Grrrr

27°00S 179°17 E, 28.11., 23 Uhr

Von wegen erbsenkleines Hirn – es scheint sich um eine Petit Pois-Erbse zu handeln.
Ich sitz‘ hier in der Nacht herum und versuche mein Wetter herunterzuladen – gerade eben hat es im 4. Anlauf geklappt, aber an der neuen Bluetooth-Verbindung lag das nicht. Der Fehler tritt unverändert auf, K4XV in Hawaii, meine Lieblingsstation, ist derzeit so gut wie unbrauchbar. Dass die nächtliche Stunden besonders gut wären, englische Hilfstexte über Computerthemen und das Airmail-Programm im Besonderen zu verstehen, kann ich nicht sagen. Petit pois Erbse mit Schlafmangelschaden.

Ach, egal, solange es irgendwie klappt…

Wir dödeln gerade mit knappen 5 Knoten durch die Neumondnacht, parallel dödelt die VELA, ein paar 20 bis 50 Meilen hinter uns noch ein paar Minerva-Aufbrecher, PEGASUS of JERSEY, die CHESAPEAKE, die FREYA, die VAGABOND – alle wollen das gute Wetterfenster nutzen und nach Neuseeland segeln. Dieser Tage/Nächte ist es ein bisschen spannend, denn auch die HEARTBEAT dümpelt hier herum, mit gebrochenem Vorstag und darum sehr klein besegelt, wir hoffen, dass die beiden gut beleuchtet sind und wir nicht drauf rumpeln.

Sonst gibt es nichts zu berichten, außer, dass es bislang ausserordentlich gut gelaufen ist, AKKA hat im Schnitt über 6 Knoten zustande gebracht. Morgen soll es auch wieder etwas mehr Wind werden, bis dahin fassen wir uns in Geduld. ETA wird der Sonnabend sein – ich habe eben schon das Auto zum Hafen bestellt, ya-hoooo. ENOLA liegt schon an der Wharf, wir können also ein „Panama-Kanal-Revival“ feiern.
Hatte ich gesagt, dass es schon kühl wird?! Die anderen Segler, solche, die gerade den ganzen Pazifik hinter sich gebracht haben oder seit Monaten und Jahren in Polynesien waren, schnattern ja sowieso schon seit Tonga, aber nun merke ich es auch. Das Auge fällt gerade auf den Eigner: der rollt im Seegang auf der Seekoje hin und her und schläft seinen verdienten Freiwacheschlaf – dazu hat er sich mumienartig eingewickelt. Ich zögere noch, ob eine Fleecejacke zu Hilfe nehmen soll. Fein. Neuseeland naht. Noch 500 Meilen.

… und ein seltsames Erbschen Hirn

Minerva Nord, 25.11.2011

Hieß es beim letztem Mal noch, dass Minerva ein merkwürdiges Fleckechen Erde sei (bemerkenswert ist es allemal!), so muss ich heute zugeben, dass mein Gehirn ein bemerkenswert kleines Erbschen sein muss.
Die Funkerei… ich habe kaum den Funken einer Idee. Die VELA verhalf uns zwar zum Download der Wetterdateien – Holger schmiss für uns sein Satellitentelefon an, aber das war ja keine Dauerlösung, und die Schwierigkeit „Mailausgang ja – Maildownload vielleicht/eher nicht/manchmal“ bestand weiter.

