Nestbeschmutzer

Pangaimotu, 28.8.2011

Hatte ich beim letzten Mal das Bild vom Tonganer mit den Apple-Komipiuta prästentiert?! Hatte ich…

Hier eine kleine Leseempfehlung – ich gestehe ja, dass ich ein (Computer)kind von Apple und MacPlus bin, damals, als 40 MB externe Festplatte 1.500 DM extra kosteten und, man mag es nicht glauben, 30 x 30 x 10 cm maßen; wir sprechen von MegaByte und vom Jahr 1986. Ich schätze mich glücklich, mit „Excel und Word für Macintosh“ „groß“ geworden zu sein, denn zu diesem Zeitpunkt wühlten, wenn sie denn überhaupt einen Computer hatten, die KollegInnen noch auf der DOS-Eben rum.

Aber trotzdem haben wir eben  Tränen gelacht, und darum mache ich mal Reklame für einen schönen Artikel auf SPIEGEL ONLINE.

Tapa und Visa

Pangaimotu/Tonga, 25.8.2011-08-25

… so ein schöner Blogbeitrag, und einfach weg. Nicht zu finden, auf keinem der Rechner, und das, wo es derzeit ein bisschen schwierig ist mit dem Internet: Big Mama bietet keines mehr an, denn der Otto-Normaltagestourist, scheint mittlerweile mit einem iPhone anzukommen und größere Datenvolumina abzurufen als es das Budget auf Pangaimotu erlaubt. Aber: DIGICEL ist da, und wenn wir Glück haben, machen die was falsch. Wir können uns nämlich einloggen, ohne einen (teuren) Access-Code einzugeben – sehr merkwürdig. Aber werben tun sie sie schön, die DIGICEL-Leute. Das ist tonganische  Political Correctness – genug für die Kirche muss übrig sein!

Ganz "PC" - Tonganische Digicel-Reklame

Ganz "PC" - Tonganische Digicel-Reklame

Gestern allerdings ging gar nichts – und nun ist, wie gesagt, der Blogbeitrag weg. Auf ein Neues, also.

„Kläng“, sagt es aus einem Garten an einer staubigen Straße Richtung Innenstadt, „kläng, kläng, kläng, kläng, kläng“, ungefähr 100 mal pro Minute. Wir sind auf dem Weg zur Immigration, und der aufmerksame Stadtgänger muss ja überall mal gucken, Abbruchgrundstücke, chinesischer Supermarkt, Kleinst-Bekleidungsladen, und dieses klingt nun nach… klar: Tapa-Produktion. Wir arbeiten uns in den Garten vor und gucken schüchtern über die Terassenverkleidung – die alte Dame samt Tochter und Enkel schauen ebenso schüchtern zurück, aber dann dürfen wir ein Photo machen.

Tapaproduktion mit Besuchern

Tapaproduktion mit Besuchern

Unglaublich, wie aus den schmalen Baststreifen breite Stoffstücke werden sollen, aber wir kriegen es vorgeführt, und die Dame ist erst am Anfang ihrer Arbeit.

Weiter die staubige Straße entlang – es ist Dienstag, eigentlich sollten wir ja schon auf dem Weg in die Ha€™apai-Gruppe sein, aber genauso eigentlich fegt uns seit ein paar Tagen der Passat zu sehr um die Ohren, 25 Knoten und mehr in Pangaimotu – wir haben sogar das Sonnensegel weggenommen, man muss ja vor Anker nicht unbedingt das Segeln anfangen. Der lokale Wetterbericht (auf „sannel 12“, man könnte meinen, die Tonganer lernen ihr Englisch von den Dänen! **) spricht von „rough to very rough seas“ da draußen. Ungemütlich genug, und noch eigentlicher hätten wir schon längst unseren Antrag auf Visaverlängerung abgeben müssen.

Guido W.s Ziel und unseres: Ministry of Foreign Affairs

Guido W.s Ziel und unseres: Ministry of Foreign Affairs

Hinein in die Mühlen tonganischer Bürokratie und unter die Menge der Ta€™ovala-Träger, mal wieder sehr anschaulich.

Hausaufgabe: Visaantrag

Hausaufgabe: Visaantrag

Die Hausaufgaben. Formular abgreifen und ausfüllen. Und Warten!

Warten!

Warten!

Passbilder abgeben, 69 Pa€™anga pro Monat und Visum bereithalten. Nochmals warten.

