Mal was Neues

Nuku€™alofa, 16.11.2010

… immer noch Tonga, und jetzt mit gutem Grund.

Hospital Pavenu

Das hier sind  Panuve und seine Mutter – nicht ganz untypisch für diese Situation; der tonganische Patient wird im Krankenhaus von mindestens einem Angehörigen begleitet, und drei sind keine Seltenheit. Nachts liegt die Familiemitglieder vor den Patientenbetten und tragen zum allgemeinen Schnarchkonzert bei, das durch die Tatsache, dass die 4-Bett-Zimmer nicht durch Türen abgetrennt sind, nicht gerade geringer wird. Wir wissen das alles, weil Panuve des Eigners Bettnachbar ist. Seit gestern liegt Andreas im Vaiola Hospital und quält sich mit einem Nierenstein. Es gibt doch immer was Neues… O-Ton  zum „Nachtleben“: um 4 wurde es dann ruhiger…

Als ich gestern abend nach einem Marathon zwischen Arztpraxis, Aufnahmestation, AKKA und nochmals Krankenhaus wieder in Pangaimotu ankam, guckte man mich verwundert an: „… und wer ist bei ihm?!“ Siehe oben. Wie grausam von mir, den Patienten allein im Krankenhaus zu lassen, und ich bringe nicht mal frisches Essen. Aber danach ist ihm sowieso nicht, dem Armen, also muss ich auch nicht auf das Angebot von Big Mama und Little Papa zurückkommen, dass sie das für mich erledigen würden. Andere Länder, andere Krankenhaussitten. Den Schwestern ist das mit dem Angehörigenauflauf übrigens auch nicht immer recht, aber „… es ist eben so üblich!“

Hospital Hae

Wir hoffen nun, dass sich der Stein bald verflüchtigt, denn irgendwann wird die Zeit knapp. Das derzeitige Wetterfenster wird sicher ohne uns verstreichen, und das nächste muss es dann aber auch sein. Während Andreas sich wälzt und eine erträgliche Haltung finden möchte, wälze ich mich in der Koje und überlege, wie wir im Zweifelsfall die AKKA ohne ihn nach Neuseeland schaffen. Einhand, das steht fest, geht für mich nicht, also heißt es Crew zu finden. Auch da ist Big Mama hilfreich und steuert ein paar gangbare Alternativen bei, MOORINGS-Skipper und ähnliches, es ist also nicht hoffnungslos, und die Früh-Ankömmlinge in Opua sind auch schon alarmiert. Alles nicht so Wünschenswert, aber auch nicht katastrophal. Die Aufnahmestation im Vaiola-Hospital war das schon eher. Gestopft voll mit Leuten und einem deutlich cyclongezeichneten Dach. Andreas wurde auf eines der Notbetten gehievt – nur der Rundumblick auf die bereit stehenden Infusionen und -bestecke mit den heimeligen Namen „BRAUN“ und „HARTMANN“ verhieß einigermaßen hygienische Umstände. Dr. Cathy Latu, 36. Woche schwanger, schickte Andreas dann auf die chirurgische Station, in eines der letzten verbliebenen Betten. Je öfter ich durch dieses Krankenhaus gehe, umso öfter frage ich mich auch, was all die frisch herausgeputzten Mormonenkirchen und -schulen hier  in Tonga suchen – in jedem Dorf (!) eine-  wenn für das Zentralkrankenhaus des Staates nicht mal genug Geld da ist. Seelenheil scheint vor Heilkunst zu gehen – ist das nun importiert oder tonganisch? Was Neues, um darüber zu grübeln…