Die Aussage, dass die Ausbreitungsbedingungen für die hiesige Gegend offensichtlich schlecht sind, bleibt zwar bestehen, aber die Lösung war doch recht einfach. Auf dem Weg von Opua nach Tonga hatte ich mich im August an einige Leute um Hilfe gewandt, an die Winlinkbetreiber (häufig Amateurfunkpuristen mit einer latenten Antwortschwäche und einem Hang zu „Du Dussel“-Tiraden), an Len von der PRESENT, der wiederum André einschaltete, der das gleiche Problem von einem Funker aus der Arktis berichtete; MAHUINI und wir waren also nicht die einzigen. Aber eine Lösung brachte damals erst die geografische Änderung Richtung Tonga. Jetzt hatte ich „Funkfreund“ Martin vom Pactor-Hersteller SCS angeschrieben, nicht weil ich dachte, dass etwas mit dem Modem falsch sei, sondern ich mir von den Winlinkern nicht wieder ein „if something went wrong YOU made a mistake“ einholen wollte und die Reihe der übrigen Ansprechpartner nicht allzu groß ist. Zur Erklärung: die Zahl der „Sailmail“-Funker ist deutlich größer als die der Winlink-Nutzer. Sailmail ist ein kommerzieller Funkmail-Dienst mit wenigen, aber starken Stationen, das Winlinknetz wird von den Amateurfunkern betrieben, auf der gleichen technischen Basis, aber nur wenn der Amateurfunker genügend Energie, Zeit und Geld in den Betrieb steckt, sind die Stationen wirklich gut. Meine Helden im Pazifik betreiben Stationen wie Atwater (Kalifornien, 4900 Meilen von hier!), Hawaii, Melbourne. Sydney, Wellington etc. fallen schon deutlich ab, da ist Geduld gefragt, und der Wecker, der einen früh oder auch in der Nacht erinnert, dass es „propagation time“ ist, man kann nur hoffen, dass nicht allzu viele andere sich zum gleichen Zeitpunkt wecken ließen. Einsamer König in der Winlinkstationenrunde war André in Belgien, mit einer gigantischen Richtantenne und gleich 4 Pactormodems, die gleich 4 Funkern gleichzeitig Zugang bieten (ein fünftes Modem hat vor einiger Zeit ein Blitzschlag erwischt…), aber André ist leider hier nicht mehr zu erreichen. Da aber meine Geduld nicht die längste ist und die Sailmailer ihr System so loben, hatten wir auch schon mal daran gedacht, 250 US$ im Jahr bei Sailmail einzuzahlen, für den Seelenfrieden. Andererseits gab es – bis auf den selten aufglimmenden Neid auf gleichbleibend starke Sailmail-Funksignale – bislang keine wirklichen Schwierigkeiten, bis eben auf die Minerva-Gegend.

Der äußerst freundliche und zugängliche Martin von SCS maulte ein bisschen, weil mein Problem kein eigentliches Pactormodemproblem sei, aber er ging dennoch auf die Frage ein – und schloss mit dem Hinweis, dass es vielleicht doch Einstrahlungen sind. Hmh. Das kenne ich wohl – wenn ich nach SPRECHverkehr die Ausgangsleistung nicht zurück regele, „kackt“ auf manchen Frequenzen die Verbindung ab; die Versuchsanordnung ist ja: ein Computer ist via USB-Kabel mit dem Pactormodem verbunden, dieses wiederum auf kurzem Weg mit dem Funkgerät. Der Rechner schickt seine Befehle ans Modem und das Funkgerät bläst sie dann gewandelt in den Äther, nur dass volle Leistung teilweise in die Bordkabelage zurückfließt. Kurz, mit meiner eigenen Funkerei störe ich u.U. den Verkehr zwischen meinem Computer und dem Modem; aber das war nur selten ein Problem – unter 30% Leistung tun’s auch und sind eine Wohltat für Nachbarn, deren Radio anderenfalls ein fröhliches „krrchhh-krrchhh-krrchhh“ von sich gibt (über Minuten und Minuten, ich liebe die „full blast“ Kollegen…), gut auch für die eigenen Leuchtdioden an unserer Schalttafel oder für rhythmisch aufglimmende Glühbirnen. Viele Funker kennen diese Art Diskobeleuchtung, die man dann in der Nacht gern beobachten kann.

Peinlich, was Martin mir nun anriet: In Neuseeland das Modem auf Bluetooth umzurüsten. Kein Kabel, keine Störung. In Neuseeland?! Nun ja. Seit Bonaire ist das Pactormodem Bluetooth-geeignet, seit Cartagena bin ich im Besitz eines Bluetoothadapters für die Rechner – aber die vorsichtige Amateurfunk-Hausfrau befolgt halt gern die alte Weisheit: „… never touch a running system!“ Gestern war es dann so weit – mitten im Minerva-Riff. Ran an den Feind. Das (Ver)Sicherungssystem sieht auf AKKA vor: einen Ersatzrechner, einen Ersatz-Ersatzrechner und einen in Funkdingen funktionstüchtigen Altrechner. Das nennt man auf fein-deutsch „Redundanz“!
Rüdiger Hirches („Amateurfunk an Bord“) Anleitung zur BT-Installation, erst kürzlich nochmals hervorgewühlt, funktionierte auch nach Jahren noch und das Suchen der Treiber-CD war die schwierigste der Aufgaben (wer hätte es gedacht, im Ordner für Programm-CDs). Installation, Neustart, ein bisschen Spannung und Rumspielen – fertig.
Unnötig zu sagen, dass wir wieder uneingeschränkt empfangsbereit sind. Erst ratlos, nun drahtlos. Kleine Hirne finden (unter Anleitung) auch manchmal eine Lösung.

