24.6.2010, 9 Grad 03 S / 129 Grad 02 W
… tja, manchmal hasse ich es auch hier an Bord. Zum Beispiel gestern: in meiner letzten Wache kriegten wir ein Radar-Signal – unser Radarverstärker piept, wenn wir von einem fremden Radar getroffen werden. Das ist ja nichts Besonderes und eher eine erfreuliche Abwechslungin der weiten Pazifik-Einöde, dass sich andere Schiffe herumtreiben. Das Signal kam und ging, bis wir dann in den Vormittagsstunden plötzlich auch ein AIS-Signal bekamen, schließlich waren es sogar zwei. Zwei nicht weiter gegkennzeichnete Schiffe, hübsch verteilt 12 Meilen nördlich, 12 Meilen südlich, auf Gegenkurs. Und da sage noch einer, hier sei kein Verkehr. Und da AIS-Gucken ein schöner Zeitvertreib ist, beobachten wir, dass eines der Schiffe ein paar Meilen hinter uns einen Haken nach Norden schlägt und zur Mittagssuppe, wieder in 10 Meilen Achtungsabstand auf Parallelkurs geht. Noch haben wir die Idee, dass das vielleicht Forschungsschiffe sind, die irgendwelche Raster abfahren. Aber dann kommt der Hassmoment: Die alte Mistfliege nimmt punktgenau Kurs auf uns. Da starrt man dann eine halbe Stunde auf den Monitor, sieht, dass der „closest point of approach“, kurz CPA sich nicht ändert, oder doch nur im Rahmen von AKKAs Kursschwankungsbreite. 350 Fuß, 0 Fuß (Volltreffer!), 0,5 Seemeilen. MICH (!) macht das nervös. Ich probiere es mal über Funk, 5 Meilen Restabstand „… the motor vessel in position 8°44 south…“. Nix. Kanal 16 scheint unbesetzt zu sein, also her mit der nächsten Waffe: DSC. In der AIS-Information steht zu unserem Gegner rein gar nichts, nur die MMSI-Nummer. Ich muss, gestehe ich, nachgucken: was ist bloß 412… . Ei sicher! Die Volksrepublik China! Einer der vielen chinesischen Fischer auf den Weltmeeren, und wahrscheinlich muss man für Funkkontakt auch Mandarin sprechen können – der Anruf über MMSI bringt nämlich auch kein Echo. Schweren Herzens reißen wir den Besan herunter, damit wir ein bisschen beweglicher sind und verlassen unseren Sollkurs, damit der Vogel hinter uns durchgeht. Andreas meint allerdings, mein Funkruf hätte präziser sein können, nicht „Motorschiff in Position…“ sondern „Schrotteimer in Position…“. Kaum ist er durch, der Eimer, nimmt er die Fahrt raus und tut was auch immer er tun muss, Pause, Netze ausbringen, Bojen legen. Irgendwas halt. Was war das nun? Spaßvergnügen für einen gelangweilten Chinesen? Wollten die gucken, ob wir uns an möglicherweise ausgelegten Langleinen zu schaffen machen. Arrgh! DAS finde ich stressig, und wir haben darum unser Vergnügungsprogramm umgestellt. Den Chinesen geben wir nicht mehr die Ehre – hatten wir doch schön öfter in den letzten Tagen „3 Chinesen mit ’nem Kontrabass“ gesungen. Wir steigen auf „Mein Hut, der hat drei Ecken“ um…
Ach , noch was – heute kam die erste Hochrechnung für unsere Ankunft in Fatu Hiva herein! Vielen Dank Bahni Bahnsen. Ich muss allerdings leider korrigieren: 2 Fingerbreit auf dem Globus sind mitnichten 2 Tage – 5 sind es! Montag wird ein bisschen knapp, was eine Tagesankunft betrifft, es geht uns nämlich der Strom aus und der Wind ist heute auch eher mau. Wir werden wohl wieder die Nacht zum Dienstag mit Kleinstbesegelung vor der Insel rumdümpeln müssen. Aber, in der Tat, das Ziel rückt näher. Uns soll es recht sein. Auch wegen der Chinesen.