DAS nervt dann doch manchmal etwas: wir versuchen noch immer Süd zu machen, damit wir in Kürze rechts abbiegen können, in einem feinen und bequemen Winkel zum erwarteten Passat, aber das ist mit Gestampfe und Gekämpfe gegen die südwestlichen Winde erkauft. Wende hierhin, Wende dahin – fahren wir in das Schlechtwettergebiet rein oder dann doch lieber ein paar Grad daneben, weiter nach Südost?! Seglerleben, und dabei sind wir doch gar keine Segler, nur faule Segelsäcke.
Die letzte Nacht entschädigte übrigens für die vorhergehende – war die erste ein einziges, langgezogenes Gewitter gewesen mit nicht enden wollenden Blitzserien, hatte letzte Nacht jemand in kitschigster Manier die Milchstraße ans Firmament gepappt und auch noch pünktlich zu einer Wende als Orientierungspunkt ein Kreuz des Südens über den Horizont gehängt. Heute früh kam uns ein riesige, langgezogene Passatdünung entgegen, kleiner Gruß von den Winden auf die wir nun so ungeduldig warten. Das Ziel ist nicht so weit, aber soo schwierig zu erreichen…
Archiv für das Jahr: 2010
Sehr anhaenglich…
… die Wetterzelle, die uns seit 2 Uhr (12.5.2010) in der Nacht begeleitet! Regen, Gewitter, das volle Programm über nunmehr 11 Stunden und laut Radar ist immer noch kein Ende in Sicht. Hoffentlich geht diese Mail überhaupt raus, denn die Funkbedingungen sind so lausig wie die Zelle anhänglich ist.
Sonst ist aber alles gut – Lightshow in der Nacht beeindruckend, Wind buchen wir unter „geht so“. Mühsam, mühsam… Wie sagte Oscar: „… trio to Galapagos is bad. Always is…“ Weitermachen – jetzt gibt es eine Trostsuppe.
Grau und windarm…
4 Grad 29 Nord 81 Grad 07 W – 11.5.2010
Der dritte Tag Tag auf See hat begonnen – mit ziemlich wenig Wind, wie zu erwarten war; das heutige Etmal schon eher realistisch, aber immer noch erfreulich: 108 Seemeilen. Wir gucken uns die Augen matt auf den GribFiles von Wetterwelt und planen einen Weg durch das Labyrinth von seltsamen Windlöchern und unpassenden -richtungen. Aber eigentlich geht es doch ziemlich geradeaus – noch 40 Meilen bis zur Isla Malpelo und dann einfach weiter nach Südsüdwest, vielleicht schon ein Tickchen mehr West, aber nicht zu viel, sonst haben wir hinterher den Passat auf die Nase. Wie schon bei den Streckenberatungen für die Biscaya und Lissabon-Madeira macht sich die WETTERWLET übrigens gut – dies ist unser erster Versuch mit einem kommerziellen GribFile-Anbieter, und nachdem unsere Vor-Fahrer (siehe letzter Blogeintrag) geflucht hatten über die „überhaupt nicht stimmenden Gribfiles“, können wir nur sagen: Passt. Bisher jedenfalls, und darauf bauen wir nun einfach – alles andere wäre ja ebenso im Nebel gestochert. Letzteren gibt es hier aber glücklicherweise derzeit nicht, für aber ein sensationelles Dauer-Wetterleuchten zu unserer Linken in der Nacht, stundenlang, ohne Unterlass. Naja, und dann haben wir noch die üblichen Squalls, die sich trotz aller Windarmut immer mal dazwischen schieben – die kommen immer dann, wenn gerade Wachwechsel war und einer von uns beiden das müde Haupt zum Schlaf gelagert hat. „Komm mal rauf! Reffen!“ Ich versuche schon immer ganz fröhlich bei dieser Aufforderung zu klingen. Jetzt schauen wir mal, was die Nacht bringt. Vorher gibt es frisches Roggenmischbrot mit panamesischem Belag. Lecker war heute mittag die filetierte Pomelo mit Balsamico, als Beilage zum den restlichen Champignons, die in ein Risotto gewandert waren. Kochen, lesen, abwarten. Galapagos rückt langsam näher. Die Vorausmeldungenjedenfalls klingen sehr verlockend – schönes Klima, nette Viecher. Noch 6 bis 7 Tage. Und noch 2 Pomelos.
