Minerva Reef North, 12.8.2011
Gemütlich haben wir’s. Es gießt in Strömen, die erwartete Front geht durch, wir sitzen im Salon, tippen auf unseren Rechnern herum, schlürfen Erdbeertee aus Neuseeland und knacken einen harten Ingwerkeks dazu. Klingt nach Kiwi-Winter, ist es aber nicht, denn das Schiebeluk ist offen und wir sind in die Spielsachen gewandet, ärmellos, Strandhose. Es ist angenehm warm. Keine Wärmflaschen mehr, keine doppelt dicken Zudecken, keine Fleecejacken.
Heute sind wir das dritte Mal umgezogen, so ist das hier in Minerva: Frontdurchgang mit Winden aus dem nördlichen Sektor, also rauf an den Nordrand des Riffes. Am ersten Tag waren es die östlichen Winde, am zweiten waren wir schon mal hier oben, und gestern hatten wir uns in die Nähe des Leuchtfeuers verlegt, im Süden. Klar, Südwind, und ein wunderschöner Sonnentag. Minervatage beginnen so: Frühstücken, Funkrunde abarbeiten – von Tonga bis zu den Louisaden, das sind 6, 7 Boote die wir uns auf „Windfried“s* Frequenz unterhalten, wer ist wo, wie geht es wem, wie wird das Wetter wann. Danach sollten wir ankerauf gehen und verlegen, MAHUINI lag schon dort. Als wir uns gerade zum Aufbruch bequemen, schnauft es nahebei vernehmlich. Ihr könnt Euch denken, was passiert… Kleider runter, Brille auf und reingehupft ins Wasser.
Wal-Alarm! Die typische Konstellation, Kuh, Kalb, Bulle, die gelassen (träge?) um uns herumschwimmen. Leider nicht nahe genug, um sie unter Wasser sehen oder gar anfassen zu können; die TRAMP hatten uns das Letztere heiß empfohlen, falls man mal so nahe rankommt („… wie Schaumgummi!“), aber bei aller Trägheit machen die Biester doch auch Speed; so ein Flukenschlag bringt ordentlichen Vortrieb. Es war trotzdem toll, und danach hatten wir es dann eilig, denn wir waren mit Ingo zum Riffausflug verabredet, der natürlich bei Niedrigwasser stattfinden sollte. Termine, Termine! Da wir unser Dinghy noch gar nicht ausgepackt haben, gibt Ingo den Fährmann und rudert erst mal mich auf’s Riff, um dann den Eigner zu holen. Sehr dicht besiedelt ist die Innenseite des Riffes nicht, aber dennoch schön anzuschauen, Kammmuscheln ärgern, Schnecken erschrecken, sich tot stellende Fische fotografieren – leider ging mein Ausflug insofern etwas in die Hose, als mit auf halber Strecke zur Außenkante ein Schuh kaputt ging und ich frühzeitig den Rückzug antreten musste. Dafür konnte ich die Schwimmstrecke zurück zum Schiff besonders genießen. Sanft schwebende Adlerrochen, abblasende Wale – ein toller Platz, das Minerva-Riff und eigentlich schade, dass wir nun schon bald wieder aufbrechen.
Aber damit hier nicht die pure Naturschwärmerei ausbricht, noch ein bisschen Technik: Antrittsbesuch bei Ingo auf der MAHUINI. Der erste Wharram-Katamaran, den wir mal richtig in Augenschein nehmen dürfen. Die Boote sind in polynesischer Tradition entworfen und fast immer selbst gebaut: 2 Rümpfe werden mit Querträgern verbunden (mit Betonung auf „binden“!), ziemlich elastisch, Mast drauf, fertig (nicht ganz…). Palangi, Mahuini und Wakataitea sind unsere Begegnungen bislang – Wharram-Fahrer sind Mitglieder einer eingeschworenen Gemeinschaft, und viele der Schiffe zeugen von bewunderungswürdigem, handwerklichem Geschick. Beim Sundowner konnte uns Ingo „brühwarm“ von der Entstehung der WAKATAITEA erzählen, unsere Nachbarin aus Opua. Wirklich schöne Schiffe, und es ist erklärtes Ziel für den Sommer, mal Schelmi und Isabelle von der WAKATAITEA zu besuchen und mehr zu erfahren, denn Schelmi muss ein besonders guter Handwerker sein. Wer mehr erfahren, will: Den Weg zum Herrn Wharram findet man über www.wharram.com .
Ach ja, à propos Technik. Andere Technik gibt es ja auch noch… Am ersten Morgen kommt Ingo zu uns rüber, mit Rechnern bewaffnet, damit wir uns über Funk- und andere Probleme austauschen können. E-Technik. Wir schwatzen über Pactormodems und Verbindungen bis mein Blick mal über’s Wasser schweift, wo ein kleines, weiß-blaues Feststoffdinghy in Richtung Horizont schwappt. In Minutenfrist war AKKA startklar und eine Dinghy-Rettungsaktion gefahren. Passiert offensichtlich auf befahrenen Leuten. Stichwort: Knotentechnik!
Es hat aufgehört zu regnen – Zeit ins Wasser zu fallen! Morgen geht’s weiter, wir melden uns aus Nuku’alofa!
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* der „Windfried“, das muss mal gesagt werden, sind eigentlich zwei Windfrieds, nämlich Winfried und Ute, und wir können nicht oft genug betonen, wie sehr uns deren Unterstützung bei der Reiseplanung geholfen hat!