Immigration Stillleben: Tonga- mit Palangi-Hintern

Immigration Stillleben: Tonga- mit Palangi-Hintern

Prima – Bearbeitungszeit: 1 Woche; na, das hat ja gerade noch gefehlt, aber der freundliche Immigrationbeamte lässt sich erweichen und verspricht die Pässe am Freitag zur Abholung fertig zu machen. Das ist nett, und wir können noch ein paar Tage bei Big Mama „abhängen“. Allzu bevölkert ist es hier nicht, Sharazad, Atair und Mariane, ganz angenehm. Heute ist sicher mal wieder Besuch bei Big Mama angesagt, vielleicht hat „Little Papa“ Earle ein Ota Ika bereitet. Sehr lecker, roher Fisch „polynesisch“. Das Tagesprogramm außerhalb der Stadtspaziergänge erschöpft sich in Basteln:  Windsteueranlage, Ruckdämpfer für die Dinghyleine, kleiner Außenborder; bei Letzterem kommt ein Kapitel „Lernen“ hinzu: wenn der Motor auf der Probefahrt wieder stehen bleibt, sollte man, ehe man beginnt, verzweifelt gegen den Passat zu rudern, mal schauen, ob nach Reparatur der Benzinhahn wieder geöffnet wurde (wie meine Mutter zu sagen pflegte: “ … falls Motor bockt, Handbremse lockern!“).  Lesen (wir balgen uns um den neuen eReader, eine sehr schöne Einrichtung!) oder Nähen. Während der Eigner den Ruckdämpfer baut, fertige ich den Schonbezug dafür (kein Häkeldeckchen, sondern ein UV-Schutz für den Gummistropp…) Und eine mich mit großem Stolz erfüllende Tropen-Handtasche ist aus einer gut abgelagerten Mola aus San Blas entstanden, vorbei die Zeiten, als Geldbündel, Stifte und Bindfäden meine Hosentaschen beulten… Low-Tech „AKKA“.  So wie Tapa-Produktion.

...kläng, kläng, kläng!

...kläng, kläng, kläng!

Aus dem obigen könnte man meinen Tonga sei insgesamt ein bisschen „low tech“. Aber neben Digicel-Fehlfunktion gibt es aber auch dies:

Unvermeidlich: der Apfel

Unvermeidlich: der Apfel

Komipiuta! Ich hoffe, der geneigte Leser erkennt das Wort wieder?!

Wir werden aber in Sachen LowTech morgen einen Kontrollgang bei der Tapaproduktion machen – mal gucken, wie breit der Stoff schon geworden ist. Als wir am späten Nachmittag zur Fähre zurückschlichen, hörte man es immer noch: „…kläng, kläng, kläng“

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**  zur tonganischen Aussprache:  „sannel = channel. Sicken = Chicken. Und so werden auch Fremdworte ins Tonganische übertragen: Wir liegen der „Queen Salote“ Wharf gegenüber und auf den Pa€™anga-Scheinen lesen wir von König „Siosi€. Salote und Siosi. Charlotte und Georg!

Verwirrung…

Pangaimotu / Tonga, 16.8. 2011

Damit nicht jemand auf die Idee kommt, wir segelten immer noch (es kam die besorgte Nachfrage, was denn mit den Positionsreporten sei! Nix, die gehen raus und werden auch bestätigt, aber wir können ohne Internet leider nicht kontrollieren, ob sie auch ordnungsgemäß erscheinen…). Also, wir waren pünktlich zu meiner Mutter 95igstem, Geburtstagskaffeezeit, in Nuku’alofa. Statt Lagenkuchen gab es aber Äpfel und Orangen, die „weg mussten“, der Tonganer mag die Einfuhr von Obst und Gemüse nicht. Einchecken geschah auch, oh Wunder, am gleichen Nachmittag (man vergleiche mit unserer Odyssee im November letzten Jahres!) und bis auf das Ausfüllen eines Fragebogens zu den Erfahrungen als Tourist in Tonga (SEHR sinnvolle Befragung bei der Ankunft!) wurde alles an Bord erledigt. Nur wegen des Fragebogens musste ich 2 mal einen Kilometer durchs Tropisch-Feuchte stiefeln. Ich glaube, dem Fragebogen-verteilenden Zöllner müssen wir mal stecken, dass wir das erst bei der Abreise ausfüllen können. War aber schön tonganisch, mit längerem Telefongespräch, natürlich unverständlich, aber man konnte ahnen, dass der Gesprächsinhalt sich um die Familie drehte („hat die Oma heute gegessen?!“) oder, schlimmer noch aber umso häufiger vorkommend, um die Kirche („wie ist es mit einer größeren Kollekteneinzahlung am Sonntag?!“). Garstig, garstig, diese deutschen Bootstouristen.

