That’s camping!

Dunedin, 17.2.2011

Camping

Schöner Platz, an dem ich sitze, ich habe mich allerdings gerade schnell in die Sonne verholt: 45 ° Süd, man sollte es nicht meinen… Das ist so ungefähr die Breite auf der La Coruna liegt, oder Mailand. Man stelle sich vor, Mailand im August. Wenn Italiener aus der Hitze in die Berge fliehen. Wenn ich mich von meinem Campingplatzbänkchen erhebe kann ich mit etwas Mühe den Otago Harbour sehen. Südpazifik – wir sind mitten in den Roaring Forties. Aber in der Sonne ist es angenehm, die Bienen summen und ich sitze in einem richtig gepflegten Garten, vielleicht besser: Park, Ahorn hinter mir, Zedern, Weiden, alles gemischt. Das einzige, was dem Idyll ein klein wenig Abbruch tut, ist die Tatsache, dass Dunedin eine Großstadt ist und im engen Tal, über dem wir campen, drückt sich der Verkehr Richtung Westküste entlang.  Was sind wir verwöhnt – Verkehrströme im „Südinsel“-Stil, das heißt: etwas langsamer, etwas weniger, etwas entspannter. So schrieb es uns auch Doug heute morgen, der, dem Aucklander Metropolenleben ausgeliefert, ein bisschen neidisch hinter uns herschaut, auf dem Weg nach Stewart Island.

Heute nacht war Schlafsackpremiere – in der Morgendämmerung wurde es mir unter unserer normalen Winterbettdecke doch zu kühl. Die warme Zusatzdecke erzeugte dann nochmals einen ausgedehnten Schlummer bis weit in den Morgen hinein, alle anderen sind schon abgereist. Der Normal-Camper hier ist auf Eilreise, 3, 4 Wochen Neuseeland, davon 1 auf der Nordinsel, das ist der Standard und folglich wird täglich der Platz gewechselt; wir schätzen uns glücklich höchstens von Wetterprognosen getrieben zu sein (und deswegen haben wir gestern die 400 km zwischen Christchurch und dunedin hinter uns gebracht).

Der Normalcamper fährt auch andere Autos – SEHR lästig, wenn man sich die riesigen Koffer so anschaut, BRITZ und APOLLO und KEA und wie sie alle heißen, Wand an Wand abgestellt. Ein VW LT 35 ist unter „untere Mittelklasse“ zu buchen, Toyota Hiace oder VW-Bus sind eine Seltenheit, eher ist es ein Crafter oder etwas entsprechendes von Mercedes oder Fiat. Wir fahren dagegen elegant auf ein uns zugewiesenes  Zeltplätzchen zu (die dazu auch meist noch schön gelegen sind, auf großen Wiesen oder unter Bäumen) wir parken, stellen das neue Zelt in null-komma-nix auf und rauschen mit dem Auto wieder ab, in die Stadt, in die Wildnis, ins Thermalbad.

Thermalbad?! Ja, Hanmer Springs, letztes Wochenende – verspannte Schulter beim Eigner, eine  prima Entschuldigung, gleich zwei Mal in die heißen Quellen einzurücken. Den Rest der „Aktivitäten“ haben wir uns erspart… Schaut Euch das an:

Die erste Zeile ist die wichtigste: Jetboating, Rafting, Bungy Jumping.

Die erste Zeile ist die wichtigste: Jetboating, Rafting, Bungy Jumping.

Was ist 42 ° warm und stinkt nach Schwefel?! Man beachte den Vulkan im Hintergrund...

Was ist 42 ° warm und stinkt nach Schwefel?! Man beachte den Vulkan im Hintergrund...

Wie sagte Doug: „Wir Kiwis sind ein bisschen wild, nehmt Euch in Acht!“  Richtig. Und darum auch gleich ein Bild vom Campingplatznachbarn in Kaikoura – kleines Wortspiel für die Freunde des Englischen auf einem Klein-Camper*.

... einer der harmlosen Sprüche von "Wicked Campers"!

... einer der harmlosen Sprüche von "Wicked Campers"!

Regen im Piction Sound

Regen im Piction Sound

Die Südinsel emfing uns allerdings so wie oben zu sehen – mit Regen und Kälte, so dass eine junge Hamburgerin, die wir auf der Fähre trafen, die OLYMPUS nicht ruhig halten konnte und mit den Zähnen klapperte: „… das ist so kalt! Aber GEIL!“  Die meisten Mitreisenden hatten sich allerdings in die Restaurants verzogen, bis auf einige ganz harte – die AKKAnauten, die es halt nautisch interessierte,  die besagte Reiseenthusiastin und ein paar Müde…

