immer gut im Salzwasser… Was für ein Scheiß! Wir mitten ins stockdunkle Wasser hinein, Tasten nach sicherem Stand auf den Korallen, und nach einer Weile schwimmt es wieder, das kleine Beiboot. GLOBETROTTER und seinen wasserdichten Beuteln sei Dank ist den Rechnern nix passiert. Nur zum Frühstück hatte ich ein Eignerbein auf dem (OP-)Tisch liegen: Seeigelstacheln in der Fußsohle, Betaisodona für die Korallenkratzer.  Ts, ts. Kanalfahrerroutine…

Dafür gab es vorgestern Gelegenheit, Routine für die „richtige“ Kanalfahrt zu entwickeln. AKKA crew goes linehandling – die ENOLA wollte „durch“. Freundlicherweise holen die beiden uns in Shelter Bay ab. Die „Flats“, das Ankergebiet „F“, wo sich Lotsen und Yachten zusammenfinden liegt vor der Stadt Colón, die Marina dagegen auf der Nordseite des Kanaleingangs, gleich hinter dem Wellenbrecher, und das ist eine dreiviertel  Stunde Taxifahrt auf dem Landwege  (zuzüglich möglicherweise geschlossener Durchfahrt am ersten Schleusentor), und teuer ist die Fahrt dazu; nicht zu vergessen, dass vom Kai immer noch ein Wassertaxi zu den Flats braucht.  Also heißt unser Taxi gleich ENOLA. Mit uns sind Helinä und Kalle von der ELAINE (finnisch-kehlig gesprochen e-leine), wir hängen auf den Flats die Reifenfender raus, riggen schon mal die Panamaleinen (4 mal 50 m äußerst handiges Polypropylen-Tauwerk; oh, Mann…), verspeisen erst einmal  köstlichen Schweine- und Rinderbraten aus Sabines Profi-Ofen, und bayerischen Kartoffel- wie Ingwer-Möhrensalat. Das MUSS erwähnt werden, denn nun weiß ich, wie hoch die Latte hängt bei den Menuplänen für unsere eigene Kanalpassage; das lässt sich sogar bemaßen: ich kann unter dieser Latte erhobenen Hauptes durchgehen…

Aber kaum sind die letzten Bissen verschlungen („… lasst eine Portion für den Advisor übrig!“) kommt er auch schon, der „Advisor“. So nennen sich die Kanalberater für die Kleinschiffahrt – Lotsen braucht man erst ab 65 Fuß Länge, und die Adivsor sind entweder Lotsen in der Anlernphase oder Bürotäter der Kanalgesellschaft. Unserer heißt Franklin, und die Frage, ob er erst was essen will, erübrigt sich: „Heave anchor, we go…“.  Eine halbe Stunde später versammeln sich ENOLA, HYDRA (Schweiz) und DALWHINNIE (Holland) zum Päckchen. Das Päckchenpacken ist ein bisschen anstrengend, denn man muss sich vorstellen, dass allein für meine Backbord-Heckklampenposition mindestens 8 Leute unterschiedliche Befehle geben oder Ideen haben: die beiden Advisor, die beiden Captains, unser Linehandler (ich) und 3 Linehandler von der HYDRA. Sagt einer der hiesigen Linehandler von drüben auf mein „.. you are driving me crazy!“,  „… you just do what the captain says!“.  Gegenfrage: „Which one?!“… Aber irgendwann ist es geschnürt, das Päckchen, das flugs in die erste Gatunschleuse verschwindet.

PC Cap Pasley

Hinter einen Containerfrachter, 1 Nummer unter der „Panamax-Größe“.  4 Affenfäuste kommen geflogen mit den Hilfsleinen – nicht für uns, sondern für die beiden Außenlieger, und deren Linehandler knoten Hilfsleine an Panamaleine, die die Handliner hoch droben auf der Schleusenmauer auf „Slack the lines!“ nach oben ziehen und auf einen Poller werfen. All das ist natürlich per Funk verabredet, die Advisor geben die Pollernummern nach oben vor und treiben auch schon mal ein bisschen an. Beim ersten Mal gucken wir etwas skeptisch, ob sich das Tor hinter uns schließen will – natürlich tut es das, und was folgt, kann man getrost mit „Fahrstuhl“ umschreiben.  Es gurgelt und strudelt und strömt und drückt uns mit einem Affenzahn hinauf – kurz drauf schauen wir staunend hinunter auf das Ankerfeld, wo die Abendsonne die vielen auf Reede liegenden Frachter bescheint.