Richtung Galapagos
6 Grad 19 N, 79 Grad 59 W
10.9.2010
Erster Tag auf See Richtung Galapagos. Durch die ITCZ (die Intertropical Convergence Zone) zu fahren, ist immer doof, aber bislang lässt es sich gut an. Aus der Literatur ja auch als Kalmen oder Rossbreiten bekannt: weil man die Schiffe leichtern wollte, warf man die Pferde über Bord, die armen… Wir haben keine Pferde dabei, insofern sind wir da aus dem Schneider, und bislang hat uns das Wetter einen stetigen nördlichen Wind präsentiert; wir laufen „platt vor den Laken“ mit 195/200 Grad, und das erste Etmal war sogar mit 148 sm seit gestern Mittag überdurchschnittlich. Wendepunkt kann morgen die kleine, kolumbianische Inselgruppe der Malpelos sein, ab dort schaut das Wetter schwer nach „ITCZ“ aus, und das wird dann so, wie uns all die Kollegen schon per Trost- und Rat-Mail berichtet haben. Zitat ENOLA: „Scheiß-Fahrt, Scheiß-Wind, Scheiß-Welle“. Etwas feiner auf latino-Englisch von der ZENITUDE: “ Way to Galapagos is bad. Always is! Wind on the nose and lots of motoring…“ Aber so wie die sich durchgewurschtelt, haben werden wir es auch tun. Die MOMO, mit der wir gemeinsam losgefahren waren, ist uns heute früh aus der Sichtweite geraten, die alte Frau AKKA ist schließlich kein D-Zug, aber wir haben Funkkontakt. Harren wir also der Dinge die da kommen werden!
Bis bald – und ein bisschen Daumendrücken für ein schönes Wetterfenster kann ja nicht schaden, liebe Leser…
Nochmal…
Las Brisas/Panamà¡ City, 5.5.2010
Noch einmal in die Stadt. Wir hatten uns gestern, nach dem aufregenden und nassen Vortag, ein richtiges Einkaufsprogramm verschrieben, Bücher, Stoffe, Nähzeug, Dieselkanister, Ersatzpropeller für den „großen“ Außenborder. Nicht dass der kaputt wäre – es wäre nur schön, wenn wir auch zu zweit das Beiboot zum Gleiten bringen könnten.
Noch einmal mit dem Vorortbus (25 Cent) in die Stadt und hinein ins Gewühl um die Plaza de Mayo. „Todo en Cuero“=alles aus Leder – ein Frauenparadies (wenn Schuster denn ein Frauenberuf ist…). Jedenfalls MEIN Paradies – frau könnte hier VIELES kaufen, allein das ganze Befestigungsmaterial, und die Garne, die Lederstücke aus der Grabbelkiste, ach, wäre doch die AKKA ein bisschen größer… Mit neuem PVC-Gewebestoff für’s doch schon sehr in Mitleidenschaft gezogene Dinghy-Cover bewaffnet eilen wir zur nächsten Station – Polstererbedarf EL TAPIZ. Das gleiche Spiel wie vorhin – ein Paradies in Polsterstoffen, wobei ich es mehr auf eine Vorratserweiterung in Sachen Markisenstoff Marke SUNBRELLA abgesehen habe. Es gehen dann auch ein paar Yard mehr über die Theke als geplant, aber das muss die AKKA nun (er)tragen können. Wir nähern uns dem Fischmarkt. Das Viertel ist – naja… nichts für jedermann, aber den Orangensaft vom Straßenhändler kippen wir mit Genuss, und es werden immer ein paar nette Worte gewechselt, auch wenn ich meinen Rucksack lieber mit Brust- und Taillengurt gegen „plötzlichen Zugriff“ sichere. Die zuvor eingesackten Stoffe sind mir lieb und wert. Der Tohatsuhändler um die Ecke hat leider keinen Propeller, aber immerhin doch ein paar Impeller, so