Aitutaki, 14.10.2010
… noch ein Stückchen weiter westwärts – wir liegen vor der Insel Aitutaki. Ganz schön. Und nicht ganz so schön. Letzteres, weil wir auf koralligem Grund ankern und die Sicht ist wegen fehlender Sonne und des starken Stromes schlecht; also können wir nicht genau sehen, wie und wo der Anker liegt. Aber DASS dicke Korallenköpfe rundum liegen, das konnte ich ausmachen. Wir ankern direkt neben dem Kanal, zu dem der freundliche Taucher (treffender Firmenname: BUBBLES) heute früh sagte, dass es mit unseren 1,90 m Tiefgang vielleicht ein bisschen „scrapy“ werden könnte, wenn wir in den Hafen fahren wollen. Auf dem Grund kratzen (oder Schlimmeres, der kleine Schlepper liegt hier sicher nicht von ungefähr…) wollen wir nicht, aber wir wollten doch wenigstens versuchen, Aitutaki anzulaufen; die Lage ist zumindest bei den herrschenden, frischen bis sehr frischen östlichen Winden gar nicht so schlecht – der Schwell ist gering, obwohl wir draußen 3 m See haben, und im Wind liegt man sowieso andauernd. Bemerkenswert ist anzuschauen, wie das Kabbelwasser 10 m vor dem Pantryluk schwabbelt, besonders, wenn nach dem Hochwasser die Tide so richtig in Fahrt kommt; und da Aitutaki wieder eine Lagune mit konstant ablaufendem Wasser ist, hat das Wasser nur eine Wahl: schnell raus aus der Lagune oder nicht ganz so schnell.
Da wir unter diesen Bedingungen AKKA nicht gern allein lassen gehen wir morgen weiter. Palmerston ist das nächste Ziel; auch nicht so dolle, denn wir kämen am Sonntag an, und das ist Sabbat in den Cooks, und Palmerston wiederum die Cook-Insel, wo man als Yacht von den ansässigen Familien „adoptiert“ wird. Die Alternativen sind: gegen den Sabbat verstoßen und die Gastfamilie vergrätzen, oder gleich weiter nach Niue reisen.
Zum Stichwort Wahl – die hatten wir auch in Mopelia. Zum Beispiel: Bleiben oder nicht. Mopelia… Wir hatten ja schon Maupiti als idealen Abschluss unseres Besuches in Französisch-Polynesien gepriesen (hatte ich das?!). So wie es in Fatu Hiva begonnen hatte, hörte es dort auf: beschaulich, freundlich, polynesisch. Gärten voller Tiarésträucher und Mangobäume, ein fröhlicher Postbeamter und viele andere nette, ewig grüßende Maupitianer, ein extrem leckerer Poisson Cru, der uns in zwei Tagen zu Stammgästen der einzigen Kneipe machte.
Und dann kam Mopelia, ganz unerwartet. Beschaulich ist gar kein Ausdruck. Die vollendete Augenweide. Kein Mensch weit und breit… Falsch! Kurz nach der Ankunft klopfte es: Toao war meilenweit gepaddelt (eine Yacht im Pass ist ja nicht zu übersehen!) und wedelte mit einer riesigen blauen Kokoskrabbe, zum Tausch gegen Zigaretten. Wir konnten zwar keine Kokoskrabbe brauchen, denn nach den Kneipengängen in Maupiti sollte unser Tunfisch verspeist werden, ehe er grün schillert, aber wir wollten das erste Mopelia-Schwätzchen gern mit Zigaretten bezahlen und erhielten die Aufforderung, auch in den Süden zu fahren. Am nächsten Tag entdeckten wir ebendort eine zweite Yacht, zu unserer Überraschung eine von MOORINGS – eine Charteryacht so weit weg von Raiatea, und in so einem schwierigen Atoll?! Das klärte sich rasch: der Eigner des Schiffes war an Bord, und da auch der trotz seiner Privilegien als Eigentümer nicht so weit nicht fahren darf, hatte er den äußerst revierkundigen Georges dabei, einen in Maupiti ansässigen Franzosen mit einem Hang zu Mopelia. So stark der Hang, dass seine Frau ihm, als er einen Aufenthalt mal um 6 Wochen überzogen hatte, eigens ein Speedboat schickte, mit der polynesischen Nachricht: „… wenn Du nicht nach Hause kommst, hast Du 4 Füße im Bett!“, will sagen: …dann such‘ ich mir ’n anderen Kerl. Dies und vieles andere aus Polynesien konnte Georges erzählen, und er führte uns auch gleich in die einzige verbliebene Mopelia-Familie ein, deren „großer Bruder“ er geworden ist. So kam es, dass wir diverse polynesische Geheimnisse lüften konnten (Tiaré-Blüten, Perlen, Kopra). Mit Sofie palaverten wir vor dem Haus über Kinder und Schule und weitverstreute Familien, umwimmelt von unzähligen Ferkeln und Enten und Hunden und scharf beobachtet vom domestizierten Rotfußtölpel. Kalima ist der Ehemann der Sofie und „le Roi de Mopelia“, wie Georges scherzhaft sagte, der König über insgesamt 13 Familienmitglieder, und der wusste über Luckners SEEADLER zu berichten, über die Australinseln, über Cyclone.
Währenddessen saß er neben seinem Fischerkahn bis zum Bauchnabel im Wasser und deutete dabei beiläufig auf seinen Fang: Langusten. „Ihr kommt heute abend zum Essen! Wenn man sich kennengelernt hat, ist das so!“ Das war eine echte polynesische Einladung, die man gar nicht hätte ablehnen können. Wir packten ein kleines Gegengeschenk ein, bereiteten, wie gewünscht, ein Dessert (Crà¨me Anglaise mit Aprikosen – was die Vorratskiste so her gibt, nämlich Tüten und Dosen…) und rückten in der Dämmerung um den großen Familientisch zusammen.
Wir stopften gegrillte Langusten und gebratenen Fisch in uns hinein, dazu noch einmal Kokosklösschen, Kürbisgemüse und Reis, alles zubereitet von Kalima. Der zeichnete auch für den Poisson Cru verantwortlich – die Limonen frisch vom Baum im Gärtchen, der Fisch direkt aus dem Wasser. Besser geht es kaum – wie viele „beste Poisson Cru“ da noch kommen?! Dieser wird schwer zu toppen sein.
Wer die Wahl hat, fährt nach Mopelia. Finden wir. Und, ach ja, Wahl. Da war doch noch was. Im Atoll, 20 m von der AKKA entfernt, Frau Buckelwal, ein springlebendiges Kalb und der Herr Begleit-Bulle. Einmal im Jahr kommen sie vorbei und meistern den Pass. Waltag auf Mopelia.