PC Handliner

Während Lokomotiven den Containerfrachter vor uns in die nächsten Schleuse bugsieren, geleiten uns die Handliner an den Hilfsleinen hinterher. Drei Schleusen hintereinander geht das so, und zum Sonnenuntergang fahren wir hinaus in den Gatunsee. Päckchen aufschnüren, festmachen an einer großen Mooringtonne, der Advisor wird abgeholt – gute Nacht! Sehr gute Nacht, denn wir können im Süßwasser schwimmen. Besser: ich kann, die andere fürchten sich vor Kaimanen.

Der Rest ist schnell erzählt: am nächsten Morgen (ich bin gerade vom Früh-Schwimmen trocken hinter den Ohren) kommt das Lotsenboot.  Um 5 Uhr 50 – O-Ton Frank: „… oh, nee!“. Dieses Mal ist der Advisor ein original panamesischer Reinhard, seines Zeichens „Scheduler“ bei der Kanalgesellschaft. Und da wir nun 25 Meilen über den See motoren, ist viel Zeit zum Quatschen, Frühstücken, Fotografieren. Kurz vor der Schleuse Pedro Miguel tritt der Wald bzw. das, was die Kanalerweiterung von ihm übrig lässt, zurück – und wir versammeln uns wieder, dieses Mal zu 3 2er-Päckchen, denn in der Dunkelheit sind noch zwei große Ketschen und ein Katamaran dazugekommen. Das heißt: wir, gestern noch als Mittelboot zum Zugucken verurteilt, kriegen auch Leinen zu „händeln“, was aber bergab doch ziemlich einfach geht; noch dazu bekommen wir eine „Sailing yachts only“-Schleusung verpasst, ohne Berufsschiffahrt. Da kann zumindest niemand für Strömung sorgen,  wenn er seine(n) großen Schiffsschraube(n) anwirft. In der ersten Mirafloresschleuse ist das große Winken angesagt, Sabine und Frank haben Freunde und Familie vor die  Rechner in Übersee gelockt und grüßen nun aus dem Panamakanal, live und in Farbe. Die Bilder sollen nicht schlecht sein – wer mal gucken will, klickt dieses Link, oder, noch schöner, die hochauflösende Kamera. Das gilt natürlich auch für unsere Schleusung, demnächst in diesem Theater.

PC Puente

Um 13 Uhr öffnet sich vor uns die Bucht von Balboa  und ENOLA fährt unter der Puente de las Americas in den Pazifik hinein.  Ein bisschen müde sind wir doch, auch wenn es nicht so viel Arbeit war, wie es hätte sein können.

Und jetzt?! Morgen wird AKKA vermessen, und dann geht es am Nachmittag gleich weiter. Nicht mit der AKKA auf Kanalfahrt, da sind noch ein paar bürokratischen Hürden zu nehmen (zum Beispiel Zahlung von Transitgebühr und Sicherheitsleistung – könnte ja sein, dass wir mit unserem AKKAmax das Schleusentor beschädigen …). Wir machen mal was ganz Tolles: wir sind Linehandler! Dieses mal nicht nur mit, sondern auch bei Helinä und Kalle auf ihrer ELAINE. Kanalfahrten tun  nicht weh (jedenfalls meistens, siehe oben), und man kann vielleicht noch etwas lernen. Je Kanalfahrt, umso Erfahrung.

Bis bald!