dass auch der Eigner heute nicht ganz leer ausgehen muss. Busfahrt. „Via Espana/Calle 50/Los Pueblos“. Das ist unserer… Grell bunt, von Dieselschwaden umgeben, der Fahrer hockt hinter einem Sehschlitz wir der Europäer sie gemeinhin von Geldtransportern kennt. Das ist nicht so ein zivilisierter Vorort-Kleinbus, sondern einer dieser wundervoll stänkernden und lärmenden ex-Schulbusse aus US-Beständen. Ehrlich gesagt können wir uns nicht vorstellen, dass die USA derartig viele von diesen Dingern abschreiben, damit die hier ihren zweiten Frühling erleben und den gesamten Nahverkehr in Mittelamerika bestreiten?! Egal , jedenfalls sind manche der Busse tatsächlich noch mit gelber Farbe getüncht, man sieht es manchmal unter den fantastischen Airbrush-Malereien (oder auch dem Farbauftrag mit der Rolle) durchblitzen. Voll ist es, und es wird Richtung Via Brazil, wo wir einen Buchladen vermuten, immer voller. Also quälen wir uns frühzeitig Richtung Vordertür und steigen – die Gelegenheit ist günstig – ein bisschen zeitig aus. Wir nähern uns unserem Buchladen bergauf über die Calle 59 Este. Rechts ein üppig grüner, etwas verwilderter Park, links ducken sich unter den glitzernden Hochhäusern und schwindelerregenden skelettartigen Rohbauten feine, alte Villen aus den Zeiten, als die Amerikaner hier noch ihre „Canal Zone“ besetzt hielten, und neuere Villen aus den 70er , 80er, 90er Jahren. Wir benennen die Straße kurzerhand um: Calle Porsche. Vor fast jedem Haus steht ein Targa, ein Turbo, ein Cayenne – die eine oder andere Mama scheint den Nachwuchs allerdings nur mit gehobenen AUDI-Modellen zum Ballett karren zu müssen, wie enttäuschend! So unvermutet, wie diese kleine Geld-Enklave begonnen hat, endet sie an der Via Brazil, ´wo wieder der Verkehr tost. Mittagspause! Gute Idee! Mit vielen Bürotätern sitzen wir auf einer Veranda, hinter uns röhren die Busse vorbei, vor uns liegt geschnetzeltes Rindfleisch und Huhn auf einem Bett aus Reis – für sehr kleines Geld. Die Porschefahrer kehren hier sicher nicht ein… Mit einer gewissen Hängemattenschwere erreichen wir EXEDRA BOOKS. Der erste wirklich gut bestückte Buchladen in Panamà¡. Zumindest was spanische Literatur betrifft – die Auswahl an Englischen beschränkt sich mehr auf das übliche „New York Times Bestseller“ und wenn es dazu nicht gereicht hat, dann ist der Verfasser wenigstens ein „New York Times Bestselling Author“. Aber für AMAZON ist es jetzt zu spät und die Krimis von EXEDRA müssen uns über den Pazifik helfen. Werden sie sicher auch – außerdem haben wir das Mehrfachlesen mittlerweile zur Kunst erhoben. Immerhin EIN sehr interessantes Buch über die Geschichte des Panamà¡-Kanals mit all seinen politischen und wirtschaftlichen, rassistischen und technischen Hintergründen haben wir ergattert. Und zum Schluss noch einen Kaffee in dicken Fauteuils geschlotzt. Kleine Zivilisationspause, ehe wir den finale n Trott durch die Mittagssonne zu zur Transistmica antreten. Letzter Punkt: Dieselkanister. Kann sein dass wir viel Kraftstoff brauchen werden – die Kalmen drohen mal wieder, und wir sind gerüstet.