Wir liegen, wie gehabt, vor „Big Mama“s Resort vor der Insel Pangaimotu. Gestern und heute haben wir mit Ausruhen und Rumfuhrwerken an Bord zugebracht, unter anderem mit mittelmäßig dramatischen Ankermanövern. Wir waren der MARIANE ein bisschen nahe, wollten gern einen etwas weiter entfernten Platz beziehen und sammelten prompt mit unserer Ankerkette eine alte Mooringtonne ein, die sich hartnäckig verfing. Badeaktion, Hieven, Zerren, Hilfsleinen riggen, all das natürlich kurz vor Sonnenuntergang.

Fishing for ... Moorings

Fishing for ... Moorings

Irgendwie ist die AKKA derzeit sehr müllanhänglich – auf der Herfahrt wunderten wir uns über geringe Geschwindigkeit: es dauerte ein Weilchen, bis wir merkten, dass wir ein riesiges Fischernetz hinter uns herschleppten, glücklicherweise konnte das ohne Badeaktion behoben werden, denn der Seegang war beträchtlich. Nach dem Beidrehen hat wohl eben dieser Seegang das Netz von unserem Skeg abgeschüttelt – Schwein gehabt, hätte auch im Propeller hängen können.

Soeben kommen wir von der ersten Flasche Heineken bei „Big Mama“ zurück. Die hatte eigentlich heute Ruhetag, weil der Motor vom großen Boot nicht läuft, man also auch keine Tagesgäste ankarren kann. So haben wir uns nach „AKKA! Andrea!!“ und einem untonganischen „big hug“ mit Becky an den Tisch geklemmt und eine Portion philippinische Soap-DVDs mit-genossen. Wir sind ja wegen der Nierensteingeschichte hier noch recht bekannt, und die Umarmung mit Becky war echt und zumindest mit Andreas wirklich untypisch: in Tonga sind zwischengeschlechtliche Berührungen, und sei es auch nur ein Schulterklopfen, verpönt; Frauen dürfen aber ebenso wie Männer untereinander Händchen halten und mehr.

Leider gibt es das freie Internet nicht mehr, gar keines, kein „Big Mama“, kein „Diamond Head“, was uns wundert, aber da wir hier Digicel empfangen und die haben uns am erstem Morgen gleich mit einer „Freistunde“ geködert, also werden wir morgen mal in die tonganische Metropole reisen und uns ein paar Stunden Internetzeit kaufen, die wir auf dem Weg nach Norden dann abarbeiten können. So richtig viel Gelegenheit wird zumindest in der Ha’apai-Gruppe nicht sein. Da kann man höchsten auf Korallenriffen surfen.. Aber es gibt ja immer noch die Funke…

Erdbeertee und Ingwerkeks

Minerva - Auf dem Weg zum Riff

Minerva - Mit der Mahuini-Fähre zum Riff

Minerva Reef North, 12.8.2011

Gemütlich haben wir’s. Es gießt in Strömen, die erwartete Front geht durch, wir sitzen im Salon, tippen auf unseren Rechnern herum, schlürfen Erdbeertee aus Neuseeland und knacken einen harten Ingwerkeks dazu. Klingt nach Kiwi-Winter, ist es aber nicht, denn das Schiebeluk ist offen und wir sind in die Spielsachen gewandet, ärmellos, Strandhose. Es ist angenehm warm. Keine Wärmflaschen mehr, keine doppelt dicken Zudecken, keine Fleecejacken.

