Pazifik

Isla Flamenca, 9.4.2010

Das war die Kanalpassage… Wir sind im Pazifik. Aber wie das so ist – als sich das letzte Schleusentor öffnete, hatte ich gerade damit zu tun, den Advisor zu füttern, bevor er von Bord ging. Keine Zeit für große Gefühle. Im Balboa Yachtclub springt unser geliehener Linehandler Eduardo samt den Panamaleinen von Bord, wir werfen zwei mitgebrachte Gasflaschen auf ELAINE ab und sagen den Finnen „tschüss“, denn die segeln mit Gast nach Galapagos und müssen los. Wir ankern vor der Isla Flamenca, Tomas und Maggie (Malgorzata!) haben es eilig nach Colón zu kommen, wir müssen noch die Fenderreifen am Dinghydock abliefern – das volle Programm. Am Dock werden wir von einem Segler abgefangen, der uns über die Passage ausquetscht, weil er selbst in der Gegenrichtung unterwegs ist, nach Hispaniola, und ein bisschen Muffensausen hat mit seinem 32 Tonnen-Ferrozementschoner. Also spenden wir eine Dose Balboa und ein bisschen Trost im Sonnenuntergang. An Bord mumpfen wir den Rest Passagegulasch, der Sekt bleibt ungeöffnet – Ohnmacht…

Heute früh sieht das schon alles etwas netter aus – Frühstück in der Sonne, zur Linken (oder rechten, wie gerade der Tidenstrom setzt) liegt ZENITUDE – Graziella hatte schon fröhlich gewinkt als wir einliefen, Oscar kam gleich rum, um uns nach Cocos zu locken; vor (hinter uns, s.o.) liegt THE ROAD, altbekannt, auch den Bloglesern, mit dem unverwüstlichen Papageien „Rubbish“, der immer noch Amsellieder hinter den schweigenden Pelikanen herpfeift. ENOLA funkt von der anderen Seite der Insel – unser Fazit: Pazifik ist fast „wie zu Hause“.

Es hatte ein bisschen spannend begonnen, dabei ließ sich die Idee, am Mini-Kreuzfahrtkatamaran DISCOVERY längsseits zu gehen, zunächst gut an, AKKA und LA PERILOU als Päckchen. Wir waren in der ersten Gatunschleuse auch schnell oben, nur hatten wir gerade so eben die Leinen gelöst, Andreas legt den Rückwärtsgang ein, um sich langsam abzusetzen und in die nächste Kammer zu fahren, als plötzlich die Bordwand der DISCOVERY anfängt, nach vorn zu „rasen“ wie es uns scheint. über der Wasserlinie sehe ich außerhalb unseres Fenderbereichs eine 15 cm dicke Edelstahlleiste auf uns zuschießen, gefolgt von der Heckplattform des Katamaran, passend in Höhe unserer Relingsstützen. Völlig machtlos, wie ich bin, schreie ich ein äußerst konstruktives „Scheiße, Scheiße, Scheiße“ in die Welt, aber um Dreifingerbreite verfehlen uns alle Hindernisse. Schiffe haben eben keine Außenspiegel, und der Kapitän dort über uns hatte uns entweder vergessen oder zumindest nicht im Blick. Für die nächsten beiden Schleusen vereinbaren wir, dass wir uns absetzen und unsererseits das Signal geben, dass der Katamaran seine Maschinen anschmeißen kann. Wir wischen die Schweißperlen von der Stirn. Der Advisor, José, den wir schon von der ENOLA-Strecke kannten und als umsichtig und präzise schätzten, entschuldigt sich für das Chaos.
In der dritten Schleuse gibt es noch einmal verwirrte Blicke auf der AKKA, denn der Kreuzfahrer fängt mitten in der Schleusung an Gas zu geben und mit gewaltigem Heckstrom zu manövrieren. Um, wie wir per Funk erfahren, sein Heck dichter an die Wand zu bekommen, aber das wissen wir in dem entstehenden Chaos von einruckenden Leinen nicht (hier stand eben ein Freudscher Tippfehler: statt „ruckend“ fuckend. Genau.). Will sagen: unsere Nachtpause im Gatunsee hatten wir uns verdient.

Bergab war dann umso einfacher, 28 Meilen Gatunsee, Advisor: Fernando, der Pastor. Warum lasse ich mich immer auf tiefschürfende Gespräche über Religion ein, wenn man heutzutage schon nicht einmal mehr über Wetter reden kann ohne zu streiten?! Da diese Gespräche aber schon auf unserer ELAINE-Fahrt geschehen waren, habe ich es dieses Mal vermocht, mich ganz auf die Steuerarbeit zu konzentrieren, und die Minenfelder den anderen Linehandlern überlassen. Dann „Short Lock Chamber“-Konstellation nur mit einem Ausflugsschiff und unserem Päckchen: klack, klack, klack – Pazifik. Der Rest steht oben. Und nachfolgend eine kleine Bildgalerie zum Thema…

Jetzt gucken wir mal, wie es weitergeht. Gasflasche füllen, Proviant ergänzen, Computer kaufen. War schon bekannt, dass wir bezüglich Letzterem eine Schuldfrage zu klären haben?! ICH habe meinen Rechner auf der Cockpitbank stehen lassen, und Andreas hat zuerst ein Kissen draufgelegt und ist dann auf das Kissen getreten… Wir suchen einen Monitor für ein etwas älteres ACER-Laptop.

Wir haben also zu tun. Ehe der Pazifik ganz weit und ganz einsam wird und keine Computerläden mehr aufweist!

Und hier ein Nachtrag aus dem Internetcafé auf der Isla Flamenca:

Bettina „VIGO“ schickte gleich eine ganze Serie Screenshots, und da sieht man mal, wie klein so eine AKKA in der großen Kammer aussieht. Man stelle sich vor, die ganze Kammer voll mit EINEM Panamax-Dampfer…

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Linda von der CHESAPEAKE war gestern zufällig auf der Zuschauerterasse als wir in die letzte Kammer  fuhren, und so kamen die beiden gestern Namchmittag gleich angefahren, um uns Bilder anzubieten. So richtig spektakulär sah das ja alles nicht aus – aber wir haben uns gefreut, dass so viele mit uns gefiebert haben! Danke!

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