Wir starren schon gebannt auf die Wetterkarten. Bis dann also, mitten vom Pazifik…
Großer Ankertest
Las Brisas / Panamá City, 4.5.2010
Grosser Ankertest, oder auch: Vormittagsspäßchen…
Gerade ist Mittagspause, mit schneller Chowdersuppe, AKKA hebt und senkt die Nase im Restseegang, MOMO neben uns sieht auch ganz schön schaukelig aus – selbst die Katamarane tanzen noch ein bisschen. Die Suppe haben wir uns verdient. Eigentlich hatte das Späßchen schon gestern mit einer Nachmittagsvorstellung angefangen – ich hatte gerade Heiner ueber Skype mitgeteilt, das es heute grässlich schwül sei und gewittrig aussehe, hatte Wetter eingeholt (das erste uebrigens von WETTERWELT!) und war wieder „nach AKKA“ gefahren. Es brist leicht auf, ringsum fing es schon an zu blitzen, also vorsichtshalber schon mal die Antennen abgeklemmt und dann im Cockpit lungern und die Dinge beobachten. Zum Beispiel RIGHT BEACON, ein US-Sportfischerboot mittlerer Groesse, das schon seit Tagen in angenehmen Abstand voraus ankert; wie immer ist keine Menschenseele an Bord. „Sag mal, bewegt der sich?!“ Glotz… „Jou, driftet achteraus!“ Aber wir sehen auch: der französische Katamaran in „Schusslinie“ bewaffnet sich bereits mit Fendern, man lässt das Dinghy zu Wasser, alles im Griff. RIGHT BEACON schwingt mehr oder weniger sauber am Kat vorbei, aber so schnell kann man gar nicht gucken, wie es a. weiter aufbrist und b. das Boot Richtung Mole treibt. Wir springen in unser Dinghy, mit (unser Benzinsparer-Neuerwerb!) 3.3 PS fuer eine Hilfsaktion ein bisschen schwach motorisiert, dafür packen wir unseren Zweitanker, Kettenvorlauf und Leine ein – das letzte was wir aus dem Funk hören ist, dass weiter in der Bucht ein Katamaran auf die Steine treibt. Nicht unser Bier gerade. Am Ort der Tat – knapp, knapp – sind schon die Franzosen und Brasilianer mit RIGHT BEACON zugange, und wir können noch ein paar Handgriffe tun, um das entlaufene Boot an einem schwimmenden Arbeitsponton festzubinden. Done – heimwaerts, der AKKA und den Blitzen entgegen. Sind wir nass geworden?! Nass ist gar kein Ausdruck. Immerhin wäscht der wütende (aber warme!) Regen das überkommende, ebenso warme Salzwasser gleich ab.
Und dann heute morgen – eigentlich ist der drittletzte aller vorletzten Pazifik-Einkaeufe angesagt, aber ich finde das Wetter mit Blick auf den Himmel „ungemütlich“. Wohl wahr. Innerhalb von Minuten legt der Wind mächtig zu und alle, die wir weit draußen „in“ der Bucht liegen, befinden wir uns plötzlich „draußen“ im auflandigen Wind und im vollen Seegang. Es wird unruhig am Funk, manche Eigner sind an Land und funken Dinge wie: „… there is a big spare Danforth anchor in the locker and a spare line. Can you take your dinghy and drop it for me?!“ Antwort: „I’ve got more than a handful to do with keeping my own boat in position…“. Dumm gelaufen. SALAMANDER treibt vorbei, aber Frau SALAMANDER, allein zu Haus, sieht unter ihrer Wäscheleine eher hilflos aus… Was machen wir?! Richtig geraten, springen ins untermotorisierte Beiboot. Als Andreas bei der Engländerin an Bord steigt, ist es mal wieder knapp, ATILA liegt im Weg und ENDORFINE, aber gluecklicherweise ist ATILA gerade selbst „auf Reise“ gegangen. Kurz, es herrscht Chaos im Ankerfeld, und während ich versuche, das Dinghy an der Bordwand zu halten, springt endlich der Motor auf SALAMANDER an (ein klassisches Beispiel fuer, räusper, den Sinn von eingeübten „Notrollen“, für ALLE Crewmitglieder, geschlechtsneutral ausgedrückt). Als der Anker, den wir aufholen, gerade den Bug freigibt, hören wir durch den Wind ein „… I am coming!“. Na prima, der SALAMANDER-Eigner kann in Kürze übernehmen. In der Zwischenzeit sind vor uns 3 weitere Schiffe ankerauf gegangen, RIGHT BEACON ist auch wieder auf Reise, denn der Pontonbesitzer hatte ihn heute früh losgeschmissen. Hinter uns erreicht ein Kanadier gerade noch so sein Schiff, ehe es ungespitzt auf die Steine geht; der freundliche Franzose von gestern fängt sich beim eigenen Fluchtmanoever eine Leine in den einzig verbliebenen Prop, kann sich aber befreien. Puuh. Wir peilen die eigene Situation und geben ein bisschen Kette. 60 m haben wir draussen. Uwe funkt: „Ich hab‘ auch 55. Das müsste wohl reichen!“. Stimmt. Wie wir auch liegen noch ein paar andere Schiffe wie angenagelt. Prima.