Heute sind wir das dritte Mal umgezogen, so ist das hier in Minerva: Frontdurchgang mit Winden aus dem nördlichen Sektor, also rauf an den Nordrand des Riffes. Am ersten Tag waren es die östlichen Winde, am zweiten waren wir schon mal hier oben, und gestern hatten wir uns in die Nähe des Leuchtfeuers verlegt, im Süden. Klar, Südwind, und ein wunderschöner Sonnentag. Minervatage beginnen so: Frühstücken, Funkrunde abarbeiten – von Tonga bis zu den Louisaden, das sind 6, 7 Boote die wir uns auf „Windfried“s* Frequenz unterhalten, wer ist wo, wie geht es wem, wie wird das Wetter wann. Danach sollten wir ankerauf gehen und verlegen, MAHUINI lag schon dort. Als wir uns gerade zum Aufbruch bequemen, schnauft es nahebei vernehmlich. Ihr könnt Euch denken, was passiert… Kleider runter, Brille auf und reingehupft ins Wasser.

Zu weit weg zum Streicheln!

Zu weit weg zum Streicheln!

Wal-Alarm! Die typische Konstellation, Kuh, Kalb, Bulle, die gelassen (träge?) um uns herumschwimmen. Leider nicht nahe genug, um sie unter Wasser sehen oder gar anfassen zu können; die TRAMP hatten uns das Letztere heiß empfohlen, falls man mal so nahe rankommt („… wie Schaumgummi!“), aber bei aller Trägheit machen die Biester doch auch Speed; so ein Flukenschlag bringt ordentlichen Vortrieb. Es war trotzdem toll, und danach hatten wir es dann eilig, denn wir waren mit Ingo zum Riffausflug verabredet, der natürlich bei Niedrigwasser stattfinden sollte. Termine, Termine! Da wir unser Dinghy noch gar nicht ausgepackt haben, gibt Ingo den Fährmann und rudert erst mal mich auf’s Riff, um dann den Eigner zu holen. Sehr dicht besiedelt ist die Innenseite des Riffes nicht, aber dennoch schön anzuschauen, Kammmuscheln ärgern, Schnecken erschrecken, sich tot stellende Fische fotografieren – leider ging mein Ausflug insofern etwas in die Hose, als mit auf halber Strecke zur Außenkante ein Schuh kaputt ging und ich frühzeitig den Rückzug antreten musste. Dafür konnte ich die Schwimmstrecke zurück zum Schiff besonders genießen. Sanft schwebende Adlerrochen, abblasende Wale – ein toller Platz, das Minerva-Riff und eigentlich schade, dass wir nun schon bald wieder aufbrechen.

Aber damit hier nicht die pure Naturschwärmerei ausbricht, noch ein bisschen Technik: Antrittsbesuch bei Ingo auf der MAHUINI. Der erste Wharram-Katamaran, den wir mal richtig in Augenschein nehmen dürfen. Die Boote sind in polynesischer Tradition entworfen und fast immer selbst gebaut: 2 Rümpfe werden mit Querträgern verbunden (mit Betonung auf „binden“!), ziemlich elastisch, Mast drauf, fertig (nicht ganz…). Palangi, Mahuini und Wakataitea sind unsere Begegnungen bislang – Wharram-Fahrer sind Mitglieder einer eingeschworenen Gemeinschaft, und viele der Schiffe zeugen von bewunderungswürdigem, handwerklichem Geschick. Beim Sundowner konnte uns Ingo „brühwarm“ von der Entstehung der WAKATAITEA erzählen, unsere Nachbarin aus Opua. Wirklich schöne Schiffe, und es ist erklärtes Ziel für den Sommer, mal Schelmi und Isabelle von der WAKATAITEA zu besuchen und mehr zu erfahren, denn Schelmi muss ein besonders guter Handwerker sein. Wer mehr erfahren, will: Den Weg zum Herrn Wharram findet man über www.wharram.com .

Mahuini

Mahuini

Ach ja, à  propos Technik. Andere Technik gibt es ja auch noch… Am ersten Morgen kommt Ingo zu uns rüber, mit Rechnern bewaffnet, damit wir uns über Funk- und andere Probleme austauschen können. E-Technik. Wir schwatzen über Pactormodems und Verbindungen bis mein Blick mal über’s Wasser schweift, wo ein kleines, weiß-blaues Feststoffdinghy in Richtung Horizont schwappt. In Minutenfrist war AKKA startklar und eine Dinghy-Rettungsaktion gefahren. Passiert offensichtlich auf befahrenen Leuten. Stichwort: Knotentechnik!

Es hat aufgehört zu regnen – Zeit ins Wasser zu fallen! Morgen geht’s weiter, wir melden uns aus Nuku’alofa!