Portobelo

Portobelo, 21.3.2010

Nachmittags, 17:00. Wir haben gerade einen Café Frappé geschlürft, unser tropisches Nachittagsritual, außerdem macht kalter Kaffee schön, besonders wichtig für mich, denn wir sind immer noch in Lateinamerika (die Oberweiten der Schaufensterpuppen lassen keinen Zweifel!). Zum Kaffee bin ich ein bisschen im „WIKI-TAXI“ durch die Gegend gefahren. Wie man – offline wohlgemerkt, denn WLAN haben wir seit Cartagena nicht mehr erlebt… – von Meerwassersalinität zu Essigsäureethylester surfen kann, von dort zu Portobelo und weiter über Francis Drake zu Pippi Langstrumpf (und so weiter…), ist mir ebenso ein Wunder wie dieses Wiki-Gefährt im Allgemeinen; als Nachschlagewerk gibt es deutlich mehr her als die Encylopedia Britannica und der Brockhaus, die wir ebenfalls beide digital an Bord haben. Jedenfalls erwähnen die beiden letztgenannten nicht, dass ABBA 1974 den Eurovision Song Contest mit „Waterloo“ gewonnen haben und noch schönere Details… Wen es interssiert: die Britannica und den Brockhaus gab es kostengünstig bei Zweitausendeins, das Wiki-Taxi kann man kostenfrei aus dem Netz laden (jaja, mit all den Fehlern drin, aber ein hoher Prozentsatz stimmt…). Und nicht mal groß ist das Taxi; ich habe es auf einem USB-Stick. Echt praktisch.

Von Portobelo, dem Sterbeort von (Sir) Francis Drake (WIKI sagt, dass Queen Lizzy, the First, geflüstert hat: „Francis Drake, Sie sind ein Schurke, darum muss ich mich um meiner selbst willen von Ihren lossagen!“, und den Ritterschlag von einem französischen Gesandten ausführen ließ!), von Portobelo also haben wir außer der Bushaltestelle und dem Dinghydock noch nicht viel gesehen. Ein schwarzer Christus, zu dem die Pilger bis aus Costa Rica auf Knien gerutscht kommen, wartet in jedem Fall noch auf Besichtigung. Und das Internet-Café will besucht sein. Die Brüllaffen in den Bergen brauchen wir nicht zu besuchen, die suchen uns ihrerseits heim, mit ihrem ständigen Gebrüll.
Aber zunächst waren wir mit Pazifik-Verproviantierung gut ausgelastet – mit der LIV, die wir zuletzt in Storebay/Tobago trafen, gab es einen Busausflug zum REY-Supermarkt in Colon. Ab 500$ Kaufvolumen ist die Lieferwagenfahrt zurück nach Portobelo kostenlos, und das ist gut so. Andreas plant, bei der nächsten Busfahrt seine Rettunsgweste als „personal Airbag“ mitzunehmen, sicher ist sicher. Der Lieferwagen war jedenfalls gut gefüllt, und während die LIV ihre Einkäufe noch im eigenen Dinghy nach Hause schaffen konnte, mussten wir ein Wassertaxi vom Dock zur AKKA mieten; was den schönen Nebeneffekt hat, dass einem für 5 $ zwei junge Männer beim Stemmen der Kartons helfen. Was für ein Rieseneinkauf… Die Seglerwelt hatte uns verrückt gemacht, dass wir „in Panama Proviant bis Neuseeland kaufen“ müssen, denn in den Inseln sei die Verfügbarkeit von Lebensmitteln knapp und die Preise astronomisch. Wat ’n Quatsch, dachte ich gestern abend, als AKKA endlich mit vollen Schapps und leichter Schlagseite nach steuerbord da lag; semi-pazifikfertig – ich war ganz fertig, denn Lebensmittel für schlappe 1200 $ lassen sich nicht mit einem Fingerschnippen stauen, schon gar nicht bei der schwülen Wärme (die ich durch Vorkochen von Hühnerbeinen und Köttbullar noch zu verstärken wusste…). Für weitere Einkäufe gilt es nun, verschiedene Dinge vorzukosten – panamesischer Kaffee, das nicht-Nestlé-Milchpuver, Dosentunfisch. Wir werden uns durchfressen und entscheiden. Weitere Stauaktionen drohen. Arme AKKA.

Jetzt geht’s ans Einkochen, also Schluss mit Bloggen… Und Portobelo will ja auch noch angeguckt werden, ehe es weitergeht. Bis dann!

Bye, bye, San Blas

Isla Linton, 15.3.2010

Der Kulturschock war nicht sonderlich groß heute früh: Aspaltstraße, das schon, aber Auto haben wir noch nicht gesehen, als wir vorhin unsere Wäsche zur „Wunderbar“ trugen, dafür stehen süd- bis zentralamerikanische Pferdchen unter Mangobäumen. Die wenigen Menschen, die uns begegnen, sehen gar nicht Kuna-mäßig, sondern ziemlich schwarz und afrikanisch aus – wir sind auf dem Festland Panamas angekommen, aber noch weit weg vom Rummel Panama Citys. Blickt man allerdings aus der Bucht hinaus, sieht man in der Ferne ein Cargoschiff nach dem anderen vorbeiziehen, der Kanal ist nur noch 40 Meilen entfernt.

