Hanavave/Fatu Hiva, 29.6.2010
Da sind wir nun – um 1 Uhr nachts fiel der Anker (ziemlich tief!) vor dem Örtchen Hanavave auf Fatu Hiva in den Iles Marquises, wie das auf Französisch heisst. Die Marquesas-Inseln in Polynesien. Ganz schön weit weg, 3000 Meilen von Galapagos und 21 lange Tage auf See, krönender Abschluss ein nächtliches Ankermanöver. Es ist eigentlich unser Prinzip, nachts keine unbekannten Plätze anzusteuern, aber alle Fakten sprachen für den Versuch, ZENITUDE und THULE machten uns Mut, die Bucht ist offen und ohne Hindernisse, und dann war ja da auch noch der Vollmond. Nachts ist die Insel allerdings noch ein bisschen dramatischer anzuschauen als jetzt bei Tage, zumal der Vollmond eben doch nur kurzzeitig durch die Wolkenfetzen schaute und sein kühles Licht auf merkwürdig beschneit aussehende Abhänge warf: über der dichten Vegetation fällt ein dünner Nebelschleier zum Meer herunter. Die Bucht selbst gibt erst spät die nicht unbeträchtliche Anzahl der Ankerlieger preis; wir funzeln mit unseren Strahlern umher und wecken damit den einen oder anderen Segler… Aber im Endeffekt sitzt der Haken im ersten Versuch, auf 18 m zwar, aber er sitzt eben.
Nachtruhe in der Jungfrauenbucht. So heisst das hier: Baie des Vierges, und dazu gibt es eine erzählenswerte Anekdote. Erinnert Ihr Euch an ein Fernsehspiel, wo man Worte raten musste und dazu Vokale kaufen konnte? „H.rzl.chen Gl.ckw.nsch z.m G.b.rtst.g“ „…??… ööh? Ich kaufe ein Ypsilon!“ ** So in dieser Art muss es hier gewesen sein, sagt man jedenfalls. Denn: vor uns, im schroffen Taleinschnitt, erheben sich augenfällig mehrere kerzengerade, runde Felsformationen. Dazu sagten die alten Kolonialisten: „verge“. Rute, Glied. Nicht schlecht beobachtet. Und da das den Missionaren des 19. Jahrhunderts zu schlüpfrig war, haben sie die Augen geschlossen und schnell ein „i“ gekauft, und so wurde aus „verge“ eine „vierge“, aus der „Rute“ eine „Jungfrau“. Manchen fehlt halt ein Groschen an der Mark, aber dafür haben sie ein „i“ zuviel…
Polynesien – das sind Vulkane und Atolle, Kokosnüsse und Brotfrucht, Baströckchen und Ukulele, und nicht zu vergessen: die Missionare. Scherze wie der obige und andere Folgen eifriger Missionarstätigkeit werden uns für den Rest des Jahres begleiten, auch dies ein untrügliches Symptom: Wir sind angekommen – in der Südsee.
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** Mein altes Mousepad von Uli Stein. Was einem doch so in Erinnerung bleibt…