Für die technisch nicht Interessierten: Heute genießen wir noch einmal das Blau – der Ebbe-Riffspaziergang gestern war unglaublich: Der erste Eindruck ist „Wüste“. Mitnichten! So viele Nacktschnecken! Kammmuscheln, die in Panik die Schalen zuklappen und die Kinder von der benachbarten PEGASUS vollspritzen. Alle möglichen Fische flitzen in den flachen Tümpeln umher und warten auf die Flut. Und dann die 3 Papageienfische riesigen Ausmaßes, die am Außenriff in einem tiefen Koralleneinschnitt in der Brandung schwappten: strahlend türkise Brocken im Tiefblau, vor glasig-grünen Wellenkämmen und blau-blau-blauem Grund. Und morgen geht es weiter. Neuseeland ruft.

Ein seltsames Fleckchen Erde

Minerva Reef, 23. November 2011

… oder sollte man sagen: ein seltsames Fleckchen Ozean?! Wir feiern hier „Erdbeertee und Gingernuts“, die Zweite – wir sind heute früh in Minerva eingelaufen, und ankern nun zusammen mit der VELA, hinter uns liegt schon seit zwei Tagen HYDRA aus der Schweiz. Und Gingernuts gab es in Nuku’alofa, da wird einem ganz weihnachtlich. Minerva empfing uns ein bisschen grau und wolkenverhangen, aber im Moment strahlt die Sonne von einem Passatwolkenhimmel und ringsum ist alles eitel Türkis-Geleuchte. Immer wieder toll. Und so „frisch“ – gut dass wir nur eine Stippvisite in den Tropen gemacht haben und das kühlere Wasser als naturgegeben hinnehmen können, schließlich sind wir vor ein paar Meilen über den Wendekreis gelaufen; den VELAnern wird das schöne, blaue Badewasser sicher ar…kalt vorkommen. Aber in dieser Bläue über weißem Sand zu schweben, ist so oder so ein echter Genuss. Findet die Schipperin – der Eigner schwimmt schon seit Vava’u nicht mehr.

Und was ist nun seltsam an diesem Fleckchen Erde?! Na, dass wir wieder nicht ordentlich funken können. Mails schicken geht, Mails empfangen ist dem Zufall überlassen. Das gleiche Theater wie schon auf dem Hinweg. Seit gestern beglückt mich Winlink mit Sendungsabbrüchen und Meldungen, die da heißen „Error Binary Header Format“. Toll – wo wir doch so von den Wettersendungen abhängen – aber wenn es so ist wie ich glaube, müssen wir nur ein bisschen Süd machen, dann ist alles wieder in Ordnung.

Na denn, jetzt pennen wir erst mal eine Runde, und dann wird geschnorchelt. Über Funk-Fehler können wir uns auch später noch wundern.

Die Post, oder: Tonga, Tonga

Nuku’alofa, 16.11.2011

Wir sind wieder in Nuku’alofa, ach, je, schon eine ganze Weile, aber irgendwie hat es zum Bloggen nicht gereicht…
Freitag früh waren wir hier, danach war die verlorene Nacht per verlängertem Mittagsschlaf zurückzuholen, Relingsgeschwätz mit der VELA zu halten und mit der TAO 8 und noch ein paar anderen. So voll wie im vergangenen Jahr um diese Zeit ist es nicht, die ganze Saison war wohl „slow“, wie es heißt – die Krise, die Krise.