Der Abschied von San Blas war (an)gemessen – bis zum Wetterfenster für die kurze Passage nach Linton haben wir in der Bucht von Chichime gehaust, zwar voller Segler, aber die Inselchen doch mit einer Handvoll Kunas bewohnt, ein schleichender Abgang also. Späßchen mit dem 3-monatigen Madiel und seiner hübschen Tante unter Kokospalmen, kurze Diskussionen mit Kuna-Fischern, die einem trotz Schonzeit mal wieder Langusten andrehen wollen („… wie sollen wir denn unsere Familien ernähren?!“ Tränendrüse…). Trash Burning-Sitzung auf dem 1-Palmen-Inselchen in der Einfahrt; wir haben tatsächlich unserern Müll auf eine mickrige Einkaufstüte voller unbrennbarer Sachen konzentrieren können. Müll verfeuern oder Müll schwimmen lassen ist wie die Geschichte vom Teufel und dem Beelzebub – ob es nun besser ist, die Umwelt mit den Brandgasen oder die Strände mit den ja schon gezeigten Müllmassen zu belasten, sei dahingestellt. Zur Entspannung gibt es nochmals Schnorchelgänge am Außenriff, der diensthabende Barracuda winkt „good-bye“, ein großer Igelfisch glotzt mit seinen Kinderaugen aus seinem Korallengehäuse. Tchüss, Kuna Yala! Wir hatten eine gute Zeit zwischen fremder Kultur und totalem Abhängen – wir möchten San Blas nicht missen.

Wir warten jetzt auf das „go“ von der ENOLA, für unseren Linehandlerjob nach Colon vorzurücken – aus unserer Sicht darf das noch einen Tag dauern oder zwei, mir gefiel nämlich das Linton-Umfeld ganz gut: Affen schreien aus dichtem Wald, Vögel quietschen von den Bergen herab, es ist feucht-warm. Gelegenheit zumindest einen kurzen Gang durch’s wilde Panama zu machen, und in der benachbarten Panamarina endlich mal nach dem Rechten auf unseren eMail-Konten zu gucken; das passiert sicher noch heute, wir sind gespannt, sind doch immerhin 9 1/2 Wochen vergangen, seit wir Cartagena verlassen haben. Und da die Internetverbindung sehr langsam ist, wie man sagt, werden wir tun, was man sonst noch besonders gut in dieser französisch geleiteten Marina tun kann, nämlich wunderbar essen. Das wird unser nach-Kuna-Yala-Fest.

Jetzt ist aber zunächst mal Großreinemachen angesagt – kurz bevor wir uns gestern in unserer Funktion als Wassermacherberater zur ANTARES aufmachen wollten, fielen uns fettige Fußtapsen im ganzen Schiff auf. Such… Und schon haben wir eine Ölquelle gefunden – was für ein Glück! Neben dem Batteriefach unter Andreas‘ Bett schwappt ein gut Teil des schönen Ursa-Motoröls aus Brasilien, und da wir gestern ordentlich Lage geschoben haben, suchte sich der kleine Tümpel einen Ausweg durch Kleiderschrank und Werkzeugschapps. Als Ölbremse fungierten die Teppichreste, mit denen die Bordwand im Durchgang nach achtern ausgekleidet sind. Pitsch, patsch, Ölabdruck… Ob wir das jemals wieder loswerden?! Wundervoll. Segeln hat was! Immer für eine Überraschung gut…