Und jetzt?! Restseegang, Wind gleich null. Man glaubt es kaum. Ein feuchter Spass war das. Vormittags-Spuk.
Oh, wie schön…
Panama City, 23.4.2010
Nein, ich vervollständige das Zitat nicht weiter, jeder einigermaßen aufmerksame Leser von Janoschs Büchern weiß, was ich meine. Es ist wirklich schön hier, jedenfalls empfindet die etwas naive Schipperin das so, der man ja anderenboots schon mal „Schönfärberei“ vorwarf. Ich kann nix dafür, ich stehe einfach gern im ganz normalen Leben, fahre gern Öffi-Busse in „unmöglichen“ Gegenden, und so stehe ich gern in Panamás Altstadt, dem Casco Viejo. Hier schwallen mir Son- und Mambo-Klänge entgegen sowie noch nicht weiter identifizierte Grillschwaden. Ums Eck: ein von der Zeit und tropischem Wetter angenagtes Wohngebäude. Unter einem Wohnzimmerfenster – der Mieter schlägt zwischenzeitlich mal den roten Samtvorhang zur Seite und pliert heraus – hat ein rundlicher Mensch seine Mittagessenstation aufgeschlagen und Panamanians stehen geduldig Schlange nach gebratenen Schweinebauchscheiben, Reis mit Bohnen und Kochbananen. Cartagena kommt mir in den Sinn – so fein restauriert wie deren Alstadt ist PC noch nicht, dafür vielleicht ein bisschen natürlicher. Havanna fällt mir ein – das werden wir so nicht mehr erleben, aber ein bisschen so kann ich es mir vorstellen. Mag ja sein, dass ich das schönfärbe, aber … ich mag es einfach. Es ist gute Laune, Gelassenheit, Lautstärke, Duft, alles zusammen. Ein paar hundert Meter weiter sitzen wir auf der Hafenmauer, die in unserem Rücken steil abfällt. Da unten sind die ehemaligen Zellen der Bóvedas, wo Häftlinge im 17. Jahrhundert warteten, bis die Ebbe die Zellen wieder trockenlegte – bis zum Hals stand man bei Springtide im Hochwasser. Heute sind die Bóvedas alles Mögliche, Kunstgalerie, Restaurant und vor allem Souvenierlädchen. Davor treffen wir so viele Kunafrauen wie sonst nirgendwo auf dieser Welt (naja, mal abgesehen von Mamitupu), alle mit Molabluse, Wickelrock und die dünnen Beine schön in Perlenschnüre gewickelt. „Molas, Molas!“ Ich gebe zu, ich finde wieder mal ein paar schöne, kann aber widerstehen… Stattdessen zieht es uns magisch zum alten Herrn, der sich auf der Plaza Francia postiert hat, direkt vor der französischen Botschaft, und „granizado“ anbietet. Er schabt uns eine Papiertüte voll Wassereisspäne, die mit obskurem Fruchtsirup gefärbt und geschmacklich aufgepeppt werden. Auf der Hafenmauer genossen ziemlich süß, aber schön kalt in dieser schwülen Wärme.