Picton Ferry1

Erste Station: Blenheim. Endlose Weingärten (und ein paar Flaschen Riesling für die AKKAnauten). Dann Kaikoura (sprich: Kaiko-ura). Voller Campingplatz – ein Hanseat (klaro!) steht in seinem gestreiften Seidenbademantel vor dem großen Reisemobil und… meckert! Wähh, nie mehr Nordinsel! Langweilig! Wääh, da hat einer den Vorhang von meinem Mobil in die Tür geklemmt – bestimmt diese jungen Dinger, die achten ja auf nix…  Wäääh, der Gletscher war nicht zu sehen! Ich liebe sie, die deutschen Reisenden. Ein dagegen sehr netter Stuttgarter Rechtsanwalt warnt uns vor der Whale-Watching-Tour, also sparen wir 300 Dollar, freuen uns auf Walbeobachtung von Bord der AKKA und gehen lieber Neuseeländische Pelzrobben besuchen. In Kaikoura trifft sich das antarktische Leben mit dem subtropischen, die Strandfauna ist beides, und außerdem blickt man von der hohen Abbruchkante auf sich hebende Felspartien herab, pfannkuchenflach, und in 20 km ragen die 2000 m hohen Berge der Kaikoura Range auf.  Lass die anderen doch Walen hinterherrasen, am Strand ist Ruhe…

Pelzrobbe

Pelzrobbe

Dritte Station: Hanmer Springs, wir erwähnten es schon. Schöner Campingplatz, Eigner-geeignete Wassertemperaturen und viel Kiwi-Publikum, alt und jung, von schwerem Lipödem (gehäuft! Merkwürdig… ) bis Bikinifigur,  vergleichweise wenige Touristen. Man kann auch prima seinen Schwimmanzug in der Dusche hängen lassen und steht, wenn man das abends merkt, fortan „ohne“ da. Aber erstens hat das Bad Leihanzüge für „normalwüchsige“ Frauen vorrätig, was ich nicht zu hoffen gewagt hatte, und außerdem gab es einen neuen Anzug in Christchurch; nix wie hin.

Christchurch und die Avon-Mündung, gesehen von der Summit Road

Christchurch und die Avon-Mündung, gesehen von der Summit Road

Überhaupt Christchurch – VIEL zu kurz, die drei Tage. Wunderschöne Umgegend, Lyttleton Harbour, die Summit Road (wir leider ohne Mountainbike, das ist sonst ein „must“), eine phantastische Photoausstellung der Antarktisexpeditionen von Shackleton und Scott.  Und ein „oh, wie schön!“-Botanischer Garten.

SI ChCh Botanic Garden

Am Antarktikzentrum nahe dem Flughafen – der Führer sagt: „…viel zu tun für Kinder und die Erwachsenen können derweil den intellektuelleren Teil der Ausstellung aufdrüseln…“ – kaufen wir – … ist ja nur Touri-Kram!  – 1,5 h Parkgebühr und sind so gnädig uns die Ausstellung anzuschauen. Auf dem Armband steht: „Unlimited Hägglund“. Eben. Was für Kinder. Kinder wie uns, wie wir feststellen, wir knallen mit dem Hägglund, dem antartkischen Raupenfahrzeug durch die Gegend und lachen uns kaputt dabei, schauen „4D“-Filme, deren 4. Dimension rieselnder Schnee, spritzendes Wasser (und Vogel-Kacke) darstellt, während fantastische Bilder von Gletschern und Meer und Felsformationen an einem vorbeigleiten. Der antarktische Sturm war ein bisschen schwach für  uns Seebären, aber schön kalt war’s, und überhaupt würde ich das nächste Mal lieber in langen Hosen ins Antarctic Centre einrücken – man wird immer  mal wieder von kalten Winden erfasst oder stapft über’s Eis. Ein bisschen war ich schon für das Zentrum eingenommen, als ich sah, dass es auf dem Gelände der neuseeländischen Scott-Station steht, und gleich gegenüber ist die Halle für die amerikanische McMurdo-Station, mit Herkules-Versorgungsflugzeugen davor. abgestellt.  Ziemlich lebensnah. Und so ist der Besuch mal wieder eine Überraschung für uns – wir haben Spaß und müssen uns am Schluss aus der Ausstellung hinauskomplimentieren lassen, um knapp 8 Uhr abends. Was uns im Endeffekt wirklich gefesselt hat, war der Ausstellungsteil mit den Fakten – Antarctic Treaty, Geologie, Paläontologie, Tiefsee-Biologisches, Entdeckungsgeschichte,  Technik.  Ich finde: unbedingt empfehlenswert.

Und nun Dunedin. Albatrosskolonie, Pinguine. Und danach die Catlins – surfende Delfine und viel, viel Kelp. Stewart Island. Kepler Track?! Doubtful Sound!??

Ich glaube, wir müssen los. Es gibt – zu – viel zu gucken hier!  Und Wohnmobil?! Braucht man nicht, Ihr nachfolgenden Segler. Finden wir, bislang.  Camping ist die Lösung! Meinungsänderungen vorbehalten.

SI Chch Grill

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* … für alle des Englischen nicht machtigen: „Fördere das wild(e) Leben – gib‘ ne Party!“