Kuna Yala und so…

Cayos Holandeses, Kuna Yala/Panama, 7.3.2010

Noch immer liegen wir im Cut zwischen den Inseln, die den so genannten „Hot Tub“ bilden. Der Wind weht boeig, wie das halt so ist, wenn man hier mit den diversen Fronten zu tun hat. Es herrscht ein ordentlicher Strom, windgeneriert, aber da das Wasser schoen klar ist (mit Betonung auf „schoen“, wieder einmal tuerkis und gruen und hellblau in allen Schattierungen!), wissen wir, das wir uns auf unseren Buegelanker verlassen koennen; der hat sich weitestgehend in den Sand geschmiegt. Und einen Ankerwaechter (ausser unserer Elektronik) haben wir auch: unser Anker scheint es einem grossen Manta angetan zu haben, der treibt sich staendig dort herum. Ankerwache tut hier auch Not: hinter uns naemlich, in ein paar Bootslaengen Entfernung, wird das Wasser wieder braeunlich und olivfarben, untruegliches Zeichen dafuer, dass ein Riff lauert. Und eine gute Meile vor uns brandet das karibische Meer ans Aussenriff. Schoen schaurig, immer noch. Die Squalls ziehen regelmaessig durch und hinterlassen einen Regenguss nach dem anderen – vom Darien ist seit Tagen nichts mehr zu sehen, alles grau. Leider hindern uns die boeigen Winde und der Strom auch daran, endlich mal das Stearns Kayak von NAUTIBEAR auszuprobieren, ich richte schon seit Tagen begehrliche Augen auf deren Bug, wo das schoene Teil lungert… Vielleicht wird das ja noch was, ehe wir weiterziehen. Mittlerweile gibt es einen definitiven Termin in Colon, und das ist das Ende unserer Kuna Yala-Runde. Am 26.3. kommt aus Miami ein Container geschwommen (eher plus als minus, natuerlich) und bringt uns unseren neuen Herd von Marine Warehouse. Ui, ui, ui. Die Crème de la Crème aus Nordamerika: ein „Force 10“, 3-flammig, Edelstahl, thermostatisch geregelter Backofen. Und Grill. „Force 10 – Cooking without Compromise“ . Ich werde wohl doch auf „Haute Cuisine“ umschulen muessen. Was man heutzutage nicht alles per Kurzwelle regeln kann. Bald gibt es allerdings keine Zwiebeln und Kartoffeln mehr und die lassen sich nicht per Kurzwelle ordern – zu viel Wind fuer die Veggie-Boote. Zum Glück kam gestern der Kochbananenverkaeufer vorbeigepaddelt. Ab sofort auf dem Speiseplan: Spaghetti „Patacones“, Kochbananen-Pizza, Risi-Banane.

Noch etwas fuer die, die nach uns kommen, BAJU und andere… Nachdem ich gestern abend eine Kurzwellen-Funkrunde belauscht habe, muss ich doch mal eine Lanze fuer Kuna Yala brechen. Ja, wir empfinden es auch so, dass die Gegend hier im Nordwesten der Provinz „voller Segler“ ist, aber doch nicht zu voll – man findet immer einen guten Ankerplatz. Fluktuationsbedingt sind wir im „Hot Tub“ zu dritt, viert oder fuenft, 2 Meilen weiter, im „Swimmingpool“ wird es dann schon ein bisschen voller; der „Pool“ wiederum ist recht gross und es kommt keine Atemnot auf. Aber grundsaetzlich haben wir so viele auch einsame Ankerplaetze gesehen, dass wir nicht sagen koennen, dass sich der Besuch der San Blas nicht lohnen wuerde. Wem die Seglergemeinde auf den Keks geht, kann leicht einen anderen Platz als nun gerade die Holandeses oder die Lemmons finden. Unser vorletzter Ankerplatz in Yansalardup war echter Genuss: Palmeninsel (mit zwei Kuna-Coconut-Caretakern), das Riff, klares Wasser. Und die AKKA. Die bis zu 20 Yachten, die 2 Meilen weiter nach Westen in Chichime lagen, verschwanden hinter der Insel selbst, mal abgesehen von den 2 palmenüberragenden Masten der Megayacht TIMONEER. Und dass 2 Meilen nach Sueden noch einmal 20 Yachten in einer weiteren Hochburg der San Blas, den East Lemmons, lagen, stoerte uns ueberhaupt nicht. Wenn man dann bedenkt, dass noch einmal so viele in den Holandeses, in den Coco Banderos, in Green Island und den Naguargandups liegen, sind 75% aller Yachten in 20 Meilen Umkreis konzentriert. Der Rest verteilt sich über viele Meilen entlang der Kueste von Ost-Panama – und je weiter wir zurueck nach Osten denken, umso schoenere Plaetze fallen uns ein. Wer die „Einsamkeit“ sucht, wird dort sicher fuendig, und wer es einigermassen geschickt anstellt, bleibt auch im „vollen“ Nordwesten unbehelligt. Nix gegen Kuna Yala – wir waeren schon laengst weg, wenn es nicht auch sehr schoen waere. Trotz Dauerfunkerei auf Kanal 72 (was die Italiener und Franzosen ausschließt, die quackeln auf Kanal 68…) Und trotz grauem Wetter. Ich muss mal gerade die Luken schliessen…