Ha’afeva war mal wieder schön. Ihr erinnert Euch, das Mittagessen aus dem Umu, das kleine Mädchen mit der Mykose. Das war unsere Pflichtstation auf der Rückreise, mussten wir doch schauen, ob die aus Vava’u mit der Post geschickte Medizin schon geholfen hat…  Dass Auka nicht da sein würde wussten wir, denn mit dem hatten wir vor Wochen telefoniert:  “ … wir sind jetzt in Nuku’alofa!  Wie bitte?!  Ein Brief? Ob der angekommen ist?!  Jajaa.. Und vielen Dank dafür!  Ruft uns an, wenn Ihr in Nuku seid“.  Das war damals – große Freude auf unserer Seite, denn schon nach 14 Tagen war der Brief mit den Pillen aus Neiafu in Ha’afeva eingetroffen, Donnerwetter.
Mit Marmorkuchen und Honig für die Großmutter ausgestattet marschieren wir ins Dorf – verwunderlich wenige Schweine dieses Mal, was ist hier bloß los?!

Ganz hinten stehen ein paar Leute auf der Straße – Linda und Afa und ein paar Nachbarn, das vor-mittägliche Tonga-Geplauder am Erdofen. Linda und Afa freuen sich, und wir wollen natürlich gleich wissen, wie es der kleinen Lupe geht. „Ach, gut… Mögt Ihr morgen zum Essen kommen?“ Komisch, niemand sagt was von Medizin. Um es kurz zu machen, oder auch lang:  Tonga ist, wenn ein Palangi eine Frage stellt und der Tonganer die Antwort gibt, von der er denkt, dass sie dem Palangi am besten gefällt. „Geht es hier zur Bank?“ würde immer mit „ja“ beantwortet. Freundlich, positiv, leider nicht immer ganz richtig. Und „… ist ein Brief angekommen?“ – ihr könnt es Euch denken. „Jajaa, und vielen Dank dafür!“
Mensch, Auka – wir hätten doch eine neue Portion Medizin mitgebracht. Oder in Pangai mal beim Postmann nachgefragt, ob vielleicht Post nach Ha’afeva dort liegt. Aber so… aber doe beiden Frauen hören nicht auf sich zu freuen, sie nehmen die Ankündigung, dass irgendwann ein Brief eintrudelt, schon für die gute Tat, also: morgen gibt es Mittagessen, und hier ist eine Languste. Großvater steuert noch ein paar Mangos bei.
Das Mittagessen bei Linda war lecker, gleich im Kochhaus wurde serviert. Und nun trat auch Lupe auf den Plan, schüchtern wie immer und mit langer Hose. Wegen der Hautkrankheit, die wir so gerne heilen helfen wollten.  Ein Jammer. Ein bisschen jammern Afa und Linda auch, als wir andeuten, dass wir schnell weiterreisen, die nahende tropische Störung sieht nicht wirklich gut aus. Aber Linda kommt mit ihrem Mann noch schnell mit an Bord – so viele Schiffe kommen dieses Jahr nicht mehr, es wird also nicht mehr viele Spender von überzähligen Batterien oder Tauchflossen geben. So wechseln noch zwei Lavalavas die Besitzerin – und die beiden lassen mit der Kunde zurück, dass Linda schwanger ist. Wir freuen uns sehr, aber irgendwo ist da auch ein kleines „Oh, puuh“ in unseren Hinterköpfen. Schwanger, auf dieser kleinen Insel. Wenn alles gut geht, heißt das: kurz vor der Geburt entweder 4 wilde Stunden Motorboot nach Pangai oder 8 Stunden Fähre ins Krankenhaus in Nulu’alofa – aber das muss dann gut abgepasst sein, denn die Fähre kommt nur einmal in der Woche. Ansonsten: „Inselgeburt“.  Ist ja alles die „natürlichste Sache der Welt“, aber bei der hiesigen Gesundheitsversorgung auch ein Abenteuer.  Wir wissen jedenfalls, was wir nächstes Jahr mitbringen müssen… WINDELN! BABYPUDER!
Zurück in Nuku’alofa haben wir am Montag die Mission „Ketoconazol für Lupe“ abgeschlossen. Nach ein bisschen Taxireise und zwei Apothekenbesuchen hatten wir eine neue 6-Wochen-Dosis in Händen. Dafür, dass das Medikament laut Ärztin in der Village Mission Clinic täglich gebraucht wird, ist die Versorgung damit… dünn, und es war entsprechend schwierig, gleich eine 6-Wochen-Portion zu bekommen; da spielete dann der Palangi-Vorteil vielleicht eine Rolle. Während, wie wir uns schwach erinnern, in Deutschland der Apotheken-Flitzer in der zweiten Reihe parken darf („Eilige Arznei!“) braucht der Medikamentennachschob in Tonga zwischen 1 und 4 Wochen. Macht aber nix, die meisten können sich die Medizin sowieso nicht leisten, um es mal sarkastisch auszudrücken. Es ist ein Kreuz. Zum Ende unserer Mission jedenfalls deutet ein Mann auf eine Frau: „… nein, ich fahre nach O’ua, aber die da drüben! Die fährt nach Ha’afeva!“ Manuteni Taulani, tonganisch rundlich und gerade dabei, mit großem Gepäck auf die Fähre zu steigen, nimmt unseren Brief für Linda entgegen.

