Nuku’alofa, 16.11.2011
Wir sind wieder in Nuku’alofa, ach, je, schon eine ganze Weile, aber irgendwie hat es zum Bloggen nicht gereicht…
Freitag früh waren wir hier, danach war die verlorene Nacht per verlängertem Mittagsschlaf zurückzuholen, Relingsgeschwätz mit der VELA zu halten und mit der TAO 8 und noch ein paar anderen. So voll wie im vergangenen Jahr um diese Zeit ist es nicht, die ganze Saison war wohl „slow“, wie es heißt – die Krise, die Krise.
Ha’afeva war mal wieder schön. Ihr erinnert Euch, das Mittagessen aus dem Umu, das kleine Mädchen mit der Mykose. Das war unsere Pflichtstation auf der Rückreise, mussten wir doch schauen, ob die aus Vava’u mit der Post geschickte Medizin schon geholfen hat… Dass Auka nicht da sein würde wussten wir, denn mit dem hatten wir vor Wochen telefoniert: “ … wir sind jetzt in Nuku’alofa! Wie bitte?! Ein Brief? Ob der angekommen ist?! Jajaa.. Und vielen Dank dafür! Ruft uns an, wenn Ihr in Nuku seid“. Das war damals – große Freude auf unserer Seite, denn schon nach 14 Tagen war der Brief mit den Pillen aus Neiafu in Ha’afeva eingetroffen, Donnerwetter.
Mit Marmorkuchen und Honig für die Großmutter ausgestattet marschieren wir ins Dorf – verwunderlich wenige Schweine dieses Mal, was ist hier bloß los?!
Ganz hinten stehen ein paar Leute auf der Straße – Linda und Afa und ein paar Nachbarn, das vor-mittägliche Tonga-Geplauder am Erdofen. Linda und Afa freuen sich, und wir wollen natürlich gleich wissen, wie es der kleinen Lupe geht. „Ach, gut… Mögt Ihr morgen zum Essen kommen?“ Komisch, niemand sagt was von Medizin. Um es kurz zu machen, oder auch lang: Tonga ist, wenn ein Palangi eine Frage stellt und der Tonganer die Antwort gibt, von der er denkt, dass sie dem Palangi am besten gefällt. „Geht es hier zur Bank?“ würde immer mit „ja“ beantwortet. Freundlich, positiv, leider nicht immer ganz richtig. Und „… ist ein Brief angekommen?“ – ihr könnt es Euch denken. „Jajaa, und vielen Dank dafür!“
Mensch, Auka – wir hätten doch eine neue Portion Medizin mitgebracht. Oder in Pangai mal beim Postmann nachgefragt, ob vielleicht Post nach Ha’afeva dort liegt. Aber so… aber doe beiden Frauen hören nicht auf sich zu freuen, sie nehmen die Ankündigung, dass irgendwann ein Brief eintrudelt, schon für die gute Tat, also: morgen gibt es Mittagessen, und hier ist eine Languste. Großvater steuert noch ein paar Mangos bei.
Das Mittagessen bei Linda war lecker, gleich im Kochhaus wurde serviert. Und nun trat auch Lupe auf den Plan, schüchtern wie immer und mit langer Hose. Wegen der Hautkrankheit, die wir so gerne heilen helfen wollten. Ein Jammer. Ein bisschen jammern Afa und Linda auch, als wir andeuten, dass wir schnell weiterreisen, die nahende tropische Störung sieht nicht wirklich gut aus. Aber Linda kommt mit ihrem Mann noch schnell mit an Bord – so viele Schiffe kommen dieses Jahr nicht mehr, es wird also nicht mehr viele Spender von überzähligen Batterien oder Tauchflossen geben. So wechseln noch zwei Lavalavas die Besitzerin – und die beiden lassen mit der Kunde zurück, dass Linda schwanger ist. Wir freuen uns sehr, aber irgendwo ist da auch ein kleines „Oh, puuh“ in unseren Hinterköpfen. Schwanger, auf dieser kleinen Insel. Wenn alles gut geht, heißt das: kurz vor der Geburt entweder 4 wilde Stunden Motorboot nach Pangai oder 8 Stunden Fähre ins Krankenhaus in Nulu’alofa – aber das muss dann gut abgepasst sein, denn die Fähre kommt nur einmal in der Woche. Ansonsten: „Inselgeburt“. Ist ja alles die „natürlichste Sache der Welt“, aber bei der hiesigen Gesundheitsversorgung auch ein Abenteuer. Wir wissen jedenfalls, was wir nächstes Jahr mitbringen müssen… WINDELN! BABYPUDER!
Zurück in Nuku’alofa haben wir am Montag die Mission „Ketoconazol für Lupe“ abgeschlossen. Nach ein bisschen Taxireise und zwei Apothekenbesuchen hatten wir eine neue 6-Wochen-Dosis in Händen. Dafür, dass das Medikament laut Ärztin in der Village Mission Clinic täglich gebraucht wird, ist die Versorgung damit… dünn, und es war entsprechend schwierig, gleich eine 6-Wochen-Portion zu bekommen; da spielete dann der Palangi-Vorteil vielleicht eine Rolle. Während, wie wir uns schwach erinnern, in Deutschland der Apotheken-Flitzer in der zweiten Reihe parken darf („Eilige Arznei!“) braucht der Medikamentennachschob in Tonga zwischen 1 und 4 Wochen. Macht aber nix, die meisten können sich die Medizin sowieso nicht leisten, um es mal sarkastisch auszudrücken. Es ist ein Kreuz. Zum Ende unserer Mission jedenfalls deutet ein Mann auf eine Frau: „… nein, ich fahre nach O’ua, aber die da drüben! Die fährt nach Ha’afeva!“ Manuteni Taulani, tonganisch rundlich und gerade dabei, mit großem Gepäck auf die Fähre zu steigen, nimmt unseren Brief für Linda entgegen.
Während die Fähre mit der Medizin nach Norden dampfte, bereiteten wir uns auf die Ankunft der ersten tropischen Störung dieses Jahres vor. 35 Knoten Wind und mehr sollten es werden, alle sagten es so, der tonganische Metservice, alle Netze, GFS, Passage Weather, alle eben – nur unsere „Wetterwelt“ wollte davon gar nichts wissen. Egal, AKKA lag vor zwei Ankern vor der Mole, die langen Heckleinen und Springs hatte Andreas mit selbst gebastelter Rattenabwehr aus Plastikflaschen ausgerüstet – wir konnten beruhigt der Dinge harren, die da kommen sollten.
Und was kam?! Das Wetterwelt-Wetter. Nichts, kein Wind, kein Sturm, nur ein Dinghy bis zum Kragen voller Regenwasser. Tja, Meeno Schrader und seine Wetterwelt.
Die tropische Störung haucht gerade ihr Leben aus. Vorhin haben wir telefoniert, und ohne dass ich fragen musste, lacht Linda ins Telefon: „Der Brief ist da! Die Medizin ist angekommen! Danke! Und nächstes Jahr kommt Ihr wieder?!“ Das wäre nett.