Las Brisas / Panamá City, 4.5.2010
Grosser Ankertest, oder auch: Vormittagsspäßchen…
Gerade ist Mittagspause, mit schneller Chowdersuppe, AKKA hebt und senkt die Nase im Restseegang, MOMO neben uns sieht auch ganz schön schaukelig aus – selbst die Katamarane tanzen noch ein bisschen. Die Suppe haben wir uns verdient. Eigentlich hatte das Späßchen schon gestern mit einer Nachmittagsvorstellung angefangen – ich hatte gerade Heiner ueber Skype mitgeteilt, das es heute grässlich schwül sei und gewittrig aussehe, hatte Wetter eingeholt (das erste uebrigens von WETTERWELT!) und war wieder „nach AKKA“ gefahren. Es brist leicht auf, ringsum fing es schon an zu blitzen, also vorsichtshalber schon mal die Antennen abgeklemmt und dann im Cockpit lungern und die Dinge beobachten. Zum Beispiel RIGHT BEACON, ein US-Sportfischerboot mittlerer Groesse, das schon seit Tagen in angenehmen Abstand voraus ankert; wie immer ist keine Menschenseele an Bord. „Sag mal, bewegt der sich?!“ Glotz… „Jou, driftet achteraus!“ Aber wir sehen auch: der französische Katamaran in „Schusslinie“ bewaffnet sich bereits mit Fendern, man lässt das Dinghy zu Wasser, alles im Griff. RIGHT BEACON schwingt mehr oder weniger sauber am Kat vorbei, aber so schnell kann man gar nicht gucken, wie es a. weiter aufbrist und b. das Boot Richtung Mole treibt. Wir springen in unser Dinghy, mit (unser Benzinsparer-Neuerwerb!) 3.3 PS fuer eine Hilfsaktion ein bisschen schwach motorisiert, dafür packen wir unseren Zweitanker, Kettenvorlauf und Leine ein – das letzte was wir aus dem Funk hören ist, dass weiter in der Bucht ein Katamaran auf die Steine treibt. Nicht unser Bier gerade. Am Ort der Tat – knapp, knapp – sind schon die Franzosen und Brasilianer mit RIGHT BEACON zugange, und wir können noch ein paar Handgriffe tun, um das entlaufene Boot an einem schwimmenden Arbeitsponton festzubinden. Done – heimwaerts, der AKKA und den Blitzen entgegen. Sind wir nass geworden?! Nass ist gar kein Ausdruck. Immerhin wäscht der wütende (aber warme!) Regen das überkommende, ebenso warme Salzwasser gleich ab.
Und dann heute morgen – eigentlich ist der drittletzte aller vorletzten Pazifik-Einkaeufe angesagt, aber ich finde das Wetter mit Blick auf den Himmel „ungemütlich“. Wohl wahr. Innerhalb von Minuten legt der Wind mächtig zu und alle, die wir weit draußen „in“ der Bucht liegen, befinden wir uns plötzlich „draußen“ im auflandigen Wind und im vollen Seegang. Es wird unruhig am Funk, manche Eigner sind an Land und funken Dinge wie: „… there is a big spare Danforth anchor in the locker and a spare line. Can you take your dinghy and drop it for me?!“ Antwort: „I’ve got more than a handful to do with keeping my own boat in position…“. Dumm gelaufen. SALAMANDER treibt vorbei, aber Frau SALAMANDER, allein zu Haus, sieht unter ihrer Wäscheleine eher hilflos aus… Was machen wir?! Richtig geraten, springen ins untermotorisierte Beiboot. Als Andreas bei der Engländerin an Bord steigt, ist es mal wieder knapp, ATILA liegt im Weg und ENDORFINE, aber gluecklicherweise ist ATILA gerade selbst „auf Reise“ gegangen. Kurz, es herrscht Chaos im Ankerfeld, und während ich versuche, das Dinghy an der Bordwand zu halten, springt endlich der Motor auf SALAMANDER an (ein klassisches Beispiel fuer, räusper, den Sinn von eingeübten „Notrollen“, für ALLE Crewmitglieder, geschlechtsneutral ausgedrückt). Als der Anker, den wir aufholen, gerade den Bug freigibt, hören wir durch den Wind ein „… I am coming!“. Na prima, der SALAMANDER-Eigner kann in Kürze übernehmen. In der Zwischenzeit sind vor uns 3 weitere Schiffe ankerauf gegangen, RIGHT BEACON ist auch wieder auf Reise, denn der Pontonbesitzer hatte ihn heute früh losgeschmissen. Hinter uns erreicht ein Kanadier gerade noch so sein Schiff, ehe es ungespitzt auf die Steine geht; der freundliche Franzose von gestern fängt sich beim eigenen Fluchtmanoever eine Leine in den einzig verbliebenen Prop, kann sich aber befreien. Puuh. Wir peilen die eigene Situation und geben ein bisschen Kette. 60 m haben wir draussen. Uwe funkt: „Ich hab‘ auch 55. Das müsste wohl reichen!“. Stimmt. Wie wir auch liegen noch ein paar andere Schiffe wie angenagelt. Prima.
Und jetzt?! Restseegang, Wind gleich null. Man glaubt es kaum. Ein feuchter Spass war das. Vormittags-Spuk.