Während die Fähre mit der Medizin nach Norden dampfte, bereiteten wir uns auf die Ankunft der ersten tropischen Störung dieses Jahres vor. 35 Knoten Wind und mehr sollten es werden, alle sagten es so, der tonganische Metservice, alle Netze, GFS, Passage Weather, alle eben – nur unsere „Wetterwelt“ wollte davon gar nichts wissen. Egal, AKKA lag vor zwei Ankern vor der Mole, die langen Heckleinen und Springs hatte Andreas mit selbst gebastelter Rattenabwehr aus Plastikflaschen ausgerüstet – wir konnten beruhigt der Dinge harren, die da kommen sollten.

Und was kam?! Das Wetterwelt-Wetter.  Nichts, kein Wind, kein Sturm, nur ein Dinghy bis zum Kragen voller Regenwasser.  Tja, Meeno Schrader und seine Wetterwelt.

Die tropische Störung haucht gerade ihr Leben aus. Vorhin haben wir telefoniert, und ohne dass ich fragen musste, lacht Linda ins Telefon: „Der Brief ist da! Die Medizin ist angekommen! Danke! Und nächstes Jahr kommt Ihr wieder?!“  Das wäre nett.

Unter Druck

Pangai/Lifuka, Ha’apai Group, 4.11.2011

Äußerst zufrieden kommen wir gerade aus dem Dorf zurück – schließlich sind wir, vorgestern wieder in der Ha’apai-Gruppe angekommen, im Einzugsbereich von Magdas Mariner’s Café, und da gab es heute ein Festmahl. Magda macht besonders leckere Tagliatelle und bietet dazu Pesto, Tomatengemüse oder „Hühnchen und Pilze“… Heute sollte es aber etwas Besonderes sein. Schwer zu entscheiden, „Fish Satay“ oder Hummer? Es wurden zwei Hummer-Nudeln. Und ein Schokoeis zum Nachtisch. Völlerei?! Nein, völlig verdient.

Wir waren nämlich fleißig. Den ganzen Tag, eigentlich seit gestern abend – denn erstmalig auf unserer Reise war das Klo verstopft. Wir sind ja höchst konsequente „nix Festes ins Klo schmeißen“-Verfechter und außerdem notorische Klopfleger, mit Pflanzenöl und ab und zu einer Portion Natronlauge und Zitronensäure. Aber gestern war einfach schlagartig „Sense“. Keine Schwergängigkeit im Vorfeld, nein, zu, einfach so. Erste Versuche, die Pumpe mit etwas Gewalt zum Abpumpen zu bewegen schlugen fehl, im Gegenteil, der Druck blieb einfach erhalten, also machten wir uns an die leckerste aller Bootsarbeiten: Das Auseinanderbauen der Bordtoilette, fast allen Seglern bekannt und von vielen geliebt…