—-

* der „Windfried“, das muss mal gesagt werden, sind eigentlich zwei Windfrieds, nämlich Winfried und Ute, und wir können nicht oft genug betonen, wie sehr uns deren Unterstützung bei der Reiseplanung geholfen hat!

Minerva!

9.8.2011, Minerva North

Ankunftsmeldung: Grauer Himmel, Regenschauern – aber warm, und blaues Wasser. Anker liegt auf 12 m, sandiger Grund, direkt hinterm Riff – leider zu viel Wind, um den Anker von oben zu sehen, aber Bodensicht ist da. Das erste Mal wieder seit November… Dies sind noch nicht die Tropen – der Wendekreis ist noch 11 Meilen weiter nördlich, aber irgendwie sind es schon die Tropen, nach Wärmflaschen-Neuseeland-Gefühl. Es ist gespenstisch: man sieht die Einfahrt, und das Echolot hat noch nicht mal gezuckt – noch über 200 m Tiefe, und dann – klack – 20 m, wir sind im Pass. Walter hatte uns die Koordinaten für die Einfahrt gegeben und noch dazu haben wir zufällig Niedrigwasser getroffen, rechts und links schaut einen das Riff an, während wir mit einem Tick Schiebstrom in die Lagune gleiten. 25 kn Wind blasen aus Ost, das wird noch Nordost, neben uns liegt die MAHUINI, Ingo hat sich alle Mühe gegeben, nach unserem Funkgespräch heute morgen alle Regenschauern zur Seite zu schieben, damit wir trocken „nach Hause“ kommen. Ist ihm gelungen! Jetzt wird geduscht, gepennt, gekocht.

Wann es weitergeht wissen wir noch nicht – aber es könnte sich schon am Wochenende ein Fensterchen auftun, wenn der Wind auf West dreht.

Bis dahin plaudern wir ein bisschen mit den Haien!

Moin, moin

26 Grad 15 S, 179 Grad 57 W,
8.8.2011, 0 Uhr morgens

Hierüber geguckt! Ja, genau, hier! Nach Westen! Frankreich, bitteschön, über’n Atlantik schauen, so, jetzt ein bisschen süd, Karibik, Panama, Galapagos, Polynesien – die ganze AKKA-Fluglinie halt… Richtig, wir sind wieder in der westlichen Hemisphäre, seit gerade eben. Die Bootszeit ist allerdings noch „Ost“, also immer noch einen halben Tag voraus, das bleibt auch so, so lange wir in Tonga sind – die haben sich ja so eine schöne Beule in die Datumslinie gebaut. Tonga, where time begins. Und das östlich des 180sten Längengrades. Trick siebzehn.