Wieder ein paar hundert Meter weiter stolpern wir über das Kanalmuseum, dem wir einen langen Besuch abstatten. Der Kanal – eine lange Geschichte von Begehrlichkeiten, Finanz-Skandalen, technischen Herausforderungen und meisterhafter Ingenieursleistung und politischen Verwicklungen, nicht zuletzt aber die Geschichte eines hohen Blutzolls. Unsere Bewunderung bleibt. Die alten Schleusentore, entworfen vom berühmten Herrn Eiffel, sind noch immer die gleichen. Wir haben sie gesehen, nicht nur im Museum, wir haben dahinter gelegen, sie haben sich für uns geöffnet. Beeindruckend. Schön!
Kaufrausch
Panamá City, 16.4.2010
Ein Dollarregen geht von den AKKAnauten aus. Puuh. So viel Proviant, so viele Klamotten; Weinkartons, Obstkonserven. Mestemacher Roggenbrot für den Notfall, Roggenmehl, sofern es welches gibt. Was es immer gibt, sind Bermudas, Hemden, Badebekleidung – Panamá City ist ein Einkaufsparadies. Das Vorschiff hat sich zur „Speisekammer zwo“ gemausert, 4 Plastikwannen sind auf der Backbordkoje eingezogen, weil wir uns natürlich doch nicht ganz dem Verproviantierungswahn unter den Seglern entziehen konnten. Kaffee, Milchpulver und diverse Grundnahrungsmittel sind nun auf 4-5 Monate Aufenthalt im Supermarkt-Off besorgt, Fleischkonserven sind noch in der Produktion. Ha, und der Buttertest hat funktioniert – süße Butter, in Salzlake eingelegt und im Dunklen gestaut, hält ungekühlt offensichtlich bis hoffentlich MONATE; nach vier Wochen jedenfalls ist sie einwandfrei. Klasse.

Was macht man sonst so bevor es Richtung Südsee geht?! Die einen wechseln das Getriebeöl am Außenborder, die anderen ersetzen die Bettwäsche, die mir in der Wäscherei in Linton abhanden gekommen ist, was ich leider erst hier bemerkt habe – die SCHÖNE IKEA-Bettwäsche… Also nähe ich aus den dämlichen amerikanischen Bettwäschesets neue Laken. Es gibt einfach Dinge, die man wohl mit der Muttermilch aufgesogen hat: eine Zudecke muss in einem Bettbezug stecken. Derzeit nicht so das Problem, denn Zudecken ist hier selten nötig, und wenn überhaupt benutzen wir dazu die leeren Hüllen, aber wie das in Neuseeland wird?! Wahrscheinlich werde ich dann doch „richtige“ Bettbezüge fertigen müssen. Überhaupt, man kann ja nicht immer Glück haben… Unser neuer Herd tut seinen Dienst nun auf FORTUITOUS. Er war schlicht zu groß – die Maßangaben, die wir hatten, waren nicht ganz so exakt wie erwünscht, und so war nach 20 Minuten klar: neuer Herd?! Vertagt auf Neuseeland. Und ein Force10 wird es bestimmt nicht… Optisch ganz schön, aber ziemlich viel scharfkantiges Blech, eher enttäuschend. Und last but not least: „mein“ aufblasbares Kajak, leicht angestaubt von langer Lagerzeit bei Abernathys, wurde am letzten Sonnabend für halbes Geld verkauft, leider nicht an uns, wir waren eine halbe Stunde zu spät.