Kloschüssel von der Pumpe trennen, Spülwasserpumpe abmontieren… Das ist bei uns – wie bei den meisten Yachten – alles recht praktisch=eng verbaut, und noch dazu heißen unsere „Baby Blake“-Toiletten vielleicht nicht von ungefähr „Victoria“: Ein Klassiker des Königlichen Yachtbaus aus England. Frühes 20. Jahrhundert, schätzungsweise. Umständlich, geradezu altertümlich, aber zuverlässig und robust…** Als gestern die Sonne unterging, lagen die guten Stücke, die wir seit 2005 nicht einzeln gesehen hatten, vor uns. Unnötig zu sagen, dass der angestaute Druck im Schlauch noch da gewesen war – Küchenpapier rollenweise verhinderte die gröbsten Kollateralschäden. Insgesamt sträubte sich das Teil mit allen Schrauben und Muttern gegen die Demontage, und wer meint, dass man einen Abwasserschlauch „einfach so“ von den Flanschen abziehen kann, irrt – ich erinnere mich an die Montage in Arnis und das Gefluche und Gestöhne; warum sollte das Abmontieren dann einfacher sein? Kurz: die Schläuche sitzen auch jetzt noch wie angegossen.
Mit spitzen Fingern wurden die Corpus delicti, Pumpengehäuse, verkrustete Ventile, schwergängige Dichtungen, dem heißen Zitronensäurebad zugeführt – mechanisch ging da gar nichts mehr. Allerdings: so schön es sein wird, demnächst wieder eine saubere Pumpe zu haben, der Fehler musste woanders liegen, denn ablaufen tat noch immer nichts. Höchstens der Schlauchinhalt ins Bad… Die Frage war eigentlich nur, ob nun nur der Schlauch sich über die Jahre mit diesen köstlichen Ablagerungen zugesetzt hat oder das Absperrventil. Oder beides. Das Seeventil war es immerhin nicht, das hatten wir schon in einem ersten Tauchgang geprüft.
Also erst mal DUSCHEN, Schlafen, Nachdenken.

Während des Säuberns der Pumpenteile war heute reichlich Zeit zum Theoretisieren – die Varianten reichten von “ im Zweifelsfall Schläuche abschneiden und mal gucken, ob es einen entsprechenden Schlauch in Nuku’alofa gibt“ (wohl kaum…) über „hatten wir nicht mal eine Abflussspirale?!“ (ja, hatten wir, aber da die verrostete und nie zum Einsatz kam, ist sie irgendwann verschwunden) bis zu einer erneuten Tauchaktion mit Pümpel; man kann es ja mal von außen probieren. Pümpeln funktioniert, jedenfalls bei meiner Probestelle am Waschbecken, ich höre den Eigner drinnen trommeln: aufhören, das Seewasser spritzt an die Decke. Beim Klo? Nix. Stundenlange Zitronensäure-Wechselbäder, Einsatz von Sonden aus Schweißdraht: alles erfolglos. Zur Mittagszeit dann die letzte aller Ideen – könnte man unsere Deckwaschanlage ins Seeventil stecken und von außen spülen? Gesagt, getaucht – ohne viel Hoffnung, nach all diesen Fehlversuchen. Das vereinbarte Signal war „vielfaches Klopfen = sofort aufhören!“ und „zweimal klopfen = weitermachen“, Vorgabe „…stoßweise, erst mal nur 2 Sekunden“… Der Schlauchstutzen steckt. Andreas bewaffnet sich drinnen mit Eimern und … Klopf-klopf. Kann losgehen! Ein-und-zwanzig, zwei-und-zwan… Was ich nicht wusste, war, dass dieses Klopfen von irgendetwas gekommen war, das Andreas noch zur Seite rückte, um sich dann konzentriert dem offen in den Raum zielenden Schlauch zuzuwenden. Was ich allerdings sofort wahrnahm, war dieser Trommelwirbel von innen und ich konnte sogar den der Schrei verstehen: „… die ganze Kacke im Gesicht!“. Kurze Zeit später konnten wir drüber lachen – der Eigner ist frisch gebadet und seine Idee mit der Spülaktion von außen war ein voller Erfolg. Im allerersten Versuch.

Wollte das jemand wissen?! Nein? Dann hier die Kurzfassung zum Sonntagsfrühstück:
Bei uns stand eine Leitung unter Druck, heute abend gab es Lobster-Tagliatelle und danach Schokoeis, und morgen bauen wir eine Bordtoilette zusammen!

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** PS: Teuer sind unsere Toiletten übrigens auch, wie wir damals beim Refit erfahren mussten: Nur der Dichtungssatz für unsere museumsreifen Klos kostete etwa das Doppelte dessen, was wir für eine moderne Toiletteneinheit bezahlen müssten, und dennoch werden die Blakes noch heute gebaut und für an die 2.000 Euro pro Schüssel an den traditionsbewussten Segler gebracht.