31 Grad 53 Süd, 176 Grad 27 Ost, 11.12.2010
Ein weiterer Morgen auf dem Pazifik – und ich habe mir gerade mal mein Lieblings-Kinderbilderbuch hervorgeholt: Johann Wolfgang von G. illustriert von Peter Schössow, eine unbedingte Empfehlung übrigens, betitelt „Meeres Stille und Glückliche Fahrt“. Das sagt der Herr Goethe:
Tiefe Stille herrscht im Wasser,
ohne Regung ruht das Meer,
und bekümmert sieht der Schiffer
glatte Fläche rings umher.
Keine Luft von keiner Seite,
Todesstille fürchterlich,
in der ungeheuren Weite
reget keine Welle sich.
So ist es, bis auf die Tatsache, dass wir die Stille als wohltuend empfinden, wenn auch ein bisschen gespenstisch. Gestern konnten wir buchstäblich den ganzen Tag die Spiegelbilder der Wolken betrachten, die das Meer in unwirklich hellblaue Pastellltöne tauchten, mit pinkfarbenen Flächen hier und da. Heute Nacht haben wir kurz vor Mitternacht den Motor abgestellt – sinnlos, weiter in Richtung und, wie es scheint, MIT dem Windloch zu fahren. Jetzt treiben wir zwar zurück mit knapp einem Knoten Fahrt, aber die Darstellung von Wetterwelt zeigt uns eine kleine Chance auf nordwestliche Winde ab heute Abend, für einen begrenzten Zeitraum zwar, aber wenn wir vielleicht 20 Stunden segeln könnten, reicht der Diesel für den Rest der Strecke.
Hatte ich schon gesagt, dass wir in Papeete 4 unserer Pazifik-Zusatzkanister an die GROMITeers weitergegeben haben?! Das Mottowar : „… na, so lange Strecken werden wir nie wieder motoren müssen…“ Andreas hat gestern noch die letzten 80 Liter umgefüllt, es würde noch für 60 Stunden reichen. Nicht genug für die Gesamtdistanz, und das wäre auch vollends nervtötend, denn eigentlich sind wir sehr fröhlich. Hinter uns kommen CLARA KATHERINE und CATNAP, die ich gerade auf dem Funknetz hörte – und muss festestellen, dass wir vergleichsweise viel Kraftstoff übrig haben; das Problem ist für alle gleich, und niemand weiß, wann sich wirklich der Wind einstellt.
Also guck ich jetzt Goethe und vor allem die herzerwärmenden Bilder von Schössow, mit einem kleinen Kommentar von mir:
Die Nebel zerreissen (nö!)
der Himmel ist helle (stmmt)
und Äolus löset das ängstliche Band (hoffentlich!)
Es säuseln die Winde
Es rührt sich der Schiffer
Geschwinde! Geschwinde!
Es teilt sich die Welle
Es naht sich die Ferne
Schon seh‘ ich das Land. (Ach, das wäre dann doch schön, dieser letzte Satz…)
Fragt da jemand nach dem Tagesprogramm? Technikkram und Hausputz. Gestern ist schon ein halbes Fläschchen Möbelpolitur draufgegangen… Da freut sich die Hausfrau über die ruhige See. Aber jetzt gibt es erst mal Frühstück im Sonnenschein.
Meeresstille und Glückliche Fahrt.