Statt dessen haben wir nochmals Computerhardware aufgestockt, ein zweites ACER Netbook ist da, englische Tastatur und englisches Windows, eine Seltenheit in Lateinamerika. Aber „Fred sei Dank“ gibt es da einen deutschen Segler, der hier einen Computerladen betreibt und weiß, wo Seglerfreunde der Schuh drückt. Trotzdem ist der „split screen“ am alten Notebook repariert, für mittelkleines Geld, in einem wunderbaren Kramladen namens „Elektronica Caribe“, wo neue Bildschirme „einfach so“ rumliegen, und vieles, vieles mehr. Das klingt nach Rechner-Overkill, aber wenn man sich in der Seglergemeinde so umhört, kann man oder frau nicht genug von den Dingern haben. Selbst die angeblich so unempfindlichen „Bordcomputer“ gehen an den feucht-warmen Bedingungen ein…

Früh übt sich – die Tochter des Ladenbesitzers. Mama sitzt daneben und macht die Buchhaltung, die Tante bedient, Papa fummelt derweil an meinem Rechner rum…
Unser Reparaturerfolg ermutigte uns jedenfalls, doch mal herumzuhorchen, ob nicht auch das zerbrochene Display an unserer alten Canon-Kompaktkamera ersetzbar sei. Telefonat, Taxi zur Transistmica – und nach 15 Minuten war die Reparatur getan. In Deutschland hätte man uns sicher mitleidig angeschaut, und uns einen Strauß schicker, moderner Kameras vorgelegt.
Mal gucken, ob wir noch was Sinnvolles zum Erwerb finden. Außer ein paar Notrationen Milchpulver. AKKAnauten im Kaufrausch.
Pazifik
Isla Flamenca, 9.4.2010
Das war die Kanalpassage… Wir sind im Pazifik. Aber wie das so ist – als sich das letzte Schleusentor öffnete, hatte ich gerade damit zu tun, den Advisor zu füttern, bevor er von Bord ging. Keine Zeit für große Gefühle. Im Balboa Yachtclub springt unser geliehener Linehandler Eduardo samt den Panamaleinen von Bord, wir werfen zwei mitgebrachte Gasflaschen auf ELAINE ab und sagen den Finnen „tschüss“, denn die segeln mit Gast nach Galapagos und müssen los. Wir ankern vor der Isla Flamenca, Tomas und Maggie (Malgorzata!) haben es eilig nach Colón zu kommen, wir müssen noch die Fenderreifen am Dinghydock abliefern – das volle Programm. Am Dock werden wir von einem Segler abgefangen, der uns über die Passage ausquetscht, weil er selbst in der Gegenrichtung unterwegs ist, nach Hispaniola, und ein bisschen Muffensausen hat mit seinem 32 Tonnen-Ferrozementschoner. Also spenden wir eine Dose Balboa und ein bisschen Trost im Sonnenuntergang. An Bord mumpfen wir den Rest Passagegulasch, der Sekt bleibt ungeöffnet – Ohnmacht…
Heute früh sieht das schon alles etwas netter aus – Frühstück in der Sonne, zur Linken (oder rechten, wie gerade der Tidenstrom setzt) liegt ZENITUDE – Graziella hatte schon fröhlich gewinkt als wir einliefen, Oscar kam gleich rum, um uns nach Cocos zu locken; vor (hinter uns, s.o.) liegt THE ROAD, altbekannt, auch den Bloglesern, mit dem unverwüstlichen Papageien „Rubbish“, der immer noch Amsellieder hinter den schweigenden Pelikanen herpfeift. ENOLA funkt von der anderen Seite der Insel – unser Fazit: Pazifik ist fast „wie zu Hause“.
Es hatte ein bisschen spannend begonnen, dabei ließ sich die Idee, am Mini-Kreuzfahrtkatamaran DISCOVERY längsseits zu gehen, zunächst gut an, AKKA und LA PERILOU als Päckchen. Wir waren in der ersten Gatunschleuse auch schnell oben, nur hatten wir gerade so eben die Leinen gelöst, Andreas legt den Rückwärtsgang ein, um sich langsam abzusetzen und in die nächste Kammer zu fahren, als plötzlich die Bordwand der DISCOVERY anfängt, nach vorn zu „rasen“ wie es uns scheint. über der Wasserlinie sehe ich außerhalb unseres Fenderbereichs eine 15 cm dicke Edelstahlleiste auf uns zuschießen, gefolgt von der Heckplattform des Katamaran, passend in Höhe unserer Relingsstützen. Völlig machtlos, wie ich bin, schreie ich ein äußerst konstruktives „Scheiße, Scheiße, Scheiße“ in die Welt, aber um Dreifingerbreite verfehlen uns alle Hindernisse. Schiffe haben eben keine Außenspiegel, und der Kapitän dort über uns hatte uns entweder vergessen oder zumindest nicht im Blick. Für die nächsten beiden Schleusen vereinbaren wir, dass wir uns absetzen und unsererseits das Signal geben, dass der Katamaran seine Maschinen anschmeißen kann. Wir wischen die Schweißperlen von der Stirn. Der Advisor, José, den wir schon von der ENOLA-Strecke kannten und als umsichtig und präzise schätzten, entschuldigt sich für das Chaos.