Nichts Neues …

Islas Holandes/Kuna Yala, 2.3.2010

Nichts Neues, auch im Westen Kuna Yalas nicht. Das Wetter ist weiterhin ungewoehnlich, regnerisch und sehr grau für die Jahreszeit und wenig Wind dazu, obwohl die letzten 3 Tage mal etwas sonniger waren. Merkwuerdig, merkwuerdig – ich schiebe es auf das Christkind, El Nino, das ja noch immer sein Unwesen treibt. Im zweiten Quartal soll es sich abschwaechen, das Kind, und dann wollen wir ja schon in Richtung Pazifik unterwegs sein. Derzeit weht jedenfalls draussen ein kraeftiger Wind – gut 6 Windstaerken, die vielleicht den Wechsel auf normale Wetterverhaeltnisse einlaeuten. Wir ankern im „Cut“ zwischen den beiden Inseln, die den unter Seglern geruehmten „Hot Tub“ bilden, und gucken auf’s Riff hinaus. Schoen schaurig, die Aussicht.

Mit der geringer werdenden Distanz zu Colon steigt die Spannung, was Kanal und Pazifik betrifft; andere Segler fragen aufgeregt nach, wer denn wann beabsichtigt, durch den Kanal zu gehen, man sucht Linehandler oder bietet sich als solcher an, die Pazifikkarten werden schon mal hervorgekramt. Nicht zuletzt hört man haeufig „…muss i denn, muss i denn…“-aehnliche Anwandlungen, auf die „Final Farewell Party“ folgt die „FINAL Final Farewell Party“. Mal wieder ein Scheidepunkt: Kanalfahrer trennen sich von den vielen, die auf der Atlantikseite bleiben, das sind insbesondere die Amerikaner, für die das Revier Karibik vergleichbar ist mit dem Mittelmeer für uns Europäer: warm, sonnig (?!). Nur kostengünstiger wird es hier wohl sein.

Nach ein paar Tagen semi-Robinson in Yansalardup – das „semi“ ist der ENOLA geschuldet, die uns kurz „besuchen“ kam – hörten wir, dass SIMPATICA einen ganz frischen Bericht aus Galapagos hat; also ankerauf und hinterhergesegelt, eine ganz schwere Passage, 2 Meilen gleich ums Eck nach Chichime. Und zwei Meilen bedingen gleich mal wieder 3 Tage Liegepause…
Und hier, in den oestlichen Holandes, liegt nun die halbe deutsche Kolonie der Langzeit-Panamasegler: GRETE, Vorkriegs-Krabbenkutter aus Friedrichskoog, die uns auf „Patacones“, gebackene Kochbananen aus dem eigenen Garten einlädt. Die NAUTIBAER ist schon da, ANTARES soeben gelandet. 3 von 5 Booten – plus die MOMO um die Ecke im „Swimmingpool“! – das klingt irgendwie nach „Club“, ist es aber nicht – es gibt kein Besuchs- oder Veranstaltungsprogramm, dem man verpflichtet waere, aber es ist dennoch nett. So suchen wir seit Sonntag nach einer Moeglichkeit, einen neuen Gasherd fuer AKKA nach Panama zu schaffen; da hilft dann diese Gemeinde der „Ortsansaessigen“, mit denen wir zusammen eine Loesung erknobeln koennen – im Gegenzug laden wir auf eine Runde Tauchgeraet ein.

Aber dann kann’s auch weitergehen. Der oben erwaehnte Bericht von der SIMPATICA macht wirklich Lust auf Pazifik, speziell auf Galapagos, wirbt er doch für „Schwimmen mit Pinguinen“, wahrscheinlich mit therapeutischem Ansatz, und unterstreicht: Seelöwen sind ein Problem – und sie gewinnen IMMER. Und das waere nun wirklich mal was Neues.