Ich sitze auf Nachtwache, habe die Beine soeben mit einer Fleecedecke bedeckt, gegen den Nachtwind, der die Füße umfächelt, ganz im Gegensatz zu den Vortagen, wo unter Ölzeug und Wärmeflasche gar nichts ging – will sagen: es wird zügig wärmer. Die Füße sind sonntäglich frisch gewaschen, wir schieben nämlich seit 20 Stunden mit dem Motor mit, das macht schönes warmes Wasser, und der Seegang lädt ebenfalls zum Duschbad ein. Hmmm! Bisher war das ein bisschen anders, man fragte sich, ob die dicke Fleecehose vielleicht schon klebt…
Schnell zurückgeschaut (so lange will ich darüber auch nicht nachdenken!): die ersten zwei Tage waren gewöhnungsbedürftig, oder anders herum, ich bedurfte der Gewöhnung. Das hatten wir zwar erwartet, aber doch nicht so. Winfried, der deutsche Wetterguru, den wir mittlerweile im Bordjargon als den „Wind-Fried“ bezeichnen, schreibt am Ende des zweiten Tages „— ach, diese Schlaglöcher, die haben wir halt vor der Kiwi-Küste, wenn es aus dem ersten und zweiten Quadranten bläst! Wird aber besser, versprochen!“ Wurde es dann auch, gut für die Schipperin, die sich zwei der berühmten Pillen einverleiben musste und schwer überlegte, noch eine dritte zu opfern. Ansonsten galt die Eingewöhnung, wie immer nach langer Pause, der Segelei als solcher. Größere Pannen gab es erfreulicherweise nicht; leider ist der Windpilot gerade ausser Gefecht, weil er gleich anfangs unerklärlicherweise aus der Verzahnung gesprungen war und sich dabei die Führungsstange krumm gehauen hatte, aber sonst ist alles in Butter.
Einzig der Kurs… Arrrg. Wir haben so schön mit Windtaktik gespielt. „.., bis xy Nord und im Schwachwind dann Ost“. Diese Rechnung haben wir nicht ganz mit dem Wirt gemacht, wir kneifen nämlich gerade Höhe, damit wir mit Anstand an Minerva Süd vorbeikommen. Ein bisschen früher Ost zu machen hätte uns gut angestanden, aber so ist das nun mal mit den platten Hochdruckrücken – so richtig kann man sich auf deren Lage und Ausdehnung nicht verlassen, und, schwupp!, waren wir schon durch, und damit im Bereich zwar nur fächelnder Ostwinde, aber trotzdem sitze ich jetzt hier und gebe dem Autopiloten alle paar Minuten mal 2 Grad dazu, 3 Grad wieder runter. Unter Motor und Segel. Wo man sonst so schön die Nachtwache verdösen konnte, heißt es jetzt: „uffjepasst!“ Kein Grad Höhe verschenken.
Und jetzt raus mit der Mail. Ob die wohl ankommt? Das ist unser einziges wirkliches „Problem“ gerade: die Winlink-Verbindung funktioniert zwar, was Wettermeldungen über die „saildocs“ betrifft, ich bekomme auch Bestätigungen der Positionsmeldungen, und vielen Dank für alle die netten Mails, die wir bekommen: aber ob die unseren wirklich raus sind?! Der Windfried maulte heute früh jedenfalls „… keine Positionsmail von Dir!“ Heute habe ich vorsichtshalber deren drei geschickt, ich erwarte das nächste Maulen…
Also, wer dies liest: Bitte mal „piep“ sagen, ob der Blog erschienen ist! Danke.
Aus Minerva dann mehr! Meer! Noch 155 Meilen.

Geht los, geht nich‘ los…

Opua, 2.8.2011

Na, das ist ja ein Ding – gestern einen schönen Blogbeitrag veröffentlicht, heute früh ist er weg. Ob der Beitrag den Monatswechsel nicht überlebt hat?!

Also, es geht los, morgen. Winfried schreibt heute früh:

Das Tief wie lange vorausgesagt am 03. ueber Kermadek und am 04 abgezogen.
02. Abfahrt bei SE 15 bis 20, die ersten Tage noch Schlagloecher ;-|
03. SSE um 20
04. Sued 20+
05. Sued 15+
06. SSE 15 abn. 10
07. Schwacher Ost zu ESE 10
08. Annaeherung Minerva Ost 15

Das mit den Schlaglöchern war ja klar. Nun gut. Vomex A retard liegt bereit. Leesegel sind in Vorbereitung, wir müssen nur zusehen, dass nach fast 8 Monaten Segelabstinenz alle potentiellen „Geschosse “ gelascht  sind.

Unser erster Stopp ist der hier

Oben rechts durch's Nadelöhr. Minerva Nord

(urheberrechtsfreies Bild der NASA).   Isses nicht schön blau?! Die MAHUINI liegt seit gestern da, als einziges Schiff und wettert das o.a. Tief ab – Willkommenskommittee Buckelwale. Das wollen wir auch!

Wir freuen uns jedenfalls drauf und entscheiden dort, ob wir weiter nach Fiji oder nach Tonga gehen, das muss die Windrichtung entscheiden.  Dort hinein kommt man durch das Nadelöhr, das aber 300 m breit ist, und außerdem hat uns Walter von der CINDERELLA durch und durch ge-brieft. Walter, der dort einen Haus-Hai namens Paul hat, den es zu füttern gilt, wäre sicher Bürger der Republik Minerva, wenn es sie gäbe, vielleicht sogar der Bürgermeister, denn er ist dort schon über Wochen und Monate geblieben.  Wir haben heute morgen über Funk geschwatzt, die MAHUINI (allein in Minerva), die CINDERELLA (im Kreise der Familie in Vanuatu) und ein paar Boote „unterwegs“.

Wer übrigens Google Earth hat, der kann sich das Riff auch sehr schön hier anschauen…  Und wer kein Google Earth hat, der sollte sich das Programm herunterladen.  Mother Earth, immer wieder ein Wunder.

Bis dann also – demnächst gibt es wieder Funkmail von der AKKA.