In der dritten Schleuse gibt es noch einmal verwirrte Blicke auf der AKKA, denn der Kreuzfahrer fängt mitten in der Schleusung an Gas zu geben und mit gewaltigem Heckstrom zu manövrieren. Um, wie wir per Funk erfahren, sein Heck dichter an die Wand zu bekommen, aber das wissen wir in dem entstehenden Chaos von einruckenden Leinen nicht (hier stand eben ein Freudscher Tippfehler: statt „ruckend“ fuckend. Genau.). Will sagen: unsere Nachtpause im Gatunsee hatten wir uns verdient.
Bergab war dann umso einfacher, 28 Meilen Gatunsee, Advisor: Fernando, der Pastor. Warum lasse ich mich immer auf tiefschürfende Gespräche über Religion ein, wenn man heutzutage schon nicht einmal mehr über Wetter reden kann ohne zu streiten?! Da diese Gespräche aber schon auf unserer ELAINE-Fahrt geschehen waren, habe ich es dieses Mal vermocht, mich ganz auf die Steuerarbeit zu konzentrieren, und die Minenfelder den anderen Linehandlern überlassen. Dann „Short Lock Chamber“-Konstellation nur mit einem Ausflugsschiff und unserem Päckchen: klack, klack, klack – Pazifik. Der Rest steht oben. Und nachfolgend eine kleine Bildgalerie zum Thema…
Jetzt gucken wir mal, wie es weitergeht. Gasflasche füllen, Proviant ergänzen, Computer kaufen. War schon bekannt, dass wir bezüglich Letzterem eine Schuldfrage zu klären haben?! ICH habe meinen Rechner auf der Cockpitbank stehen lassen, und Andreas hat zuerst ein Kissen draufgelegt und ist dann auf das Kissen getreten… Wir suchen einen Monitor für ein etwas älteres ACER-Laptop.
Wir haben also zu tun. Ehe der Pazifik ganz weit und ganz einsam wird und keine Computerläden mehr aufweist!
Und hier ein Nachtrag aus dem Internetcafé auf der Isla Flamenca:
Bettina „VIGO“ schickte gleich eine ganze Serie Screenshots, und da sieht man mal, wie klein so eine AKKA in der großen Kammer aussieht. Man stelle sich vor, die ganze Kammer voll mit EINEM Panamax-Dampfer…


Linda von der CHESAPEAKE war gestern zufällig auf der Zuschauerterasse als wir in die letzte Kammer fuhren, und so kamen die beiden gestern Namchmittag gleich angefahren, um uns Bilder anzubieten. So richtig spektakulär sah das ja alles nicht aus – aber wir haben uns gefreut, dass so viele mit uns gefiebert haben! Danke!


Richtung Schleuse
Gatun-See, 8.4.2010
Der Advisor sollte zwischen 6:30 und 7 kommen – aber schon um 6 Uhr tauchte user „alter“ vom letzten Transit auf, Fernando. Leider konnten wir so das Brüllaffenkonzert gar nicht in voller Länge genießen…
Die erste Schleusung hatte 1, 2 Schrecksekunden, aber das später.
Wir sind für 12:00 lokal in Pedro Miguel eingeplant, der dicke Kanadier und wir zusammen – das ist 19:00 MESZ, und von dort braucht es eine halbe Stunde bis zur Miraflores-Schleuse.
Wir werden winken!










